Referat: Gedichtvergleich Stilleben -Unerlaubt lieben
~ Fachoberschule Rosenheim ~
Fachreferat
- Deutsch -
Gedichtvergleich
Angela Sommer „Stilleben“
Gabriele Wohmann „Unerlaubt lieben“
von
Sarah Höhendinger
12dS
19.04.2007
Gliederung
Quelltexte
Angela Sommer „Stilleben“
Gabriele Wohmann „Unerlaubt lieben“
1. Einleitung
2. Analyse „Stilleben“
3. Analyse „Unerlaubt lieben“
Moderne Lyrik
Quelltexte
Stilleben
und so
Jahr um Jahr
er
an der Tür
den Griff
in der Hand
sie
am Fenster
den Blick
in die Wolken
Angela Sommer
Unerlaubt lieben
Hast du die Zwei gesehen?
Die Aneinanderklebten?
Sind ihr Zuhause
Sie hat erdbeerfarbene Hosen an
Erinnerst du dich
An ihn auch
Finster, finster wie er
Zärtlich zu ihr ist
Beinahe gehen sie zu weit
Was fällt denen ein
Aber was nun
Also wie die zwei dort
Ineinander leben
Oder wenn wir hinschauen
Was passiert denn da
Es ist ja schließlich
Kein Beruf: Unglückliches Lieben
Dieses Glück auf dem Bahnsteig
Sind gut dran
Im schwarzen Bahnhofskummer
Sie tun ja. als wäre
Jetzt immer
Stellen sich an
Wie für die Ewigkeit
Das weiß man Jahre später
Doch besser. erinnerst du dich
Hast du diese Zwei gesehen
Jemand Ähnliches
Ist immer zu finden
Ziemlich beneidenswert unoriginell
Unerlaubt lieben
Gabriele Wohmann
2. Gedichtanalyse
2.1. Einleitung
Die Gedicht- bzw. Textanalyse ist ein wichtiger Bestandteil beim Arbeiten mit lyrischen Werken.
Am Anfang jeder Gedichtanalyse ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, was man aus dem Text herausarbeiten will. Hierbei gibt es drei zentrale Punkte.
Zuerst den Titel, das Thema und die Zusammenfassung des Inhalts.
Anschließend das Herausarbeiten von Besonderheiten von Form und Sprache. Hierbei wird hauptsächlich auf die vom Autor verwendeten Stilmittel geachtet.
Als letztes wird noch auf die Intention und Aussage des Dichters eingegangen.
2.2. Gedichtanalyse Angela Sommer „Stilleben“
Bei dem Gedicht „Stilleben“ von Angela Sommer geht es um ein Paar, dessen Beziehung zwar schon zu Ende ist, jedoch noch kein Schlussstrich gezogen werden konnte.
Der Titel „Stilleben“ ist eine Metapher und deutet auf die Darstellung lebloser Gegenstände in der Kunst hin, was hier mit einer toten bzw. totgelaufenen Beziehung gleichzusetzen ist.
Die Wiederholung „Jahr um Jahr“ (Z.2) drückt die unerträglich lange Zeit aus, in der das Paar schon in dieser Situation verharrt.
Die beiden letzten Verse zeigen durch den Parallelismus, dass beide in genau der gleichen Situation sind, jedoch völlig unterschiedlich damit umgehen. Er will eigentlich gehen, schafft es aber nicht. Sie scheint eher desinteressiert, starrt aus dem Fenster. Sie wirkt nachdenklich und wünscht sich weg, um der Situation zu entfliehen. Beide wollen die Trennung nicht wahrhaben und es wirkt, als wäre die Zeit stehen geblieben. Sie leben zu zweit in ihrer Einsamkeit.
Die Autorin will in diesem Gedicht dem Leser klar machen, dass es manchmal besser ist, einen Schlussstrich zu ziehen, wenn etwas vorbei ist und sich nicht an Vergangenem festzuklammern und etwas aufrecht erhalten zu wollen, was schon nicht mehr existiert. Man sollte lieber vorwärts blicken als rückwärts.
2.3. Gedichtanalyse Gabriele Wohmann „Unerlaubt lieben“
Im Vergleich zu diesem tot wirkenden Gedicht steht das Gedicht „Unerlaubt lieben“ von Gabriele Wohmann, welches dem Leser lebhaft erscheint.
In diesem Gedicht geht es um ein ziemlich unterschiedliches Paar, das sich immer wieder ungehemmt auf dem Bahnhof liebt. Es wird neidisch und interessiert beobachtet, obwohl solch ein Verhalten keine Selten- oder Besonderheit darstellt.
Schon im Titel spiegelt sich der Textinhalt sehr gut wieder. „Unerlaubt lieben“ beschreibt die Meinung des Zuschauers im Gedicht. Er ist empört und neidisch, wenn er seine Gefühle auch eher versteckt hält.
In Zeile 3 f „Schwarze Bahnhöfe sind ihr Zuhause“ zeigt sich die Heimlichkeit, mit welcher das Paar sich liebt. Hierbei stellt sich der Leser die Frage, wieso diese Liebe heimlich geschieht, was sie verbergen wollen.
In Zeile 5 „erdbeerfarbene Hosen“ und Zeile 8 „Finster, finster“ wird mit zwei gegensätzlichen Farben gearbeitet, die von der Helligkeit eher nicht zusammen passen. Jedoch harmonieren die beiden Farben in der Kunst sehr gut miteinander. Meist eine eher verruchte Kombination. Schwarz steht hier für das Heimliche und Geheimnisvolle und Rot für die Leidenschaft. Zwei Gegensätze, die sich anziehen.
Das Verruchte wird auch wieder in Zeile 10 „Beinahe gehen sie zu weit“ beschrieben.
In Zeile 11 und 16 ändert sich der Satzbau in einen Unvollständigen. Die kurzen abgehackten Sätze wirken hektisch. Dem liebenden Paar werden nur im Vorbeigehen verstohlene Blicke zugeworfen. Die Autorin weist hier auf die heutige hektische Zeit hin, und dass es in dieser Gesellschaft (zu) wenig Platz für Romantik gibt.
In Zeile 18 ist eine Antithese „Unglückliches lieben“. Liebe sollte eigentlich etwas Schönes, das Glück pur, sein und nichts Unglückliches bzw. Unerlaubtes.
Das gesamte Gedicht ist auch von der Antithese „Unerlaubt lieben“ umklammert, welche im Titel und im letzten Satz steht.
Außerdem stehen die beiden Sätze „Glück auf dem Bahnsteig“ (Z. 19) und „Im schwarzen Bahnhofskummer“ (Z. 21) so im Kontrast, dass man den Eindruck bekommt, das Verhalten des liebenden Pärchens, sprengt den tristen Alltag auf dem Bahnhof.
Der Klimax in Zeile 23ff „Jetzt, immer...Ewigkeit“ drückt ihre starken Gefühle füreinander aus. Sie denken, ihre Liebe ist die einzig Wahre, welche ewig hält. Sie denken nicht an die Zukunft, nur das Hier und Jetzt ist wichtig, egal was alle anderen denken.
Die Wiederholung „Erinnerst du dich“ (Z. 6 ; 27) deutet an, dass eigentlich unspektakuläre Ereignisse doch lange im Gedächtnis bleiben und wichtig sind.
Die Antithese in Zeile 31 „beneidenswert unoriginell“ stellt die Unentschlossenheit und den versteckten Neid des Beobachters dar. Etwas Unoriginelles ist normalerweise nicht beneidenswert.
Die Absicht der Autorin ist es, mit dem Gedicht dem Leser in der Hinsicht Mut zu machen, immer eine gewisse Portion Egoismus bzw. Individualität bereit zu halten. Man sollte nicht nur darauf achten, was andere von einem denken, sondern das tun, was man selbst für richtig hält und was einem selbst gut tut.
3. Moderne Lyrik
Beide Gedichte stammen aus der Epoche der modernen Lyrik.
Die moderne Lyrik kann nicht genau definiert werden. In der neuen deutschen Literatur kam dieser Begriff erstmals um 1800 zum Vorschein und wird als eine Zeit der Subjektivität beschrieben, was die ständige Veränderung im Zeichen des Neuen beschreibt. Andere Begriffe, die dies am besten verkörpern, sind auch „das Unvollendete“, „das Provisorische“, „das Projekt“.
Die Jahrhundertwende um 1900 brachte die entscheidende Wende zur lyrischen Moderne. Der Nullpunkt wird im Jahr 1857 mit Charles Baundelaires Werk „Les Fleurs du Mal“ (Die Blumen des Bösen) gesetzt. Von diesem Zeitpunkt an ist derjenige ein moderner Dichter, der sich mit modernen, aktuellen Themen befasst.
1890 bis 1914 entwickelt sich die moderne Lyrik zu einer Art Makroepoche. Dieser lassen sich einzelne Phasen und Richtungen zuordnen. Die Lyrik dieser Zeit reflektiert die technologisch-ökonomisch und die politisch-soziale Modernisierung.
1910 bis 1920 war die produktivste Phase der Lyrik des 20. Jahrhunderts. Es gab zu keiner Zeit je wieder derart viele Lyriker wie in diesem Jahrzehnt.
Jedoch erlosch in den 20er Jahren bald die literarisch-politische Utopie-Begeisterung und es begannen sich neue Tendenzen zu bilden. Mitte der 20er Jahre kamen die Alltagsgedichte in Mode. Alltagsimpressionen wurden poesiefähig und zeigten sich hauptsächlich in Eindrücken aus der Umgebung und aus Empfindungen. Die Kabarettlyrik begeisterte auf satirisch-witzige Weise und sorgte so für Unterhaltung. Das Kabarett vereinte moderne Zeit und Großstadt und befasste sich mit Stoff aus der Alltagswelt großstädtischer Milieus, welches aber zum Teil mit Ablehnung und Hass reagierte.
1930 bis 1945 stand die Lyrik finsteren Zeiten gegenüber und die Zäsur wurde deutlich sichtbar. Es begann eine Tendenz zur Rückkehr zur vormodernen Lyriktradition. Bewährtes wurde wieder beliebt und somit wurden die Naturgedichte wieder entdeckt.
Auch die Sonettdichtung war bei Lyrikern besonders beliebt, ausgezeichnet durch eine traditionelle Form, das Zeichen eines festen Standorts auf festem Boden. Das Schreiben wird zur Autopoiesis des eigenen Lebens, eine Selbstentäußerung der Dichter. Die traditionsbestimmte Form zielt auf etwas Bleibendes und Gültiges. Gefühlsausbrüche und emotionale Stimmungen werden aus den Gedichten verbannt.
Der bis in das Jahr 1945 aufgebaute Stil wurde bis Mitte der 60er Jahre mühelos gehalten. Gedichte wurden als Instrumente der Erziehung und der weltanschaulichen Gesinnung gewählt.
In den 70er Jahren wandelte sich dies in ein immer stärker analytisch ausgerichtetes Methodenbewusstsein, welches zum Teil auch mit einer Hinwendung zur politisch-aufklärerischen, engagierten Lyrik verbunden war.
Im Allgemeinen hat die moderne Lyrik der heutigen Zeit eher einen volkstümlichen Klang und ist gekennzeichnet durch einen Traditionsbruch, sie zeigt deutliche, oftmals radikale Abweichungen von der Dichtung vorangegangener Epochen wie die Klassik und die Romantik. Sie enthält nichts Lehrhaftes, Langweiliges oder bloß Beschreibendes sondern erfasst die Fülle und Lust des Lebens. Der Charakter dieser Poesie ist die volle Freiheit des subjektiven Geistes.
Quellen
Hermann Korte, „Lyrik des 20.Jh. (1900 – 1945)“, Oldenbourg Interpretationen, 2000
Otto Knörrich, „Lexikon lyrischer Formen“, Alfred Kröner Verlag Stuttgart, 2005
http://www.aphorismen.de/lexikon.php?lexID=l&lID=25&page=detail (28.3.2007)
http://www.uni-duisburg-essen.de/lyriktheorie/texte/1872_lingg.html (29.3.2007 16:22:40)
http://cojobo.bonn.de/~h_dreyer/33.htm (29.3.2007 16:32:38)
http://www.schule-am-pc.de/Lyrik/Gedichtanalyse/gedichtanalyse.htm (29.3.2007 16:33:11)
Inhalt
Es ist ein Vergleich zwischen zwei Gedichten. `Unerlaubt lieben` von Gabriele Wohmann und `Stilleben` von Angela Sommer. Anbei eine Seite Theorie über die Moderne Lyrik (1420 Wörter)
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