Gedichtvergleich - Es kommt der Abend & Abendzeit
Gedichtvergleich - Es kommt der Abend & Abendzeit
Die beiden Gedichte "Es kommt der Abend" und "Abendzeit" wurden von Else Lasker Schüler, während ihres Exil-Aufenthalts, verfasste. Während es im ersten Gedicht " Es kommt der Abend" um das Problem der Heimatlosigkeit geht und um den Versuch die Heimat durch Erinnerungen aufrecht zu erhalten, beschreibt das zweite Gedicht " Abendzeit" das Problem der Einsamkeit, wobei hier der Tod als letzter Ausweg erklärt wird. Obgleich das erste Gedicht ein Kraft und Mut gebendes Gefühl erzeugt, vermittelt das zweite Gedicht eine düstere und negative Stimmung, da das Lyrische Ich, sein Leben als sinnlos empfindet. Somit ist die Intention der Autorin in beiden Gedichten unterschiedlich, weil sie durch das erste Gedicht dem Leser Hoffnung macht und durch das zweite Gedicht verdeutlicht, dass die Situation der Exilanten ausweglos ist. Die Autorin zeigt verschiedene Möglichkeiten mit dem Exil als Exilant umzugehen.
Anders als das erste Gedicht " Es kommt der Abend", welches nur 3 Strophen mit je 3 Versen aufweist, hat das zweite Gedicht "Abendzeit" 8 Strophen mit je 4 Versen. Auch im Reimschema beider Gedichte sind Unterschiede festzustellen. Im ersten Gedicht weist die 1. Strophe einen Schweifreim, die 2. einen unreinen Reim und die 3. einen Kettenreim auf. Das 2. Gedicht besteht größten Teils aus Kreuzreimen. Nur die 6. und 8. Strophe besitzen einen Paarreim. Der Grund für diese Unterschiede könnte sein, dass es im 1. Gedicht nur um drei große Themen geht: die Liebe, die Heimat, und deren Erinnerungen. Deshalb hat das Gedicht auch 3 Strophen mit 3 Versen und weist 3 verschiedene Arten von Reimen auf. Anders als das 2. Gedicht. In diesem Gedicht geht es um weitaus mehr Themen, deshalb ist dieses Gedicht auch viel länger, wobei fast alle Themen regelmäßig düster rübergebracht werden. Diese Regelmäßigkeit wird durch die regelmäßigen Kreuzreime repräsentiert. Jedoch haben die 6. und 8. Strophe einen Paarreim, weil die Autorin in diesen beiden Strophen einen Wendepunk einbaut. Darauf komme ich später nochmal zurück. In beiden Gedichten geht es um die Situation des Lyrischen Ichs, wenn der Abendanbricht. Diese Gemeinsamkeit erkennt man schon in der Überschrift. Trotzdem löst der Abend bei den jeweiligen Lyrischen Ichs unterschiedlich Stimmungen hervor. Im ersten Gedicht versteckt sich das Lyrisch Ich vor dem Abend "und taucht in die Sterne Dass ich den Weg zur Heimat (...) nicht verlerne" (Z.1-2). Die Sterne könnten hier für ein Licht stehen, etwas Helles. Diese Helligkeit braucht das Lyrische Ich, damit es den Weg nach Hause, den Weg in die Heimat zurück findet. Der Abend steht für die Dunkelheit und im Dunkeln findet man nicht den Weg nach Hause. Dadurch, dass das Lyrische Ich den Weg nach Hause nicht verlernen möchte, wird deutlich, dass es die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat irgendwann zurückzukehren, es hat den Mut nicht verloren. Durch Begriffe wie: "Heimat" (Z. 4) und " mein (...) Land" (Z.3) sieht man die Verbindung des Lyrischen Ichs zur eigenen Heimat. Im 2. Gedicht ruft der Abend eine ganz andere Situation hervor. Der Abend ist sehr qualvoll für das Lyrisch Ich "Die Abendzeit verdüstert sehr mein Blut - Durchädert qualvoll meine müde Seele" (Z 13-14). Anders als im 1. Gedicht flieht das Lyrisch Ich nicht vor dem Abend. Das Lyrische Ich hat Angst zu sterben, da die Abendzeit ihn so quält "Und bangt, dass sie verkörpert hier auf Erden fehle". Die Thematik des Todes wird ebenfalls durch Bergriffe wie: "Erblasst" (Z.1), "verdüstert" (Z.13) "zerschellt" (Z.7), "Blut" und "Seele" deutlich und verstärken die düstere Stimmung. Das Lyrisch hat zwar Angst vor den Tod, sieht aber auch keinen Sinn mehr im weiter Leben " Erblasst ist meine Lebenslust" (Z.1), "All meine Lebenslust entfloh" (Z. 29). Im ersten Gedicht kommt die Thematik Tod nicht zum Vorschein. Vielmehr ist das Lyrische Ich in Erinnerungen an die Heimat verloren. Es denkt möglicherweise an eine ganz wichtige Person, in die es vielleicht sogar verliebt ist. "Es ruhen unsere Herzen liebverwandt, Gepaart in einer Schale: Weisse Mandelkerne" (Z.4-6). Die Mandelkerne könnten eine Metapher für deren Liebe sein, da früher Mandeln etwas sehr Wertvolles waren und die Liebe der Person es bestimmt auch für das Lyrische Ich ist. Die Farbe Weiß ist ein Symbol für die Reinheit und steht für die Reinheit der Liebe des Lyrischen Ichs. Um dies Liebe zu verdeutlichen wurden die Bergriffe "Weisse Mandelkerne", welche eine Metapher für die Liebe sind durch die Doppelpunkte hervorgehoben. Die Wortneuschöpfung (Neologismus) durch den Begriff "liebverwandt" soll den Leser klar machen, dass es hier um die wahre Liebe geht. Das Thema Lieb wird durch die Begriffe: "Herzen" und "liebverwandt" deutlich. Das Thema Liebe taucht aber auch im 2. Gedicht auf, durch den Begriff " Herzens". Die düstere Stimmung wir ebenfalls durch die 6. Strophe gelindert. Das ist auch möglicherweise der Grund, warum diese Strophen, nicht wie fast alle anderen, ein Kreuzreimschema aufweist, sondern ein anderes. Begriffe die zum Leben passen, wie z.B. "erwacht" und "erleben" (Z.17-18) sind das Gegenteil zum Thema Tod. Dieser Wiederspruch soll die Verwirrung den Lyrischen Ichs erklären. Wie schon erwähnt will das Lyrisch Ich zwar sterben, aber hat auch Angst davor. Jedoch entscheidet sich das Lyrisch Ich für den Tod als letzten Ausweg, da es die Einsamkeit nicht mehr erträgt. "Ich fiel so einsam (...)" (Z. 2). Außerdem sind die schönen Zeiten für das Lyrisch Ich schon um. "Der Zeiger wandelt leise um das Zifferblatt Der Sonnenuhr, die Gold von meinem Leben hat" (Z 23-24). Das Gold, was eine Metapher für die schöne Zeit ist, ist durch das Vergehen der Zeit auch vergangen. Das Lyrische Ich sieht keinen Sinn mehr zu leben. Dem Leser wird aber auch schon früher klar, dass das Lyrische Ich sterben wird. Schon in dem 4. Vers des 1. Gedichtes, erklärt das Lyrische Ich, dass es sterben wird. "-Nur du, da ich vereint einst mit dir werde". Mit dem du ist möglicherweise Gott gemeint, da wenn man stirbt zu Gott gelangt. Die endgültige Entscheidung trifft das Lyrische Ich jedoch erst in der letzten Strophe, deshalb hat diese Strophe auch höchstwahrscheinlich ein anderes Reimschema als der Rest. "All meine Lebenslust entfloh (...) Ich suchte unaufhörlich einen Himmel wo.... (...) der Weg zu ihm (ist) nicht weit" (29-32). Das "ihm" soll erneut Gott beschreiben, zu dem es gelangen möchte, im "Himmel". Dies Strophe besiegelt die düstere Stimmung und verdeutlicht die Ausweglosigkeit. Das Lyrisch Ich im 1. Gedicht schwärmt, anders als das Lyrisch Ich vom 2. Gedicht, welches seinen alten schönen Zeiten nachtrauert, von alten Erinnerungen. Die Vergangenheit wir durch Verben die im Präteritum geschrieben sind verdeutlicht "rauschte" (Z 9). Es wird aber auch auf eine positive Zukunft gehofft. "...Ich weiss, du hältst wie früher meine Hand" (Z.7). Das Lyrische Ich glaubt an eine schöne Zukunft und gibt auch dem Leser Mut. Die positive Stimmung und die Geduld des Lyrischen Ichs werden mit Verben, wie z.B. "ruhen" (Z. 4) und "hältst" (Z.7), die den Stillstand wiederspiegelt. Das andere Gedicht wiederum weist Verben auf, die eine hektisch Bewegung und die Flucht deuten, wie z.B. "kam" (Z.3), "ereilt" (Z.7) und "entkommen" (Z.10), welche eine aufgeregte, nicht entspannte Stimmung verleihen. Eine Gemeinsamkeit beider Gedichte ist, dass sie durch Auslassungspunkte den Leser zum Nachdenken anregen. Ein Unterschied ist aber auch, dass im zweiten Gedicht öfters Bindestriche auftauchen. Diese könnten dafür stehen, dass das Lyrisch Ich an dieser Stelle inne hält und zögert, sodass der Gedankenfluss unterbrochen wird. Der Leser wir nochmals zum Nachdenken aufgefordert.
Inhalt
Die beiden Gedichte "Es kommt der Abend" und "Abendzeit" wurden von Else Lasker Schüler, während ihres Exil-Aufenthalts, verfasste. Während es im ersten Gedicht " Es kommt der Abend" um das Problem der Heimatlosigkeit geht und um den Versuch die Heimat durch Erinnerungen aufrecht zu erhalten, beschreibt das zweite Gedicht " Abendzeit" das Problem der Einsamkeit, wobei hier der Tod als letzter Ausweg erklärt wird. Obgleich das erste Gedicht ein Kraft und Mut gebendes Gefühl erzeugt, vermittelt das zweite Gedicht eine düstere und negative Stimmung, da das Lyrische Ich, sein Leben als Sinnlos empfindet. Somit ist die Intention der Autorin in beiden Gedichten unterschiedlich, weil sie durch das erste Gedicht dem Leser Hoffnung macht und durch das zweite Gedicht verdeutlicht, dass die Situation der Exilanten ausweglos ist. Die Autorin zeigt verschiedene Möglichkeiten mit dem Exil als Exilant umzugehen. (1330 Wörter)
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