Brief 20 an Maximus
Plinius (der jüngere)
Buch 3 - Brief 20
lateinisch / deutsch
C. PLINIVS MAXIMO SVO S.
Metninistine te saepe legisse, quantas contentiones excitarit lex tabellaria quanturnque ipsi latori vel gloriae vel reprehensionis attulerit? at nunc in senatu sine ulla dissensione hoc idem ut optimum placuit; omnes comitiorum die tabellas postulaverunt. excesseramus 3sane manifestis illis apertisque suffragiis licentiam contionum. non tempus loquendi, non tacendi modestia, non denique sedendi dignitas custodiebatur. magni undique dissonique clamores, procurrebant omnes cum suis candidatis, multa agmina in medio multique circuli et indecora confusio; adeo desciveramus a consuetudine parentum, apud quos omnia disposita, moderata, tranquilla maiestatem loci pudoremque retinehant. supersunt senes, ex quibus audire soleo hunc ordinem comitiorum: citato nomine candidati silentium summurn; dicebat ipse pro se, explicabat vitam suam, testes et laudatores dabat vel eum, sub quo militaverat, vel eum, cui quaestor fuerat, vel utrumque, si poterat, addebat quosdam ex suffragatoribus; illi graviter er paucis loquebantur. plus hoc quam preces proderat. non numquam candidatus aut natales cornpetitoris aut annos aut etiam mores arguebat; audiebat senatus gravitate censoria. ita saepius digni quam gratiosi praevalebant. Quae nunc immodico favore corrupta ad tacita suffragia quasi ad remedium decucurrerunt, quodinterim plane remedium fuit; erat enim novum et subitum. sed vereor, ne procedente tempore ex ipso rernedio vitia nascantur. est enim periculum, ne tacitis suffragiis impudentia inrepat; nam quoto cuique eadem honestatis cura secreto, quae palam? multi famam, conscientiam pauci verentur. Sed nimis cito de futuris; interim beneficio tabellarurn habebimus magistratus, qui maxime fieri debuerunt. nam iLit in reciperatoriis iudiciis, sic nos in his comitiis quasi repente adprehensi sinceri iudices fuiMus. Haec tibi scripsi, primum ut aliquid novi scriberem, deinde ut non numquam de re publica loquerer, cuius materiae nobis quanto rarior quam veteribus occasio, tanto minus omittenda est. er hercule quousque illa vulgaria -quid agis? ecquid commode vales?". habeant nostrae quoque litterae aliquid non humile nec sordidum nec privatis rebus inclusum. sunt quidem cuncta sub unius arbitrio, qui pro utilitate communi solus omnium curas laboresque suscepit; quidam tamen salubri tempetarnento ad nos quoque velut rivi ex illo benignissimo fonte decurrunt, quos er haurire ipsi et absentibus amicis quasi ministrare epistulis possumus. Vale.
Erinnerst Du Dich noch, wie oft Du gelesen hast, welch schwere Kämpfe die Lex tabellaria ausgelöst, wie viel Ruhm oder Tadel sie dem Antragsteller selbst eingetragen hat? jetzt hat man sich im Senat widerspruchslos zu dieser Regelung als der bestmöglichen entschlossen; alle haben am Wahltage ihr Stimmtäfelchen gefordert. In der Tat waren wir bei der offenen, mündlichen Stimmabgabe tiefer gesunken als die zügellosen Volksversammlungen; kein Innehalten der Redezeit, kein besonnenes Schweigen, kein gemessenes Sitzenbleiben. Lautes, mißtönendes Geschrei von allen Seiten, jeder drängte sich inmitten vieler Häuflein, vieler Grüppchen mit winen Kandidaten vor, ein wüstes Durcheinander; so weit waren wir den Grundsätzen der Väter untreu geworden, bei denen alles seinen geordneten, maßvollen, ruhigen Gang nahm und die Würde des Ortes respektierte. Es leben noch alte Leute, die mit den Verlauf der Wahlhandlung immer folgendermaßen schilderten: Nach dem Namensaufruf des Kandidaten lautlose Stille; er selbst sprach für sich, schilderte seinen Werdegang, benannte als Charakterzeugen und Referenz den Mann, unter dem er gedient hatte oder dessen Quästor er gewesen war, gegebenenfalls beide, ließ hören, wer etwa seine Wahl propagierte; diese gaben dann eine kurze, gemessene Erklärung ab. Das war wirksamer als alles Werben. Bisweilen bemängelte ein Kandidat die Herkunft, das Alter oder auch den Charakter seines Konkurrenten. Der Senat hörte sich das mit zensorischem Ernst an. So setzten sich häufiger Männer durch, die es verdienten, als solche mit guten Beziehungen. Dieser Zustand ist nunmehr durch maßlose Wahlumtriebe verdorben worden, und so hat man auf die geheime Abstimmung als Heilmittel zurückgegriffen, und das hat sich einstweilen auch als recht heilsam erwiesen. Aber ich befürchte doch, daß im Laufe der Zeit gerade aus dem Heilmittel neue Übelstände erwachsen. Denn es besteht die Gefahr, daß sich bei geheimer Abstimmung Schamlosigkeit einschleicht. Wie wenige halten doch im geheimen ebenso auf Anstand wie offen! Viele fürchten für ihr Renommee, nur wenige hören auf ihr Gewissen. Aber kein vorschnelles Urteil über die Zukunft! Einstweilen werden wir dank der geheimen Abstimmung die Männer als Beamte bekommen, die es am meisten verdienen, gewählt zu werden. Denn wie bei den Rekuperationsprozessen haben "xir uns bei diesen Wahlen, gleichsam unversehens, bei der Hand genommen, als unbefangene Richter erwiesen. Dies schreibe ich Dir, um Dir etwas Neues zu berichten, und außerdem, um doch ab und zu einmal von Staatsgeschäften zu reden, ein Thema, das zu behandeln wir die Gelegenheit um so weniger ungenutzt lassen dürfen, je seltener als den Alten sie sich uns bietet. Verdammt! Immer wieder dies abgedroschene -Wie geht's? Bist du gut zuwege?" Auch unsre Briefe sollten etwas nicht ganz Gewöhnliches, Unbedeutendes, nur auf Privatangelegenheiten Beschr~nktes enthalten! Freilich hängt alles von dem Willen des Einen ab, der zu allgemeinem Nutzen allein die Mühen und Sorgen für uns alle auf sich genommen hat; aber es rieseln doch aus dieser segenspendenden Quelle wohlabgemessen auch zu uns ein paar Rinnsale, die wir selbst ausschöpfen und unsern Freunden in der Ferne gleichsam brieflich kredenzen können. Leb'wohl!
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Brief 20 an Maximus - Lateinischer Orginaltext und Deutsche Übersetzung (837 Wörter)
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