Interpretation der Zueignung aus Faust, der Tragödie erster Teil
Die Zueignung in Goethes "Faust, der Tragödie erster Teil"
Interpretation
Die dramatische Dichtung des Faust kann als das Hauptwerk von Johann Wolfgang von Goethe bezeichnet werden. Der Fauststoff begleitet ihn fast sein ganzes Leben lang. Schon als Kind, so vermutet man, hat Goethe den Urfaust in der Bibliothek seines Vaters gelesen. Dazu kommt sein Interesse an Mystik und Alchemie, die er in seinem Faust verarbeitete.
Goethe setzt dem Hauptwerk drei Einleitungen voran. Die erste davon ist die "Zueignung" in Form einer Stanze, welche nicht direkt mit dem Hauptstück verbunden ist. Sie spiegelt hauptsächlich die reflexive Auseinandersetzung des Dichters mit seinem Werk wieder.
Der Dichter spricht die ihm schon bekannten, sich wieder nähernden "schwankenden Gestalten" an. Er kennt sie bereits von früher, als sie sich dem "damals trüben Blick gezeigt" haben und stellt sich die Frage, ob sich sein "Herz noch zu jenem Wahn geneigt fühlt", um sie (Anm.: die schwankenden Gestalten) dieses Mal festzuhalten. Die Gestalten "steigen aus Dunst und Nebel auf", "drägen sich ihm auf" und er lässt es geschehen, obwohl sich sein "Busen" vom "Zauberhauch" "jugendlich erschüttert fühlt".
Sie (Anm.: die Gestalten) bringen "Bilder froher Tage", ähnlich einer "alten halbverklungnen Sage". Er erinnert sich an die "erste Liebe und Freundschaft", aber auch an den damit verbundenen Schmerz. Das Leben ist "ein labyrinthisch irrer Lauf". Ihm seien die guten Stunden allesamt entschwunden.
Die ihm bekannten Seelen, die er von damals kennt, hören seine folgenden Gesänge (Anm.:die Dichtung des Faust) nicht mehr. Und diejenige Seele, die es hört, "irrt selbst in der Welt zerstreut, wenn es noch lebt."
Ein "längst entwöhntes Sehnen" ergreift den Dichter, nach dem "stillen, ernsten Geisterreich", das "in unbestimmten Tönen" aus ihm heraus schwebt. Darüber vergisst er die Zeit. Was er "besitzt, sieht er wie im Weiten und was verschwand, wird ihm zu Wirklichkeiten."
Goethe will mit der Zueignung ausdrücken, welche Gefühle ihn als Dichter beim Schreiben seines Werkes antreiben und wie er selbst diese Gefühle begreift. Schon hier bekommt der Leser die Ahnung, dass es sich für Goethe bei der folgenden Dichtung um sein Lebenswerk handeln muss.
Inhaltlich gehört die Zueignung zu der Literaturgattung der Elegie, formal spricht man dabie von einer Stanze. Eine Elegie ist ein Klagegedicht, mit traurigem, klagendem Inhalt. Sie ist schwermütig und voller Sehnsucht. Die Stanze ist ein Versmaß, das aus elfsilbrigen Verszeilen besteht.
Goethe hat sich bei seiner Wortwahl überwiegend auf Abstrakta (Gestalten, Wahn, Dunst, Zauberhauch, Liebe, Freundschaft,...) gestützt, was dem Text auch seinen besonders gefühlsbetonten Charakter verleiht. Er schreibt in der ich-Form, er will seine eigenen Gefühle mit Worten beschreiben.
Dem Text verleiht er mit mehreren Allegorien (Gleichnissen) besondere Ausdruckskraft:
"Gleich einer alten, halbverklungnen Sage kommt erste Lieb und Freundschaft mit herauf."
"Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage des Lebens labyrinthisch irren Lauf [...]"
"Mein lispelnd Lied, der Äolsharfe gleich."
Außerdem liebt Goethe grundsätzlich in seinem ganzen Werk die Interjektion als Steigerung des Gefühlsausdrucks:
"Verklungen Ach! der erste Widerklang"
Auch eine Allusion (Anspielung) ist zu finden, welche dem Leser die Freiheit lässt, das Geschriebene selbst zu interpretieren:
"Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten [...]"
Mitunter spielt Goethe mit Metaphern (bildhaften Darstellungen):
"[...] die Bilder froher Tage"
Der Text ist durchgehend in der Zeitform Präsens verfasst, die besondere Aussagekraft erreicht Goethe auch damit, dass er dem Substantiv, aber auch dem Verb, oft ein Adjektiv voranstellt:
"schwankende Gestalten, trüber Blick, das Herz jugendlich erschüttern, frohe Tage, liebe Schatten, alte, halbverklungne Sage, des Lebens labyrinthisch irrer Lauf, freundliches Gedränge, ..."
Das Motiv des alten Eremiten mit depressiver Grundstimmung in der Zueignung ist mit dem gesamten Inhalt des Faust verwoben. Goethe lässt uns teilhaben an der Gefühlswelt des alternden Mannes, der nur noch in seinen Erinnerungen lebt.
Die schwankenden Gestalten, die aus Dunst und Nebel aufsteigen, und die er aus seiner Jugend bereits kennt, drängen sich ihm in einem fortgeschrittenen Alter wieder auf. Goethe will sein Lebenswerk vollenden. Diese schwankenden Gestalten verkörpern meines Erachtens die Vielzahl der Figuren, denen er im Laufe seines Lebens in Büchern und Texten, aber auch im wahren Leben, begegnet ist: Die Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt, die 1746 in Frankfurt am Main hingerichtet wurde und deren Prozess Goethe aus juristischem Interesse verfolgte. Seine erste Liebe Käthchen Schönkopf. Die Gestalten, die in den alchemistischen und mystischen Schriften, denen er sich in seiner Jugend und im jungen Erwachsenenalter gewidmet hat, auftauchen. Der Stoff des Urfaust, mit dem Goethe wahrscheinlich bereits im Kindesalter in Kontakt kam. All das verkörpern die schwankenden Gestalten, die sich Goethe nun wieder aufdrängen und ihn als eine Art Medium benutzen, um durch ihn ihre Geschichten erzählen können. Dadurch kommen Goethe Erinnerungen an längst vergangene Tage. Vor allem der glücklichen Tage erinnert er sich. Die erste Liebe. Die erste Freundschaft. Dann kommt aber auch der damit verbundene Schmerz und die jugendliche Erschütterung wieder. Es ist ihm, als spüre er die jugendliche Sehnsucht wieder, die er schon lange nicht mehr empfunden hat, ihn nun aber voll vereinnahmt. Er fühlt, dass er sein Werk, das er als junger Mann begonnen hat, jetzt, als alternder Mann vollenden muss. Während dieser Gedankengänge verschwimmt die Zeit. Sein Jetzt ist die Vergangenheit. Und die Realität, die Jetztzeit, erscheint ihm als entfernte Zukunft.
Die Zueignung des Johann Wolfgang von Goethe ist, wie sein gesamtes Werk, ein Geniestreich. Bis ins letzte Detail durchdacht und durch Wortwahl sowie rhetorische Mittel mit einer danach nur noch selten erreichten Ausdruckskraft.
Interpretation
Die dramatische Dichtung des Faust kann als das Hauptwerk von Johann Wolfgang von Goethe bezeichnet werden. Der Fauststoff begleitet ihn fast sein ganzes Leben lang. Schon als Kind, so vermutet man, hat Goethe den Urfaust in der Bibliothek seines Vaters gelesen. Dazu kommt sein Interesse an Mystik und Alchemie, die er in seinem Faust verarbeitete.
Goethe setzt dem Hauptwerk drei Einleitungen voran. Die erste davon ist die "Zueignung" in Form einer Stanze, welche nicht direkt mit dem Hauptstück verbunden ist. Sie spiegelt hauptsächlich die reflexive Auseinandersetzung des Dichters mit seinem Werk wieder.
Der Dichter spricht die ihm schon bekannten, sich wieder nähernden "schwankenden Gestalten" an. Er kennt sie bereits von früher, als sie sich dem "damals trüben Blick gezeigt" haben und stellt sich die Frage, ob sich sein "Herz noch zu jenem Wahn geneigt fühlt", um sie (Anm.: die schwankenden Gestalten) dieses Mal festzuhalten. Die Gestalten "steigen aus Dunst und Nebel auf", "drägen sich ihm auf" und er lässt es geschehen, obwohl sich sein "Busen" vom "Zauberhauch" "jugendlich erschüttert fühlt".
Sie (Anm.: die Gestalten) bringen "Bilder froher Tage", ähnlich einer "alten halbverklungnen Sage". Er erinnert sich an die "erste Liebe und Freundschaft", aber auch an den damit verbundenen Schmerz. Das Leben ist "ein labyrinthisch irrer Lauf". Ihm seien die guten Stunden allesamt entschwunden.
Die ihm bekannten Seelen, die er von damals kennt, hören seine folgenden Gesänge (Anm.:die Dichtung des Faust) nicht mehr. Und diejenige Seele, die es hört, "irrt selbst in der Welt zerstreut, wenn es noch lebt."
Ein "längst entwöhntes Sehnen" ergreift den Dichter, nach dem "stillen, ernsten Geisterreich", das "in unbestimmten Tönen" aus ihm heraus schwebt. Darüber vergisst er die Zeit. Was er "besitzt, sieht er wie im Weiten und was verschwand, wird ihm zu Wirklichkeiten."
Goethe will mit der Zueignung ausdrücken, welche Gefühle ihn als Dichter beim Schreiben seines Werkes antreiben und wie er selbst diese Gefühle begreift. Schon hier bekommt der Leser die Ahnung, dass es sich für Goethe bei der folgenden Dichtung um sein Lebenswerk handeln muss.
Inhaltlich gehört die Zueignung zu der Literaturgattung der Elegie, formal spricht man dabie von einer Stanze. Eine Elegie ist ein Klagegedicht, mit traurigem, klagendem Inhalt. Sie ist schwermütig und voller Sehnsucht. Die Stanze ist ein Versmaß, das aus elfsilbrigen Verszeilen besteht.
Goethe hat sich bei seiner Wortwahl überwiegend auf Abstrakta (Gestalten, Wahn, Dunst, Zauberhauch, Liebe, Freundschaft,...) gestützt, was dem Text auch seinen besonders gefühlsbetonten Charakter verleiht. Er schreibt in der ich-Form, er will seine eigenen Gefühle mit Worten beschreiben.
Dem Text verleiht er mit mehreren Allegorien (Gleichnissen) besondere Ausdruckskraft:
"Gleich einer alten, halbverklungnen Sage kommt erste Lieb und Freundschaft mit herauf."
"Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage des Lebens labyrinthisch irren Lauf [...]"
"Mein lispelnd Lied, der Äolsharfe gleich."
Außerdem liebt Goethe grundsätzlich in seinem ganzen Werk die Interjektion als Steigerung des Gefühlsausdrucks:
"Verklungen Ach! der erste Widerklang"
Auch eine Allusion (Anspielung) ist zu finden, welche dem Leser die Freiheit lässt, das Geschriebene selbst zu interpretieren:
"Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten [...]"
Mitunter spielt Goethe mit Metaphern (bildhaften Darstellungen):
"[...] die Bilder froher Tage"
Der Text ist durchgehend in der Zeitform Präsens verfasst, die besondere Aussagekraft erreicht Goethe auch damit, dass er dem Substantiv, aber auch dem Verb, oft ein Adjektiv voranstellt:
"schwankende Gestalten, trüber Blick, das Herz jugendlich erschüttern, frohe Tage, liebe Schatten, alte, halbverklungne Sage, des Lebens labyrinthisch irrer Lauf, freundliches Gedränge, ..."
Das Motiv des alten Eremiten mit depressiver Grundstimmung in der Zueignung ist mit dem gesamten Inhalt des Faust verwoben. Goethe lässt uns teilhaben an der Gefühlswelt des alternden Mannes, der nur noch in seinen Erinnerungen lebt.
Die schwankenden Gestalten, die aus Dunst und Nebel aufsteigen, und die er aus seiner Jugend bereits kennt, drängen sich ihm in einem fortgeschrittenen Alter wieder auf. Goethe will sein Lebenswerk vollenden. Diese schwankenden Gestalten verkörpern meines Erachtens die Vielzahl der Figuren, denen er im Laufe seines Lebens in Büchern und Texten, aber auch im wahren Leben, begegnet ist: Die Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt, die 1746 in Frankfurt am Main hingerichtet wurde und deren Prozess Goethe aus juristischem Interesse verfolgte. Seine erste Liebe Käthchen Schönkopf. Die Gestalten, die in den alchemistischen und mystischen Schriften, denen er sich in seiner Jugend und im jungen Erwachsenenalter gewidmet hat, auftauchen. Der Stoff des Urfaust, mit dem Goethe wahrscheinlich bereits im Kindesalter in Kontakt kam. All das verkörpern die schwankenden Gestalten, die sich Goethe nun wieder aufdrängen und ihn als eine Art Medium benutzen, um durch ihn ihre Geschichten erzählen können. Dadurch kommen Goethe Erinnerungen an längst vergangene Tage. Vor allem der glücklichen Tage erinnert er sich. Die erste Liebe. Die erste Freundschaft. Dann kommt aber auch der damit verbundene Schmerz und die jugendliche Erschütterung wieder. Es ist ihm, als spüre er die jugendliche Sehnsucht wieder, die er schon lange nicht mehr empfunden hat, ihn nun aber voll vereinnahmt. Er fühlt, dass er sein Werk, das er als junger Mann begonnen hat, jetzt, als alternder Mann vollenden muss. Während dieser Gedankengänge verschwimmt die Zeit. Sein Jetzt ist die Vergangenheit. Und die Realität, die Jetztzeit, erscheint ihm als entfernte Zukunft.
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Eine Interpretation der Zueignung aus Faust, der Tragödie erster Teil von Johann Wolfgang von Goethe. (934 Wörter)
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