Essay zum Thema: Rollenzuschreibungen "Ich bin, ich bin nicht"
Aufsatz: Ich bin, ich bin nicht
Ich bin. - Du bist. - Wir sind. -
Aber, wer oder was, sind wir? Sollte es nicht besser heißen: Ich bin, allein ich. Nur ich bin. Niemand weiß, wer ich bin, was ich bin, wie ich bin. - Niemand weiß genau, was ich kann, was ich will, welches Potential in mir steckt. - Dennoch wollen sie es besser wissen, die Menschen, in meiner Umwelt. Sie geben unsinnige Ratschläge, zwängen mich in Rollen, assoziieren ich mit etwas und jemanden. Alles wissen sie es besser! - Nein, das ist nicht der Fall, sie wollen es nur besser wissen. Allerdings vergessen sie bei ihrem Zwang, alles besser wissen zu müssen, was sich für mein Dasein überhaupt positiv auswirkt. Ehrlich gesagt weiß ich nicht einmal selbst, wer ich bin oder was für sich für mein Dasein positiv auswirkt.
Fragen wie:" Wer bin ich eigentlich, was kann ich, was will ich?", sind sehr schwer zu beantworten. Wahrscheinlich wäre ich nicht einmal in der Lage, eine der Fragen zu beantworten. Doch wie konnte es so weit komme, dass ich nicht weiß, wer ich bin? - Sie werden jetzt anfangen zu lachen und denken, dass ich nur eine verwirrte, planlose junge Frau sei, die sich noch in ihrer Persönlichkeitsfindungsphase befände. - Da muss ich Sie leider enttäuschen, dem ist nicht so. Und überhaupt bin ich kein Einzelfall. Den meisten jungen Menschen geht es so. Sie wissen nicht, wer sie sind. - Jetzt werden Sie bestimmt denken, dass wir Jugendliche allgemein planlos sind. - Vielleicht. - Aber bevor Sie vorschnell über mich und andere urteilen: "Wissen Sie, wer Sie sind?" Der Unterschied zwischen "Planlosen" und Ihnen ist die Tatsache, dass wir uns darüber Gedanken machen.
Glück gehabt! - Ich werde Sie nicht damit behelligen. Doch ich finde es bedenklich, weshalb beinahe niemand genau weiß, wer er ist. Das ist verwunderlich! Wir leben in einer Welt in dem Egoismus, der eigene Vorteil und Wettbewerb dominieren. Trotzdem, oder gerade deshalb ist der Zustand, "ich bin ich selbst", nicht mehr existentiell. Vielmehr gilt es, so zu sein, dass man den Erwartungen der anderen entspricht.
Sind wir dann etwa ein "Homo Sociologicus"? Wenn ja, dann hätte Dahrendorf Recht und "wir" wären durch soziale Rollen und Normen eingeengt. Es sprechen sehr wohl einige Dinge dafür. Die Farce, in eine Rolle gedrängt zu werden, beginnt schon vor der Geburt. Übereifrige Eltern streichen das Kinderzimmer rosa, sobald sie wissen, dass sie ein Mädchen erwarten. Darüber hinaus werden fleißig Kleidchen, Puppen und so weiter gekauft, natürlich alles rosa und pink. Werden die Mädchen dann größer werden sie im Ballett, Turnen oder in einer Bastelgruppe angemeldet. Ausgenommen sind die Mädchen, deren Eltern, von der Gesellschaft belächelt, als Individualisten oder unangepasst bezeichnet werden. Deren Kinder dürfen einfach "nur Kind", und sie selbst sein.
Allerdings sind die "Individualisten" nur eine Randerscheinung. Und so gibt es (dafür sind wir ja alle dankbar) noch tausende Super-Mamis und Super-Papis, die mit ihren Lenas, Lisas oder Leonies zum Reiten gehen. Doch wird sagt denn, dass die kleine Lena nicht boxen kann? - Ich höre niemanden, der mir widerspricht. Also warum werden die Kleinen dann dazu erzogen, es nicht einmal versuchen zu wollen. -Das altbekannte Problem, die Rollenzuweisung, kann hier angeführt werden. Ein schreckliches Wort -"Rollenzuweisung". Es ist gebildet aus "Rolle" und "Zuweisung". Rolle bedeutet allerdings für mich, dass etwas gespielt wird und nicht "echt" bzw. "natürlich" ist.
"Zuweisung" dagegen hört sich, bezogen auf mich selbst (mir werden schließlich auch Rollen zugewiesen), angsteinflößend an. Rollenzuweisung ist lediglich ein Zwang, somit nichts freiwillig Ausgeübtes, sondern etwas Fremdbestimmtes.
Diese sogenannten Rollenzuweisungen sind (leider) nicht nur in Kindertagen präsent und spezifisch für Geschlechterrollen konzipiert, sondern verfolgen und unser leben lang. Wollen wir das? Soll Theater und Zwang unser ganzes Leben bestimmen? Meines Erachtens wäre das nicht Sinn der Sache. Wenn wir alle nur fremdbestimmt unser Leben leben, dann haben Frankreichs Revolutionäre, die Aufklärer, die Befürworter der Demokratie umsonst für Freiheit und Individualismus gekämpft. Schließlich sind wir in unseren stereotypen Rollen auch nicht frei. Gesellschaftlicher Zwang und Erwartungen bestimmen unser Leben. Doch wie konnte es so weit kommen? Oder war es schon immer so? - George Herbert Mead würde erwidern, dass es sogar in etwa so sein muss.
Seine Theorie besagt, dass die Interaktion mit anderen Menschen notwendig sei, damit wir überhaupt eine Ich-Identität aufbauen und eine Intelligenz erwerben können.
Jedoch trennt er dabei zwei Bereiche, die soziale Identität (die Theorie der sozialen Identität ist mit Dahrendorfs Thesen gleichzusetzen) und die Ich-Identität. Einerseits sind das Fremdbild ("Me") und andererseits das Selbstbild ("I") ein fester Bestandteil unseres "Ichs". Zwischen diesen zwei "Ichs" muss konstant eine Balance herrschen, ansonsten gerät unser Dasein ins Wanken. -
Puh! Also ist etwa die Erklärung für unser Problem, das Ungleichgewicht unsres "Ichs".
Unser Fremdbild überwiegt unser Selbstbild, wir sind also lediglich ein Objekt in einem Ozean voller anderen Objekten, das in das Gesamtbild passen möchte. - Sie haben richtig gehört, wir sind im Ungleichgewicht.
Aber es stimmt, wir definieren uns nur noch über Äußeres. Wir leben nach dem Motto: Hoffentlich gefällt es den anderen. Um diese Absurdität zu erreichen, ändern wir uns selbst. Wir passen uns der Mode an, versuchen den Chef zu beeindrucken und und und.
Diese Liste ist lang und irgendwie auch gefährlich. Oder was glauben Sie woher Mobbing und Burn-out stammen? - Mobbing entsteht, weil die Opfer nicht angepasst sind, nicht der Norm entsprechen oder auch gar nicht wollen. Gemobbt wird häufig der, der noch ein ausgeprägtes Ich hat. - Sind wir also nur neidisch?
- Man weiß es nicht. -
Burn-out haben die Menschen, die es schon fast geschafft haben, ganz im Fremdbild aufzugehen. Sie haben meist Erfolg im Job, sind in Vereinen engagiert, versuchen alles perfekt zu machen und sind darauf bedacht, positives Feedback zu erhalten.
Also sollte das nicht ein Zeichen sein, zu überdenken, was wir machen? Wir zerstören unser "Ich", das, was jeden von uns ausmacht, ihn zu etwas Besonderem macht, selbst.
Das ist einfach nur traurig!
Aber ich muss zugeben, ich bin eine von diesen, die denken, nur etwas zu sein, wenn andere einen auch gut finden. Ich definiere mich, wie wahrscheinlich Tausende von anderen Jugendlichen, durch meine Noten. Menschen wie ich haben dann das Gefühl zu versagen oder gar ein schlechter Mensch zu sein, wenn es in der Schule nicht rundläuft.
Für dieses Ich-Bewusstsein sind wir im Grunde auch nicht ganz selbst verantwortlich. Jeden Tag wird gesagt, dass nur der, der gute Noten hat, später die Chance hat, es "zu etwas zu bringen". - Also machen wir uns eben selbst Vorwürfe, na und?
Aber wie soll man heute noch so sein wie man will? Alles wird uns vorgelebt: Wie wir uns kleiden sollen, was unsere Werte- und Moralvorstellungen sind...; Erst wenn es zur Eskalation kommt, wird aufgehorcht und gelästert.
Die Jugend von heute, eine Mischung zwischen Size-Zero und Computersucht. - Das bekomme ich von manchem Erwachsenen zu hören. Aber wer hat uns Mädchen denn die super schlanken Barbie-Puppen zum Spielen gekauft? - Ja, ihr lieben Eltern!
Also sollten wir nicht einfach aufhören, in Rollen und Schemen zu denken?
Liebe Leute, Rollendenken bietet schließlich keine Vorteile, Rollendenken hemmt uns nur in unserer Entfaltung und Entwicklung. Doch damit in dieser Hinsicht "eine kleine Revolution" stattfindet, muss jeder selbst sein Fehlverhalten erkennen. Wir machen uns schon ein Bild von jemandem, bevor dieser Mensch ein Wort mit uns gesprochen hat. Hat dieser Mensch eine Tätowierung, wird er als Rocker und somit rebellisch bezeichnet.
Wir geben den Menschen keine Chance so zu sein, wie sie wollen!
Nur auf Grund einer Erscheinung. Das schränkt uns ungemein ein. Also sollten wir nicht endlich anfangen über uns selbst nachzudenken und die Menschen sie selbst sein zu lassen? Damit wir alle so sein können, wie wir sein wollen, und nicht die Meinung der anderen über uns, über den Werdegang unserer Persönlichkeit entscheidet. Denn letztendlich machen uns die vielen Erwartungen nur kaputt. Und wir müssen einsehen, dass wir alle ohnehin nicht erfüllen können. Lasst und deshalb anfangen, zu sagen: "Ich bin, was ich bin".
Inhalt
Diesen Essay habe ich in eine Klausur (in der Kursstufe 2), zum Thema "Rollenzuschreibungen - Du bist, was die anderen von Dir erwarten"!, verfasst.Ich hinterfrage die Erziehung zu typischen Mädchen, die ungebetenen Ratschläge von gutmeinenden Mitmenschen und das Rollendenken in vielen Kreisen. Mein Wunsch ist es, dass jeder junge Mensch selber seinen Platz in der Welt finden kann, dort wo er sein will und nicht dort, wo ihn die andern gerne hätten. (1381 Wörter)
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