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Heinrich,Finn-Ole;Sie hat den Herbst gewonnen:Inhaltsangabe?

Frage: Heinrich,Finn-Ole;Sie hat den Herbst gewonnen:Inhaltsangabe?
(6 Antworten)

 
Finn-Ole Heinrich
Sie hat
den Herbst gewonnen
1
erbst.
Allein das Wort. Den fang ich
immer mit Geburtstag an. Herbst
dagegen ist Frühling Magerquark. Na klar,
die Wolken, das Grau, ja, der Regen. Aber
auch die satten Äpfel, die man auf Märkten
suchen geht und die die Vorjahreszeit
in sich aufgespeichert haben, die man
sich jetzt würzig und süß in den Kopf beißen
und auf der Zunge zergehen lassen
kann. Herbst, das ist die Sommerernte. Im
Herbst sitzen, Beine auf dem Tisch und
den Gaumen voll Spätsommer.
Halt mal das Maul und mach die Nase
auf, sagt Svana.
Wir sitzen am Ufer irgendeines langweiligen
Kanals. Ich hab irgendwie das
Gefühl, nur weil sie heut Abend wieder
fliegt, ich müsste mehr erzählen als sonst.
Die Zeit nutzen, so ein Schwachsinn. Ich
komm mir dumm vor, aber nur kurz. Also
halt ich die Klappe. Sie ist großartig darin,
mir zu sagen, was sie will. Und meistens
hat sie Recht damit, auch jetzt.
Halt dein Maul und iss den Apfel auf.
Wir machen jetzt Weitwurf und ich will,
dass du mich gewinnen lässt.
H
2
Na gut, sag ich und verstecke mein
Schmunzeln kaum.
Du fängst an, sagt sie, und wer weiter
kommt, dem gehört der Herbst, einverstanden?
Ich nicke und gehe ein paar
Schritte zurück und verbiege mir die Arme,
renne los und schrei dabei: Herr Jonathan
Wolf am Abwurf und wie immer
findet mein Apfelrest nicht den richtigen
Winkel, wie immer klatscht er ins Wasser,
wie immer weniger als fünfzehn Meter
weit, ich kenne das. Und Svana auch, die
mit dem breiten Kreuz, die Schwimmerin,
die jetzt ausholt und aus dem Stand auf
das andere Ufer wirft. Merci, sagt sie und
dreht sich zu mir um und lacht. Fängt gut
an, der Herbst, findet sie, gefällt mir.
Heute fängt der Herbst an, das hat sie
schon morgens gemeint, als sie mich abgeholt
hat zur Arbeit. Quatsch, hab ich
gesagt, Herbst ist erst nächste Woche, ab
dem dreiundzwanzigsten September. Da
hat sie nur geschnaubt. Und jetzt hat sie
mir bewiesen, dass Herbst ist, schließlich
hat sie ihn gewonnen. Svanas Art der Beweisführung.
Ganz schön hingebogen,
das muss man sagen, schließlich gewinnt
3
sie immer gegen mich im Weitwurf. Nur
deshalb spielen wir das Spiel jeden Tag.
Weitwurf. Denn Jonathan Wolf hat ’ne
motorische Behinderung und ist die absolute
Sportniete. Wettlauf, Weitwurf,
Hochsprung. Er verliert und sie gewinnt
in allen Disziplinen, immer. Was es erträglich
GAST stellte diese Frage am 18.01.2010 - 16:30

 
Antwort von GAST | 18.01.2010 - 16:30
macht: dass sie so gern gewinnt. Und
dass sie immer sagt,
ich solle sie gewinnen
lassen. Obwohl jeder weiß, dass ich
keine Chance hätte. Das hat sie schon immer
so gemacht.
Auch an diesem letzten Tag zuerst die Arbeit,
die sie inzwischen ruhig verrichten
kann; mit geübten Griffen, schnellen Bewegungen,
Kopfhörer auf den Ohren,
Blick auf unendlich; inzwischen kann sie
es stundenlang. Und bleibt ruhig danach.
Wir sitzen am Fließband, vor uns die
Kartons, und stapeln Dose für Dose hinein
in die Pappschachtel. Acht Stunden lang,
in der Mitte machen wir eine Stunde
Pause. Wir haben uns für hier verabredet,
an Weihnachten schon, und machen Arbeitsurlaub.
Fünf Wochen im Sommerende
in einer Fischkonservenfabrik an der
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Nordsee. Wir brauchen beide das Geld.
Svana für Budapest, wo es jetzt hingeht;
ich für mein Zimmer in Hamburg.
In der ersten Woche war Svana nur
entrüstet. So eine Scheiße, sie hat es
ständig gerufen und vor ihre Füße gerotzt.
So eine Scheiße und in der Mittagspause
hat sie sich mit den anderen, die
hier arbeiten angelegt: Wie könnt ihr das
aushalten, wie könnt ihr nur. Acht Jahre
hier, da wirste doch blöde. Und wenn wir
dann draußen waren, die letzten dreißig,
vierzig Minuten der immer zu kurzen
Pause, hat Svana weitergeschnaubt und
gerotzt, sie hatte die Nase ganz schön
schnell ganz schön voll und hat mit aller
Kraft versucht, es zu verändern.
Draußen wurde sie schnell ruhiger. Stell
dir das mal vor, hat sie gesagt, immer
wieder, stell dir das nur mal vor, und den
Kopf geschüttelt. Weißt du, die haben
keinen Schulabschluss oder können nicht
mal Deutsch. Und deshalb kann man’s
mit ihnen machen. Die haben ja kein
Druckmittel, die haben keine Macht. Und
sie finden ja nichts besseres.
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Ja, Svana, sage ich, ich weiß, jeder weiß
das. Warum erzählst du mir das, warum
regst du dich so darüber auf?
Du bist gut! Wenn wir uns nicht aufregen,
wer regt sich denn dann noch auf.
Das is‘ eben so, das is‘ eben so. Das ist
das Schlimme, dass es nichts mehr gibt,
was die Leute entrüstet. Die finden sich
mit allem ab, weil sich nichts vorstellen
können außerhalb dieses kleinen beschaulichen
Lebens, in das sie gequetscht
werden.
Svana, sage ich, es ist aber ihr Leben.
Dann hat sie gebrummt und geschwiegen.
Jaja, hat sie gesagt und den Kopf geschüttelt.
Die erste Woche war die Schwierigste.
Svana zu erleben, wie sie hier hinein wirbelte
und nicht still halten konnte. Wie
sie sprach mit jedem und alles wissen
wollte unter Hochdruck. Als sei sie zu
spät gekommen und müsste etwas aufholen.
Wie sie alle Regeln erfragte, alle
Abläufe und Hierarchien im Betrieb und
dann nach der Arbeit zu Hause Gesetzbücher
wälzte und mit Stolz am nächsten
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Morgen zurück kam und schlauer war als
alle und ihnen von ihren Möglichkeiten
erzählte, von ihren Rechten. Und ihre
Enttäuschung, dass es niemanden interessierte,
man ihr bestenfalls zulächelte.
Oder sie auslachte. Wie sie anbot, sie
könne jeden Samstag ein wenig Deutschunterricht
geben und alle nickten keiner
kam. Wie sie langsam erkannte, dass keiner
hier auf sie gewartet hat. Dass alle
sich schon ihr Leben zurecht sortiert
hatten und keine Svana brauchten, die
diese mühsam angelegte Ordnung
durcheinander wirbelte. Außer mir vielleicht.
Ich sehe sie vor mir: Svana, wie sie
langsam stiller wird und weniger wütend
die Konserven in den Karton stapelt. Wie
sie langsam ankommt in dieser Realität,
ich habe ihr dabei zugesehen. Denn erstmal
existierte ich mehr am Rand. Ich war
der Rückhalt, die Hand, die sie hielt,
wenn sie sich so weit hinaus wagte. Es
gab so viel zu tun am Anfang, oder wenigstens
kam es Svana ja so vor. Und ich
sah ihr zu, bei ihr stehend, hinter ihr, ein
wenig aus der Ferne. Ich hatte ja keine
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Eile mit Svana, ich hatte nie Eile mit Svana.
Nur jetzt kurz, in den letzten Stunden
vor ihrem Abflug.
Herbst, das ist irgendwie auch Laub und
bunt und rau. Herbst ist Regenjacke und
zerwühltes Haar. Herbst ist die Zeit vor
dem Frost, ist das, was übrig bleibt.
Herbst ist reif, ist Genuss. Herbst ist fühlen,
dass es kalt wird, ist wissen, dass es
dunkler wird und weniger draußen,
Herbst ist bewusster genießen. Im Herbst
mit der besseren Luft in den Lungen zwischen
zu warm und zu kalt gern auch mal
im Regen stehen.
Jaja. Es gibt Niederlagen. Es gibt immer
viele Niederlagen. Das hat mit den Ambitionen
zu tun. Man stellt sich ja nie das Zweitbeste
vor. Und wenn ich vom Ideal ausgehe,
muss ich damit leben, dass ich werde einstecken
müssen. Aber es gibt auch Siege.
Und die sind der Beweis: Niederlagen sind
richtig. Nicht nur im Sinne von »es hat sich
gelohnt«, sondern auch und vielmehr im
Sinne von: es gibt Niederlagen, weil es Siege
gibt, weil es Ideale gibt.
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Man muss nur lernen, wann man seine
Fresse hinhalten kann. Es darf nicht über
die eigene Kraft gehen. Aber wenn es
geht und man glaubt, dann muss man
eben manchmal den Kopf hinhalten und
aushalten. Und immer im Kopf dabei:
kann eben auch gut gehen, kann eben
auch was bringen. Gibt immer wieder
auch Siege.
Irgendwann schluck ich’s ja alles, sagt
Svana, da les ich eben meine Bücher und
träum, wenn im Bus wieder keiner zurücklächelt;
dann hör ich eben Musik,
wenn sie lästern und meckern. Weißt du:
ich schluck’s, ich halt’s Maul irgendwann.
Aber ich hab’s aufgemacht, als
noch nicht klar war, dass sie weiter meckern
würden und grimmig gucken. Man
muss es immer wieder probieren.
Sie hat den Herbst gewonnen. Ich gratuliere
ihr und nehme sie dazu fest entschlossen
in den Arm und halte sie. Auch
das ist dumm irgendwie, denn dahinter
versteckt sich der Wunsch, mehr zu fühlen,
mehr zu behalten von dieser komischen,
seltenen Zeit mit ihr, die Erinne9
rung fühlbarer zu machen. Vielleicht ist
es dumm, aber es ist auch nett und herzlich
und echt. Und Svana findet das auch
und drückt zurück, nur doller als ich und
lacht und wittert schon wieder den Wettbewerb,
den sie gewinnen wird und freut
sich auf den Sieg, mit ihrer Schwimmermuskulatur,
bis ich prusten muss und lachen
und aufhör’n schreie, weil sie mich
sonst zerquetscht. Und sie hört auf und
ich taumele zurück und laufe schon mal
ein paar Schritte und rufe: fettes Monster
und renne und weiß, dass sie mich
gleich fangen wird, Jonathan Wolf, mit
seinen Krüppelschritten. Und deshalb rufe
ich hinterher: Komm her fang mich,
ich lass mich kriegen von dir.
Wann sehen wir uns das nächste Mal,
fragt Svana. Ich lache.
Was denkst du, frag ich. Wollen wir
uns für nächstes Jahr zum Arbeiten verabreden?
Wir stehen am Bahnhof, der
Zug schon vor uns. Sie hat die Flasche mit
dem Wasser für die Fahrt schon ausgetrunken.
Der Zug startet den Motor, die
Sonne scheint, Wind, am Himmel graue
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Wolkenfetzen, dünn und wie durchsichtig.
Ja, aber nicht hier, sag ich, probier’n
wir’s nächstes Mal woanders. Das ist ihr
einen Stupser wert und ein Lächeln. Bin
dabei, sagt sie und steigt ein. Tschüss, sag
ich. Tschüss, sagt sie, du hast ganz schön
abgelost, dieses Mal. Die Tür geht zu, der
Zug fährt ab. Ich setze mich auf eine
Bank und warte, dass es dunkel wird.
Herbstanfang ist auf der nördlichen
Erdhalbkugel der Zeitpunkt, an dem die
Sonne den Himmelsäquator von Norden
nach Süden überschreitet. Dann sind an
jedem Ort der Erde Tag und Nacht gleich
lang.
Der Wind wird stärker, der Bahnhof
leerer. Es fängt an zu regnen, die Tropfen
trommeln auf dem alten Blechdach. Ich
bleibe noch ein bisschen sitzen und warte
ab, was ich nun für ein Gefühl bekomme,
wo sie plötzlich weg ist.
Wie schön schlechtes Wetter ist, weiß
man immer erst im Herbst. Schönes Wetter
ist schön. Und schlechtes Wetter ist
auch schön. Man muss nur die richtigen
Dinge tun.

 
Antwort von GAST | 18.01.2010 - 16:31
ich soll daz u eine inhals angabe macjen ich weiß nicht weiter was würdet ihr mir raten vielen dank


Autor
Beiträge 40227
2100
Antwort von matata | 18.01.2010 - 16:55
http://www.gymnasium-an-der-stenner.de/1Aktuelles/Berichte0.htm

In diesem Bericht einer Schule findest du für den 25.09.09 einen Eintrag über eine Lesung von Finn-Ole Heinrich. Da drin steht, worum es sich in dieser Geschichte dreht. Damit kannst du sicher deine Aufgabe lösen
________________________
 e-Hausaufgaben.de - Team

 
Antwort von GAST | 18.01.2010 - 17:19
Ich würde als erstes das Gedicht noch 2-3 mal durchlesen. Dann weglegen. Nach ca. 3-4 Stunden nochmal lesen und wichtige Wörter oder Satzteile anstreichen oder anmarkern.
Dann kannst du einmal eine Grobzusammenfassung und einen zulesen geben, der das Gedicht nicht kennt. Danach soll er das Gedicht durchlesen.
Er kann dir dann noch Tips geben, was evtl. reingehört oder rausgehört.

So mach ich es mit Englischinhaltsangaben.

 
Antwort von GAST | 18.01.2010 - 17:38
am 25.09.09 da ist keine lesung vom autoren können :(

 
Antwort von GAST | 18.01.2010 - 17:39
uppsss doch! dankeee

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