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Heinrichs, Finn - Ole- Räuberhände: Freundschaft zwischen Janik und Samuel

Alles zu Heinrichs, Finn-Ole - Räuberhände

Räuberhände



Im Mittelpunkt des Romans "Räuberhände", geschrieben von Finn-Ole Heinrich, steht die tiefe Freundschaft zwischen den beiden Protagonisten Samuel und Janik. Diese jahrelange und sehr intensive Freundschaft wird im Laufe des Romans auf die Probe gestellt, da sowohl Janik, als auch Samuel aus ihrer alten Welt ausbrechen wollen, Grenzen erproben und überschreiten woran die Freundschaft der beiden Jungen letztlich zerbricht.

Daraus ergeben sich bei der Betrachtung der Freundschaft von Samuel und Janik zwei Aspekte von zentraler Bedeutung: eine Untersuchung der Ursachen für das Scheitern der Freundschaft und die Frage nach der Möglichkeit, ob das Verhältnis zu Samuel für Janik mehr als nur eine rein platonische Freundschaft sein könnte

Die wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der Jungen hätten unterschiedlicher kaum sein können. Dem wohlbehüteten Elternhaus Janniks, welches sich durch Gutmut, Bildung, Perfektion und grenzenloser Toleranz auszeichnet, steht diametral Samuels Familiensituation gegenüber, die durch die alkoholkranke Mutter und das Fehlen einer Vaterfigur geprägt ist.
Somit basiert die Freundschaft der beiden Protagonisten nicht etwa auf Umständen wie zum Beispiel der jahrelangen Freundschaft der Eltern oder das gleiche Nachbarsviertel, sondern auf Begebenheiten, wie etwa dem Besuch der gleichen Klasse und das Teilen von gemeinsamen Interessen, wie beispielsweise die Loslösung von den Eltern und die Sympathie, welche beide für den jeweils Anderen empfinden. Ihre Freundschaft muss eine Verbindung stiften, die stärker ist als das Trennende ihrer sozialen Herkunft, des Lebensstils und letztlich der Lebenschancen.
Die Sympathie und Anziehung von Janiks Seite aus, wird durch das Anderssein Samuels begründet. Janik ist fasziniert von dem alternativen, vermeintlich freieren Lebensstil Samuels, da dieser ganz anders ist, als das zuhause erlebte ruhige, geordnete Leben.
Durch die unterschiedliche Herkunft, offenbaren sich Janik und Samuel gegenseitig neue Möglichkeiten und soziale und kulturelle Umfelder.
Samuel profitiert finanziell und emotional von der Herzlichkeit und dem Gutmut von Janiks Eltern, Janik entdeckt durch Samuel eine Welt jenseits von Steuerzahlern und Festanstellungen, der Welt von Bubu und Irene.
Da jedoch jede erfolgreiche Beziehung zwischen zwei Menschen auf dem Gleichgewicht von "Nehmen und Geben" basiert fühlt sich Janik, der personale Ich-Erzähler des Romans, übergangen, von Samuel immer mehr ausgeschlossen und ausgenutzt. Dies lässt sich durch den Umstand erklären, dass Janiks Familie und er selber, Samuel stets mit offenen Armen aufgenommen haben und fast selbstverständlich in die Familie integrierten. Samuel wird für die Eltern wie ein Sohn und verdrängt Janik von dem Zentrum der ungeteilten Aufmerksamkeit und agiert somit letztlich als Rivale, ja sogar als Gegenspieler Janiks.
Janik wünscht sich als Antwort für die Möglichkeiten, welche er und seine Eltern seinem besten Freund bieten, Zuneigung, Offenheit und das nähere Kennenlernen von Samuels Mutter Irene, da diese für Janik etwas Neues, Ungewohntes darstellt.
Samuel schämt sich sich für den Alkoholismus seiner Mutter Irene und versucht sie von Janik abzuschotten. Gepaart mit der Faszination von Samuels Lebensstil entwickelt Irene für Janik eine ganz neue Form der Anziehung, welche sich daraus begründet, dass Janik das anstrebt, was ihm Samuel verwehrt.
Das jahrelangen Streben nach Nähe führt somit zu einer Kränkung der Gefühle Janiks und zu der Trotz-und Racheaktion sich das zu nehmen, was Samuel am meisten behütet: seine Mutter Irene. Mit dem sexuellen Akt besetzt Janik die Leerstelle in Samuels Famillienkonstellation, übernimmt die Vaterposition und "rächt" sich quasi unbewusst für den Akt der Verdrängung aus dem Mittelpunkt der eigenen Familie, die mit Samuels Eintreten vollzogen wurde.
Von diesem Zeitpunkt aus zerfällt die Freundschaft zwischen Janik und Samuel immer mehr und selbst die Reise nach Istanbul, in die ferne, märchenhafte Stadt, kann diesem Zerfall nicht entgegenwirken. Im Gegenteil: erst hier wird die Krise durch die Krankheit Samuels aufgearbeitet und die Wege der beiden Protagonisten trennen sich.
Sehr auffällig ist es, dass Janiks Verhältnis zu Samuel oft mehr als nur platonische Freundschaft zu sein scheint.
Schon die auf den ersten Seiten des Romans schildert Janik Samuels "Räuberhände". Detailliert und sinnlich beschreibt Janik: "Es sind die Räuberhände die ihn verraten. Ich kenne seine Bewegungen genau" (S. 8). Darauf folgen, wie so oft, eine detailgetreue Beschreibung Samuels oder seiner Handlungen, sodass es scheint, als sei Samuel das einzige und zentrale Objekt von Janiks Aufmerksamkeit.
Je desinteressierter Janik an Lina wird, desto mehr bestimmt Samuel das Denken Janiks. Selbst bei maximaler Nähe zu Lina, nach ihrer gemeinsamen Nacht in Stambul (Janik und Samuels Ort) muss Janik "an Samuel denken und was er einmal erzählt hat" (S. 60). Die Tatsache, dass Janik die gemeinsame Laube Stambul, ein Symbol ihrer Freundschaft, als Liebesnest mit Lina benutzt ist auf der anderen Seite grober Verrat an Samuel. Dies zeigt einmal mehr, wie ambivalent die Haltung Janiks Samule gegenüber ist.

In Istanbul verstärkt sich zunehmend der Eindruck Janik hege weitaus tiefere Gefühle für Samuel als bisher angenommen. Die Krankheit Samuels in Istanbul veranlasst Janik sich sehr intensiv um Samuel zu kümmern und er verspürt den Drang ihm nicht nur wieder emotional sondern auch körperlich näherzukommen. "Ich fühle mich ihm so nah in diesem Augenblick, wie ewig nicht (...). Ich krieche zu ihm unter die Decke, die verschwitzte, umarme seinen armen, kranken Körper. Ich sollte ihm Schutz bieten, mit meiner Kraft. Ich drücke mich an ihn, stelle mir vor, ich könne Hilfe bieten, Kraft spenden, als könnten unsere Körper kommunizieren, als wäre Stärke austauschbar, wie ein Gedanke (S.141).

Samuel, der Janiks Gefühle jedoch nicht in dem Maße erwidern kann, sondern diese spaßeshalber, ungeahnt dessen, was vielleicht in Janik vorgehen könnte mir einem "Schwul, oder was?" (S. 75) quittiert, führt neben den zuvor erwähnten Umständen zu der erlebten Krise und zum möglichen Ende der Freundschaft.
Ob die Freundschaft nach Janiks Rückflug nach Deutschland weiter bestehen bleibt, bleibt offen.
Istanbul, die letzte Hoffung für Samuel und Janiks Freundschaft fernab von dem grauen vorbelasteten Deutschland, ist, wie Janik feststellen muss "vorbei" (S. 189).

Letztlich reicht die Faszination für das andere, das die beiden zueinander führt, nicht aus, um eine Freundschaft zu begründen, die sich auch über tiefgreifende Konflikte und Verletzungen hinweg trägt. Die unterschiedlichen Erwartungen an die Freundschaft sind mit ein Grund für ihr Scheitern.
Janiks Suche nach Identität und Loslösung aus dem Elternhaus in Istanbul scheitert. Sie führt zu seiner Rückkehr nach Deutschland in die vorbestimmte bürgerliche Sicherheit und somit in die Vergangenheit.

Die räumliche Trennung ist eine Folge der unterschiedlichen Erwartungen ihre Freundschaft aber auch an ihr Leben insgesamt.
Der Roman endet inhaltlich mit einer Szene, in der Janik die frühere Wohnung von Irene verlässt.
"Als ich aus Samuels Zimmer gehe (...), schließe ich ganz automatisch die Tür hinter mir" ( S. 205). Das Schließen der Tür hinter sich symbolisiert bildlich dass Janik mit den Geschehnissen und der Freundschaft zu Samuel abschließt.
Beide werden nun unabhängig voneinander ein neues Leben beginnen, sei es in Istanbul oder in Deutschland.
Inhalt
Die Hausaufgabe analysiert die Freundschaft der beiden Protagonisten und erklärt, wieso diese zum Scheitern verurteilt ist. (1187 Wörter)
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von unbekannt
Schlagwörter
Finn-Ole Heinrich | Räuberhände | Freundschaft | Analyse und Interpretation | Verhältnis zwischen Janik und Samuel
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