Analyse der Gretchenfrage aus Faust von Johann Wolfgang von Goethe
Goethe - Faust Der Tragödie Erster Teil
In Goethes Werk Faust Der Tragödie Erster Teil, das er nach Jahrzehntelanger Ausarbeitung1808 fertig stellte, geht es um den Gelehrten Faust, der eine Erkenntniskrise durchlebt. Um den Sinn des Himmels und der Erde zu verstehen verbündet Faust sich mit dem Teufel und beide schließen einen Pakt, der besagt, dass der Teufel Fausts Diener ist, bis Faust Genugtuung oder Befriedigung auf seine Fragen bekommen hat. Dann ist Faust Teufels Diener in der Hölle.
In der Hexenküche wird Faust um 30 Jahr verjüngt und sieht in des Hexens Spiegel das Bild der schönen Helena, wodurch Mephisto Faust verspricht ihm eine ähnlich schöne Frau zu beschaffen. Wieder auf Erden, lernen sich Faust und Margarethe kennen und verlieben sich ineinander. Nachdem Faust Gretchen einen Schlaftrunk für ihre Mutter gegeben hat, an dem die Mutter später stirbt, verbringen sie eine Liebesnacht miteinander und Gretchen wird schwanger. Valentin, ihr Bruder, der von Gretchens Schwangerschaft erfahren hat fordert Faust zum Kampf auf, in dem Valentin stirbt, weil Faust durch die Hand des Mephistos geführt worden ist. Faust und Mephisto müssen die Stadt verlassen. Gretchen ist nun von Faust verlassen und tötet aus Verzweiflung wegen der unehelichen Geburt ihr Kind. Sie wird in den Kerker geworfen und soll öffentlich hingerichtet werden. Faust versucht Gretchen aus dem Gefängnis zu retten, jedoch ist sie geistig verwirrt und erkennt ihn zuerst nicht. Als sie ihn erkennt graust es ihr vor ihm und sie möchte nicht mit ihm gehen sonder um Gottes Gnade bitten. Als Faust geht und Mephisto meint sie sei verloren ertönt eine Stimme von oben, die sagt, dass Gretchen gerettet ist.
Hintergrund zur Gretchentragöde war die öffentliche Exekution, die 1772 in Frankfurt stattfand. Dort wurde die 25 Jahre alte Kindsmörderin Susanne Margaretha Brandt vor Tausenden von Zuschauern enthauptet. Goethe verfolgte den Prozess und war bei der Enthauptung dabei. Das Schicksal der Margaretha Brandt, die auch namensgebend für Gretchen war, war Vorlage für die Gretchen- Tragödie.
In der dritten Begegnung (Marthens Garten) zwischen Faust und Gretchen, kurz vor der Liebesnacht, stellt ihm Gretchen die Frage nach seiner Religion. Faust versucht dieser Frage auszuweichen, woran Gretchen erkennt, dass er keinen festen Glauben an Gott im Sinn der Kirche hat. Nach dem Gespräch gibt Faust Gretchen einen Schlaftrunk für ihre Mutter, damit sich Faust und Gretchen für eine Liebesnacht treffen können. Im folgenden wird diese Szene erläutert.
In Marthes Garten stellt Margarethe Faust die berühmte Gretchenfrage: Nun sag, wie hast dus mit der Religion? (V.3415). Sie hat das Gefühl, dass Faust nicht viel davon hält (V. 3417). Faust weicht dieser Frage aus (Lass das, mein Kind! Du fühlst ich bin dir gut (V.3418)) und meint, dass er für seine Mitmenschen alles gab. Er vergleicht sich mit Jesus indem er symbolisch sagt: Für meine Lieben ließ ich Leib und Blut (V.3419). Faust möchte niemanden sein Gefühl für seine Kirche rauben (V. 3420) aber deswegen ist er kein schlechter Mensch. Gretchen sieht dies als eine schlechte Tat an und sie betont, dass man dran glauben muss (V.3421). Durch die rhetorische Frage Muss man? (V. 3422) stellt Faust Gretchens Position in Frage. Gretchen wirkt ein wenig enttäuscht als sie bemerkt, dass Faust auch nicht die heiligen Sakramente ehrt (V.3423). Dies ist als eine versteckte Anspielung auf eine Heirat zu interpretieren. Faust beteuert, dass er die Sakramente ehre (V.3424) worauf Gretchen meint, dass er sie nicht innerlich ehrt (Doch ohne verlangen. (V.3425)). Im Gegensatz zu ihr, die immer zur Messe und zur Beichte geht ist er lange nicht gegangen (V.3426) und sie fragt ihn nochmals direkt: Glaubst du an Gott? (V.3427). Faust weicht abermals ihrer Frage aus und stellt die rhetorische Frage :Mein Liebchen, wer darf sagen, Ich glaub an Gott? (V.3427f). Seiner Meinung nach wissen die Priester und Weisen auf die Frage Gott? auch keine Antwort (und ihre Antwort schein nur Spott / Über den Frager zu sein) (V.3430f). Faust hat für Gott keinen Namen (V.3455) Für ihn ist Gott Der Allumfasser/ Der Allerhalter (V.3438f). Wenn man ganz in dem Gefühle selig ist (V.3452) dann soll jeder es nennen wie man will (Nenns Glück! Herz! Liebe! Gott! (...) Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch) (V.3454 3457). Dadurch merkt man, dass Gretchen die konventionelle Seite vertritt und ein streng gläubiges Gottesbild hat, so wie es in der damaligen Zeit üblich war. Sie übernimmt die Vermittlerrolle der Kirche. Faust zweifelt an der traditionellen Religion. Für ihn ist Gott in der Schöpfung (= Pantheismus) . Faust bestreitet nicht die Existenz Gottes aber seine Personenhaftigkeit und die Transzendenz. Für ihn fallen Gott und Natur zusammen, sie sind identisch. Diese Meinungsverschiedenheit ist die erste Entgrenzung zwischen Faust und Gretchen. Dadurch aber, dass Gretchen bemerkt , dass Das alles schön und recht ist denn so Ungefähr sagt das der Pfarrer auch/ Nur mir ein bisschen andren Worten (V.3459ff) und Faust anmerkt, dass jedes Herz es in seiner Sprache sagt (V.3462ff) und er es in seinen Worten ausdrücken kann (V. 3465) hat Faust Gretchens Frage für seine Geliebte zufriedenstellend beantwortet. Gretchen orientiert sich stark an den Worten des Pfarrers und ähnlich hatte Faust sich auch ausgedrückt. Doch meint Gretchen, dass seine Art von Religion nicht gut genug ist, denn Faust hat kein Christentum (V.3477).
Durch diese Szene hat Faust Gretchen auf die Liebesnacht vorbereitet, denn hätte er Gretchens Frage für sie nicht zufriedenstellend beantwortet, so hätte sie ihm nicht erlaubt bei ihr zu sein in der Nacht.
Vor Gretchens Seite her möchte sie Fausts Seele retten, da sie ein guter Mensch ist und sich um Faust sorgt. Auch die Freundschaft mit Mephisto macht ihr Sorgen. Aber daran kann sie nichts ändern.
Diese Szene hat für den weiteren Verlauf der Tragödie eine wichtige Stellung. Der Höhepunkt der Gretchentragödie ist die folgende Liebesnacht, die jedoch im Text ausgespart wird. Durch das Gespräch mit Lieschen am Brunnen wo Lieschen über eine andere uneheliche Schwangerschaft lästert, erkennt Gretchen ihr eigenes Schicksal. Im weiteren Verlauf der Tragödie erfährt sie die Verdammung ihres Bruder, sie wird von der Kirche ausgestoßen, gesellschaftlich verachtet und von Faust verlassen. In dieser Phase merkt der Leser eine Entwicklung Gretchens vom naiven Kind zu einer erwachsenen Frau. Durch ihre Verzweiflungstat, den Mord an ihrem Kind, wird sie in den Kerker gebracht und soll hingerichtet werden. Durch ihre Erkenntnis, dass sie vom rechten Weg abgekommen ist wird sie von Gott gerettet.
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Klausur: Analyse der Gretchenfrage in Johann Wolfgang von Goethes "Faust". (1039 Wörter)
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