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Klausurvorschlag: Die Leiden des jungen Werther (Goethe, mit Lösung) - Brief vom 06.07.1771

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Klausur über Goethe's "Die Leiden des jungen Werther"


Aufgabenstellung:
Brief vom 06.07.1771

Aufgaben:
1.Ordnen Sie den Brief in den Gesamtzusammenhang des Romans ein und
bestimmen Sie kurz das Thema des Briefes!
2.Fertigen Sie eine Detailanalyse an! Achten Sie besonders auf Inhalt, Aufbau und Sprache des Briefes!

Lösung:
In dem Brief vom 6.Julius 1771, den Werther an Wilhelm verfasst hat, wird er am Brunnen durch eine Kinderszene- Malchen holt Lotte Wasser, woraufhin Werther das Kind herzlich küßt- mit dem Aberglauben in Konflikt gebracht.

Diesem Brief voraus geht der Brief vom 12.Mai1771. Werther sitzt am Brunnen, den er schwärmerisch mit Superlativen beschreibt. Er verbindet quasi das Paradies, wie auch das Patriarchalische und die Tradition mit der frischen Quelle.
Um diesen besagten Brunnen geht es auch in Werthers Brief vom 6.Julius 1771. Werther beginnt seinen Brief mit einer Beschreibung von Lotte: ,sie ist [...] immer dieselbe, immer das gegenwärtige, holde Geschöpf..." . Werther, der frisch verliebt ist, vergöttert Lotte und setzt sie durch die Bezeichnung ,holdes Geschöpf" mit einem Engel gleich. Oft beschreibt er sie in seinen Briefen als ,Heilige", was er hier indirekt durch ihre Tätigkeiten ausdrückt: so kommt es, dass sie ,Schmerzen lindert und Glückliche macht". Werther legt großen Wert darauf, dass man erkennt, dass diese Tugenden Lottes - die Trostspendung - in ihrem Wesen natürlich vorhanden ist. Daher wiederholt er das Wort ,immer" gleich dreimal. Lotte ist für ihn etwas ganz Besonderes. Nun erst kommt er zum eigentlichen Ereignis, von dem Werther Wilhelm berichten will. Einleitend erwähnt er, dass sie mit ihren beiden jüngeren Geschwistern- Mariane und Malchen - einen Spaziergang machen wollte, und er, da er davon wusste, sie abpasste. Werther möchte so oft wie nur möglich mit Lotte zusammen sein. Sie füllt seine Seele vollkommen aus, was für Werther, der sich gerne einer Sache ganz hingibt, sehr wichtig ist. Nach dem Spaziergang kommen sie ,an den Brunnen, der mir so wert und nun tausendmal werter ist". Der Brunnen galt als beliebter Treffpunkt für Leute, aufgrund seiner erfrischenden Wirkung, so dass er auch Werther anzieht: ,...oh, der muss nie nach einer schweren Sommertagswanderung sich an des Brunnens Kühle gelabt haben, der das nicht mitempfinden kann." (S.7) Diese ,Mitempfindung" gilt der besonderen Atmosphäre: Leute kommen zusammen, die ,patriarchalische Idee" (S.7) lebt auf, und es ist ihm, als ob ,wohltätige Geister" herumschweben. Werther selbst hat nun eine lange Wanderung an einem heißen Tag hinter sich und empfindet all dies wieder, und nun sogar noch mehr: ,tausendmal werter" ist der Brunnen ihm jetzt in Begleitung von Lotte. Er kann dieses Gefühl mit der Person teilen, die ihm am meisten etwas bedeutet. Während Lotte sich ,auf's Mäuerchen" hockt, wird Werther in alte Zeiten zurückversetzt, die Zeit, in der ,mein Herz so allein war, lebte wieder vor mir auf.". Vor zwei Monaten nur war Werther so einsam, nachdem seine alte Freundin gestorben ist. Werther war auf der Suche nach der Erfüllung, die er nun in der Liebe zu Lotte gefunden zu haben meint. Der Brunnen war ihm Trost in der Zeit , doch seit er Lotte kennt, hat er ihn ,in eilendem Vorübergehen [...] manchmal nicht angesehen." Werther bedauert diese Vernachlässigung, was man mit der Anrede an den Brunnen ,Lieber Brunnen"- somit personifiziert- erkennt. Sehr typisch für Werthers Schreibstil sind in diesem Satz die apostrophierten Endungen (z.B. Hab' ). Über die alten Zeiten nachgrübelnd beobachtet er im dritten Abschnitt das kleine Malchen, das ,mit einem Glase Wasser sehr beschäftigt heraufstieg." Diese kindliche Emsigkeit findet er entzückend, wie man in seiner Wortwahl erkennen kann (,mit dem süßesten Ausdrucke...."). Werther blickt zu Lotte und ,fühlte alles , was ich an ihr habe". In diesem Moment ist Werther erfüllt von Liebe. Lotte strahlt solch eine Liebenswürdigkeit für ihn aus, dass es praktisch einen Gefühlstaumel in Werther auslöst. Er fühlt ,alles", was er an ihr hat. Damit so etwas möglich ist, muss Werther die Liebe absolut gesetzt haben. Werter zeigt sich im ganzen Roman als Suchender nach der Erfüllung, nach der Entgrenzung der Eingeschränktheit. Er braucht etwas, auf das er sein Leben aufbauen kann. Die Liebe zu Lotte gibt ihm da eine Möglichkeit. Allerdings ist er sich hier noch nicht im Klaren, dass Albert dieser Liebe im Wege steht. Auf jeden Fall ist er an diesem Tag am Brunnen glücklich mit Lotte. Unterdessen bringt Malchen das Glas Wasser. Als ihre Schwester Mariane es abnehmen will, besteht die Kleine darauf, dass ,Lottchen [...] zuerst trinken" soll. Die Bestimmtheit mit der Malchen ,Nein!" sagt beschreibt Werther mit ,dem süßesten Ausdrucke". Werther sieht wie sehr Malchen Lotte liebt, sie ihrer anderen Schwester vorzieht. Liebevoll und vertraut klingt die Bezeichnung ,Lottchen". Werther ist so entzückt von der Kleinen, von der ,Wahrheit" und ,Güte" , die aus der Handlung spricht, dass er seine ,Empfindungen nicht anders ausdrücken konnte", als das Kind lebhaft zu küssen. Werther fehlen also wieder einmal die Worte, um seine Gefühle auszudrücken. Werther benutzt in diesem Satz die Inversion, die mit der grammatischen Konstruktion bricht, und seine Erregtheit wiedergibt. Spontan herzt er das Mädchen, von dem er sehr angetan ist, da es in seiner Natürlichkeit des Kindseins mit ihm dieselbe Meinung über Lotte teilt. Werther liebt Kinder. Er sagt einmal, dass die Kinder ,seinem Herzen am nächsten" sind. Er schätzt und bewundert die Natürlichkeit , das Harmonieren mit sich selbst, ohne nach Selbstverwirklichung zu suchen. All diese Eigenschaften sind für Werther erstrebenswert. -Dass er so begeistert von Malchen ist, zeigt sich auch in den Gedankenstrichen, die er setzt.- Daher ist nicht verwunderlich , dass der Gefühlsmensch Werther sich durch die niedliche Handlung Malchens hinreißen lässt, das Kind zu küssen. Doch aus Werthers gut gemeinter Absicht wird nichts: Malchen fängt ,sogleich zu schreien und zu weinen" an, und den Zorn Lottes spürt er obendrein: ,Sie haben übel getan" schimpft sie ihn. ,Ich war betroffen". Mit einer solchen Reaktion hätte er nicht gerechnet und ist bestürzt. Sich nicht weiter um Werter kümmernd geht Lotte mit ihrer Schwester zur Quelle herab und heißt ihr sich ,geschwind" zu waschen,geschwind, da tut's nichts". Lotte ist empört von der Handlung Werthers, was sich in der Wiederholung des Wortes ,geschwind" zeigt. Die Kleine wäscht sich die Backen. Warum Lotte sagt: ,da tut's nichts" erklärt Werter selber: die ,Wunderquelle[soll] alle Verunreinigung abspülen und die Schmach [abtun]einen häßlichen Bart zu kriegen." Werther setzt der "Wunderquelle" als Kontrast die ,Verunreinigung" gegenüber. Diese Stelle verdeutlicht, dass in Werthers Zeit der Aberglaube der Kinder geschürt wurde. Wenn man von einem Mann geküsst wird, bekommt man einen Bart. In seiner Naivität glaubt das Kind die Geschichte und wäscht so eifrig,als wenn Viel mehr täte als Wenig". Sogar als Lotte ruft: ,Es ist genug!" . Werther kann von sich behaupten: ,ich habe mit mehr Respekt nie einer Taufhandlung beigewohnt." Werther sieht in dem Waschritual einen religiösen Aspekt. Hier steht der Aberglaube im Kontrast zum christlichen Glauben, zu dem man sich durch die ,Taufhandlung" bekennt. Der Glaube des Kindes ist aber kein christlicher Glaube. Malchen vertraut lediglich Lotte und glaubt ihr. Auf jeden Fall zieht Werther eine Parallele zu den beiden Handlungen, so dass er,als Lotte heraufkam" sich gerne ,vor ihr niedergeworfen [hätte] wie vor einen Propheten, der die Schulden einer Nation weggeweiht hat." Durch den religiösen Gedanken erinnert bleibt er in der biblischen, bildhaften Sprache. Lotte, die er oben schon als ,holdes Geschöpf" verherrlicht, steigert er nun zu einer Person, die einem ,Propheten" gleichkäme. Dadurch setzt er Liebe und Religion gleich. Werther ist, wie schon erwähnt, suchend. Die Religion gibt ihm nicht wie den meisten anderen Menschen Halt. Werther ist zu fortschrittlich, um blind und kritiklos dem Bibelwort zu folgen. Auch das ist ein Punkt, den Werther als Eigenschaft bei Kindern auszeichnet: glauben zu können. In seiner Liebe zu Lotte versucht er daher auch unbewusst einen religiösen Aspekt zu sehen, was sich eben durch die Bezeichnungen, die er für Lotte benutzt (,Heilige"), zeigt. Dass dieses Erlebnis ihm sehr nahe geht, wird im letzten Abschnitt deutlich. ,In der Freude [seines] Herzens" erzählt er es einem Mann, der ,Verstand hat" und Werther ihm daher ,Menschensinn zutraute". Überraschend ist es, dass Werther von der ,Freude meines Herzens" spricht, wo er doch laut Lotte ,übel getan" hat und mit dem gutgemeinten Herzen Malchens nicht gerade ihre Sympathie gegenüber ihm heben konnte. Werther ist jedoch von dem Vorfall aufgrund des kindlichen Handelns im Bezug zum naiven Glauben, bzw. Aberglaubens, erfreut. Die Begebenheit hat sein Herz bereichert und er möchte andere daran teilhaben lassen. ,Aber wie kam ich an!" Werther stellt Wilhelm deine rhetorische Frage. Der Leser kann daraus schliessen, dass Werther wieder einmal eine andere Reaktion seiner Mitmenschen erwartet hat. Der Mann, dem Werther von dem Vorfall erzählt, übt Kritik an Lotte, die Werther in wörtlicher Rede wiedergibt. Der Mann ist der Auffassung,man solle Kindern nichts weiß machen, desgleichen gebe zu unzähligen Irrtümern und Aberglauben Anlass, wovor man die Kinder frühzeitig bewahren müsse." Werther stimmt dem nicht zu. Gerade der Glaube, der nicht religiöse Glaube, ist für ihn bei Kindern wichtig. Er sagt: ,Wir sollen es mit den Kindern machen, wie Gott mit uns, wenn er uns in freundlichem Wahne so hintaumeln lässt." Warum soll man Kindern die Realität durch die nackte Wahrheit vermitteln, wenn sie durch kleine Geschichten, die einem Kinde begreiflich sind, zu dessen Glückszustand beitragen können. Für Werther ist der Aberglaube nichts Schlimmes. Doch er erinnert sich, dass ,der Mann vor acht Tagen hat taufen lassen". Der Mann ist also christlich religiös und kann daher Werther nicht zustimmen, um seine Glaubensprinzipien nicht fallen zu lassen. Werther sieht es ihm nach, lässt es vorbeigehen. Zudem hat Werther nicht beachtet, dass jemand nicht nur Verstand braucht, sondern den gleichen emotionalen Zustand benötigt, den er hat, um das Ereignis so verherrlichen zu können wie er. Der Mann antwortet schließlich rational denkend. Werther ,bleibt in [seinem] Herzen der Wahrheit getreu", nämlich dass der Mensch im Wahne hintaumelnd am glücklichsten ist.

Diese Stelle greift der Brief vom 30. November 1772 wieder auf, in dem Werther dem Blumensucher begegnet. Dieser Mensch war in seiner Pathologie am Glücklichsten,wo er nichts von sich wußte" (S.77) Werthers Leben hat sich erheblich gewandelt. Er hat viele Schicksalsschläge erlitten und klagt hier: ,hast du das zum Schicksale der Menschen gemacht, dass sie nicht glücklich sind als ehe sie zu ihrem Verstande kommen, und wenn sie ihn wieder verlieren!-Elender!" Gemeint ist Gott. Was er vorher an Gott pries, macht er ihm nun zum Vorwurf, was sein zwiespältiges Verhältnis zu Religion verdeutlicht.
Werther beendet den Brief an Wilhelm mit seiner derzeitigen positiven Einstellung.
Inhalt
Real gestellte Klausur zum Briefroman 'Die Leiden des jungen Werther' von Johann Wolfgang Goethe. (1727 Wörter)
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