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J.W. Goethe - Die Leiden des jungen Werther - Brief vom 26. Mai 1771

Alles zu Werke

29.09. 2004


Hausaufgabe
Analyse: Brief vom 26.Mai

Im zu bearbeitenden Brief aus Johann Wolfgang Goethes "Die Leiden des jungen Werther" schreibt Werther am 26. Mai 1771 seinem Freund Wilhelm über sein Befinden in neuer Umgebung.
Dieser Brief entsteht in einer Zeit, in welcher Werther seelisch ausgeglichen wirkt. Geflüchtet aus der von bürgerlichen Verhältnissen bestimmten Stadt, weg von der Mutter, die ökonomischen Erfolg im Gegensatz zu Werther für maßgebend hält, genießt Werther sein Leben in Freiheit und Einsamkeit. Lotte, Werthers große jedoch unerreichbare Liebe, welche ihm schließlich zum Verhängnis wird, hat er noch nicht kennen gelernt.
Frei von gesellschaftlichen Höflichkeitsfloskeln steigt Werther sofort in das Thema ein, wovon er Wilhelm, zu dem er eine sehr innige Beziehung pflegt "Du kennst von altersher meine Art" und der deshalb stets Adressat Werthers Briefe ist, im Folgenden berichten möchte.
Er schreibt ihm von einem neuen Lieblingsplätzchen, das er in Wahlheim, einem kleinen Ort vor der Stadt, gefunden habe. Ein kleiner Platz vor der Kirche, von Bauernhäusern umgeben, von Linden überwölbt - hier trinke er seinen Kaffee und lese seinen Homer.
Werther schätzt das einfache Volk und liest deshalb Homers volkstümliche Dichtung. Ansonsten scheint er wenig mit dem einfachen Volk gemein zu haben, da er seelenruhig seinen Kaffee trinkt und liest, während "alles im Felde" ist. Sein neues Lieblingsplätzchen, an dem er sich geborgen und zu Hause fühlt, veranschaulicht er mit Verkleinerungsformen, da er ein "Hüttchen" aufgeschlagen und ein "Plätzchen" angetroffen habe, sowie mit positiven Adjektiven wie "vertraulich" oder "interessant".
Zu dieser Idylle gehörten noch zwei Kinder, von denen sich Werther wie auch später von Lottes Geschwistern angezogen fühlt, da Kinder frei von Konventionen seinem Lebensbild am nächsten sind und eine Gegenwelt für ihn darstellen. Dies beweist Werthers Wortwahl bezüglich dieser Szene, da er von der "brüderlichen Stellung" der Kinder vergnügt ist, von einer Wärme, nach welcher er sich zu Sehnen scheint, da er niemanden hat, der sich in ähnlicher Weise ihm zuwendet.
Werther beginnt die Kinder "mit vielem Ergötzen" zu zeichnen, um die Faszination, welche die Pose der Kinder auf ihn ausübt, festzuhalten. Bei seiner Zeichnung, der er eine Stunde volle Aufmerksamkeit schenkt, um nicht von anderen Impressionen der Natur übermannt zu werden, und mit der er letztlich zufrieden ist, habe er sich ganz an die Natur gehalten, nichts habe er von sich aus hinzugefügt.
Wie so oft in seinen Briefen hebt er zu einer allgemeinen Reflexion an und schweift vom eigentlichen Anlass des Briefes, seinem neuen Lieblingsort in Wahlheim, ab. Seine Wortwahl wirkt nicht mehr ruhig und gelassen wie zu Beginn des Briefes, sondern er wird leidenschaftlicher und versucht Wilhelm, der dem sensiblen, emotionalen Werther als rationaler Gegenpol gegenübersteht, von seinem Gedankengang zu überzeugen.
Begründet durch die gefertigte Zeichnung versucht er diesmal das Verhältnis seiner persönlichen Leidenschaft Kunst und der Natur, die ihm als zur Inspiration zur Kunst dient, darzustellen. Der Künstler müsse sich allein an die Natur halten - "sie allein bildet den großen Künstler" - und nicht an irgendwelche Regeln. Dies fasst Werther im weiteren Verlauf des Buches unter dem Begriff "Genie". Zwar schließen sich nach Werther Regeln und Natur nicht aus, da derjenige, der sich an die Regeln halte, nie etwas "Abgeschmacktes und Schlechtes" hervorbringe, aber andererseits verhinderten die Regeln die freie Entfaltung des Künstlers, und weder die Natur noch das Gefühl für die Natur könnten so angemessen wiedergegeben werden, sie würden dadurch sogar zerstört.
Werther ist emotional komplett in die Sache vertieft. Es häufen sich Ausrufe und eingeworfene Fragen, die seine Impulsivität zum Ausdruck bringen. In seiner Darstellung flüchtet sich Werther in Bilder, da er die Sprache für unzureichend hält, um seine Gedanken und Gefühle nur annähernd korrekt wiederzugeben. So bezeichnet er die Einschränkung der Kunst durch die Regel als "Beschneidung der geilen Reben".
Darüber dass Wilhelm Kritik an seiner Darstellung üben könnte, scheint Werther bewusst, da er versucht, diese ohne Wilhelms wirkliche Antwort gehört zu haben, zu widerlegen: "Sag du, das ist zu hart!" Dies lässt darauf schließen, dass Werther schon öfters mit Wilhelm über seine Einstellungen in Konflikt geraten sein könne. Zur Verdeutlichung seiner Gedanken behilft sich Werther im Folgenden eines Vergleichs.
Dieser besagt, dass nur derjenige wirklich liebe, der sich mit seinem ganzen Herzen der Liebe hingebe. Wer sich hingegen in seiner Liebe an die Mäßigungsgebote der bürgerlichen Gesellschaft halte, er nennt als Beispiel einen Philister, der gebe zwar einen guten Beamten ab, mit seiner Liebe sei es aber vorbei, da alle Kraft in die Liebe investiert werden müsse, damit die sie vollkommen sei. Ähnlich ist es mit dem Künstler: auch er dürfe sich an keinerlei Regeln und Einschränkungen halten, wenn er es zum großen Künstler bringen wolle.
Dass Werther diese Einstellung bis zur letzte Konsequenz, den Tod, auslebt, wird in seiner Liebe zu Lotte später sehr deutlich.
Werther beendet seine Überlegungen mit dem metaphorischem Ausruf: "0 meine Freunde! warum der Strom des Genies so selten ausbricht, so selten in hohen Fluten hereinbraust und eure staunende Seele erschüttert?" Spöttisch spricht er von den "gelassenen Herren", die diesen Strom rechtzeitig eindämmten und ableiteten, um ihre Gärten zu schützen.
Werther will mit diesen Sätzen zum Ausdruck bringen, dass die bürgerliche Gesellschaft, in welche Werthers Versuch zur Integration später kläglich scheitert, wenn er als Sekretär für den Gesandten arbeitet, ihre Gefühle mäßige und kontrolliere, damit aber gleichzeitig ihre Natur gewaltsam unterdrücke, was seinem Lebensideal, das auf die "Sturm und Drang" - Epoche zurückgeht, vollkommen entgegensteht.
Inhalt
Intensive Analayse des Briefes vom 26.Mai 1771
Interpretation und Einordnung innerhalb des Werkes
Inhaltsangabe (885 Wörter)
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