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Ausgedachter Brief von Niemeyer an Effi Briest

Alles zu WerkeAm Ende des 24. Kapitels weint Effi wegen Ihres fragwürdigen Selbstbildes bitterlich und quält sich mit dem Vorwurf kein „richtiges Gefühl“ (nicht Schuld oder Scham), keine „Ordnung“ in der Seele zu haben.
Aufgabe: Nehmen Sie an, Effi vertraut sich ihrem alten Pastor Niemeyer in einem geheimen Briefwechsel an. Was würde er ihr zu dieser Frage wohl schreiben?
Hohen-Cremen, 1. Oktober 1879

Liebe Effi,
Ich war sehr überrascht und zugleich erfreut von Dir zu hören. Du schriebest mir Deinen Kummer über meine Worte, dass man für ein gutes Leben ein richtiges Gefühl brauche. Zudem schildertest Du mir Deine Unordnung in der Seele, indem Du Dein Selbstbildnis in Frage stellst und Dich mit Vorwürfen quälst.
Meine liebe Effi, nun muss ich Dir noch mal versuchen zu erklären, was ich mit dem richtigen Gefühl gemeint habe. Es ist wichtig im Leben, dass man bei dem was man macht und lebt mit ganzem Herzen dabei ist. Wenn man zudem an der Bibel mit den Geboten Gottes festhält und dies in einer ständigen Reue, so ist man nicht versucht auf falschen Wege zu gelangen. Durch diese Reue lernt man das wahre Schuldgefühl und Schamgefühl kennen. Nur mit ihnen kann man ein ehrliches Leben führen. Wenn man diese Gefühle sich nicht erhält, so ist man leicht in der ewigen Gefahr, dass die Macht des Bösen Oberhand über einen bekommt.
Du berichtetest mir in Deinem letzten Schreiben nicht dieses richtige Gefühl zu besitzen. Diese Erkenntnis ist erschreckend. Jedoch hast Du Deine ganze Ehezeit versucht eine liebende Ehefrau zu sein und das – muss ich betonen – warst und bist Du auch noch! Du würdest Dir nicht Dein Selbstbildnis in Frage stellen und so Dich mit Vorwürfen quälen, wenn Du nicht Schul- und Schamgefühl hättest. Dazu würdest du jetzt sagen, dass Du aber nur diese Gefühle über dein Lügenspiel habest. So ist es aber nicht. Jedes Schuldgefühl hat seine Wurzel und oft erkennen wir sie nicht am rechten Ort. Bei Dir hat sich dieses Schuldgefühl so angestaut, dass Du denkst Du würdest Dich nicht Deiner Tat schämen. In Wahrheit ist dies aber Wurzel der Unruhe in Deiner Seele. Ich schlage Dir vor mit Deinem Ehemann Baron von Innstetten über das vergangene Geschehen zu reden. Zum einem stärkt es sein Vertrauen in Dir, da Du Ihm den Mut zeigst Deine Schuld einzugestehen und Dich reuevoll bekennst und zum anderen ist es besser, dass Du es Deinem
Ehemann erzählst, bevor Dein Lügenspiel auffliegt oder er Verdacht schöpft und Eure Ehe daran zerbricht.
Mit Deinem Geständnis wird auch wieder Ordnung in Deine Seele kehren und Du wirst wieder freier und unbeschwerter Dein Leben mit den schönen Dingen der Welt genießen können. Außerdem wirst Du Dein Selbstbildnis erneuern können, damit Du Deinen Mitmenschen ehrlich entgegen treten kannst.
Auf der einen Seite erdrückt Dich Dein Lügenspiel, aber auf der anderen Seite erschöpft Dich Deine langandauernde Angst vor dem Chinesenspuk. Diese beiden Komponenten sind für die Unordnung in Deiner Seele verantwortlich. Die Lösung des Problems habe ich Dir bereits versucht zu erklären, die Beseitigung des zweiten Problems resultiert aus dem Bewältigen des ersteren.
Du lebst im Moment in der ständigen Angst, dass Dein vergangenes Liebesleben mit Crampas eines Tages an das Licht kommen würde. Deine Angst zehrt an deiner Selbstsicherheit. Du bist bis aufs Äußere angespannt und leidest unter dem Chinesenspuk. Dieser könnte Dir mit einem reinen Gewissen nicht zu schaffen machen, da Du Deine Vernunft gebrauchen würdest, die Dir sagt, dass der Chinese Dir nichts schade.
Ich rate Dir, meine liebe Effi, löse die Lüge schnell, bevor es zu spät ist. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben und Du musst Dich so oder so eines Tages für Deine Taten verantworten. Außerdem wird es Dir dann auch bald gesundheitlich wieder besser gehen, da Ordnung in der Seele auch zu einer guten körperlichen Verfassung führe.
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Ihr Freund Niemeyer
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Am Ende des 24. Kapitels weint Effi wegen ihres fragwürdigen Selbstbildes bitterlich und quält sich mit dem Vorwurf kein „richtiges Gefühl“ (nicht Schuld oder Scham), keine „Ordnung“ in der Seele zu haben.

Nehmen Sie an, Effi vertraut sich ihrem alten Pastor Niemeyer in einem geheimen Briefwechsel an. Was würde er ihr du dieser Frage wohl schreiben ? (633 Wörter)
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