Die Kapitelanalyse zu Der Vorleser
Kapitelanalyse zum Roman „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink
Der Roman „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink, der 1995 erstmals veröffentlicht wurde, handelt von dem gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit und den daraus resultierenden Fragen nach der Schuld an den Naziverbrechen. Im Folgenden werde ich das Kapitel 10 (Seite 125-129) aus dem zweiten Teil der Erzählung analysieren.
Der Erzähler schreibt in der Ich-Form, die sich größtenteils personal und damit meist rückblickend verhält. Es handelt sich um ein “erinnerndes Ich”, das sich nicht nur auf die Außensicht beschränkt, sondern auch von einem inneren Standpunkt aus erzählt. Über Hannas Gefühle kann es jedoch nur spekulieren. Durch die häufige Vergegenwärtigung des Erzählers über das Geschehen kommt es zu Wechseln von auktorialer Distanzierung zu personalem Erleben. Er ist den erzählten Vorgängen gerade deshalb gegenüber affirmativ und skeptisch-schwankend, weil er diese aus seiner aktuellen Sichtweise retrospektiv betrachtet.
In den vorhergehenden Kapiteln erfährt man, dass der 15-jährige Michael sich durch einen einfachen Zufall in Hanna, eine Schaffnerin von 36 Jahren, verliebt und diese seinem körperlichen Wunsch nach Nähe entgegenkommt. Hanna ist sehr bestimmend und hat zusätzlich die etwas “merkwürdige” Bitte, dass der Jugendliche ihr bevor sie den Akt des Beischlafes vollziehen, von Tag zu Tag vorliest. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um allgemein bekannte Romane. Nach einer andauernden, geheimen und gesellschaftlich-unmoralischen Beziehung zwischen den beiden, verschwindet Hanna ganz plötzlich. Michael ist geschockt und gibt sich selbst die Schuld dafür, dass er von dieser, meist sehr stimmungschwankenden und temperamentvollen, Frau verlassen wurde. Jahre später trifft er sie während seines Jurastudiums in einem gerichtlichen Prozess wieder, in dem sie selbst zu den Angeklagten gehört. Sie wird beschuldigt als KZ-Aufseherin tätig gewesen zu sein und hunderte von Menschen in ihren Tod nach Auschwitz geschickt zu haben. Zusätzlich habe sie mit anderen Aufseherinnen Frauen in einer Bombennacht in eine Kirche eingesperrt und diese nicht befreit, nachdem eine Bombe darauf gefallen war und die Kirche Feuer gefangen hatte. Für Michael ist es auffällig, dass Hanna sich selbst immer weiter in die Schuld verwickelt und auf die gerichtliche Verhandlung nur wenig vorbereitet zu sein scheint.
Im Nachfolgenden erfährt man, dass Hanna durch ihre ungeschickte Verteidigung zur lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wird. Michael nimmt wieder Kontakt zu ihr auf, indem er ihr Aufnahmen von sich schickt, in denen er ihr vorliest. Einen Tag bevor Hanna jedoch wieder aus dem Gefängnis entlassen wird, begeht sie Selbstmord.
Das Kapitel 10 handelt von der Erkenntnis des Protagonisten Michaels, dass seine Jugendliebe Hanna Analphabetin ist. [Der Anfang der Textstelle handelt allein von Erinnerungen des Ich-Erzählers. Er berichtet davon, dass er nicht mehr weiß, was genau er sich während der Gerichtsverhandlungen Nützliches für sein Studium angeeignet hat, aber dass er sehr gern in den Wald geflüchtet ist und davon geträumt hat zu reisen. Dort denkt er über Vieles nach.] Ihm fallen einige Hinweise von früheren Situationen ein, die ihn nach langem Nachdenken zu dem Entschluss bringen, dass Hanna nicht lesen und schreiben kann. Michael glaubt, dass sie während des Gerichtsprozesses nur aus dem Grunde aussagt und sich somit selbst verschuldet, sie hätte einen Bericht über den Ablauf des angeklagten Deliktes geschrieben, damit die Richter nicht ihre Schrift analysieren, falls der wirkliche Verfasser sich nicht freiwillig preisgibt. Gegen Ende der Textstelle fragt er sich schließlich wer die Schuld daran trägt, dass er sie verlassen hat. Daraufhin findet er keine genaue Antwort, aber er gibt sich selbst die Schuld dafür, dass er eine Verbrecherin geliebt hat.
Im behandelten Kapitel 10 behält ausschließlich Michael, der Erzähler das Wort. Schon zu Beginn reflektiert er über Vergangenes: „An die feiertäglichen Seminarsitzungen habe ich keine Erinnerungen[…] Worüber haben wir gesprochen?“(S. 125, Z. 2-5). Im nächsten Absatz fängt der Erzähler dann an zu beschreiben: „Aber ich erinnere mich an die Sonntage. Von den Tagen im Gericht brachte ich einen mir neuen Hunger nach den Farben und Gerüchen der Natur mit“ (S. 125, Z. 7-9). Auf der nächsten Seite fängt er daraufhin an zu kommentieren: „Sie hat nichts Besonderes und hatte damals nichts Besonderes…“(S. 126, Z. 12-13). Des Weiteren spekuliert er öfter, was man an der Häufigkeit der Fragesätze im vorliegenden Kapitel erkennen kann.
Der räumliche Standort Michaels ändert sich zwischendurch. Anfangs ist er noch mit seinen Erinnerungen bei den Gerichtsverhandlungen, dann wechselt er in die Natur, beschreibt diese und ist dann schließlich in einem Wald, in dem sich ihm Hannas Geheimnis enthüllt. Er denkt an die Zeit zurück, in der er mit dieser Frau zusammen war und denkt an die vielen Dinge, die sie gemeinsam unternommen haben. Der Ich-Erzähler berichtet also von einem Zeitraum, der mehrere Monate zusammenfasst und schließlich wieder bis in die Gegenwart reicht. Die Person, über die Michael größtenteils reflektiert ist Hanna. Alle anderen spielen für ihn eine weniger wichtige Rolle und spricht sie nur kurz an: „Weil sie das Buch der Tochter wie auch die Anklage nicht hatte lesen…[können]“ (S. 127, Z. 14-15). In diesem Zitat bezieht sich das „sie“ auch wieder nur auf Hanna, genauso wie in unzähligen weiteren Sätzen.
Der Text ist in mehrere einzelne Paragraphen unterteilt, die mit dem Inhalt in Verbindung gesetzt werden können. Auf Seite 126 in der vorletzten Zeile findet man eine eher ungewöhnliche äußerliche Einschiebung des Absatzes. „Hanna konnte nicht lesen und schreiben.“ Ganz plötzlich nachdem der Erzähler noch bei Naturbeschreibungen war, macht er einen Sprung und kommt auf Hanna zurück. Der Satz ist jedoch von großer Gewichtigkeit für den Rest der Lektüre. Dass Hanna Analphabetin ist, lässt die Frage nach der Schuld der KZ-Verbrechen in ein neues Licht rücken. Des Weiteren versucht Michael nachzuvollziehen und Rechtzufertigen, warum die Frau, die er so geliebt hat, ohne Widerwillen bei der SS angefangen hat und stets das getan hat, was ihr befohlen wurde. Er fühlt sich schuldig dafür, dass er solch starke Gefühle für Hanna gehabt hat und versucht einerseits die Schuld von sich zu lenken indem er Hannas Taten beschwichtigt: „Das sie sich schämte, nicht lesen und schreiben zu können, und lieber mich befremdet als sich bloßgestellt hatte, verstand ich“ (S. 127, Z. 21-23). Andererseits will er sie verurteilen, da er es sich selbst nicht zu erklären weiß wie man Hannas Verhalten rechfertigen könnte, was in den Zeilen 25-27 deutlich wird: „Aus Angst vor der Bloßstellung als Analphabetin das Verbrechen?“. Selbst wenn eine Person nicht lesen oder schreiben kann, hätte sie doch Unterscheiden können wie viel Unrecht den Menschen in der NS-Zeit widerfahren ist.
Die Sprache, die Schlink in seinem Roman verwendet ist kein Deutsch für hoch gebildete oder belesene Leute, sondern für fast jede Schichtgruppierung einfach nachzuvollziehen.
Meiner Meinung nach, liegt die Intention des Autors darin, das Thema der NS-Vergangenheit aufs Neue zu aktualisieren, damit die Leser sich an die damaligen Verbrechen erinnern um Katastrophen dieses Ausmaßes zukünftig vermeiden zu können. Außerdem will er zeigen, dass ein solches Ereignis seine Zeit braucht um von jedem verarbeitet zu werden und die Schuldfragen, die aufkommen nicht immer ganz eindeutig beantwortet werden können, da immer noch ein Unterschied gemacht werden muss zwischen den Menschen, die nur Anweisungen befolgt haben um ihr eigenes Leben zu schützen und denen, die emphatisch zu dem Holocaust beigetragen haben.
Meiner Meinung nach ist Schlinks Roman wirklich „lesenswert“ und die Thematik, die er anspricht spannend und interessant geschildert. Es gibt einem den Anlass Nachzudenken, sich vielleicht sogar selbst besser kennen zu lernen und auch mit der Frage nach Schuld wachsamer umgehen zu können, indem man versucht sich in die Charaktere hineinzuversetzen.
Der Roman „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink, der 1995 erstmals veröffentlicht wurde, handelt von dem gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit und den daraus resultierenden Fragen nach der Schuld an den Naziverbrechen. Im Folgenden werde ich das Kapitel 10 (Seite 125-129) aus dem zweiten Teil der Erzählung analysieren.
Der Erzähler schreibt in der Ich-Form, die sich größtenteils personal und damit meist rückblickend verhält. Es handelt sich um ein “erinnerndes Ich”, das sich nicht nur auf die Außensicht beschränkt, sondern auch von einem inneren Standpunkt aus erzählt. Über Hannas Gefühle kann es jedoch nur spekulieren. Durch die häufige Vergegenwärtigung des Erzählers über das Geschehen kommt es zu Wechseln von auktorialer Distanzierung zu personalem Erleben. Er ist den erzählten Vorgängen gerade deshalb gegenüber affirmativ und skeptisch-schwankend, weil er diese aus seiner aktuellen Sichtweise retrospektiv betrachtet.
Das Kapitel 10 handelt von der Erkenntnis des Protagonisten Michaels, dass seine Jugendliebe Hanna Analphabetin ist. [Der Anfang der Textstelle handelt allein von Erinnerungen des Ich-Erzählers. Er berichtet davon, dass er nicht mehr weiß, was genau er sich während der Gerichtsverhandlungen Nützliches für sein Studium angeeignet hat, aber dass er sehr gern in den Wald geflüchtet ist und davon geträumt hat zu reisen. Dort denkt er über Vieles nach.] Ihm fallen einige Hinweise von früheren Situationen ein, die ihn nach langem Nachdenken zu dem Entschluss bringen, dass Hanna nicht lesen und schreiben kann. Michael glaubt, dass sie während des Gerichtsprozesses nur aus dem Grunde aussagt und sich somit selbst verschuldet, sie hätte einen Bericht über den Ablauf des angeklagten Deliktes geschrieben, damit die Richter nicht ihre Schrift analysieren, falls der wirkliche Verfasser sich nicht freiwillig preisgibt. Gegen Ende der Textstelle fragt er sich schließlich wer die Schuld daran trägt, dass er sie verlassen hat. Daraufhin findet er keine genaue Antwort, aber er gibt sich selbst die Schuld dafür, dass er eine Verbrecherin geliebt hat.
Im behandelten Kapitel 10 behält ausschließlich Michael, der Erzähler das Wort. Schon zu Beginn reflektiert er über Vergangenes: „An die feiertäglichen Seminarsitzungen habe ich keine Erinnerungen[…] Worüber haben wir gesprochen?“(S. 125, Z. 2-5). Im nächsten Absatz fängt der Erzähler dann an zu beschreiben: „Aber ich erinnere mich an die Sonntage. Von den Tagen im Gericht brachte ich einen mir neuen Hunger nach den Farben und Gerüchen der Natur mit“ (S. 125, Z. 7-9). Auf der nächsten Seite fängt er daraufhin an zu kommentieren: „Sie hat nichts Besonderes und hatte damals nichts Besonderes…“(S. 126, Z. 12-13). Des Weiteren spekuliert er öfter, was man an der Häufigkeit der Fragesätze im vorliegenden Kapitel erkennen kann.
Der räumliche Standort Michaels ändert sich zwischendurch. Anfangs ist er noch mit seinen Erinnerungen bei den Gerichtsverhandlungen, dann wechselt er in die Natur, beschreibt diese und ist dann schließlich in einem Wald, in dem sich ihm Hannas Geheimnis enthüllt. Er denkt an die Zeit zurück, in der er mit dieser Frau zusammen war und denkt an die vielen Dinge, die sie gemeinsam unternommen haben. Der Ich-Erzähler berichtet also von einem Zeitraum, der mehrere Monate zusammenfasst und schließlich wieder bis in die Gegenwart reicht. Die Person, über die Michael größtenteils reflektiert ist Hanna. Alle anderen spielen für ihn eine weniger wichtige Rolle und spricht sie nur kurz an: „Weil sie das Buch der Tochter wie auch die Anklage nicht hatte lesen…[können]“ (S. 127, Z. 14-15). In diesem Zitat bezieht sich das „sie“ auch wieder nur auf Hanna, genauso wie in unzähligen weiteren Sätzen.
Der Text ist in mehrere einzelne Paragraphen unterteilt, die mit dem Inhalt in Verbindung gesetzt werden können. Auf Seite 126 in der vorletzten Zeile findet man eine eher ungewöhnliche äußerliche Einschiebung des Absatzes. „Hanna konnte nicht lesen und schreiben.“ Ganz plötzlich nachdem der Erzähler noch bei Naturbeschreibungen war, macht er einen Sprung und kommt auf Hanna zurück. Der Satz ist jedoch von großer Gewichtigkeit für den Rest der Lektüre. Dass Hanna Analphabetin ist, lässt die Frage nach der Schuld der KZ-Verbrechen in ein neues Licht rücken. Des Weiteren versucht Michael nachzuvollziehen und Rechtzufertigen, warum die Frau, die er so geliebt hat, ohne Widerwillen bei der SS angefangen hat und stets das getan hat, was ihr befohlen wurde. Er fühlt sich schuldig dafür, dass er solch starke Gefühle für Hanna gehabt hat und versucht einerseits die Schuld von sich zu lenken indem er Hannas Taten beschwichtigt: „Das sie sich schämte, nicht lesen und schreiben zu können, und lieber mich befremdet als sich bloßgestellt hatte, verstand ich“ (S. 127, Z. 21-23). Andererseits will er sie verurteilen, da er es sich selbst nicht zu erklären weiß wie man Hannas Verhalten rechfertigen könnte, was in den Zeilen 25-27 deutlich wird: „Aus Angst vor der Bloßstellung als Analphabetin das Verbrechen?“. Selbst wenn eine Person nicht lesen oder schreiben kann, hätte sie doch Unterscheiden können wie viel Unrecht den Menschen in der NS-Zeit widerfahren ist.
Die Sprache, die Schlink in seinem Roman verwendet ist kein Deutsch für hoch gebildete oder belesene Leute, sondern für fast jede Schichtgruppierung einfach nachzuvollziehen.
Meiner Meinung nach, liegt die Intention des Autors darin, das Thema der NS-Vergangenheit aufs Neue zu aktualisieren, damit die Leser sich an die damaligen Verbrechen erinnern um Katastrophen dieses Ausmaßes zukünftig vermeiden zu können. Außerdem will er zeigen, dass ein solches Ereignis seine Zeit braucht um von jedem verarbeitet zu werden und die Schuldfragen, die aufkommen nicht immer ganz eindeutig beantwortet werden können, da immer noch ein Unterschied gemacht werden muss zwischen den Menschen, die nur Anweisungen befolgt haben um ihr eigenes Leben zu schützen und denen, die emphatisch zu dem Holocaust beigetragen haben.
Meiner Meinung nach ist Schlinks Roman wirklich „lesenswert“ und die Thematik, die er anspricht spannend und interessant geschildert. Es gibt einem den Anlass Nachzudenken, sich vielleicht sogar selbst besser kennen zu lernen und auch mit der Frage nach Schuld wachsamer umgehen zu können, indem man versucht sich in die Charaktere hineinzuversetzen.
Inhalt
Es handelt sich hierbei um eine Analyse des 10. Kapitels aus dem 2. Teil von "Der Vorleser" von Bernhard Schlink
Dabei wird das Thema von dem gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit und den daraus resultierenden Fragen nach der Schuld an den Naziverbrechen behandelt. (1215 Wörter)
Dabei wird das Thema von dem gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit und den daraus resultierenden Fragen nach der Schuld an den Naziverbrechen behandelt. (1215 Wörter)
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Es handelt sich hier um einen fremden, nutzergenerierten Inhalt für den keine Haftung übernommen wird.
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