Kaddisch für einen Freund: Rezension beurteilen, bitte !

„Er hat den Stern an der Tür“
Wie kann erlernter Hass bezwungen werden? Was muss passieren, damit starke Abneigungen und tiefe Hassgefühle überwunden werden? Ist es möglich, all die aufgezwungenen Vorurteile zu vergessen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich auch der Regisseur Leo Khasin in seinem Film „ Kaddisch für einen Freund“, der seit dem 15.03.2011 in den Kinos ausgestrahlt wird.
Ali und Alexander sitzen gemütlich auf dem Balkon eines Berliner Hochhauses.
„Gleichheit ist die Seele der Freundschaft“ zitiert Alexander, Aristoteles. Anschließend schenkt er russischen Wodka in zwei Schnapsgläser ein und reicht eins davon seinem Freund. Misstrauisch sieht Ali das gefüllte Glas an. Soll er wirklich Alkohol trinken? Soll er es wirklich hier und jetzt tun, mit dem Feind, „dem Juden“? Was wird wohl passieren, wenn sein Vater oder seine Familie herausfindet, dass er mit dem Kontrahenten eine schlimme Sünde begeht und Alkohol trinkt? Nach kurzem Zögern nimmt er das Glas trotzdem an und die beiden stoßen an. „Auf uns“ prosten sie.
Sie lassen ihre Feindseligkeit und ihren tief verwurzelten Hass zwischen ihren Völkern hinter sich.

Der vierzehnjährige Ali Messalam (Neil Belakhdar) ist in einem palästinensischen Flüchtlingslager aufgewachsen. Dort hat er gelernt „die Juden“ zu hassen. Er ist überzeugt davon, dass die Juden schuld an der miserablen Situation seiner Familie sind. Nachdem die Familie aus Libanon flüchtet, bekommen sie Asyl und ziehen nach Berlin-Kreuzberg. Als Ali erfährt, dass sein Nachbar Alexander Jude ist, rennt er erschrocken zu seinem Vater und berichtet ihm sofort davon „Der Nachbar über uns hat den Stern an der Tür“. Die Familie ist empört.
Die Perspektive der Kamera ist ein objektiver und neutraler Beobachter, der nicht immer ins Detail geht und einige dramatische Szenen auslässt. Der Regisseur Leo Khasin zeigt zwei authentische Personen, die durch den Nahost-Konflikt in Israel eine schlimme Vergangenheit hatten. Er bringt den Nahost-Konflikt sozusagen nach Deutschland. Khasin zog 1981 im Alter von acht Jahren mit seiner Familie aus der Sowjetunion nach Deutschland um. An jenem Tag waren in seiner eigenen Zahnarztpraxis in Berlin-Kreuzburg die letzten beiden Patienten noch übrig. Ein libanesischer Junge und ein alter russischer Jude. Sie saßen da, jeder mit sich beschäftigt, bis Khasin den Raum betrat und den Jungen in sein Sprechzimmer bat. Er wurde auf der Stelle blass, da er große Angst vor der Behandlung hatte, aber es war niemand da, der ihm zur Seite stehen können. Nur der alte Mann, der den beunruhigten Blick des Jungen bemerkt hatte und mit einem wohlwollenden Zunicken die erste Angst nahm. So entstand die Idee des Filmes.
Um bei einer arabischen Gruppe arabischer Jugendlicher Anschluss zu finden, muss Ali als Mutprobe in die Wohnung des 84-jährigen jüdisch-russischen Nachbarn Alexander (Ryszard Ronczewski) einbrechen. Nachdem er die Tür aufbricht, folgen ihm die anderen auch. Sie verwüsten die Wohnung komplett. Doch als Alexander vorzeitig nach Hause zurückkehrt wird Ali von ihm wiedererkannt und angezeigt. Um einer Verurteilung zu umgehen und somit auch eine Abschiebung der gesamten Familie, bleibt ihm nur eine einzige Möglichkeit übrig: Er muss sich bei Alexander entschuldigen und die Wohnung mit ihm renovieren. Alexander und Ali verbringen viel Zeit miteinander. Es entsteht eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen ihnen. Eine Freundschaft, die zugleich ungewollt und unerwartet kommt. Ronczewski selbst ist weder Jude noch Russe. 2007 übernahm er die Hauptrolle eines ehemaligen KZ-Häftlings in der deutsch-polnischen Produktion Am Ende kommen Touristen von Robert Thalheim.
Die Tragikomödie „Kaddisch für einen Freund ist ein Film der unter die Haut geht. Es ist ein amüsanter und ernster Film zugleich.