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Marxismus /Kommunismus

Frage: Marxismus /Kommunismus
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Ich muss kurz dies erklären, aber ich verstehe nicht ganz, wie die Unter- Oberbautheorie gemeint ist. Könnt ihr mir helfen`?
Frage von Kelly.K (ehem. Mitglied) | am 01.05.2009 - 15:08

 
Antwort von GAST | 01.05.2009 - 15:17
Gerne.

Nach Marx und Engels besteht eine Gesellschaft immer aus einer Basis und einem Überbau.
Diese zwei Faktoren stehen zudem in einem bestimmten Verhältnis zueinander.
Als Basis verstehen Marx und Engels zunächst die Gesamtheit aller Produktionsverhältnisse (die wiederum einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen).

Darauf erhebt sich ein juristischer und politischer Überbau.
Damit sind bestimmte gesellschaftliche Bewusstseinsformen gemeint, z.B. Recht, Politik, Religion, Kunst ...etc.

Das heißt, dass das gesellschaftliche Sein das Bewusstsein beherrscht und nicht umgekehrt!

Die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft geraten allerdings irgendwann in Widerspruch mit den Eigentumsverhältnissen und es kommt irgendwann zu einer Revolution, i.e. Beseitigung der alten Widersprüche.
Damit befinden sich die Menschen in einer Epoche sozialer Revolution.


Ich hoffe, das hilft dir ein bisschen weiter!


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Antwort von Kelly.K (ehem. Mitglied) | 01.05.2009 - 15:28
Und was genau sind die Produktivkräfte im Unterbau? Sind das einfach die Menschen, die arbeiten? Oder ist das die Kluft, die zwischen Proletarieren und den Reichen entsteht? Das gehört doch auch noch dazu, nicht?

 
Antwort von GAST | 01.05.2009 - 15:39
Unter Produktivkräften verstehen Marx und Engels (vereinfacht) alles, was den Menschen in einer Gesellschaft an Errungenschaften zur verfügung steht. Das wäre zum einen natürlich die technischen Mittel, zum anderen aber auch natürliche Ressourcen, geistes-wissenschaftlich Dinge, oder auch organisatorische.

Die Kluft, die zwischen Kapitalisten (nicht Reiche, das ist ein Unterschied) und Proletariern entsteht, wird von Marx/Engels als "Klassenantagonismus" bezeichnet, was so viel wie "Widersprüchlichkeit zwischen den Klassen" bedeutet.
Reiche und Kapitalisten sind übrigens zwei Paar Schuhe, wie ich schon angedeutet habe.
Im Kapitalismus gibt es nur zwei unterschiedliche Klassen: Die Besitzende und Beherrschende Klasse (Kapitalisten - Leute die Kapital besitzen, also Firmen/Unternehmen und somit Eigentum)und die besitzlose, beherrschte (von den Kapitalisten ausgebeutete Klasse) der Proletarier.
Es kann auch reiche oder zumindest wohlhabendere Proletarier geben, dennoch werden sie von den Kapitalisten ausgebeutet, das sie an diese ihre Arbeitskraft verkaufen müssen.


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Antwort von Kelly.K (ehem. Mitglied) | 01.05.2009 - 15:46
Vielen Dank für die ausführlichen Antworten. Aber es stimmt doch, dass diese Kluft im Unterbau geschieht, nicht?
Und diese Theorie kam eigentlich wegen der Industrialisierung auf und bleibt in abgeänderter Form bis heute besetehen?

 
Antwort von GAST | 01.05.2009 - 16:04
Gern geschehen!

Also, das was du als "Kluft" bezeichnest ist im Prinzip das Gefälle zwischen Kapitalisten und Proletariern. Beide Personengruppen müssen vorhanden sein, denn sonst gebe es diese Kluft ja nicht. Eine Kluft kann nur da sein, wo Ungleichheit herrscht. Diese "Kluft" entsteht also weder ausschließlich bei Proletariern noch ausschließlich bei Kapitalisten, weder im Unter- noch im Überbau.
Die Kluft entsteht mit der Ungleichheit, und diese Ungleichheit entsteht durch das Privateigentum and Kapital (Produktionsmitteln).
Denn, erinnern wir uns: Die zwei Klassen im Kapitalismus entstehen durch das Vorhandensein von Kapital. Würde es kein Kapital geben, würde es auch keine Klassenunterschiede und somit auch keine "Kluft" geben.

Zum historischen Hintergrund und den Entstehungsgründen hast du mit der Industrialisierung schon einen wichtigen Aspekt angesprochen.
Marx selber kam aus einem gut-bürgerlichen Haus, hat allerdings auch die Industrialisierung miterlebt. Wichtig ist vor allem, dass er die "Soziale Frage" miterlebt hat, d.h. das gesamte Elend das mit dem Aufkommen von Industrie und Massenproduktion einhergegangen ist (Krankheiten, Armut, Wohlungselend, hohe Sterblichkeitsraten, etc.).
Du kannst den Kommunismus bzw. die Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie als ein "Lösungsansatz" von Marx sehen zu dieser sozialen Frage.

Natürlich sind die Gedanken von Marx/Engels heute noch in unabgeänderter Form zugänglich, indem man sie nämlich weiterhin lesen kann. Allerdings, so wie bei jeder Theorie, gibt es Gegenstimmen, die das ganze für ausgemachten Unfug und nicht realisierbar halten.
An dieser Stelle sind wohl als mitunter größte Kritiker des Marxismus/Kommunismus (Neo)Liberale und sämtliche Konservative Politiker und/oder Ökonomen zu nennnen.

Es muss aber auch beachtet werden, dass der Marxismus/Kommunismus nach Marx/Engles keineswegs ein starres Gedankenkonstrukt ist.
Besonders im 20. Jahrhundert haben sich innermarxistisch neue Strömungen gebildet, die Marx/Engels als Grundlage nehmen, allerdings auch einige Änderungen vorgenommen haben.
Beispiele hierfür wären:


Lenin (Nach ihm: Marxismus-Leninismus)
Mao - Maoismus
Leo Trotzki - Trotzkismus
Philosophen um die Frankfurter Schule herum - Neomarxismus

Und so weiter und so fort!

Eins lässt sich aber mit Sicherheit behaupten, auch wenn man nicht unbedingt Marx zustimmt, so führt kein Weg an ihm vorbei. Er war einer der größten, bedeutendsten und wichtigstens Philosophen und Ökonomen, die unsere heutige Zeit noch beeinflussen.



Ich hoffe, das hilft dir!


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Antwort von Kelly.K (ehem. Mitglied) | 01.05.2009 - 16:07
Wow, vielen, vielen Dank. Du hast mir wirklich unglaublich geholfen! Jetzt verstehe ich es wirklich.

 
Antwort von GAST | 01.05.2009 - 16:08
Das freut mich! Wenn dir noch irgendwas einfällt, einfach fragen :)
Viel Erfolg bei deiner Hausaufgabe noch :)


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Antwort von auslese | 01.05.2009 - 19:13
Zitat:
Allerdings, so wie bei jeder Theorie, gibt es Gegenstimmen, die das ganze für ausgemachten Unfug und nicht realisierbar halten.

Zudem kann man heutzutage von einem Klassenantagonismus überhaupt nicht mehr sprechen, da sich dessen Kluft nicht mehr nur auf den Dualismus Kapitalist vs. Proletarier reduzieren lässt, sondern wir in einer globalen (neoliberalen) Welt leben, dessen "Netzwerke" vielschichtiger und verworbener sind, als dass man sie so einfach in Form von Schwarz-Weiß Schubladendenken erklären könnte.

Überhaupt sind Marx` Gedanken und Schriften, wie du auch bereits erwähntest, viel zu sehr durch seine Lebensumstände gefärbt worden - was nicht heißt, dass diese keine Gültigkeit mehr haben. Nur datrf man seine Worte NICHT 1:1 übertragen, sondern muss seine aufgestellten Thesen - für die heutige Zeit passend - dementsprechend modifizieren.

 
Antwort von GAST | 01.05.2009 - 19:47
Dass wir (leider) in einer neoliberalen Welt leben und die durch Kapitalismus, Postkolonialismus und Postfaschismus immer undurchsichtiger werdenden Probleme sich nicht in eine Schublade stecken lassen ist mit Sicherheit eine richtige Feststellung.
Dennoch halte ich den Klassenantagonismus für härter und aktueller denn je, er fällt nur durch die wirksame Verblendung durch Massenmedien, Konsum als Beruhigungsmittel und halbstabiler Demokratie vielen gar nicht mehr auf. Das Klassenbewusstsein der Ausgebeuteten schwindet immer mehr, ihre Abhängigkeit und alles andere damit zusammenhängende aber leider nicht.

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