Zusammenbruch der DDR
Frage: Zusammenbruch der DDR(8 Antworten)
Hi Also das sind meine Vorschläge - Sozialismus hat keine Überlebungschancen - Perestroika - Glasnost - Unzufriedenheit in der Bevölkerung - Staatsverschuldung wächst immmer weiter an - DDR Abhängig von UdSSr und diese zerfällt auch langsam somit ist die DDR auch ihrem Ende gweiht Wer noch Ideen hat bitte posten danke schonmal Nilz |
GAST stellte diese Frage am 01.12.2008 - 11:17 |
Antwort von GAST | 01.12.2008 - 11:21 |
Der wichtigste Punkt ist die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Dieser Punkt hat viele Unterpunkte mit Schlüsselfunktionen. Alles andere hätte man mit Unterstützung der Bevölkerung noch irgendwie, Aber im Endeffekt spielt halt alles zusammen. Íst nur wichtig, dass Du die Unzufriedenheit besonders hervor hebst und den zugehörigen Unterpunkten (Überwachung, Reiseeinschränkungen etc.) beachtung schenkst. |
Antwort von GAST | 01.12.2008 - 15:14 |
ich will dir auf die frage eine sehr provokante antwort geben. denn ich finde es unwürdig, dass sich unsere ach so aufgeklärte gesellschaft mit so scheinheiligen banal-antworten abgibgt wie: "die ddr war finanziell nicht mehr bestandsfähig." "die ddr war ein unrechtsregime und hat ihre bürger misshandelt bis es nicht mehr ging." "sozialismus ist nicht überlebensfähig." das sind allesamt thesen, die einer kritischen betrachtung nicht standhalten. punkt 1: die finanzen wahr ist, dass die DDR kaum über devisen verfügte, also geldmittel, die sie im internationalen wirtschaftsverkehr hätte einsetzen können, um güter zu importieren. die DDR hat sich gar West-Mark "erpresst", indem sie politisch unliebsame gestalten inhaftierte und diese von der BRD freikaufen ließ. das war eine nicht zu unterschätzende geldquelle des staates. weiterhin wurden unglaublich viele waren exportiert, gerade jene "luxus-güter" (autos, elektronik, lebensmittel), für die die eigene bevölkerung schlange stehen oder jahrelang warten musste. die binnenwirtschaft krankte am ineffektiven wirtschaften in 5-jahres-plänen, wobei das nicht an der idee des 5-jahres-plans liegt, sondern an bornierter produktionsauffassung. fakt ist aber auch, dass sowohl die heutige BRD als auch alle anderen europäischen staaten (von den USA mal ganz zu schweigen) HUNDERTFACH höhere staatschulden hat, als die DDR sie je hatte. warum erklärt man die DDR für bankrott, wenn heutzutage viel "bankrottere" staaten noch existieren, als wohlstandsstaaten und führende industrie-nationen gelten? ganz einfach: die planwirtschaft beruhte nicht auf dem wirtschaftsliberalen denken, dass durch schulden alle investitionen zu finanzieren seien und der staat dafür aufzukommen habe. die DDR hätte ja auch niemals geld von internationalen kreditinstituten, etwa der weltbank (die unter us-amerikanischer führung ist) bekommen. man hat die DDR, und das meine ich nicht polemisch, faktisch aushungern lassen. nach sozialistischem denken war die DDR tatsächlich pleite, denn sie machte laufend schulden. aber gerade nach kapitalistischem denken, wo schulden ein zu akzeptierender nebeneffekt allen wirtschaftens sind, war die DDR alles andere als pleite. vom "westlichen" standpunkt her war der staatshaushalt sogar mehr als gesund, da vergleichsweise gering verschuldet. das argument, dass die DDR ihrer schulden wegen nicht mehr existenz-fähig war, lehne ich also deshalb ab, weil hier die kapitalistische denkweise die sozialistische norm anlegt. es ist doppelmoral, auf billiarden-schweren schulden zu sitzen, sich mit der wohlstandsfassade zu schmücken und auf die verschuldung des anderen zu zeigen, um ihm den bankrott zu erklären. |
Antwort von GAST | 01.12.2008 - 15:15 |
zu punkt 2 und 3: 1985 gründete sich in der DDR unter dem schutzmantel der evangelischen kirche die "Initiative Frieden und Menschenrechte", kurz IFM. dies war, gegen den willen der obrigkeit, die erste bürger-bewegung für eine reform des sozialistischen systems. angeprangert wurden die menschenrechtsverletzungen, die speziell durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS / StaSi) verübt wurden; zudem die massiven wahlmanipulationen, die überalterung des Zentralkommitees der SED, die misswirtschaft, die vetternwirtschaft, die allzu große abhängigkeit von moskau. bis 1988 gründeten sich weitere solcher bewegungen. dies führte nicht nur zu einem breiteren rückhalt in der bevölkerung, sondern auch zu einer aufklärung und politisierung der bevölkerung. man hatte eine stimme und durfte sie nutzen. im vergleich zu heute mussten die damaligen akteure sogar ein unglaubliches diplomatisches feingefühl an den tag legen. radikale thesen wären sofort verfolgt worden. inhaftierungen von "widerständlern" gab es zu hauf. dennoch bahnte sich eine breite reformbewegung an, die mit den leipziger montagsdemonstrationen von 1989 ihren höhepunkt fand. zehntausende plädierten für einen "aufgeklärten sozialismus" mit menschlichem antlitz und untermauerten diese forderung mit dem slogan: "wir sind das volk." aber wie das bei massenbewegungen so ist, kommt von irgendwo dann der dumme pöbel daher. Die noch immer nicht-politisierte masse sah auf einmal ein lichtlein, am westlichen (schein-)wohlstand teilzuhaben. Hier kommen dann die reisebeschränkungen ins spiel, die 1989 weiter verschärft wurden. In diesem zusammenhang ist die stürmung der „ständigen vertretung der BRD“ in berlin zu nennen, der sturm auf die prager botschaft und die grüne grenze zwischen ungarn und österreich – alles schleusen, über die man im herbst 1989 die massenflucht probte, weil man merkte, dass die obrigkeit die bewegung nicht mehr unterdrücken oder kontrollieren konnte. |
Antwort von GAST | 01.12.2008 - 15:16 |
In dem moment also, als sich tatsächlich die möglichkeit bot, den sozialismus zu reformieren, ihn bürgerfreundlicher, gerechter zu gestalten, ihn seinen eigentlichen idealen wieder näher zu bringen – ja, in dem moment wo der sozialismus seine anpassungsfähigkeit hätte beweisen können, die ihm so oft (wie ich finde zu unrecht) abgesprochen wird, da tobte die menge und brüllte nach bananen und kreuzfahrten. In rom hätte man gesagt „panem et circenses“. Während im herbst 1989 in vielen großen städten der DDR die „Runden Tische“ tagten (zusammengesetzt aus vertretern der SED, der bürgerrechtsbewegungen und politisch interessierten), um die neuordnung des staates zu besprechen, gab sich der geblendete pöbel der gier auf westlichen wohlstand hin. Aus „wir sind das volk“ (dem slogan, der die eigenverantwortlichkeit und mündigkeit des bürgers betont) wurde das motto „wir sind EIN volk“. Damit drückte man sich dann wieder vor der eigenverantwortung und hoffte, dass sich ein paar pfiffige politiker finden würden, die auf den zug aufspringen (Kohl – ganz der Machtmensch, wie man ihn kennt, tat es.). Auf einmal sollte die Einheit deutschlands das ziel sein. Unkritische historiker und denkferne zeitgenossen sprechen gar von „wiedervereinigung“. Das ist zweifach falsch: erstens kann man nichts „wieder“ vereinigen, was nur ganze 60 Jahre seiner geschichte als EIN staat existierte und in dieser zeit meistenteils monarchie oder diktatur war zweitens wurde der passus des grundgesetzes der BRD ausgehebelt, der besagt, dass im falle einer vereinigung aller deutschen gebiete endlich eine richtige VERFASSUNG in kraft zu treten habe. Eine neue verfassung wollte westdeutschland nicht. So ein aufwand. Und wozu auch? Der osten hatte kapituliert. Und in diesem ach so maroden sozialistischen system gab es ja nichts erhaltenswertes, was man hätte in eine neue verfassung übernehmen können. Also wurde die DDR im staatsrechtlichen sinne „angeschlossen“ - nach einem ganz anderen paragraphen des grundgesetzes. Bis heute ist Deutschland nicht so „vereinigt“, wie es ende der 40er-Jahre von beiden seiten einmal vorgesehen war. Die DDR wurde der BRD zugeschlagen. Ein billiges anhängsel. Günter Grass hat dazu ein nettes Heftchen mit reden herausgegeben unter dem titel „Ein Schnäppchen namens DDR“, auch die Lektüre von Wolfgang Thierses Buch „Mit eigener Stimme sprechen“ kann ich an dieser stelle nur empfehlen. |
Antwort von GAST | 01.12.2008 - 15:20 |
Fazit. Die DDR hätte nicht zu grunde gehen müssen. Es war keine historische notwendigkeit, kein versagen des sozialismus an sich, kein beweis für die unmöglichkeit des sozialismus. (Wobei ich mir verbitte, dass man daraus schließt, dass ich den sozialismus, wie er war, befürworten täte.) Aber, was soll`s, die Geschichte wird immer von den „Siegern“ geschrieben und gedeutet. Und da Helmut Kohl 1989/90 zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und genau den unpolitischen pöbel ansprach, ihm bunte phantasie-welten ausmalte, wurde die letzte volkskammerwahl im märz 1990 zum niedergang der DDR. Wohlgemerkt: westdeutsche politiker trieben wahlkampf in der DDR! Obwohl die DDR noch ein eigenständiger Staat war! Das ist, als würde Obama bei der nächsten Bundestagswahl in Deutschland munter mit Frank-Walter Steinmeier durch die Lande ziehen und dem Volk milliarden versprechen, wenn es denn die SPD wählte. Welch Anmaßung. Welch geringschätzung. Welch undankbarkeit gegenüber denen, die mut hatten, sich tatsächlich ihres eigenen verstandes und ihrer eigenen stimme zu bedienen. Die wahre bestrafung der bürgerrechtsbewegung kam nicht von der StaSi, sondern durch das unkritische volk, das heute jammert und erst jetzt merkt, dass „reisen DÜRFEN“ noch lange nicht „reisen KÖNNEN“ bedeutet. und zum thema "unrechtsregime": ob das sozialistische oder das derzeitige kapitalistische system mehr ungerechtigkeit, mehr würdeverlust, mehr unmündigkeit oder gar todesopfer fordert, darüber kann man trefflich streiten. aber man ist ja gleich ein polemischer anti-kapitalist, kommunist, idealist, sozialromantiker oder ostalgiker, wenn man das auszusprechen wagt. |
Antwort von GAST | 01.12.2008 - 15:46 |
Zitat: Also ich gebe dir ja in so ziemlich allen Punkten deiner Ausführungen Recht, aber bei dem oben zitierten Absatz muss ich dir widersprechen. Ich bin eine absolute Gegnerin unseres kapitalistischen Systems und eine Verfechterin des humanen Sozialismus, aber die Behauptung, unser heutiges System würde mehr Menschenleben und Rechte kosten als die sozialistischen Systeme der Vegangenheit ist absolut nicht tragbar. Einzige Ausnahme ist hier der nationale Sozialismus, aus der Perspektive des deutschen Volkes und beschränkt auf die Zeit bis 1939. |
Antwort von GAST | 01.12.2008 - 19:26 |
Sperr mal einer Blondie ein. Und jetzt zum Thema: "Sozialismus hat keine Überlebungschancen" Das ist an sich ja kein Argument, sondern höchstens eine Schlussfolgerung, die vielleicht aus den anderen Punkten folgen kann. "Perestroika Glasnost" Die DDR-Regierung hat sich ja geweigert dabei mitzumachen, aber dass es ein solches Programm sogar in der Sowjetunion, der Hegemonialmacht des Ostblocks, gab, hat dazu geführt, dass eben diese Weigerung die Unzufriedenheit massiv geschürt hat. Insofern haben Glasnost und Perestroika erheblich zum Untergang der DDR beigetragen. "Unzufriedenheit in der Bevölkerung" Das ist sicher der zentrale Punkt. Schließlich hat die Regierung nicht einfach den Staatsbankrott erklärt oder einen Krieg verloren, sondern auf den Druck der Straße hin nachgegeben. Allerdings greift "Unzufriedenheit" etwas kurz. Da stellt sich schon die Frage, womit die Leute unzufrieden waren. Imho war für die Demonstrationen 1989 tatsächlich die politische Unzufriedenheit mit fehlenden Freiheitsrechte, vor allem Wahl-, Reise- und Meinungsfreiheit, entscheidend. Die wirtschaftliche Unzufriedenheit hat damals auch eine Rolle gespielt, war aber erst bei der Entscheidung für den Anschluss an die Bundesrepublik das zentrale Argument. "Staatsverschuldung wächst immmer weiter an" Ja, wobei die Staatsverschuldung nur ein Teil des wirtschaftlichen Zusammenbruchs war. Die Wirtschaftskrise wirkte sich doppelt aus: Erstens verschlechterte sich die Versorgung der Menschen, was die angesprochene Unzufriedenheit anwachsen ließ. Zweitens war der Staat wegen der Finanzprobleme nur eingeschränkt handlungsfähig, wodurch er der Krise kaum etwas entgegensetzen konnte. "DDR Abhängig von UdSSr und diese zerfällt auch langsam somit ist die DDR auch ihrem Ende gweiht" Der Zerfall im engeren Sinn begann erst 1990 im Baltikum. Da war eigentlich schon klar, dass es zur Wiedervereinigung kommen würde. Die zunehmende (ebenfall nicht zuletzt wirtschaftliche) Krise der Sowjetunion führte aber natürlich dazu, dass der Ostblock zerfiel und die Sowjetunion die zugehörigen Staaten auch kaum noch steuern konnte. Allerdings darf man nicht verkennen, dass die Reformpolitiker um Gorbatschow das auch nicht mehr im vollen Umfang wollten. Das war ja ein Bestandteil der Reformpolitik. |
Antwort von GAST | 01.12.2008 - 23:42 |
@aquarell: ich verstehe deine ansicht und finde ebenso, dass ich in einem (relativ) gerechten staat lebe. die opfer unseres derzeitigen systems sind allerdings eher unsichtbar. neben den physisch, psychisch oder finanziell bankrotten menschen in deutschland (deren zahl sich zum glück in grenzen hält) solltest du die opfer in den ländern suchen, auf deren kosten wir unseren wohlstand pflegen. unser wirtschaftssystem ist alles andere als autark. wir sind abhängig von zulieferern, von ganzen volkswirtschaften - und diese damit abhängig von uns. aus dieser abhängigkeit resultiert in meinem denken, dass wir auch eine verantwortung für die zustände in diesen staaten haben, da wir sie (indirekt) unterstützen oder zumindest tolerieren, sie vielleicht gar manifestieren - besonders über wirtschaftliche bindungen. wenn du also findest, hier geht es gerecht zu und alles ist schön und sauber und in ordnung und niemandes würde wird gekränkt, dann denk auch an den 14 jährigen indonesier, der die nike-schuhe genäht hat, die man im schaufenster begaffen kann. oder an den afrikanischen wanderarbeiter, der in spanischen treibhäusern die tomaten pflückt, die zum polieren nach polen gefahren und dir dann im supermarkt verkauft werden. hinter jedem noch so glänzenden produkt, dass du hier so wohlfeil erwerben kannst, steht eine kette von unsichtbaren schicksalen, an menschen, gegenüber denen wir uns schuldig machen. |
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