Deutsch - Erörterung!

zwei fragen, an denen du dich orientieren und die du konkret erörtern kannst:
- was ist europäische identität? gibt es so etwas überhaupt? was sind die gemeinsamkeiten und bindeglieder europäischer kulturen?

- ist die deutsche identität damit hinfällig? zeigt sich die identität der deutschen eher durch abgrenzung von der europäischen? was unterscheidet uns spezifisch von der gesamteuropäischen kultur?

meine gedanken:
europäische kultur ist (leider) weitgehend christlich geprägte kultur.
das abendländische denken, unser fortschrittsglaube, unsere vorstellungen von moral, unser menschenbild - sie sind geprägt durch das neue testament und sind damit recht gut abzugrenzen, bspw. von fernöstlicher weltauffassung.

daher ist der eu-beitritt der türkei ein so heikles thema, denn sowohl staatsrechtlich als auch ethisch gelten dort andere werte. es geht nicht um eine "ab-"wertung der türkei, wenn sich politiker gedanken darüber machen, ob sie dem europäischen kulturkreis tatsächlich zuzurechnen ist.

deutschland verliert meiner meinung nach nicht im mindesten an identität durch den zusammenschluss der europäischen staaten.
ganz im gegenteil. ich glaube, dass die kulturellen errungenschaften deutscher denker, philosophen und wissenschaftler schon immer dadurch gelebt haben, dass sie in anderen teilen europas rezipiert, ergänzt und umgeformt wurden.

beispiele dafür:
luther prägte maßgeblich calvin, dieser wiederum hatte auf die europa-weite reformationsbewegung unglaublich starken einfluss und übertraf luther in seiner "reichweite".

samuel pufendorf war professor für naturrecht in heidelberg und machte sich gedanken darüber, wie menschen in einem staat zusammenleben können, welche rechte ein jeder mensch hat, welche pflichten daraus resultieren und was wohl die gescheiteste staatsform sei, in anbetracht dessen, wie der mensch nun mal so tickt und was er braucht. pufendorf entwickelte das konstrukt einer konstitutionellen monarchie - und legte damit einen wichtigen gedanklichen grundstein für die französische revolution.

der "deutsche staatsdichter" heinrich (harry) heine war nicht nur gebürtiger jude, sondern verbrachte die meiste zeit seines lebens in frankreich. er konnte dennoch, oder gerade dadurch, das wesen, die sehnsucht und die identität der "deutschen" besser fassen und beschreiben als die meisten anderen. heine schrieb auch einmal sinngemäß, dass die deutschen schon immer die besseren (vor-)denker, die franzosen hingegen die macher gewesen seien, und dass sich franzosen und deutsche beieinander eine scheibe abschneiden sollten (siehe auch pufendorf...).

kant ist der inbegriff der aufklärung, ein deutscher denker, dessen werk in allen staaten europas übersetzt, gelesen und gelehrt wurde. die tragweite seiner auffassungen ist kaum auszurechnen.

da "wir deutschen" die längste zeit unserer geschichte nur ideell eine nation, tatsächlich aber ein haufen seperatistischer kleinstaaten waren, ist es nur logisch, dass wir unsere rolle und identität in europa aus der wechselwirkung zu anderen staaten beziehen.

charakteristisch für deutsche ist (nach meinung anderer nationen, aber auch passend zu den gedanken bspw. luthers und kants) das kritische denken, das hinterfragen, reflektieren. wir sind schlecht im simplen akzeptieren und suchen immer nach ursache und wirkung. der perfektionismus, der sich daraus ergibt, macht uns zu grummelsäcken, die selten mit einer sache zufrieden sind oder das leben einfach mal so nehmen können, wie es kommt und eben ist.

aber immerhin: durch diesen recht hohen geistigen anspruch gelten wir in der welt als verantwortungsbewusst und zuverlässig.