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Referat: Kirsch, Sarah - ihre Biografie und ihr Schreiben

Alles zu AutorenLyrikerin, Kinder- und Hörspielautorin, Nachdichterin, Journalistin und Übersetzerin zu Zeiten der DDR und der BRD

Ich empfinde mich als einen deutschsprachigen Schriftsteller, weiter nichts. Es ist nicht so, dass ich mich nun mein Leben lang als DDR-Dichter fühle. Ich habe dem Land eine Menge zu verdanken, das Land hat mich auch irgendwie geprägt, aber es hat mich auch fortgebracht. Ich sehe das alles nicht so tragisch. Ich bin nicht traurig, dass ich nicht mehr dort lebe.

1. Biografie
- Als Ingrid Bernstein am 16. April 1935 in Linlingerode (Südharz/Thüringen) geboren
- Halberstadt, Tochter eines Fernmeldemechanikers
- Abi am Halberstadter Gymnasium
- Arbeit in Zuckerfabrik, Lehre als Forstarbeiterin bricht sie ab
- 1954-1958 Studium der Biologie in Halle=>Diplombiologin (Zuckerfabrik, Kinderheim, LPG)
- 1955 Bekanntschaft mit dem Lyriker Rainer Kirsch
- 1960 Heirat; erste Veröffentlichungen einzelner lyrischer Texte zusammen mit ihrem Ehegatten in Zeitschriften, nimmt Pseudonym Sarah an aus Protest gegen die Verfolgung und Massenvernichtung der Juden im NS + dem Antisemitismus des weniger Jahre zuvor verstorbenen Vaters
- 1963-1965 Studium am Institut für Literatur "Johannes R. Becher" in Leipzig, dort ist sie Schülerin des Schriftstellers Georg Maurer
- ab 1965 freischaffende Künstlerin + wird Mitglied im DSV (verband) der DDR
- 1965 Lyrikband "Gespräch mit dem Saurier" (zusammen mit ihrem Mann veröffentlicht) (2.)
- 1966 im Rahmen der "Forum-Lyrikdebatte" kommt es zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen und Anfeindungen wegen einer offenen Bekundung von Desinteresse an ökonomischen Problemen und technischem Fortschritt
- S.K. macht sich allmählich als Kinder- und Hörspielautorin und als Nachdichterin sowj. Lyrik (bes. Anna Achmetova) und mit Reportagen einen Namen
- 1967 Trennung; Veröffentlichung des ersten Lyrikbandes unter ihrem eigenen Namen "Landaufenthalt"
- 1968 Scheidung und Umzug nach Ostberlin
- 1969 Geburt ihres Sohnes Moritz
- dort Arbeit als Schriftstellerin, Journalistin, Hörfunkmitarbeitern und Übersetzerin
- Werke zeigen ein Wendung gegen die erstarrte Gesellschaftsordnung der DDR (kritische Distanz), aber trotzdem bleibt die DDR für sie ein "besseres Land", als es die BRD später sein wird => ihre schriftstellerische Funktion in der DDR bezweifelte sie nie, trotzdem Kritik an die Regierung in Metaphern ihrer Gedichte
- trotz Misstrauens der Kulturpolitik der SED erhielt sie mehrere Auszeichnungen + Reisen ins westliche Ausland wurden ihr genehmigt (F, I, USA)
- 1973 ihr erstes Hauptwerk "Zaubersprüche" wird hoch gelobt
=> Kollege Adolf Endler bezeichnet diesen Lyrikband als "den in sexueller und erotischer Hinsicht freiesten Gedichtband aus der ganzen bekannten deutschsprachigen Frauenlyrik"
- Veröffentlichungen erster Erzählungen "Die Pantherfrau",
eindrucksvoll - Lebensgeschichte - Arbeiterin im Mittelpunkt - klagt an den niederen Stand der Frau in der Gesellschaft
> konzentriert sich vorrangig auf die Bedeutung des Individuums in der Gesellschaft
=> Heinrich-Heine Preis der DDR
=> Mitglied des SV (Schriftstellerverbandes) der DDR
- 1976 "Rückenwind"=> Liebe, Trennung, Einsamkeit: spiegelt Erfahrungen aus der Beziehung zu dem West-Berliner-Lyriker Christoph Meckel wieder
- Mitunterzeichnung des Protestbriefs gegen die Ausbürgerung des Schriftstellers Wolf Biermann
- 1977 in folge dessen Ausschluss aus der SED und aus dem Schriftstellerverband der DDR + Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit
- 1977 Ende August siedelt nach West-Berlin
- 1980 "La Pagerie" (Prosagedichte über einen Urlaub mit einem Freund in der Provence)
=>Hohe Auflagen, Ansehen, gute Rezensionen; eine der bedeutendsten Lyrikern der Gegenwart
- zusammen mit Günther Grass, Thomas Barsch + Peter Schneider wagt offenen Brief an den Bundeskanzler Helmut Schmidt => Aufforderung zu kritischer Distanz amerik. Außenpolitik
- Nach dem vielen Reisen - Liebe zur ländlichen Abgeschiedenheit des Nordens bewusst => zog zunächst nach Niedersachsen, dann seit 1983 nach Tielenhenn in Schleswig-Holstein
- ihre Werke werden immer dunkler und pessimistischer => Gemütszustand "die Einsamkeit erfreut mich schon lange. Das Gewese der Menschen ist mir zuwider."
- 1989 11.Lyrikband "Schneewärme" harte Kritiken "menschenscheu"
- 1991 "Schwingrasen" - niederdt. Wort für Wiesen über dem Moor Schritt _ Ungewisse
- Bildertagebuch "Spreu" => Malerin
- 1992 Ausstellung ihrer kleinformatigen Aquarelle mit dem Titel "Besonderheiten" in der Hamburger Gallerie Hoeppner, Motive, die größtenteils Reiseerlebnisse der Autorin widerspiegeln
- "Das simple Leben" Unverständnis für ehemalige Stasi-Mitarbeiter
- deshalb geht nicht an die AdK Berlin-Brandenburg, denn empfindet "Schlupfbude" für ehemalige Staatsdichter o Stasizuträger
- 1996 Übernahme der Gebrüder-Grimm-Professur an der Uni Gesamthochschule Kassel
erhält im gleichen Jahr den Georg-Büchner-Preis, den angesehendsten dt. Literaturpreis, weil sie das deutsche Kulturleben maßgeblich geprägt hat
- bis 1996 ist sie Mitglied des westdt. PEN-Zentrums: int. Schriftstellervereinigung, die die Rassen- und Völkerdiskriminierung verurteilen, die Meinungsfreiheit + die ungehinderte Verbreitung von Literatur durchsetzen wollen; jedes Mitglied verpflichtetet sich diesen Zielen
- 1996/1997 Gastdozentin für Poetik an der Universität Frankfurt am Main
- gehört der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung an (Darmstadt)
- heute: vor allem Lesungen

3. Ihre Entwicklung und ihr Schreibstil:

"Der so genannte "Sarah-Ton" (Peter Hachs) ist einzigartig in Kirschs Gedichten. Dieser Ton zeichnet sich durch Gebrauch der fortlaufenden Zeilen, das Auslassen konventioneller Zeichensetzung, ihre Vorliebe für das Weglassen von Vorsilben und Suffixen, das Prägen neuer Wörter, aus und trotzt wörtlicher Übersetzung."
Wayne Kvam, The Poems of Sarah Kirsch

- DDR > größtenteils Natur- und Liebeslyrikerin (Landschaft - Geschichte geprägt), Gedichte oft Widerspruch zur offi.Literaturauffassung (lyrische Subjektivität - persönliche Auffassung)
- scheinbare Idylle gemischt mit Kritik
- versucht zu bewahren was nicht von Dauer ist (Privates, geschichtlich Vergessenes)
- BRD > Werke düsterer mit gebrochenen Idylle + privater, Verarbeitung neuer Eindrücke (Reisen, neue Umgebung, neue Gesellschaft)
- immer Natur als Metapher für Themen des Lebens und der Politik
- Orte und Landschaften sind oft Traumlandschaften, die etwas verborgenes meinen:
"Der Schnee liegt schwarz in meiner Stadt" meint den vergessenen Judenfriedhof, der unter dem Schnee verborgen liegt
- Subjektive und ausdrucksstarke (expressive) Schreibweise, Privates wird verallgemeinert
- Metaphernreiche, lakonische Ausdrucksweise: kurz und treffend ausgedrückt
- extrem sparsamer Gebrauch von Satzzeichen
- Enjambement = Übergreifen eines Satzes über das Ende einer Verszeile in die nächste
- Ihre Werke waren stark inspiriert durch ihr eigenes Leben; gefühlsbetont; ich-zentriert
- Neue Wortschöpfungen

Werke

- Gespräch mit dem Saurier: Gedichte von Sarah und Rainer Kirsch. Berlin, DDR: Verlag Neues Leben, 1965.
- Landaufenthalt. (Gedichte). Berlin, DDR: Aufbau, 1967.
- Anna Achmatova: Ein niedagwesener Herbst. (Gedichte). Übersetzer: Sarah und Rainer Kirsch. Berlin, DDR: Volk und Welt, 1967.
- Novella Matwejewa: Poesiealbum 6. (Gedichte). Übersetzer: Sarah Kirsch. Berlin, DDR: Junge Welt, 1967.
- Vietnam in dieser Stunde. Herausgeber: Sarah und Rainer Kirsch, et al. Halle, DDR: Mitteldeutscher Verlag, 1968.
- Die Vögel singen im Regen am Schönsten. Berlin, DDR: Aufbau, 1968.
- Zaubersprüche. (Gedichte). Berlin, DDR: Aufbau, 1973.
- Die Pantherfrau: Fünf unfrisierte Erzählungen aus dem Kassetten-Recorder. Berlin, DDR: Aufbau, 1973.
- Die ungeheuren bergehohen Wellen auf See. (Kurzgeschichten). Berlin, DDR: Eulenspiegel, 1973.
- Es war dieser merkwürdiger Sommer. Düsseldorf: Claassen, 1974.
- Rückenwind. (Gedichte). Berlin, DDR: Aufbau, 1976.
- Wiepersdorf: Gedichtzyklus aus Rückenwind. Ebenhausen, DDR: Langewiesche-Brandt, 1977.
- Musik auf dem Wasser. (Gedichte). Leipzig, DDR: Reklam, 1977.
- Erzählungen einiger Dinge: Gespräch mit Schülern. Ebenhausen, DDR: Langewiesche-Brandt, 1978.
- Katzenkopfpflaster. Ausgewählte Gedichte. (Gedichte). München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1978.
- Drachensteigen. (Gedichte). Ebenhausen, DDR: Langewiesche-Brandt, 1979.
- Geschlechtertausch. Drei Geschichten über die Umwandlung der Verhältnisse. 1980
- Erdreich. (Gedichte). Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 1982.
- Katzenleben. (Gedichte). Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 1984.
- Landwege. Eine Auswahl 1980-1985. 1985
- Irrstern. (Prosa). Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 1986.
- Allerei-Ruh. (Eine Chronik). Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 1988.
- Schneewärme. (Gedichte). Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 1989.
- Schwingrasen. 1991
- Spreu. 1991
- Erlkönigs Töchter. 1992
- Das simple Leben. Poesie und Prosa. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 1994.
- Bodenlos. (Gedichte). Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 1996.
- Luftspringerin Gesammelte Gedichte und Prosa. 1997

Preise

1973 Heinrich Heine Literatur Preis
1976 Petrarca Preis (West-Deutschland)
1980 Österreichischer Preis für europäische Literatur
1982 Preis der Kritiker (West-Deutschland)
1984 Friedrich Hölderlin Preis
1984 Kunstpreis des Landes Schleswig-Holstein, Stadtschreiber Literaturpreis Mainz


Natur- und Liebeslyrikern mit kritischem Engagement,
auch Kinder- und Hörspielautorin, Nachdichterin, Journalistin und Übersetzerin


1. Biografie
16.04.1953
Ingrid Bernstein wird als Tochter eines Fernmeldemechanikers in Linlingerode (Harz) geboren, wächst in Halberstadt auf
1954-1958
Nach dem Abitur Studium der Biologie in Halle => Diplombiologin
arbeitet immer wieder sie in einer Zuckerfabrik
1960
-1968
nimmt aus Protest den Vornamen Sarah an
8 Jahre Ehe mit Rainer Kirsch
1963-1965
Studium am Institut für Literatur "Johannes R. Becher" in Leipzig,
dort Schülerin des Schriftstellers Georg Maurer
Ab 1965
Freischaffende Künstlerin, Mitglied im Dt. Schriftstellerverband
1967
Veröffentlichung ihres ersten eigenen Lyrikbandes "Landaufenthalt"
1969
Geburt ihres Sohnes Moritz
1973-1977
Kritik an der erstarrten Gesellschaftsordnung der DDR
Erfolgreiche Veröffentlichungen, Ansehen u. Anerkennung in der DDR
1977
"erzwungene" Übersiedlung nach West-Berlin als Folge ihres Protests gegen die Ausbürgerung Biermanns
1980
Offener Brief an H. Schmidt + Aufforderung zu kritischer Distanz gegenüber der US-Außenpolitik
1983
hat keine Heimat (viele Reisen), deshalb Rückkehr nach Norddeutschland
trotzdem wird sie nicht glücklich => Werke: pessimistisch, "menschenscheu"
1991
"Spreu" zeigt erstmals ihre malerischen Fähigkeiten > Ausstellung in HH
1996
Erhält den Georg-Büchner-Preis: angesehendster dt. Literaturpreis


2. Ihre Entwicklung und ihr Schreibstil:
ihre Gedichte standen oft im Widerspruch zur offiziellen Literaturauffassung (lyrische Subjektivität)
versucht zu bewahren, was nicht von Dauer ist
die in der BRD entstandenen Werke sind düsterer mit einer gebrochenen Idylle
benutzt oft die Natur als Metapher für Themen des Lebens und der Politik
Subjektive, ausdrucksstarke Schreibweise, metaphernreiche, lakonische Ausdrucksweise
extrem sparsamer Gebrauch von Satzzeichen
Enjambement = Übergreifen eines Satzes über das Ende einer Verszeile in die nächste
stark geprägt durch ihr eigenes Leben, gefühlsbetont








POST

Irgendwo auf der Welt steht mein Baum, denn ich weiß, dass jedem Menschen ein Baum zusteht. Ebenso eine Grasart und ein bestimm-ter Vogel. So kann mein Vogel schon Körner fressen, auf einen Baum sich niederlassen, ein Ereignis erkennen. Das Ereignis meines Vogels sollte in diesem nasskalten Februar ein Erfreuliches sein, kein Riesenregen, eher die Ankunft eines Postwagens mit Briefen von Dick und Doof, Schilderungen vom Leben auf dem Land, die Grenzbehörden kleben das Abziehbild einer geschützten Vogel- oder Menschenart auf den Wagen und winken
"Rot Front", die ausgestreckten Daumen zeigen die Weltrichtung an.


Kirsch, Sarah: Tiger im Regen. Dießen: Ravensburger Buchverlag Otto Maier, 1990

Von meinem Haus

Ich sage: du bist der große Wind
du bläst mir Kummer ins Gesicht
Du sagst: es ist kein Sturm
nur eine kleine warme Brise
Aber ich sehe von meinem Haus
das Dach segeln wie seidengrauen Rauch
die Bücher probiern ihre Flügel
nichts bleibt verschont, Klavierkonzerte
machen sich auf schwarzen Tellern davon, die
Fenster schliessen nie mehr. Wo
soll ich wohnen fürderhin?
Ich sage: mir ist alles davongeflogen
Du sagst: da ist kein Sturm
Ich sage: der Wind ist so groß, daß Zigaretten
verbrannt sind, eh sie den Mund erreichen
Und hält man einen Federhalter in der Hand
bohrt er sich in den Tisch.
Kirsch, Sarah. Gespräch mit dem Saurier: Gedichte von Sarah und Rainer Kirsch. Berlin: Verlag Neues Leben, 1965
Inhalt
Kleines Referat mit biografischen Fakten und ein bisschen was zu ihrem Schreibstil. Als Einstieg ein Zitat von der Dichterin. Dann noch ein paar Vorlagen für Folien mit ihren Werken, oder Bildern von ihr. Dazu 2 schöne Gedichte von Sarah Kirsch und das Thesenblatt. (1776 Wörter)
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