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Klausur zur Religionskritik nach Aquin, Fauerbach, Sartre und Tillichs

Alles zu Religionen

2. Klausur Religion: Thema Religionskritik


Kurs: Religion 1/11

Aufgabe 1:

Legen Sie die Argumentation des Gottesbeweises von Thomas von Aquin dar. Vergleichen Sie diese Darstellung mit der Theorie Friedrich Feuerbachs und der
Existenzialphilosophie Jean Paul Sartres hinsichtlich der Bedeutung Gottes für das
menschliche Leben. (30)

Thomas von Aquin Die fünf Wege, Gott zu beweisen

1. Alle Bewegung ist Übergang von einer potentia zu einem actus, von Möglichkeit zu Wirklichkeit. Was uns als Wirklichkeit begegnet, geht also auf Möglichkeit zurück, die ihrerseits wiederum von einer anderen Möglichkeit, als Wirklichkeit bewirkt ist. Dieser Vorgang führt notwendig auf ein primum movens, ein erstes Bewegendes, zurück, das seinerseits nicht wiederum auf eine Möglichkeit zurückführbar ist, sondern reine Wirklichkeit (actus purus) ist. Dieses erste Bewegende ist Gott.

2. Der zweite Weg geht von dem Begriff der Wirkursache (causa efficiens) aus: Alles Wirkliche ist Wirkung von Ursache. Dieser Ursach-Wirkungszusammenhang aber muss selber eine Ursache haben, die nicht wiederum von etwas anderem verursacht ist. Die erste Ursache (causa prima), die den Ursach-Wirkungszusammenhang verursachende Ursache, ist Gott.
3. Der dritte Weg verwendet die Unterscheidung von möglichem und notwendigem Sein. Alles, was dem Werden und Vergehen unterliegt, ist mögliches Sein: es kann sein, aber es kann auch nicht sein. Alles nur mögliche Sein ist aber, sofern es wirklich ist, einmal ins Dasein getreten. Das aber kann nicht in nur möglichem Sein, sondern muss in notwendigepn Sein gründen. Dieses notwendige Sein, ist das eine, unteilbare Sein Gottes.

4. Der vierte Weg geht von den Stufen des Seienden aus. Es sind nicht alle Dinge gleich, sondern es gibt Stufen der Wirklichkeit und Intensitätsgrade des Seins. Es gibt unbeseelte und beseelte Dinge. In jedem Seinsbereich aber ist die höhere Seinsstufe die Ursache der niederen. Was in höherem Maße wahr ist, das ist auch in höherem Maße Sein. Auf allen Stufen des Seienden ist in verschiedenen Graden Sein und Nichtsein gemischt. Daher muss es eine höchste Stufe des Seins und Nichtseins geben, von dem her alle vermischten Seinsstufen ihr Sein empfangen und im Sein gegenüber dem Nichtsein getragen werden. Dieses höchste, reine Sein ist das notwendige Sein, das alles verursachende und bewegende Sein. Die Hierarchie der Dinge und Seinsweisen wurzelt im einen reinen, ewigen Sein Gottes.

5. Der fünfte Weg ist der theologische oder physiotheologische Beweis. Er geht von der beobachteten Schönheit und Zweckmäßigkeit der Welt aus und schließt durch Vergleich auf Gott. Hier sehen wir, wie die Wege des kosmologischen Gottesbeweises eine Wirklichkeit voraussetzen, die ,geordnetes Sein", bewegtes, bewirktes, notwendig ermöglichtes und vom ewigen Sein empfangendes Sein ist. Innerhalb dieser Weltmonarchie verweist die Hierarchie, der Weltwirklichkeit auf Gott als auf das Letztwirkliche, Letztgültige und Letztbewirkende, Die Welt selbst lädt ein: ,Tretet ein, auch hier sind die Götter." Alles ist voll des Göttlichen." So beweist sie Gott für die Erkenntnis, die von der bekannten Weltwirklichkeit auf das unsichtbare Sein Gottes schließt...

Aufgabe 2.


Erläutern Sie die Position Paul Tillichs über die Bedeutung der Religion für das
menschliche Leben.
Diskutieren Sie dabei, inwiefern sich in Tillichs Theorie sowohl die Positionen
Thomas von Aquins, als auch atheistische Positionen wieder finden können. (20)

Lösung:

1) Feuerbach sagt, dass die Menschen, die selbst unvollkommen sind, sich nach einem „Wesen“ sehnen, das vollkommen ist. Sie betrachten all ihre Unvollkommenheit (Sterblichkeit, Endlichkeit, Sündhaftigkeit, Schwäche, etc.) und projizieren deren Gegenteil (Unsterblichkeit, Unendlichkeit, Heiligkeit, Stärke, etc.) auf ein überirdisches „Wesen“. Dieses „Wesen“ ist Gott, den sie nun auf Grund seiner Vollkommenheit anbeten. Die Menschen schaffen sich ihren Gott also selbst – er ist eine Projektion der menschlichen Wünsche (Projektionstheorie). Folgen dieser Projektion sind u.a. die Vernachlässigung der reellen Wünsche zugunsten unerfüllbarer Ideale. Sie bringt den Menschen um den Glauben an seine eigenen Fähigkeiten und verhindert die Auseinandersetzung mit dem irdischen Leben.

Jean Paul Sartre ist einer der führenden Vertreter des französischen Existenzialismus. Die Existentialisten sehen das Leben als „Entwurf“, als etwas noch zu gestaltendes. Die Grundthese des Existentialismus ist: „Die Existenz kommt vor der Essenz.“ Mit Existenz ist hierbei das Da-Sein, das Vorhandensein gemeint. Mit „Essenz“ das So-Sein, das Wesen, die Summe aller Eigenschaften.

Laut Christentum gleicht Gott einem Handwerker, Er „baut“ den Menschen für eine bestimmte Funktion. Die Essenz kommt also vor der Existenz – erst dachte Gott sich die Funktion des Menschen und dann erst schuf er ihn. Damit ist der Mensch unfrei, er ist festgelegt. Er ist nicht mehr als ein Gegenstand für einen bestimmten Zweck.
Laut Sartre ist konsequenter Existentialismus atheistisch, da um der Freiheit des Menschen willen Gott nicht existieren darf. Gibt es nämlich keinen Gott, der dem Menschen mit einer bestimmten Funktion schafft, gibt es auch keine menschliche Natur, da keiner da ist um sie zu entwerfen. Der Mensch ist allein. Bei seiner Geburt ist er „nichts“ – ohne Funktion/Essenz. Die Existenz kommt also vor der Essenz. Der Mensch muss sich seine Essenz selber formen. Er ist nichts anderes als wozu er sich macht. Er hat keine Entschuldigungsmöglichkeit mehr – ist für alles selbst verantwortlich. „Der Mensch ist verurteilt, frei zu sein.“

Laut Sartre würde es aber auch nichts ändern, wenn es einen Gott gäbe. Die Frage ist nicht die nach der Existenz Gottes (obgleich Sartre diese bestreitet). Allein der Mensch steht im Mittelpunkt – er „muss sich selber wieder finden und sich überzeugen, dass ihn nichts vor ihm selber retten kann.“
Thomas von Aquins kosmologischer Gottesbeweis ähnelt der Auffassung von Demokrit und Leukipp über das Atom. Diese meinten, dass die Teilung eines Stoffes nicht ins Unendliche führen darf, sondern dass es ein Teilchen geben muss das unteilbar ist. Dieses Teilchen nannten sie Atom. Aquins „Atom“ ist Gott. Auf ihn geht alles zurück. Aus ihm ist, wenn man so will, alles entstanden. Er ist der Ausgangspunkt jeder Existenz.

Aquin sagt damit etwas geschieht (also wirklich wird) muss vorher die Möglichkeit bestehen, dass es geschieht. Es kann nun mal nichts Unmögliches geschehen. Damit dieses Geschehen möglich wird, bedarf es vorher ein anderes Geschehen, das dieses möglich macht (ich kann nicht schreiben ohne vorher einen Stift in die Hand genommen zu haben). Irgendwo muss aber eine Grenze sein. Diese Kette kann nicht ins Unendliche führen. Es muss etwas von Anfang an Wirklichkeit sein – und das ist Gott.

Auch muss alles Wirkliche eine verursachende Kraft haben (ich kann nicht schreiben ohne mich zu bewegen). Auch die Ursachenkette kann nicht ins Unendliche führen. Es muss eine „Ur-Ursache“ geben, die alles in Schwung gebracht hat – Gott.
Aquin unterscheidet zwischen möglichem und notwendigem Sein. Alles was dem Tod unterworfen ist, kann sein – muss aber nicht. Es muss aber etwas geben, in dem alles Sein gründet. Da es dieses Sein geben muss, ist es notwendiges Sein – das Sein Gottes.

Das Sein ist aus Sein und Nicht-Sein gemischt. Das Sein mit der höheren Konzentration an „Sein“ ist die Ursache des Seins mit einer niedrigeren Konzentration an „Sein“. Je mehr „Sein“ ein Seiendes beinhaltet desto wahrer ist es. Nun muss es natürlich ein „höchstes, reines Sein“ geben, ein Sein von dem alle Seinsstufen ihr „Sein“ erhalten, das Grund und Ursache alles Seins ist – Gott.

All dies lässt darauf schließen, dass es einen Gott geben muss, damit es „uns“ geben kann. Da wir alle (und alles um uns herum) von Gott, wenn man so will, „abstammen“ sind auch wir ein Teil des „Göttlichen“.
Für Aquin steht Gott also im Mittelpunkt. Ihm verdanken wir unsere Existenz. Von ihm geht alles aus. Gott (und vor allem dessen Existenz) kann nicht angezweifelt werden – er muss existieren.

Laut Sartre gibt es keinen Gott. Er ist ein konsequenter Atheist. Sartre sagt, dass der Glaube an Gott den Menschen „unfrei“ macht. Er (Gott) nimmt ihm die Würde, indem Er ihn auf einen Gegenstand mit einer bestimmten Funktion beschränkt. Die Menschen setzen sich nicht mehr genug mit ihrem Leben auseinander, nehmen vieles als „gottgegeben“ hin, stumpfen ab. Sie suchen Entschuldigungsmöglichkeiten in ihrem gottgegebenen Schicksal. Sie fühlen sich für nichts mehr verantwortlich. Das hat zur Folge, dass sie nichts gegen ihr Elend tun. Der Glaube an Gott wirkt sich also negativ auf das Leben der Menschen aus. Deshalb darf Gott nicht existieren – damit der Mensch sein Leben wieder in die eigene hand nimmt und es lebenswert macht.

Sartre sagt aber auch, dass es keinen Unterschied machen würde, würde Gott existieren. Die Frage ist nämlich nicht die nach der Existenz Gottes – im Mittelpunkt steht der Mensch und dessen „Wiederfindung“.

27/30
Das Kernstück von Paul Tillichs Religionskritik ist die „Dimension der Tiefe“. Mit „Dimension der Tiefe“ bezeichnet er den Teil des menschlichen Geistes, der sich intensiv mit dem eigenen Leben und dessen Sinn/Inhalt auseinandersetzt. Tillich bezeichnet die „Dimension der Tiefe“ als religiöse Dimension. Religiös sein bedeutet für ihn nach dem Sinn des Lebens zu fragen und für Antworten auf diese Frage offen zu sein. Laut Tillich macht die Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Sinn des Lebens einen erst zu einem Menschen. Kein Mensch kann ohne Religion in ihrer tiefsten universellen Bedeutung existieren. Sie manifestiert sich in allen Schöpfungsprozessen des menschlichen Geistes. Viele Menschen haben heutzutage aber die Dimension der Tiefe verloren. Sie trauen sich nicht mehr nach dem Sinn des Lebens zu fragen. Für Tillich sind diese Menschen nur noch Gegenstände/Maschinen, die auf bestimmte Reize reagieren. Für Tillich ist Religion nicht der Glaube an Götter oder einen bestimmten Gott. Sie ist etwas universell Menschliches.

Deshalb ist auch das Sein-Gottes das Sein-Selbst. Das Sein-Gottes kann nicht verstanden werden als das eines Seienden neben oder über anderen Seienden. Unter diesen Umständen wäre Er den Kategorien der Endlichkeit unterworfen – besonders Raum und Substanz. Gott aber ist unendlich, unanschaulich, unbegreifbar. Er umfasst alles ohne jedoch in ihm aufzugehen. Da das die menschliche Vorstellungskraft überschreitet, benutzt der Mensch Symbole um etwas über Gott auszusagen. Da diese Symbole auf einer anderen Ebene liegen als wissenschaftliche Feststellungen über die Existenz oder Nicht-Existenz Gottes ist auch der Konflikt zwischen Glauben und Wissen sinnlos geworden.
Tillich und Aquin gleichen sich in sofern, als dass sie sagen, dass Gott alles umfasst, aber: laut Aquin ist er in allem, laut Tillich umfasst er alles ohne in ihm aufzugehen.

Beide sind sich einig, dass Gott unendlich ist, dass er immer da war. Allerdings bezeichnet Tillich Gott als etwas „menschliches“ – also kann es ihn erst geben seit es den Menschen gibt. Aquin sieht Gott aber als etwas „göttliches“; Gott scheint für ihn der Mittelpunkt alles Denkens und Lebens zu sein. Für Tillich jedoch ist der Glaube an Gott nur minder wichtig. Das ähnelt sehr dem Atheismus. Schon allein, dass er Gott seine „Göttlichkeit“ nimmt indem er ihn als etwas „menschliches“ bezeichnet, zeigt seinen atheistischen Gedanken.
20/20

AUSWERTUNG:

Du hast sehr gut gearbeitet.
Deine Arbeiten zeichnen sich sprachlich wie inhaltlich durch ein hohes Niveau der intellektuellen Auseinandersetzung aus.
In der ersten Aufgabe ist mir zwar insgesamt Feuerbach etwas knapp gehalten, vor allem der Vergleich mit ihm ging etwas unter, insgesamt hast du aber auch diese Aufgabe sehr gut gelöst.
Punkte: 47/50
Note: 1
Inhalt
Ich hab euch hier die vollständige Klausur, also sowohl Aufgabenstellung als auch Lösung, zur Verfügung gestellt. Die Klausur behandelt das Thema "Religionskritik" und geht dabei besonders auf die Ansichten von Thomas von Aquin, Friedrich Feuerbach, Jean Paul Sartre sowie Paul Tillich ein. (1794 Wörter)
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