Quellenanalysen: Stellungnahme zum Grundlagenvertrag und zur neuen Ostpolitik
S.116 M2 Egon Bahr : Wandel durch Annäherung
In seinem Vortrag am 15. Juli 1963 vor der Evangelischen Akademie in Trutzing, wendet sich Egon Bahr der bisherigen Politik ab und schlägt einen neuen Kurs in der Ostpolitik vor.
Er meint, dass eine Wiedervereinigung Deutschlands nur möglich sei, wenn sich der Westen der Sowjetunion annähert (Z. 8/9 ). Nach seiner Meinung wäre es eine Illusion, zu glauben, „ dass die Wiedervereinigung mit Ost-Berlin zu erreichen ist“( Z. 15-18 ).
Egon Bahr bezieht sich in seiner Ansprache auf die gegenwärtige Politik Amerikas, eine sogenannte Entspannungspolitik, die sich der Formel , die kommunistische Herrschaft nicht zu beseitigen, sondern zu verändern, bemächtigen würde (Z.19-22 ). Bahr versucht das Paradoxon des Status Quo zu erläutern, indem er meint, der Status Quo sei nur zu überwinden, wenn man ihn zu nächst beibehält (Z. 24/25). Dabei kritisiert Bahr die ehemalige Politik „des Drucks und Gegendrucks“ (Z. 28 ), die den Status Quo nur verhärtet haben solle ( Z. 27-29 ).
Die Schlussfolgerung, die der Leiter des Presse- und Informationsamtes daraus zieht, ist die, dass die Friedenspolitik „die Politik des Alles oder Nichts“ (Z. 37 ) entkräftigen würde. Die Form des Entweder /Oder sei hoffnungslos veraltet und sinnlos, behauptet Bahr (Z. 39-45 ).
Im weiteren meint er, dass eine Wiedervereinigung Deutschlands auf einmal nicht möglich sei, sondern in vielen kleinen Schritten zu absolvieren sei (Z: 45-50 ).
Indem sich Bahr auf Kennedy beruft, welcher darauf bedacht sei, beidseitig Interessen anzuerkennen und zu berücksichtigen, schließt Egon Bahr es aus, dass die SU dich die DDR zum Zweck der Weststärkung entreißen zu lassen (Z. 51-56 ). Nur mit einer Zustimmung der Sowjetunion wäre man in der Lage den Osten Deutschlands zurück zu gewinnen. Laut Bahr sei dies der größte Schritt zur Wiedervereinigung (Z. 56-60 ).
Zum Schluss betont Bahr, dass es den amerikanischen Weg für den richtigen hält und verdeutlicht noch einmal, dass der Westen die DDR nicht einfach der SU entrissen werden könne und somit ein plötzlicher Sturz des Regimes sinnlos wäre ( Z.75 –80 ).
S. 154 M52 Stellungnahmen zum Grundlagenvertrag
Bundesminister Walter Scheel
In seiner Stellungnahme zum Grundlagenvertrag macht Scheel deutlich, dass dies nur ein Schritt zur Wiedervereinigung sei, auf den noch viele weitere folgen müssten ( Z. 3-5 ). Doch er behauptet auch, es sei für die BRD, der wichtigste Teil der Entspannungspolitik mit dem Osten, da er eine Wiedervereinigung erst möglich mache ( Z.5-6 ). Nach Scheel sei der Grundlagenvertrag nur möglich, weil die BRD eine solche Friedens- und Entspannungspolitik betrieben habe und im Vorfeld sich durch Moskauer- und Warschauervertag an den Osten angenähert habe ( Z. 7-12 ). Im folgenden nennt Scheel zwei Punkte des Grundlagenvertrages, die der Deutschlandpolitik entsprächen, was „ nichts an der rechtlichen Lage in Deutschland“ ( Z. 14f ) ändern solle. Zum einen nennt er die Verbindung der beiden Staaten in Sprache, Geschichte und Bindung, zum anderen die Tatsache, dass es für Deutschland noch keinen Friedensvertrag gäbe ( Z.12-19 ). Somit spricht Scheel alle Rechte und Verantwortungen den vier Mächten zu, die nach wie vor für Deutschland verantwortlich sein ( Z. 20/21 ). Die Betonung Scheels liegt auf der Friedenspolitik Deutschlands und Europas ( Z. 23/24 ), die letztendlich zur freien Selbstbestimmung des deutschen Volkes zur Wiedervereinigung führen soll ( Z. 23-26 ).
Professor Karl Carstens CDU
In der Stellungnahme Professor Karl Carstens findet man deutlich die Kritik am Grundlagenvertrag wieder.
Er beginnt damit, festzustellen, dassim Vertrag sehr viel die Rede von zwei Staaten sei und nicht von dem Staat Deutschland ( Z. 30-33 ). Im weiteren gibt er die wesentlichen Inhalte wieder, dass sich DDR und BRD ihre Grenzen anerkennen sollen und sich gegenseitig erklären würden, dass sie sich nicht gegenseitig international vertreten ( Z. 33-35 ). Carstens Kritik liegt nun darin, dass Begriffe wie „Deutsche Einheit“ oder „Deutschland“ nicht genannt sein ( Z. 35/36 ).
Laut dem CDU Politiker entspreche der Grundlagenvertrag nicht im geringsten der Wiedervereinigung, da dieses Ziel nicht einmal erwähnt worden sei ( Z. 45 ).
Zusammenfassend äußert Carstens sich noch einmal negativ, indem er sagt, dass der Grundlagen vertrag nicht nur einen Mängel habe und man daran einen gescheiterte Regierungspolitik ablesen könne ( Z. 49-50 ).
Heinz Barche SED
Heinz Barche zieht in seiner Stellungnahme eine klare Trennung zwischen Grundlagenvertrag und Wiedervereinigung,
Die Rede von der Zusammenführung der zwei deutschen Länder erscheint ihm als bloßes „Gerede“ ( Z. 54 ) und „Heuchelei“ ( Z. 55). Er sieht den Vertrag als eine Abgrenzung zur BRD und nicht im geringsten als eine Annäherung. Dies scheint ihn als totale Illusion. Für ihn gebe es keine Chance auf eine Wiedervereinigung ( Z. 57-59 ).
Barche meint, wenn es Verwandschaften zwischen DDR- und BRD-Bürgern gebe, wäre es die Aufgabe der DDR, diese so einzugliedern, dass sie sich als friedliche und demokratische Kräfte der BRD einreihen ( Z.60-67 ).
Vergleich
Zusammenfassend ist zu sagen, dass sie sozialliberale Koalition mit ihrem Kurs der friedlichen Ostannäherung und den Zugeständnissen an die SU und die DDR eine langsame Wiedervereinigung in vielen kleinen Schritten beabsichtigen. Dies geht deutlich aus den Worten Scheels hervor.
Dazu im Gegensatz steht die DDR, die den Prozess der Wiedervereinigung für Spott halten und diese gar nicht wollen. Für sie ist der Grundlagenvertrag keine Annäherung, sondern eine klare Abgrenzung der beiden Staaten. Mehr will die DDR auch gar nicht.
Anders die CDU der BRD. Diese wollen zwar die Deutsche Einheit, sehen aber keinen Sinn im Grundlagenvertrag. Für sie ist das Ziel klar verfehlt.
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über die neue Ostpolitik Brandts verschiedene Meinungen (1038 Wörter)
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