Brief 5 an Macer
Plinius (der jüngere)
Buch 3 - Brief 5
lateinisch / deutsch
C. PLINIVS MACRO SVO S.
Pergratum est mihi, quod tam diligenter libros avunculi mei lectitas, ut habere omnes velis quaerasque, qui sint omnes. fungar indicis partibus atque etiam, quo sint ordine scripti, notum tibi faciam; est enim haec quoque studiosis non iniucunda cognitio. DE IACVLATIONE EQVEsTRI VNVS; hunc, cum praefectus alae militaret, pari ingenio curaque composuit. DE VITA POMPONI SECVNDI DVO; a quo singulariter amatus hoc rnemoriae amici quasi debitum munus exsolvit. BELLORVM GERMANIAE VIGINTI; quibus omnia quae cum Germanis gessimus bella collegit. incohavit, cum in Germania militaret, somnio monitus: adstitit ei quiescenti Drusi Neronis effigies, qui Germaniae latissime victor ibi periit; commendabat memoriam suam orabatque, ut se ab iniuria oblivionis adsereret. STVDIOSI TRES, In sex volumina propter amplitudinem divisi, quibus oratorem ab incunahulis instituit et perficit. DVBII SERMONIS OCTO; scripsit sub Nerone novissimis annis, cum omne studiorum genus paulo liberius et erectius periculosum servitus fecisset. A FINE AVFIDI BASSI TRIGINTA VNVS. NATVRAE HISTORIARVM TRIGINTA SEPTEM, OPUS diffusum, eruditum nec minus varium quam ipsa natura. Miraris, quod tot volumina multaque in bis tam scrupulosa homo occupatus absolverit; magis miraberis, si scieris illum aliquamdiu causas actitasse, decessisse anno sexto et quinquagensimo, medium tempus distentum impeditumque qua officiis maximis qua amicitia principum egisse. sed erat acre ingenium, incredibile studium, summa vigilantia. lucubrare Vulcanalibus incipiebat, non auspicandi causa, sed studendi, statim a nocte multa, hieme vero ab hora septima vel, cum tardissime, octava, saepe sexta; erat sane somni paratissimi, non numquam etiam inter ipsa studia instantis et deserentis. ante lucem ibat ad Vespasianum imperatorem, nam ille quoque noctibus utebatur, inde ad delegatum sibi officium. reversus domum, quod reliquom temporis, studiis reddebat. post cibum, saepe quem interdiu levem et facilem veterum more sumebat, aestate, si quid otii, iacebat in sole, liber legebatur, adnotabat excerpebatque. nihil enim legit, quod non excerperet; dicere etiam solebat nullum esse librum tam malum, ut non aliqua parte prodesset. post solem plerumque frigida lavabatur, deinde gustabat dormiebatque minimum; mox quasi alio die studebat in cenae tempus, super hanc liber legebatur, adnotabatur, et quidem cursim. memini quendam ex amicis, cum lector quaedam perperam pronuntiasset, revocasse er repeti coegisse; huic avunculum meum dixisse: "intellexerasnempe?";cumilleadnuisset:"cur ergo revocabas? decem amplius versus hac tua interpellatione perdidimus." tanta erat parsimonia temporis. surgebat aestate a cena luce, hierne intra primam noctis et tamquam aliqua lege cogente. Haec inter medios labores urbisque fremitum; in secessu solum balinei tempus studiis eximebatur; cum dico balinei, de interioribus loquor; nam, dum destringitur tergiturque, audiebat aliquid aut dictabat. in itinere quasi solutus ceteris curis huic uni vacabat; ad latus notarius cum libro et pugillaribus, cuius manus hierne manicis muniebantur, ut ne caeli quidem asperitas ullum studii tempus eriperet; qua ex causa Romae quoque sella vehebatur. repeto me correptum ab eo, cur ambularem: "poteras" inquit "has horas non perdere;" nam perire omne tempus arbitrabatur, quod studiis non impenderetur. Hac intentione tot ista volumina peregit electorumque commentarios centum sexaginta rnihi reliquit, opisthographos quidem et minutissimis scriptos; qua ratione multiplicatur hic numerus. referebat ipse potuisse se, cum procuraret in Hispania, vendere hos commentarios Larcio Licino quadringentis n-ülibus nurnmum, et tunc aliquanto pauciores erant. Nonne videtur tibi recordanti, quantum legerit, quantum scripserit, nec in officiis ullis nec in amicitia principis fuisse, rursus, cum audis, quid studiis laboris impenderit, nec scripsisse satis nec legisse? quid est enim, quod non aut illae occupationes impedire aut haec instantia non possit efficere? itaque soleo ridere, curn me quidam studiosum vocant, qui, si comparer illi, sum desidiossimus. ego autem tantum, quem partim publica, partim amicorum officia distringunt? quis ex istis, qui tota vita litteris adsident, collatus illi non quasi somno et inertiae deditus erubescat? Extendi epistulam, quamvis hoc solum, quod requirebas, scribere destinassem, quos libros reliquisset; confido tamen haec quoque tibi non minus grata quam ipsos libros futura, quae te non tantum ad legendos eos, verum etiam ad simile aliquid elaborandum possunt aemulationis stirnulis excitare. Vale.
C. Plinius grüßt seinen Macer
Das freut mich riesig! Du studierst die Bücher meines Oheims so gründlich, daß Du alle haben möchtest, und fragst, was er denn alles geschrieben habe. Ich werde also die Rolle des Bibliographen übernehmen und Dir auch gleich angeben, in welcher Reihenfolge sie verfaßt sind, denn auch das zu wissen ist für eifrige Leser nicht uninteressant.
1. Das Speerwerfen im Reiterdiensi in einem Buche. Dies hat er mit gleich viel Talent wie Sorgfalt verfaßt, als er als Schwadronschef diente.
2. Biographie des Pomponius Secundus in Zwei Bächern. Der Mann schätzte ihn außerordentlich, und er widmete dies Werk dem Andenken des Freundes gleichsam als geschuldete Huldigung.
3. Kriege in Germanien in ZwanZig Büchern. In diesen hat er alle Kriege zusammengestellt, die wir mit den Germanen geführt haben. Er begann damit, als er in Germanien Kriegsdienste tat,
4. Drei Bücher Studien, wegen des Umfangs auf sechs Rollen verteilt, in denen er den Redner von den Anfangsgründen an unterweist und zur Vollendung bringt.
5. Acht Bücher Zweifelhafte Sprachformen schrieb er in den letzten Jahren unter Nero, als die Knechtschaft jede freiere und aufrechtere Art der wissenschaftlichen Betätigung gefährlich erscheinen ließ.
7. Siebenunddreiflig Bücher Naturgeschichte, ein umfangreiches, gelehrtes Werk, nicht weniger abwechslungsreich als die Natur selbst.
Du staunst gewiß, daß der vielbeschäftigte Mann so viel Arbeiten und in ihnen so viele heikle Dinge absolviert hat, und wirst noch mehr staunen, wenn Du hörst, daß er eine Zeitlang auch Prozesse geführt hat, erst 5 5 Jahre alt gestorben ist und die ihm verbleibende Zeit teils durch dringende Amtsgeschäfte, teils durch die Freundschaft der Kaiser in Anspruch genommen und behindert verlebt hat. Aber er war ein scharfsinniger Kopf, unglaublich interessiert und immer wach. Von den Vulcanalien an begann er gleich tief in der Nacht bei Licht zu arbeiten, nicht um der guten Vorbedeutung willen, sondern der Studien halber, winters um die siebente oder spätestens achte, oft auch schon um die sechste Nachtstunde; Schlaf stand ihm freilich zu jeder Zeit zu Gebote, befiel und verließ ihn bisweilen sogar beim Studieren. Vor Tagesanbruch ging er zum Kaiser Vespasian, denn auch der war ein Nachtarbeiter, von da zu dem ihm aufgetragenen Dienst. Nach Hause zurückgekehrt, widmete er, was er an Zeit erübrigte, den Studien. Nach dem Essen - er aß nach der Sitte der Alten mehrinals am Tage, leichte, bekömmliche Kost - legte er sich im Sommer, wenn er einen Augenblick Zeit hatte, in die Sonne, ließ sich etwas vorlesen, machte sich Notizen und Exzerpte. Denn er hat nichts gelesen, ohne es nicht auch zu exzerpieren; auch pflegte er zu sagen, kein Buch sei so schlecht, daß es nicht irgendwie Nutzen brächte. Nach dein Sonnenbad folgte meist ein kaltes Bad; darauf nahm er einen Imbiß und schlief dann ein wenig. Bald studierte er wieder, als hätte ein neuer Tag begonnen, bis es Zeit zur Hauptmahlzeit wurde. Bei Tisch wurde etwas vorgelesen und Notizen gemacht, und zwar wie im Fluge. Ich entsinne mich noch, wie einmal einer seiner Freunde den Vorleser unterbrach, als dieser eine Stelle schlecht vorgetragen hatte, und verlangte, sie zu wiederholen, und wie mein Oheim zu ihm sagte: "Du hattest es doch verstanden, nicht wahr?", und als der nickte: "Warum unterbrichst Du ihn dann? Mehr als zehn Zeilen haben wir durch diese Störung verloren!" So sparsam ging er mit der Zeit um! Im Sommer stand er noch bei Tage vom Tische auf, im Winter im Laufe der ersten Nachtstunde, wie unter dem Zwang eines Gesetzes. So mitten in den Mühen, im Trubel der Stadt; auf dem Lande ruhten die Studien nur während der Badezeit. Wenn ich sage "Badezeit", meine ich das eigentliche Bad, denn beim Frottieren und Abtrocknen ließ er sich vorlesen oder diktierte. Auf Reisen widmete er sich, sozusagen aller andern Sorgen ledig, allein dieser Tätigkeit; ihm zur Seite mit Buch und Schreibtafel ein Stenograph, dessen Hände im Winter durch Handschuhe geschützt wurden, damit nicht einmal rauhes Wetter den Studien einen Augenblick entzöge; darum bediente er sich auch in Rom einer Sänfte. Ich muß noch daran denken, wie er mich zur Rede stellte, weshalb ich zu Fuß ginge. "Du hättest diese Stunden nicht zu verlieren brauchen", sagte er; er hielt nämlich jeden Augenblick für verloren, der nicht auf die Studien verwandt wurde. Diese Anspannung befähigte ihn, die vielen Bände fertigzustellen und mir i 6o Hefte mit Auszügen zu hinterlassen, und zwar zweiseitig ganz eng beschrieben, womit sich diese Zahl noch vervielfacht. Er selbst erzählte, diese Aufzeichnungen hätte er während seiner Verwaltungstätigkeit in Spanien für 400 000 Sestertien an Larcius Licinus verkaufen können, und damals waren es noch wesentlich weniger. Wenn Du bedenkst, was alles er gelesen, was alles er geschrieben hat, erscheint es Dir dann nicht unglaubwürdig, daß er daneben noch Verpflichtungen hatte und mit dem Kaiser befreundet war? Und andrerseits, wenn Du hörst, wie viele Mühe er auf seine Studien verwandt hat, hast Du dann nicht den Eindruck, als hätte er verhältnismäßig wenig geschrieben und gelesen? Denn was gibt es, was diese Abhaltungen nicht verhindern oder diese Ausdauer nicht erreichen könnte? Darum muß ich immer lachen, wenn die Leute mich fleißig nennen, wo ich doch im Vergleich zu ihm ein rechter Faulpelz bin! Und etwa nur ich, den die Pflichten gegenüber dem Staat, gegenüber Freunden in Anspruch nehmen? Wer sein ganzes Leben nur hinter den Büchern sitzt, muß nicht auch der sich im Vergleich zu ihm errötend als träge Schlaftmitze vorkommen? Ich habe den Brief über Gebühr ausgedehnt, denn eigentlich wollte ich Dir nur Deine Frage beantworten, welche Schriften er hinterlassen habe; sicherlich wird Dir aber dies nicht weniger willkommen sein als die Schriften selbst und Dich nicht nur zu ihrer Lektüre anregen, sondern mit dem Stachel des Wetteifers spornen, etwas Ähnliches zu schaffen. Leb' wohl!
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Brief 5 an Macer - Lateinischer Orginaltext und Deutsche Übersetzung (1598 Wörter)
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Es handelt sich hier um einen fremden, nutzergenerierten Inhalt für den keine Haftung übernommen wird.
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