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Plenzdorf "Die Neuen Leiden des jungen W."

Alles zu Werke

Wie geht der Verfasser mit literarischen Vorbildern um?


Plenzdorf scheint sich ziemlich viel von anderen Werken an Ideen geholt zu haben. Von Salinger, dass ein Junge, der versagt hat, flieht. Edgar rennt weg nach dem Vorfall mit der heruntergefallenen Platte, bei Salinger wegen erneutem Versagen in der Schule. Defoe war Vorbild in dem Sinne, dass er sich den Wunsch der Eltern, zu studieren, in den Wunsch von Edgars Mutter, etwas Richtiges zu machen, für sich auslegte. Die Eltern spielen in beiden Werken eine große Rolle und sind meist auch der Grund der Flucht der Kinder in’s Ungewisse, aber für sie scheinbar reizvollere Leben.
Aber auch Namen weisen Parallelen auf, bei Goethe heißt die Frau Charlotte, bei Plenzdorf Charlie.
Edgar scheint nur von Werther wirklich beeindruckt, obwohl diese Freundschaft durch Zufall entstand, auf der Toilette. Er führt ihn immer dann an, wenn er nicht mehr weiß, was er sagen soll, oder ihm seine Gedanken als zu einfach erscheinen. Er will sich mit diesen Gedanken hervorheben und versucht, etwas besonderes zu sein oder zu werden. Er ist stolz darauf, dass er diese Zitate von Werther wiederholen kann und will damit schocken (S.56).
Andererseits scheint er nicht zu wissen, worum es sich bei diesem Buch handelt, denn er bezeichnet es als "alte Schwarte" oder auch "Reklameheft" und er findet den Schreibstil unmöglich (S.19). Aber dennoch hat er die Gedanken Werthers verstanden und identifiziert sich mit ihnen.
Edgar führt Salinger und Defoe das erste mal auf, als er über die Masse an Büchern philosophiert, die es geben muss und wieviel man schafft zu lesen. Robinson Crusoe ist ihm peinlich als sein Lieblingsbuch, zu Salinger steht er aber. Er bezeichnet Salinger als edlen Kerl (S.33) das heißt, dass er auch eine Menge Respekt vor ihm haben muss. Allerdings scheint es, als ob er die Personen und geschriebenen Geschichten zu ernst nimmt und zu sehr personifiziert, er würde Salinger gern zu sich einladen, damit dieser sich auskurieren kann (S.33). Edgar ist halt noch ziemlich naiv.
Nach und nach scheint es, als würde Edgar sich absichtlich in die Rolle des Verlierers, wenn es um Frauen geht, begibt. Er macht sozusagen Werthers Leben nach und endet ebenso tragisch, mit dem Tod.
Zu Beginn scheint Edgar davon überzeugt, dass er an Werthers Stelle alles anders machen würde (S.36), aber in Situationen mit Charlie allein tut er nichts, außer dumm darüber zu reden, oder sie drehte die Situation um (S.66).

Werther Bezug
Es ist ein einförmiges Ding um das Menschengeschlecht. Die meisten verarbeiten den größten Teil der Zeit, um zu leben, und das bisschen, das ihnen von Freiheit übrigbleibt, ängstigt sie so, dass sie alle Mittel aufsuchen, um es loszuwerden.
Dieses Zitat wendet er immer dann an, wenn er seine eigenen Gedanken nicht mehr in Worte fassen kann, er muss sich eine Vorlage schaffen, diese ist Werther. Er verwendet das Zitat wie eine Waffe um sich zu verteidigen („...und schoß folgendes ab:“ S. 55);(„.. ich zückte meine Werther-Pistole.“ S. 100) gegen Menschen, die seine Lebenseinstellung nicht akzeptieren. Er identifiziert sich mit der Meinung Werthers, dass die meisten Menschen sich in die Fremdbestimmung fügen aus Angst vor eigenen Entscheidungen. Denn Freiheit verlangt eigene Entscheidungen und eigene Entscheidungen verlangen Mut und Kompetenz. Denn eigene Entscheidungen können natürlich auch falsch sein und dann ist man für die Konsequenzen selbst verantwortlich und kann die Verantwortung nicht „nach oben“ delegieren. Die Angst vor eigenen Entscheidungen sind nicht in erster Linie ein Phänomen der jeweiligen Gesellschaftsform (in diesem Fall DDR ), sondern sie liegt im Menschen selbst begründet. Denn Goethes Werther lebte ja nicht in der DDR und lernte diese menschliche Eigenschaft trotzdem bei seinen Mitmenschen kennen. Edgar verachtete, genau wie Werther, diese Eigenschaft und suchte nach dem Sinn SEINES Lebens („O Bestimmung des Menschen!“ Die Leiden des jungen Werther). Deshalb hat er Mittenberg und die ihm von anderen vorgeschriebene Lebensbahn verlassen.
Ulrike Dornblut
Inhalt
Wie geht Plenzdorf mit literarischen Vorbildern um?
Inwieweit wird Goethes Werther zum Vorbild?

(ausführliche Beantwortung, ) (638 Wörter)
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