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Herrmann Hesse "Im Nebel" (Interpretation)

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Interpretation



Hermann Hesse: Im Nebel
Hermann Hesse, 1877-1962, wählt die Einsamkeit jedes Menschen zum Grundmotiv des Gedichtes "Im Nebel".
Der Gedanke der Einsamkeit und des Alleinseins jedes Menschen durchzieht das Gedicht von der ersten bis zur letzten Strophe. Der Nebel steht symbolisch für die Vereinzelung jedes Menschen.
Scheinbar geht Hesse von der Landschaft im Nebel in der ersten Strophe aus. Er beginnt mit dem Ausruf, dass es seltsam sei, im Nebel zu wandern. Zwar ist auch sonst jedes Teil der Natur allein, aber im Nebel - hier spricht Hesse der Natur menschliche Züge zu - sieht kein Baum den anderen. Am Ende der ersten Strophe wird bereits der Übergang zum menschlichen Bereich geschaffen durch "jeder ist allein".
Konnte in der ersten Strophe der Nebel noch als Naturerscheinung verstanden werden, so bekommt der "Nebel" in der zweiten Strophe eine neue, eine erweiterte Bedeutung. Ein glückliches Leben mit Freunden, ein "lichtes Leben", wird gegen eine leidvolle Welt, eine Welt im Nebel gestellt, in der sich der Sprecher jetzt befindet. Von seinen Freunden "ist keiner mehr sichtbar".
Die dritte Strophe kennzeichnet den gefallenen Nebel als "das Dunkel", das der Autor nicht einfach hinnehmen will. Er gibt der Welt des Leids einen Sinn, indem er sagt, dass der Mensch erst dann weise wird, wenn er durch unverschuldetes Leid und durch unentrinnbare Einsamkeit gereift ist.
Obwohl die letzte Strophe der ersten an vielen Stellen wörtlich entspricht, so ist Hesse am Schluss doch zu einer Sinngebung gekommen. Der Mensch ist trotz seines leidvollen Alleinseins in der Lage zur Einsicht in seine Situation. Er kann Ja sagen zu seiner anscheinend aussichtslosen Lage. Bemerkenswert erscheint mir, dass aus dem Nichtsehenkönnen des Anfangs ein Nichtkennen geworden ist. Wir sehen zwar den anderen Menschen, aber wir kennen ihn nicht, weil jeder allein ist und bleibt.
Das Gedicht hat vier Strophen mit je 4 Zeilen und ein abab- Reimschema. Auffällig ist die Entsprechung des Reimes in der ersten und vierten Strophe ( 2mal wandern- andern; Stein - allein und Einsam sein - allein), durch die gleichsam ein Kreis geschlossen wird. Das Thema der Einsamkeit spiegelt sich auch in der Wortwahl : In jeder Strophe findet sich ein Schlüsselwort, das direkt auf Einsamkeit Bezug nimmt ( einsam, allein, keiner mehr, keiner, von allen (ge) trennt, Einsamkeit, allein). Herausgehoben ist der Anfang der dritten Strophe durch den Beginn mit "wahrlich", der an biblische Redeweise erinnert. An dieser Stelle folgt dann auch die Lehre über die Selbsterkenntnis.
Hermann Hesse stellt in diesem Gedicht seine Grunderkenntnis vor, dass menschliches Leben einsam sei. Der Weise bescheidet sich mit der Einsicht in diese Erkenntnis und vermag so, weiter in dieser Welt des Leids zu leben. Er lebt dann in dem Bewusstsein, dass diese Situation unabänderlich bleibt und das Wesen des Menschen bestimmt.
Auf mich wirkt das Gedicht erschreckend. Hesse spricht sehr entschieden von der allgemeinen Einsamkeit, aus der es keinen Ausweg gibt. Ganz rigoros sagt er, dass jeder ohne Ausnahme allein sei. Doch deutet er selbst an, dass er nicht immer diese pessimistische Erfahrung gemacht hat, sondern auch die Erfahrung von Freundschaft erlebte. Freundschaft und Liebe wären die Erfahrungswerte, die gegen die Einsamkeit stehen. Auf eine Frage gibt Hesse keine Antwort : Warum denn nun "der Nebel" fällt. Mir kommt diese Stelle reichlich unbegründet vor, fast nebulös. Es wird nicht klar, welche Änderung in der Welt die Ursache für den Nebel ist.
Hesses trübe und äußerst pessimistische Aussage, dass Menschen allein sein können und Mitmenschen nicht mehr erkennen, trifft wohl auf einige verzweifelte Situationen zu. Jedoch scheint es mir angesichts erfahrbarer Liebe nicht erlaubt zu sein, diese Erfahrung zu verallgemeinern. Vielleicht ändert sich die Lage ja auch, ähnlich wie der Nebel verfliegt. Hesses Rat scheint mir allerdings nicht trostvoll, dass die Einsicht in die Einsamkeit das Alleinsein ertragen lässt. Eine stärkere Hoffnung liegt wohl im Handeln, im Versuch, die Einsamkeit durch Liebe zu einem anderen Menschen zu überwinden.
Inhalt
Hermann Hesse - "Im Nebel" >>> Gute Interpretation des gesamten Gedichtes. (641 Wörter)
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