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Georg Büchner - Analyse eines Briefes

Alles zu WerkeGeorg Büchner war ein hessischer Schriftsteller, Naturwissenschaftler und Revolutionär. Er gilt als einer der bedeutendsten Literaten des Vormärz, besonders nach seinem Revolutionsaufruf in der provokativen Flugschrift "Hessischer Landbote" im Jahre 1834 an die Landbevölkerung, mit dem Motto "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!". Im folgenden Brief verteidigt sich Büchner gegen die Kritik an seinen Werken, die für "unsittlich" gehalten wurden. Aus diesem Grund legt er auch hier seine Literaturauffassung dar, um die Intention für die Wahl seiner Schriften zu begründen.
Der Brief wurde am 28. Juli im Jahre 1835 in Straßburg verfasst, der vorliegende Brief ist nur ein Auszug der Originalversion. Das Drama "Woyzeck" erschien erst zwei Jahre später, es lässt sich also vermuten, dass dieser Brief eine Reaktion auf die Zensur seines Dramas "Dantons Tod" aus dem selben Jahr sein könnte.

Der Brief handelt hauptsächlich davon, dass Büchner den Dichter als eine Art Geschichtsschreiber sieht und nicht als einen Lehrer der Moral. Er geht davon aus, dass die Idealdichter zu viel gefordert hätten und die Welt versucht haben besser darzustellen, als Gott es getan habe. Daher ist er der Ansicht, man müsse die Welt zeigen wie sie wirklich ist und nichts an der Geschichte verfälschen, sondern die Verhältnisse und die Sprache der Menschen zu der Zeit so belassen wie sie wirklich waren. Er möchte echte Menschen darstellen und der Leser soll vielleicht sogar mitempfinden oder sich gar abgestoßen fühlen und dann versuchen aus ihrem Schicksal etwas zu lernen, genauso wie aus den Erkenntnissen der Geschichte.

Der Brief lässt sich in vier Sinnabschnitte einteilen. Der erste Abschnitt bis Zeile 16 beginnt mit der Hauptaussage und somit wichtigsten These dieses Textes "Der Dramatische Dichter ist in meinen Augen nichts, als ein Geschichtsschreiber" (Z. 2-4). Dass der ganze Brief sich zu einer steigernden Argumentationskette aufbaut kann man schon nach dem ersten einleitenden Satz vermuten, indem Büchner deutlich macht, dass er nun seinen eigenen Standpunkt und seine Auffassung von Literatur deutlich machen wird (vgl. Z. 1,2). Nachdem er die These nun aufgestellt hat, belegt er sie im Folgendem dadurch, dass der Dichter "die Geschichte zum zweiten Mal erschafft" (Z.5) und sie somit nacherzählt und anstatt einfach Fakten sachlich vorzulegen, versuche er uns die Geschichte mit Hilfe von echten Menschen vor Augen zu führen und sie dadurch lebendig wirken zu lassen (vgl. Z. 6-9). Er fordert weiterhin, dass der Dichter den wahren Begebenheiten der Geschichte nahe kommen soll, die Wahrheit also nicht verfälschen darf (vgl. Z. 10,11). Er stellt die Bedingung auf, dass das Buch "weder sittlicher noch unsittlicher (..) als die Geschichte selbst " sein darf (Z. 11,12). Er untermauert dies indem er argumentiert, dass auch die Geschichte nicht als "Lektüre für junge Frauenzimmer" (Z. 13,14) gedacht sei und daher der Dichter als Geschichtsschreiber auch nicht darauf achten müsse, inwieweit sein Buch anständig und tugendhaft genug für jeder Mensch sei.
Der folgende Abschnitt von Zeile 16 bis Zeile 29 bezieht sich zum größten Teil auf die Frage wie und warum die Personen in seinen Stücken so agieren und weshalb sie sich so vulgär und umgangssprachlich ausdrücken. Es werden mehrere Beispiele aufgezählt um die Aussage der Dichter sei ein Geschichtsschreiber zu belegen: ""wenn ich ihre Liederlichkeit schildern wollte, so musste ich sie eben liederlich sein, wenn ich ihre Gottlosigkeit zeigen wollte, so musste ich sie eben wie Atheisten sprechen lassen" (Z. 18-21). Ebenfalls weist Büchner die Forderung zurück seine Figuren würden ihre Aussagen anstößig formulieren, denn er belegt seine These des Dichters als Geschichtenerzähler auch in diesem Punkt damit, dass die Menschen damals so und noch viel schlimmer miteinander gesprochen haben und er somit nur die Realität dokumentiert (vgl. Z. 23-25). Daraufhin zeigt er auf, dass man ihm auch nicht entgegenhalten könne, dass er diese Thematik gewählt habe, denn er redet sich heraus, mit der Tatsache, dass er nicht der einzige sei, der sich ein eher Brutaleres Thema für sein Drama ausgesucht hat (vgl. Z. 25-29). Welche "Meisterwerke" er jedoch meint lässt er offen, es kann jedoch vermutet werden, dass er z.Bsp. den Roman "Die Leiden des jungen Werther" von Goethe anspricht, da er sich auch am Ende seines Briefes positiv über ihn äußert (vgl. Z. 51).
Im nächsten Abschnitt von Zeile 29 bis 40 stellt Büchner erneut eine These auf: "Der Dichter ist kein Lehrer der Moral" (Z. 29). Er argumentiert daraufhin mit einem Vergleich, denn genauso wie wir uns die Vergangenheit wieder ins Bewusstsein rufen und wie wir aus den Beobachtungen der menschlichen Umwelt unsere Lehren ziehen, soll auch das Drama nicht moralisierend wirken, sondern die Menschen sollen selbst entscheiden welche Lehren sie aus den Vorgängen in der Welt um sie herum und Schicksale anderer Menschen aufnehmen wollen (vgl. Z. 30-34). Er bekräftigt dies mit einem Beispiel, denn wenn man nicht die Wahrheit im Drama darstellen darf, dann "dürfte man keine Geschichte studieren, weil sehr viele unmoralische Dinge darin erzählt werden, müsste mit verbundenen Augen über die Gasse gehen, weil man sonst Unanständigkeiten sehen könnte, und müsste über einen Gott Zeter schreien, der eine Welt erschaffen, worauf so viele Liederlichkeiten vorfallen" ( Z. 35-40).
In dem letzten Abschnitt bezieht er sich auf die Dichter in der Epoche der Klassik und setzt sich mit deren Forderungen auseinander. Die Hauptforderung der Idealdichter war "der Dichter müsse die Welt nicht zeigen wie sie ist, sondern wie sie sein solle" (Z. 41,42). Er widerlegt diese Forderung indem er mit Hilfe des Glauben argumentiert, denn seiner Ansicht nach habe Gott die Welt so gemacht und Verbesserungen vorzuschlagen wäre fast schon blasphemisch (vgl. Z. 41-44). Daraufhin gibt Büchner sein Werturteil über die Dichtung dieser Epoche ab, denn für ihn sind ihre Figuren "fast nichts als Marionetten mit himmelblauen Nasen und affektiertem Pathos, aber nicht Menschen von Fleisch und Blut" (Z. 46/7/8). Er hält somit nichts von Idealen die einem Menschen vorgesetzt werden und die er unbedingt erreichen müsse.
Abschließend äußert er seine Meinung über drei sehr bedeutende Dichter und lässt sein Urteil besonders negativ bei Schiller ausfallen, der zu einem der wichtigsten Dichter der Weimarer Klassik zählt, während Goethe noch in der Epoche des Sturm und Drang mitgewirkt hat (vgl. Z. 51,5). Hier versucht er mit nur einem Satz das vorher Geschriebene zusammenzufassen und die Argumentationskette ist nun endgültig bei ihrem Höhepunkt angekommen, denn er wertet offen einen der bedeutendsten Dichter Deutschlands ab. Es gab also eine Steigerung indem er zu erst den Dichter mit einem Historiker verglich, weiterhin die Moral ansprach und den moralischen Appell in Form eines Damentextes anzweifelte und dann sprach er den Glauben an, um sich besonders gegen den Vorwurf des Atheismus zu verteidigen und zu erklären, dass er ganz im Sinne der religiösen Vorschriften geschrieben habe. Als letztes ist dann eben dieses wertende Urteil gegen Schiller zu nennen. Die Argumentationsstruktur verläuft aber nicht linear, ganz im Gegenteil, es werden Vorwürfe angesprochen (vgl. Z. 21,22) und daraufhin sofort widerlegt (vgl. Z. 23,24). Trotz der steigernden Argumentationskette hat der Brief also auch ein Wechselspiel von Pro- und Kontra- Argumenten.
Die allgemeine Aussage des Briefes und somit Büchners Literaturauffassung ist, dass die Aufgabe der Dichtung das Darstellen historischer Umstände sein sollte und zwar nicht ideal oder stilisiert, sondern es muss so abgebildet werden wie das wirkliche Leben ebenfalls ist.
Inhalt
Georg Büchners Brief als Reaktion zu den Themen seiner Werke. Der Dichter ist "kein Lehrer der Moral". (1240 Wörter)
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