Facharbeit: Henrik Ibsen - Nora (Ein Puppenheim)
HENRIK IBSEN
NORA
(EIN PUPPENHEIM)
Gliederung
Inhaltsangabe des Schauspiels
Biografie des Autors
Einordnung
Theatertheoretischer Ansatz
Interpretation eine Auszuges
„Eine Frau kann nicht sie selbst sein in der Gesellschaft der Gegenwart, einer ausschliesslich männlichen Gesellschaft, mit von Männern geschriebenen Gesetzen und Anklägern und Richtern, die über das weibliche Verhalten vom männlichen Standpunkt aus urteilen.“
Henrik Ibsen, 1878
„Ich muss mich davon überzeugen, wer Recht hat, die Gesellschaft oder ich.“
Nora Helmer, bevor sie aus ihrer Rolle ausbricht
Skandinavisches familienrechtliches Handbuch, Ein Jahr vor NORAS erscheinen
Inhaltsangabe des Schauspiels
Torvald Helmer ist seit acht Jahren mit Nora verheiratet. Gemeinsam haben sie 3 Kinder und wohnen in einem gutbürgerlichen Haus.
Die Geschichte spielt zur Weihnachtszeit. Nora ist sehr glücklich, denn ihr Mann wird am Neujahrstag der Direktor, der in der Stadt ansässigen Bank und nun muss sie sich keine Gedanken mehr ums Geld machen, denn Nora wird von ihrem Mann immerzu daran erinnert, zu sparen. Torvald warnt Nora, sie solle nicht unvernünftig handeln und auf keinen Fall viel Geld ausgeben, denn wenn ihm was zustöße, würde sie mit Schulden da stehen.
An einem dieser Weihnachtstage kommt Christine Linde zu Besuch. Sie ist eine alte Schulfreundin Noras und beide haben sich seit fast zehn Jahren nicht mehr gesehen. Christine erzählt von ihren Schicksalsschlägen:
Auch Nora erzählt einige Dinge aus ihrem Leben:
Ihr Mann gab nach der Eheschließung seine Arbeit im Ministerium auf, da es dort keine Aufstiegsmöglichkeiten gab. Er war danach in verschiedenen Arbeitsbereichen tätig. Doch er arbeitete so viel, dass er schließlich sehr krank wurde. Nora musste hochschwanger mit ihrem Mann nach Italien reisen, da die Ärzte befürchteten, dass Torvald Helmer sterben könne. Da aber damals kein Geld vorhanden war, musste Nora ihren Vater, der auf den Sterbebett lag um eine Unterschrift für einen Schuldschein bitten. Sie borgten sich das Geld vom Rechtsanwalt Krogstad.
Torvald Helmer liebt seine Frau Nora sehr, sodass er ihrer Freundin Christine Linde eine Stelle in seiner Bank anbietet.
Noch am selben Tag kommt der Rechtsanwalt Krogstad zur Familie Helmer. Später spricht dieser allein mit Nora. Er sagt, sie solle seine Stelle in der Bank retten, die Toravald nun aber schon Christine versprochen hat. Nora lehnt ab, aber Krogstad erpresst sie, denn er ist dahinter gekommen, dass die Unterschrift auf dem Schuldschein den Nora vor acht Jahren unterschrieb, nicht von ihrem Vater stamme, sondern von ihr. Nora hat einen gravierenden Fehler gemacht, denn sie hat die Unterschrift gefälscht, als ihr Vater schon tot war.
Nora setzt aufgrund dessen alles daran Helmer umzustimmen. Sie drängt ihn Krogstad zu behalten. Helmer lehnt ab, denn er hat sich nun für Christine Linde entschieden. Und hält Krogstad für einen schlechten Menschen.
Als Nora Krogstad berichtet, dass sie Torvald nicht überreden konnte, will dieser nun Helmer in einem Brief über die Urkundenfälschung seiner Frau informieren.
Nora betont immer wieder, dass sie alles nur aus Liebe zu ihrem Mann tat.
Sie ist sehr nervös und will verhindern, dass Torvald von ihrem Betrug erfährt. Als sie sieht, wie der Bote einen Brief in den Briefkasten wirft, bringt sie Helmer davon ab zum Briefkasten zu gehen. Sie bittet ihn, am heiligen Abend nicht mehr zu arbeiten.
Am ersten Weihnachtsfeiertag treffen Krogstad und Christine aufeinander. Krogstad hat früher um diese geworben, aber sie konnte damals nicht mit ihm zusammen sein, denn sie brauchte aufgrund ihrer finanziellen und familiären Lage einen Mann mit hohem Einkommen. Christine sagt aber, sie möchte jetzt mit ihm zusammen sein und ihm helfen, ein besserer Mensch zu werden.
Deshalb will Krogstad den Brief, in welchem er Nora der Urkundenfälschung beschuldigt, ungeöffnet von Torvald Helmer zurückverlangen. Er denkt er würde Christine damit einen Gefallen tun, weil sie mit Nora befreundet ist. Doch Frau Linde bringt ihn davon ab, weil sie der Meinung ist, dass sie Wahrheit ans Licht kommen muss, damit Noras und Torvalds Beziehung nicht auf Lügen gebaut ist.
Während es zu eine Treffen zwischen Krogstad und Christine Linde kommt, sind die beiden Helmers gerade beim Tanz. Als beide nach Hause kommen geht Torvald zum Briefkasten und Nora weiß, dass es nun zu spät ist.
Er öffnet den Brief Krogstads und liest ihn. Torvald ist sehr böse und enttäuscht zugleich; er kann nicht fassen, dass Nora ihm nie davon erzählt hat. Er fühlt sich betrogen und bezeichnet sie als „Lügnerin“ und „Heuchlerin“.
Torvald behauptet, sie habe alles zerstört und sie hätte alle schlechten Eigenschaften ihres Vaters geerbt. Er denkt nur an seinen ruf, seine Karriere und nicht an Noras Beweggründe und ihre eigentliche Absicht, sein Leben zu retten.
Nora will sich umbringen, doch Helmer hält sie zurück, denn er will alles vertuschen und so tun, als sei nichts geschehen. Da wird ein weiterer Brief Krogstads abgegeben. Torvald Helmer reißt ihn auf und liest ihn. Er jubelt, denn darin befindet sich der Schuldschein und ein Begleitschreiben Krogstads. Somit ist er gerettet.
Er wirft den Schuldschein ins Feuer, vergibt Nora und denkt es wäre alles wieder gut.
Doch Nora ist von Torvalds Verhalten zutiefst befremdet. Sie weiß jetzt, dass es ihm nur um seine Karriere und den äußeren Schein seiner Ehe ging, und er sie nie wirklich als selbst denkenden Menschen akzeptiert hat. So wenig wie sie auch von ihrem Vater geliebt wurde.
Nie wurde sie von ihrem Mann als Partnerin angesehen: „Aber unser Heim war nichts anderes als eine Spielstube. Ich war deine Puppenfrau, wie ich Papas Puppenkind war[...] Das war unsere Ehe, Torvald.“
Jetzt erst merkt Nora, dass sie nie glücklich war. Torvald und Nora unterhalten sich, aber sie ist fest entschlossen zu gehen. Sie verlässt ihren Mann und hinterfragt die gesellschaftliche Moral und ihre vorgegebene Rollenerwartung: „Ich muss mich davon überzeugen, wer Recht hat, die Gesellschaft oder ich“.
Und damit verlässt sie ihr Puppenheim. Ihre Kinder, ihren Mann und die Erwartungen der damaligen Gesellschaft an eine Frau.
Biografie des Autors
Henrik Johan Ibsen wurde am 20. März 1828 in Skien/Norwegen geboren und starb am 23. Mai 1906 in Oslo. Er war ein norwegischer Schriftsteller und Dramatiker.
Kindheit und Jugend (1828-1850)
Henrik Ibsen stammt aus einer der vornehmsten und ältesten norwegischen Familien. Sein Vater Knud Ibsen war ein wohlhabender Kaufmann, der aber Bankrott ging, als Henrik gerade acht Jahre alt war. Die Familie war gezwungen, auf das ländliche Gut Venstøp zu ziehen, wo Henrik, seine Eltern und seine vier jüngeren Geschwister fern von der Stadtgesellschaft lebten. Als Sechzehnjähriger begann Henrik 1844 eine Lehre in der Reimannschen Apotheke in Grimstad.
Oslo und Bergen (1850-1864)
Im Jahre 1850 lebte Henrik Ibsen in Oslo, wo er die so genannte Heltbergsche, die Abiturientenfabrik, besuchte. Hier entstand unter dem Eindruck der Februarrevolution in Frankreich auch sein erstes Stück mit einem Stoff aus der römischen Geschichte, Catilina. In Oslo gab er das Wochenblatt „Andhrimner“ heraus.
Im November 1851 berief ihn Ole Bull als Hausdichter und künstlerischer Leiter an das „Norske Theater“ in Bergen, wo man sich um den Aufbau eines norwegischen Nationaltheaters bemühte. Zu dessen Repertoire sollte Ibsen jedes Jahr ein Stück beisteuern. Vor diesem Hintergrund entstanden die so genannten nationalromantischen Dramen, darunter Die Johannisnacht (Uraufführung 1853), Frau Inger auf Östrot (UA 1855) und Das Fest auf Solhaug (UA 1856). Bereits in diesen Stücken, war ein Kritik an den konservativ-nationalen Ideen erkennbar.
Henrik Ibsen hatte die künstlerische Leitung dort fast sechs Jahre inne.
1852 begab er sich auf eine Studienreise nach Kopenhagen und Dresden, um die dortigen Theaterverhältnisse zu studieren.
1857 übernahm Ibsen die Leitung des Theaters in Oslo. Am 18. Juli 1858 heiratete er Suzannah Thoresen, mit der er einen Sohn hatte.
Der Konkurs des Theaters 1862 belastete ihn sehr. Obwohl ihm sein 1864 uraufgeführtes Stück Die Kronprätendenden den ersten großen Erfolg einbrachte und Ibsen in Norwegen verwurzelt war, verließ er noch im selben Jahr seine Heimat. Er fühlte sich von seinen Landsleuten verkannt und angefeindet.
Insgesamt verbrachte Ibsen 27 Jahre im 'freiwilligen Exil', zunächst in Italien (Rom), später in Deutschland (Dresden, München).
"Freiwilliges Exil" in Italien und Deutschland (1864-1891)
In der Zeit des freiwilligen Exils entstanden Ibsens bedeutendste Bühnenwerke. Zunächst schrieb er 1866 Brand (UA 1885) und 1867 Peer Gynt (UA 1876).
Rückkehr nach Norwegen (1891-1906)
1891 kehrte Henrik Ibsen nach Norwegen zurück. Zu seinem 70. Geburtstag 1898 wurden ihm zahlreiche Ehrungen zuteil. Zwei Jahre später hatte Ibsen den ersten einer Reihe von Schlaganfällen. Ab 1902 war er nach einem weiteren Schlaganfall halbseitig gelähmt. Er starb am 23. Mai 1906 in seiner Wohnung in Oslo.
Henrik Ibsen wird als einer der bedeutendsten norwegischen Dramatiker benannt.
WERKE
1850 Catilina
1850 Das Hünengrab
1853 Die Johannisnacht
1855 Frau Inger auf Östrot
1856 Das Fest auf Solhaug
1857 Olaf Liljekrans
1858 Die Helden auf Helgeland
1862 Komödie der Liebe
1864 Die Kronprätendenten
1866 Brand
1867 Peer Gynt
1869 Der Bund der Jugend
1871 Gedichte
1873 Kaiser und Galiläer
1877 Die Stützen der Gesellschaft
1879 Nora oder ein Puppenheim
1881 Gespenster
1882 Ein Volksfeind
1884 Die Wildente
1886 Rosmersholm
1888 Die Frau vom Meer
1890 Hedda Gabler
1892 Baumeister Solness
1894 Klein Eyolf
1896 John Gabriel Borkman
1899 Wenn wir Toten erwachen
3. Einordnung
Die große Aufgabe unserer Zeit ist es, alle bestehenden Institutionen in die Luft zu jagen - zu zerstören
Henrik Ibsen
Henrik Ibsen wurde als Dramatiker bekannt, welcher gegen die Moral und Lebenslüge seiner Zeit in den Kampf zog. Seine bürgerlichen Dramen waren mit ernster Ethik verbunden und zeigten großes menschliches Einfühlungsvermögen.
Ibsens dramatisches Frühwerk war, ebenso wie die heute kaum noch bekannten Gedichte, von einer romantischen Rückschau auf die Geschichte Norwegens und sein literarisches Erbe geprägt.
Nora oder ein Poppenheim ist ein berühmtes, noch heute oft gespieltes Dramen über die Brüchigkeit menschlicher Beziehungen.
Zentralgestalt dieses Dramas ist eine Frau, die im patriarchalischen Bürgertum noch mehr als die Männer durch ein Korsett traditioneller Verhaltensnormen eingezwängt ist.
So geht es in Nora, das nach seiner Uraufführung zu einer heftigen literarischen Kontroverse führte, um die Auflehnung der Titelfigur gegen die lieblosen und demütigenden Umstände einer aus Familienrücksichten geschlossenen Vernunftehe (nach dem Vorbild der Ibsen bekannten Schriftstellerin Laura Kieler). August Strindberg reagierte mit einer Erzählung, in der er Ibsen sein negatives Frauenbild entgegenstellte. Das Familiendrama Gespenster, nach Ibsens Aussage die logische Fortsetzung von Nora, kreiste ebenfalls um den Konflikt von konventioneller Pflicht und individueller Neigung und sorgte zudem mit Tabuthemen wie erbliche Geisteskrankheit, Geschlechtskrankheit und Inzest für weiteren Zündstoff.
Theatertheoretischer Ansatz
Henrik Ibsen bringt vor allem auch in seinen Dramen nach Nora die psychologische Feinzeichnung in meisterhaften Charakterstudien zur Vollendung. In seinem dramatischen Aufbau von Peer Gynt (dessen Titelfigur einen phantastisch Reisenden ohne festen Charakter abgibt) brach der Dichter mit den Gattungsvorgaben des aristotelischen Theaters (Einheit von Zeit, Ort und Handlung etc.) und nahm damit entscheidende Züge des modernen Dramas, vorweg.
Auf Ibsen geht auch der Gedanke eines funktionalen Bühnenbilds zurück, getreu seinem Motto, dass aus einem an der Kulissenwand hängenden Gewehr im Verlauf der Dramenhandlung auch geschossen werden müsse.
Obwohl sich das zeitgenössische Publikum häufig von Ibsens Verletzungen gesellschaftlicher Tabus schockiert zeigte, erkannten Kritiker früh die formale Meisterschaft und den innovativen Charakter seiner Dramen. Mit Ibsen entfernte sich das analytische Drama endgültig von der im späten 19. Jahrhundert vorherrschenden Mode des wirklichkeitsfernen Melodrams, und sein Einfluss vor allem auf die Bühnenautoren des Naturalismus war bedeutend.
Henrik Ibsen bleibt in Nora (Ein Puppenheim) bei der geschlossenen Form des klassischen Dramas. Wir finden die Steigerung als Bauprinzip, haben 3 Akte als Formeinheiten und die Kontinuität in Handlung und Komposition.
Auch die Einheit der Zeit (die 3 Weihnachtstage) und des Raumes (das ganze Geschehen spielt in Helmers Haus) werden beibehalten.
Zu den, für ein Drama typisch, wenigen Protagonisten, kann man sagen, dass sie über gute Rhetorik und ausgewählte Worte verfügen. Trotzdem die Helmers nicht zur alteingesessenen Oberschicht gehören, kann man sagen, dass sie dennoch zu einflussreich sind. Torvald hat sich emporgearbeitet, er ist ein typischer Karrierist der gerade sein Ziel erreicht hat, welches die Familie finanziell absichert und ihnen Aufstieg in jene Führungselite sichert, die Entscheidungen über wichtige gesellschaftliche Entwicklungen trifft.
Gustav Freytag unterschied 1863 in seiner einflussreichen Schrift „Die Technik des Dramas“ folgende Teile:
Einleitung
Steigerung
Höhepunkt
Fall oder Umkehr
Katastrophe/Lösung
Daraus ergibt sich nach Freytag eine typische Spannungskurve, die auch gleich mit einer Skizze verdeutlicht werden kann:
1 5
Demnach ist die Einleitung in Nora, die Einführung in die äußeren Umstände des Geschehens:
als Ort - das Haus der Helmers,
als Zeit - die Weihnachtstagen
Figurenkonstellation
Familienverhältnisse
Die Steigerung beginnt, als Krogstad involviert wird. Mit ihm kommt Licht in das geordnete und geregelte Puppenheim Noras. Und sie muss sich mit den aufkommenden Problemen auseinandersetzen.
Der Höhepunkt ist, als der Leser erfährt, dass Nora die Unterschrift gefälscht hat und welche Auswirkungen dieser betrug nun auf das Leben der gesamten Familie haben kann.
Der Fall und gleichzeitig auch die Umkehr ist der Punkt, als Torvald den Brief Krogstads liest, der seine Frau des Betrugs beschuldigt und gleichzeitig seine Karriere zerstört.
Nora zieht aus diesem Ereignissen die Konsequenzen und verlässt die Familie. Für Nora ist es die einzige Lösung, für Helmer offensichtlich eine (gesellschaftliche) Katastrophe.
Interpretation eines Auszuges
(Reclam, 3. Akt, Seite 91 bis zum Ende)
Nachdem Noras Unterschriftenfälschung durch Krogstads Brief aufgedeckt worden ist, und Torvald außer sich geriet bis er einen erneuten Brief fand, in dem Krogstad den Schuldschein zurückgibt, kommt es zu einem Gespräch zwischen Torvald und Nora.
Torvald glaubt, dass mit der Vernichtung des Schuldscheins alles beim Alten sei. Er spricht davon Nora zu erziehen und von ihren Pflichten, welchen sie als Ehefrau und Mutter nachzukommen hat.
Nora aber hat aus Torvalds Reaktion gelernt. Sie ist entschlossen zu gehen und ihre Familie zurückzulassen. Außerdem rechtfertigt sie ihre Tat und sagt, sie könne die Gesetze nicht verstehen, die besagen, dass sie (eine Frau) nicht das Recht hat ihren Vater zu schonen und ihrem Mann das Leben zu retten.
Der Höhepunkt dieses Dialoges setzt ein, als Helmer zu Nora sagt: „Du sprichst wie ein Kind. Du verstehst die Gesellschaft nicht in der du lebst.“ Nora antwortet, dass sie sie nicht verstehe, aber sich überzeugen müsse, wer Recht hat; die Gesellschaft oder sie. Die „Gesellschaft“ fungiert hier als Symbol für die zugewiesenen Rollen von Mann und Frau und die Gesetze, die von den Männern gemacht werden.
Als Nora Torvald so antwortet, meint er sie wäre krank, hätte Fieber oder gar den Verstand verloren. Das zeigt, dass Helmer durchaus Angst um Nora hat, da diese die gesellschaftliche Ordnung kritisiert, was überhaupt nicht in Torvald Helmers gutbürgerliche Auffassung passt.
Nora kontert knapp und ehrlich „Nie habe ich mich so klar und sicher gefühlt wie heute Nacht.“ Diese Aussage Noras erscheint, erstmals in diesem Drama, ehrlich, sehr überzeugend und reif. Helmer, plötzlich veängstigt, will sich versichern, ob es wahr ist, was seine Ehefrau sagt „Und mit klarem Bewusstsein verlässt du deinen Mann und deine Kinder?“. An dieser Frage könnte man außerdem feststellen, dass er sehr auf sich und den äußeren Schein fixiert ist, denn er fragt erst nach sich und dann nach den Kindern.
Er spricht von sich als Ehemann und somit in der dritten Person, was den Eindruck äußerster Wichtigkeit hinterlässt. Auf Helmers Frage antwortet Nora wiederum knapp und klar „Ja; das tu ich.“.
Helmer behauptet es wäre nur eine Erklärung möglich. Da „eine“ im Text kursiv gedruckt ist, liegt die Betonung darauf. Das vermittelt dem Leser und auch dem Zuschauer des Stückes, dass es keine andere Möglichkeit, bzw. Erklärung gibt. Nora fragt welche Möglichkeit dies denn wäre.
Diese Frage Noras wirkt, als würde sie absichtlich dümmlich fragen, denn immerhin hält ihr Mann sie auch dafür. Helmer sagt, dass Nora ihn nicht mehr liebe und sie bestätigt das.
Helmer ist schockiert „Nora! - Und das sprichst du aus!“ Sein Entsetzen wird durch die Ausrufezeichen und den Gedankenstrich noch deutlicher.
Nora sagt, es täte ihr weh, denn Torvald war immer sehr freundlich zu ihr, aber sie liebe ihn nicht mehr. Helmer fragt sie, ob das wirklich ihre Überzeugung wäre. In der Autorenanweisung steht außerdem, dass Helmer mit der Fassung kämpft. Helmer wirkt sichtlich geschockt und kann es kaum fassen. Mmerhin ist es das erste Mal, dass seine Frau eigenständig denkt und eine Entscheidung trifft. Noras Ehrlichkeit trifftt ihn und verwirrt ihn auch ein stückweit.
Nora kann nicht im Haus bleiben – das ist die Konsequenz die sie ziehen muss.
Helmer interessiert sich dafür, was er falsch gemacht habe. Nora spricht vom „Wunderbaren“, was nicht kam und daran hätte sie gesehen, dass Helmer nicht der Mann war für den sie ihn hielt. Helmer versteht Nora nicht; für ihn spricht sie in Rätseln.
Nora erklärt Helmer (erstaunlich ruhig und bedacht), dass sie lange auf das „Wunderbare“ gewartet hat. Als nun alles in sich zusammenzubrechen schien, dachte sie es wäre soweit „[...] und da war ich unerschütterlich fest überzeugt: jetzt kommt das Wunderbare! [...]“ Ihre Hoffnung wird durch das Ausrufezeichen sehr deutlich. Sie hoffte darauf, dass ihr Mann sich von Krogstad nicht einschüchtern würde. Sie zitiert das, was sie gehofft hatte, was ihr Mann sagen würde „[...]: Machen sie die Sache nur der ganzen Welt bekannt.“ Die kleine Nora wünscht sich einen Beschützer und hoffte in ihrer Not auf einen starken Mann und schließlich auch einem Helden.
Nora will weiter sprechen „[...] und wenn das geschehen-.“, doch sie wird von ihrem Mann unterbrochen, der sich rechtfertigt; er fragt, was dann geschehen wäre, wenn seine Frau am Pranger gestanden hätte. Helmer kann seine Theorie nicht zu Ende bringen, weil er nun wiederum von Nora unterbrochen wird, die nun ihre Hoffnung ausspricht. Sie hoffte, dass Helmer sagt „Ich bin der Schuldige!“. Helmer ist geschockt, was man unter anderem am Gedankenstrich und dem Ausrufezeichen erkennen kann. Er weiß gar nicht, was er sagen soll, also kommt das aufgeschreckt „Nora-!“.
Doch eben diese fährt einfach fort: „Du meinst, ein solches Opfer hätte ich niemals von dir angenommen?“; „Aber was hätten meine Versicherungen gegolten gegenüber den deinen?“.
Es sind rhetorische Fragen, die sie selbst beantwortet, weil sie ihre Eigenständigkeit und ihre Rechte als Frau demonstrieren möchte und muss. Nach der zweiten Frage (Aber was hätten[...]) folgt ein Gedankenstrich, welcher für den Schauspieler eine kleine Pause und für das Publikum Spannung bedeutet. Dann spricht Nora weiter „Das war das Wunderbare, worauf ich mit Schaudern hoffte. Und um das zu verhindern, wollt` ich meinem Leben eine Ende machen.“ Nora hätte sich also wieder für ihren Mann aufgeopfert, wenn das Wunderbare geschehen wäre. Sie „hoffte mit Schaudern“, was auch ihre Angst vor dem Wunderbarem zeigt.
Helmer behauptet, dass er durchaus „Kummer und Not“ ihretwegen tragen und freudig „Tag und Nacht“ für sie arbeiten würde, aber er würde nie seine Ehre für sie opfern, so wie es auch kein anderer Mann für seine Frau täte „ Aber niemand opfert der, die er liebt, seine Ehre.“ Doch genau das tat ja Nora für Helmer, als sie keinen anderen Ausweg sah, als die Unterschrift ihres Vaters zu fälschen, Nora opferte dem, den sie liebte ihre Ehre.
Helmer beweist hier wieder, worum es ihm wirklich geht: Nur um seine gesellschaftlichen Anerkennung, seinen Stand und seine Karriere.
Nora ist entsetzt „ Das haben Hunderttausende von Frauen getan!“ Ihr Entsetzen über die Aufopferung der Frauen für ihre Männer und die Gleichgültigkeit, welche die Männer beweisen, wird mit einem Ausrufzeichen verdeutlicht. Und zeigt, das Nora offensichtlich unterschätzt wurde und eine Rolle spielen musste, von der sie sich nun berfreit.
Helmer scheint aufgegeben zu haben „Ach.“. Doch er beleidigt Nora „[...] du denkst und redest wie ein unverständiges Kind.“.
Kind ist hier eine Metapher für Unmündigkeit und Unwissenheit. Doch Nora kontert sehr gut „Mag sein.“ Und das beleidigt Torvald in seiner Männlichkeit: „Aber du denkst und redest nicht wie der Mann, an den ich mich halten könnte.“
Sie spricht seine egoistische und auch oberflächliche Art Probleme zu lösen bzw. diese zu umgehen an „Als dein Schreck vorüber war- nicht über das, was mir drohte, sondern über das, was dir bevorstand- und ab dann nichts mehr zu fürchten war- da war's in deinen Augen, als sei gar nichts geschehen.“ Die vielen Gedankenstriche demonstrieren Noras Wut, Angst und Enttäuschung. Sie ist emotional sehr aufgebracht, weil sie sich in ihrem Ehemann und quasi auch in sich so getäuscht hat.
Nora erhebt sich vom Stuhl, und demonstriert damit ihre Entschlossenheit zu gehen. Sie erklärt Torvald, was sie in diesem Moment empfunden hast, als ihm der Schuldschein zugeschickt wurde und wieder alles beim Alten war „Torvald - in diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich hier acht Jahre lang mit einem fremden Mann zusammengelebt, dass ich ihm drei Kinder geboren- oh der Gedanke ist mir unerträglich! Ich könnte mich selbst in Stücke reißen.“ Nora hat ihre Naivität erkannt.
Der Autor weist an, dass Helmer „schwer“ zugibt, dass es Probleme in ihrer Beziehung gibt „Ich seh es, ich seh es: ein Abgrund hat sich zwischen uns aufgetan. Aber, Nora, sollte es sich nicht überbrücken lassen?“ Durch die Wiederholung sieht man, dass er versucht, sich krampfhaft festzuhalten – an Nora. Doch ist er ungeschickt, Nora erkennt die Oberflächlichkeit, weil er den „Abgrund“, also das Problem „überbrücken“ will. Aber warum will er den „Abgrund“ nicht schließen, also das Problem lösen? Er denkt wieder nur an sich und nicht an Noras Entwicklung und ihre Erkenntnis im laufe des Gesprächs.
Noras Kritik, dass er Probleme umgeht und sie nicht löst, ist also gerechtfertigt.
Sie antwortet ihm, geht aber nicht direkt auf seine Frage ein „So wie ich jetzt bin, bin ich keine Frau für dich.“ Und das sagt alles über ihre Beziehung und Torvalds Ansichten aus: ihre Willenskraft, Eigenständigkeit und ihre kritische Haltung zur Gesellschaft passt nicht in Helmers gutbürgerliches, ignorantes und borniertes Leben.
Aber er will, dass Nora bei ihm bleibt „Ich habe die Kraft, mich zu ändern.“ Womit er aber eher meint, er möchte Nora ändern…Nora glaubt auch daran, aber nur wenn sie geht „Vielleicht - wenn dir sie Puppe genommen ist“. Die Puppe steht als Metapher für sie selbst, für Nora Helmer, seine Ehefrau.
Helmer ist sehr traurig und aufgebracht, was man an der Wiederholung seiner Wörter sehen kann „Trennen - von dir trennen? Nein, nein Nora, den Gedanken kann ich nicht fassen.“ Er liebt sie wirklich, aber nicht als die eigenständige Frau, als die sie sich ihm gerade zeigt.
Henrik Ibsen weist nun darauf hin, dass Nora in ein anderes Zimmer geht und mit Reisetasche, Mantel und Hut zurückkommt. Sie sagt „Um so notwendiger muss es geschehen.“ Torvald fleht sie an, dass sie noch bis zum nächsten Tag warten soll. Er hofft wahrscheinlich, dass sie ihren jetzigen Entschluss eventuell doch noch ändert. Obwohl er ihre Antwort insgeheim sicher schon kennt, er erkennt, er hat sie verloren, kann es aber nicht wahr haben.
Nora zieht sich ihren Mantel an und sagt, sie könne sich nicht in der Wohnung eines fremden Mannes aufhalten. Mit dieser Aussage bestätigt sie ihren jetzigen Entschluss und betont abermals, dass sie sich in ihm geirrt hat.
Es ist jetzt endgültig vorbei. Und das ist wichtig, für alle.
Helmer schlägt vor, dass sie wie Geschwister zusammenleben könnten. Nora entgegnet: „Du weißt recht gut, dass das nicht lange dauern würde“. Sie bindet sich den Schal um und nun ist es soweit. Sie nimmt Abschied von Torvald „Lebe wohl - Torvald!“ Sie erklärt ihm, dass sie die Kinder nicht sehen will und dass sie wahrscheinlich mit ihrer Auffassung zur Gesellschaft einen schlechten Umgang für ihre Kinder sei und die Kinder bei Helmer besser aufgehoben wären. Wahrscheinlich will sie die Kinder auch nicht sehen, weil ihr so der Abschied schwerer fallen würde, denn sie liebt ihre Kinder trotz ihrer Entscheidung. Außerdem hat sie Helmers Aussage, er wolle ihr die Kinder entziehen, sehr verletzt.
Helmer will Nora überzeugen, dass es später vielleicht noch mal funktionieren könnte „Aber später, Nora – später?“. Sie behauptet, dass sie das jetzt nicht wissen könne, weil sie nicht weiß, was aus ihr wird. Helmer scheint Nora zu erpressen „Aber du bist meine Frau, jetzt und immer“ und sie an ihre Pflichten als Mutter und Ehefrau erinnern zu wollen. Doch Nora beweist ihm, dass sie sich sehr wohl mit den Gesetzen („Wenn eine Frau die Wohnung ihres Mannes verlässt [...]dann ist er, wie ich es gehört habe, nach dem Gesetz von allen Verpflichtungen gegen sie frei[...]“) auskennt und bittet ihn ihr zuzuhören „Höre-Torvald!“. Sie erklärt ihm, dass sie in Freiheit und an nichts gebunden sein will und auch er soll sich an nichts gebunden fühlen. Als Symbol dessen und der Trennung gibt sie ihm ihren Ehering zurück. Aber sie verlangt auch ihren Ring zurück. Helmer zögert „Auch das?“. Nora ist sich sicher und bejaht seine Frage „Das auch.“
Er willigt ein „Hier ist er“. Torvald Helmer scheint verstanden zu haben, dass Nora jetzt geht und da er ihr den Ehering zurückgibt akzeptiert er ihre Entscheidung, wenn auch nur widerwillig. Sie erklärt ihm, dass Christine ihre restlichen Sachen zusammenpacken und ihr nachschicken wird.
„Vorbei, vorbei“ jammert Helmer, was seine Verzweiflung zeigt. Er fragt Nora, ob sie an ihn denken wird. Hier kann man das erste Mal in diesem Dialog erkennen, dass er Nora doch liebt. Noch deutlicher wird es, als Helmer sie fragt, ob er ihr schreiben und ihr in schwierigen Situationen helfen könne. Nora sagt ihm, dass sie oft an ihn und die Kinder denken wird, aber sie lehnt den Briefwechsel und seine Hilfe ab „[...] Ich nehme von Fremden nichts an.“ Helmer ist bestürzt „[...] kann ich dir niemals mehr als ein Fremder sein?“ Er möchte unbedingt einen Weg finden, sich mit Nora zu verstehen, mit ihr in Kontakt zu bleiben. Nora gibt ihm zu verstehen, dass erst das „Wunderbarste“ geschehen müsse. Torvald möchte wissen, was das Wunderbarste sei. Diese Nachfrage zeigt, dass ihm etwas daran liegt, sich zu verändern, damit Nora zurück kommt. Sie behauptet, dass sich beide verändern müssten, aber dann unterbricht sie den Satz „[...] ich glaube nicht mehr an das Wunderbare.“ Es scheint als wolle sie gar keine Veränderung mehr, weil sie ihren Mann nicht mehr liebt. Und weil sie so irritiert ist. Helmer versucht es weiter. Er will aber an das Wunderbare glauben. Er fordert sie auf weiter zusprechen, er ist offensichtlich verzweifelt „Sprich es aus!“. Er fragt sie: „uns so verändern, dass-?“
Sie beantwortet seine Frage „Dass ein Zusammenleben zwischen uns beiden eine Ehe werden könnte.“ Und dann bricht sie mit einem „Leb wohl“ abrupt ab.
Nora scheint so schnell wie möglich gehen zu wollen. Sie geht durch den Flur hinaus und Helmer sinkt verzweifelt neben der Tür auf einen Stuhl und schlägt die Hände vor sein Gesicht. Für ihn scheint alles vorbei zu sein. Er ruft das letzte Mal nach seiner Frau „Nora! Nora!“. Dann sieht er sich um, steht auf und erkennt. Er spricht mit sich selbst „Leer. Sie ist nicht mehr hier.“ Helmer ist am Boden zerstört, traurig, verzweifelt und verwirrt. Und für ihn ist sicherlich nicht nur das Zimmer leer. Auch in seinem Kopf breitet sich Leere aus. Und in seinem Leben. Doch eine Hoffnung zuckt in ihm auf „Das Wunderbarste-?!“.
Vielleicht will sich Torvald Helmer nun wirklich ändern oder er glaubt daran, dass Nora als das „Wunderbarste“, zurückkommt.
Nora ist gegangen, man hört die Haustür ins Schloss fallen.
Im Dialog zwischen Nora und Torvald Helmer hat sie ein wenig mehr Sprechanteil, als er. Nora ist sehr bodenständig und realistisch im Bezug auf ihre Ehe und der Gesellschaft und deren Rollenverteilung- bzw. Erwartung. Sie ist entschlossen, etwas zu ändern und lässt sich auch von ihrem Mann nichts mehr suggerieren. Torvald Helmer jedoch ist verwirrt und schockiert, dass seine Frau sich das Recht, Kritik auszusprechen, herausnimmt. Am Anfang des Dialoges ist Helmer noch aggressiv und beleidigend, was sich aber im Verlauf des Gespräches ändert. Er wird zunehmend sensibler, empathischer, bis er am Ende resigniert. Torvald Helmer hat seine Frau Nora vielleicht doch mehr geliebt, als man am Beginn des Dialoges mitbekommen konnte.
Doch waren beide in den Zwängen der Gesellschaft und ihrer Zeit verankert. Und Nora bricht auf, raus ihrer Rolle. Auf in eine ungewisse Zukunft.
Quellen
spiegel.de/kultur/
http://www.artikelpedia.com/artikel/deutsch/15/inhaltsangabe-nora-ein-pu6.php
http://www.609.ch/D/Leseliste/tipp_i-l.htm
wikipedia.org/wiki/Henrik_Ibsen
(besucht am 25.04.2008)
Dramentheorie, Lehrerbegleitheft, Freiburg 1975
Arbeitsblatt “Dramatische Bauform und Gattung“ S. 46-51
Inhalt
Es handelt sich um eine komplette Hausarbeit, mit Biografie des Autors, Inhaltsangabe des Stückes, Einordnung in die Literaturgeschichte, Theatertheoretischem Ansatz und einer Szenenanalyse. Die Arbeit hat mir 15 Punkte im Leistungskurs gebracht.
Quellen befinden sich im Anhang. (4720 Wörter)
Quellen befinden sich im Anhang. (4720 Wörter)
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