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Facharbeit: Lessing: Emilia Galotti - Schuld des Prinzen am Tod Emilias

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Aufsatz: Debatte über die Schuld des Prinzens an Emilias Tod


Das bürgerliche Trauerspiel „Emilia Galotti“, wurde 1772 von Gotthold Ephraim Lessing unter Vorgabe seiner Hamburger Dramaturgie veröffentlicht und am 13. 3. 1772 in Braunschweig uraufgeführt. In seiner Hamburger Dramaturgie erneuert der Schriftsteller die technischen Ansprüche die zuvor an das Drama gestellt wurden. So lehnt Lessing beispielsweise die Ständeklausel ab, nach der immer Adelige in den Hauptrollen zu finden sind, und schreibt seiner aufklärerischen Gesinnung entsprechend "bürgerliche Trauerspiele", da seiner Meinung auch die Bürger der Tragödie würdig seien. Ein Beispiel dafür ist für solch ein Trauerspiel ist „Emilia Galotti“. Das Werk basiert auf einem Motiv von Titus Livius aus dem 5.Jahrhundert. In dessen „Virginia“- Geschichte wird der Patrizier Appius Claudius von der Begierde ergriffen, die schöne Virginia aus dem Plebejerstand zu verführen. Als er diese, die eigentlich mit dem früheren Tribunen Lucius Icilius verlobt ist, weder durch Geschenke noch durch Versprächen erlangen kann, nutzt er seine Macht und versucht Verginia, mit Hilfe eines Vertrauten durch Intrigen in seinen Besitz zu bringen. Als ihr Vater davon erfährt erdolcht er seine Tochter um deren Ehre zu retten. Es kommt zu einem Aufstand und das empörte Volk zwingt den Decimvirn Lucius Icilius zum Rücktritt und lässt jenen festnehmen. Der Vater wird freigesprochen, während sich der Patrizier im Gefängnis selbst richtet.

Lessing weicht bei seinem Drama am Schluss in zwei ganz entscheidenden Punkten von seiner historischen Vorlage ab. Erstens, Emilia bittet im Gegensatz zu Verginia ihren Vater um den Tod, was als „aus freier, vernünftiger und verantworteter Gewissensentscheidung erwachsene Tat“ verstanden werden kann. Damit entspricht es genau dem Zeitgeist der Aufklärung, der dem Bürger selbstständiges eigenverantwortliches Handeln abverlangt, was Kants Leitspruch „Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ deutlich macht. Ein zweiter wichtiger Unterschied ist, dass der Prinz im Gegensatz zu dem Patrizier Appius Claudius einer Strafe entgeht. Dieses zeigt, dass der privilegierte Adel in der Zeit der Aufklärung über den Gesetzen stand. Der Prinz war zwar die oberste Gerichtsbarkeit, musst sich jedoch seinen eigenen Gesetzten nicht unterziehen.

Bis auf diese zwei gravierende Unterschiede hält sich Lessing sehr genau an seine historische Vorlage. Sein Drama beschäftigt sich mit dem Hetorre Gonzago Prinz von Guastalla, (der als Parallelfigur des Appius Claudius gesehen werden kann), der die bürgerliche Emilia Galotti,(die der Virginia entspricht,) Tochter des Odoardo Galotti, ein tugendhaftes religiöses Mädchen, begehrt. Als er von der bevorstehenden Hochzeit jener mit dem Grafen Appiani erfährt, ist er von dem Wunsch sie zu besitzen so besessen, dass er seinem intriganten Kammerherren Marinelli freie Hand lässt das bevorstehende Bündnis zu verhindern. Dieser plant einen Überfall auf die reisende Hochzeitsgesellschaft bei dessen Ausführung Appiani ums Leben kommt und Emilia und ihre Mutter in das nahegelegene Lustschloss des Prinzen gebracht werden- angeblich zu ihrem Schutz, tatsächlich ist Emilia jedoch auf dem Schloss der Leidenschaft des Prinzen ausgeliefert. Die empörte ehemalige Mätresse des Prinzen Orsina, die die wahre Absicht des Prinzen ahnt, vertraut sich Emilias Vater Odoardo an. Sie informiert ihn über Appianis Tod und der Gefahr, die seiner Tochter droht, und händigt dem Waffenlosen ihren eigenen Dolch aus, mit dem er Appiani rächen und den Prinzen niederstechen soll. Sein bürgerliches Ehrgefühl lässt diese Tat nicht zu. Als Emilia, die den Prinzen zwar verabscheut, aber dennoch seiner Verführung zu erliegen fürchtet und nun keinen Ausweg mehr sieht, bittet ihren Vater schließlich um den Tod .

Er ersticht sie nach kurzem Zögern, um ihre Ehre zu bewahren. Emilia bestätigt seine Tat noch im Tode mit den Worten: “Eine Rose gebrochen, ehe der Sturm sie entblättert“ ,womit sie ihre Entscheidung wiederholt, dass sie den Tod der Verführung durch den Prinzen vorziehe. Der entsetzte Prinz erkennt seine Schuld, schiebt aber alle Verantwortung auf Marinelli: »Geh, dich auf ewig zu verbergen! - Ist es, zum Unglücke so mancher, nicht genug, dass Fürsten Menschen sind: müssen sich auch noch Teufel in ihren Freund verstellen?«
Es kommt die Frage nach der Schuld des Prinzen an Emilias Schicksal auf. Kann man den Prinzen für sein Handeln zur Rechenschaft ziehen?

Der leichtfertige Umgang des Prinzen mit seiner Macht ist zu verurteilen. Als höchster Repräsentant des Adels in Lessings Drama besitzt er eine gewisse Vorbildsfunktion, sowohl für das Volk als auch für den restlichen, ihm unterstellten Adel. Er führt diese aber nicht verantwortungsvoll aus, indem er beispielsweise leichtfertig Todesurteile „recht gern“ und „geschwind“ unterschreibt, da er gerade in guter Stimmung ist und mit seinen Gedanken bei Emilia und nicht bei den Staatsgeschäften , oder indem er einem Mädchen, nur aufgrund ihres Vornamens, der ihn an Emilia Galotti erinnert, eine Bitte erfüllt. „Viel gefodert, sehr viel. - Doch sie heißt Emilia. Gewährt!“Außerdem missbraucht er seine Macht für sein persönliches Wohl. Er begehrt Emilia und versucht sie anhand von Intrigen, die nur durch seine Machtstellung möglich sind, zu gewinnen. Er überlässt sogar seinem intriganten Kammerherren Marinelli die Vollmacht die Hochzeit zwischen Emilia und dem Grafen Appiani zu verhindern. Marinelli: „Wollen Sie mir freie Hand lassen, Prinz? Wollen Sie alles genehmigen, was ich tue?“, woraufhin der Prinz antwortet „Alles, Marinelli, alles, was diesen Streich abwenden kann“. Dieses Verhalten kann dem Prinzen angelastet werden, da er rücksichtslos und eigennützig handelt und so seiner Machtposition in keinster Weise verantwortungsvoll nachkommt und damit einen klaren Machtmissbrauch begeht, was aus obengenannten Gründen zu verurteilen ist.

Des weiteren verstößt der Prinz in mehreren Punkten, sowohl direkt als auch indirekt, gegen das von ihm als „oberster Gerichtsherr“ vertretene Gesetz. Erstens nimmt er den unrechtmäßigen Überfall auf die Hochzeitsgesellschaft aus dem eigennützigen Motiv der Begierde nach Emilia, billigend in Kauf, als er Marinellis Angebot „den Grafen augenblicklich zu entfernen“ freudig, mit den Worten „Vortrefflich!“ annimmt. Als er schließlich von den Tod des Grafen wärend des überfalls erfährt antwortet er nur: „der Tod des Grafen ist für mich ein Glück - das größte Glück, was mir begegnen konnte - das einzige Glück, was meiner Liebe zustatten kommen konnte“. Mit seiner Billigung macht er sich mindesten als Mitwisser der Tat, eher aber als indirekten Auftragsgeber Marinellis, da er ja der Höhergestellte ist und Marinelli freie Hand für die ihn bevorteiligenden Intrigen gibt, schuldig. Als zweite Straftat kann man Hettore Freiheitsraub an Emilia Galotti vorwerfen. Rücksichtslos führt er „sie nicht ohne Sträuben“ in seine Privatgemächer um sie unter dem Vorwand des notwendigen, von den Eltern getrennten Verhörs über den Anschlag auf Appiani, sie seiner Begierde auszusetzen. „Der Prinz schreckt nicht vor davor zurück , zynisch Marinellis Vokabular zu übernehmen: auch er „erschrecke vor einem kleinen Verbrechen nicht“, doch es müsse „ein kleines stilles ,heilsames Verbrechen “ sein“ .

Als letztes, und schwerwiegerstes Vergehen ist dem Prinzen anzulasten, dass er Emilia Kraft seines Amtes in eine Zwangslage versetzt hat, aus der sie den Tod als einzigen Ausweg gesehen hat, unbefleckt zu entkommen, und ihre Ehre zu retten. Der Prinz zerstört ein unschuldiges Leben aus purem Egoismus und Machtanspruch. Selbst wenn sie sich ihm hingegeben hätte, wäre es ihr von ihrem Stand aus nicht möglich gewesen sei , mehr als nur eine Geliebte des Prinzen zu werden. Und die Geliebten wurden, wie man ja auch an Orsina sehen kann, nach belieben wieder abgestoßen. Emilia wäre dann ohne Gesicherte Zukunft und mit befleckter Ehre ruiniert gewesen. Diesem Umstand, der auch dem Prinzen sehr wohl bekannt gewesen sein müsste, zieht sie den tod vor. Denn der Monarch lässt sogar den von Emilia heißgeliebte Appiani aus dem Weg schaffen, wobei er zu Tode kommt, um sein Ziel Emila zu besitzen zu erreichen. In seine überlegene Position trifft er auf die die Unbescholtenheit und Tugendhaftigkeit der Emilia, die mit der neuen, sie in Bedrängnis bringenden Situation völlig überfordert ist. Aus Gesprächen zwischen Mutter und Tochter geht hervor, wie aufgewühlt und schockiert Emilia nach dem Liebesgeständnis des Hettore in der Kirche ist: „Emilia (stürzet in einer ängstlichen Verwirrung herein). Wohl mir! wohl mir! - Nun bin ich in Sicherheit. Oder ist er mir gar gefolgt? (Indem sie den Schleier zurückwirft und ihre Mutter erblicket.) Ist er, meine Mutter? ist er? Nein, dem Himmel sei Dank!“ Auch der Prinz weiß, in welcher Verwirrung er Emilia stürtzt: “Stumm und niedergeschlagen und zitternd stand sie da; wie eine Verbrecherin, die ihr Todesurteil höret.“ Und trotzdem fährt er fort sie mit allen Mitteln zu Beträngen. Dieses Verhalten gilt es zu verurteilen.

Es gibt aber nicht nur Anklagen gegen den Prinzen hervorzubringen, da es auch einige Punkte gibt, die ihn ganz entscheidend gegen eine Verurteilung sprechen. Die zwei ersten entlasten den Thronfolger vielleicht nicht aus juristischer Sicht, aus menschlicher Sicht sprechen sie aber für ihn.
Zunächst muss man erwähnen, dass der Prinz durch seine Intrigen alle menschlichen Kontakte verloren hat, die ihm wichtig waren. Orsina wollte nichts mehr mit ihm zutun haben , und hat sich sogar gegen ihn gestellt. Sie hat seine Machenschaften an Odoardo Galotti verraten und wollte ihn zum Mord an ihrem ehemaligen Geliebten veranlassen, indem sie jenem ihren Dolch aushändigt. Marinelli, den Hettore immer als eine art Freund angesehen hat, gibt er die schuld an den Vorkommnissen und füllt sich betrogen von ihm. Ihn jagt der Monarch davon: “- Geh, dich auf ewig zu verbergen! - Geh! sag ich“ Und schließlich seine geliebte Emilia, die ihm ihre Zuneigung verweigert und sich am Ende noch durch den Tod sich seiner entgültig entzieht. Der Prinz steht am Schluss alleine mit seiner Schuld, alles durch selbstgesponnene Intrigen verloren zu haben da und muss mit dieser Schuld leben.

Ein weitere Tatsache entlastet Hettore teilweise von seiner Schuld: er selber hat sich , blind vor Liebe auf seinen intriganten Kammerherren Marinelli eingelassen. Er hat zum Beispiel den Tod Appianis, oder den brutalen Überfall der diesen verursachte nicht selber geplant- er kam ihm nur gerade recht.

Was aber unbedingt beachtet werden muss, ist die Zeit zu der die Tat begangen wurde. Zur Zeit der Aufklärung bestand der Absolutismus. Der Absolutismus ist eine Regierungsform, in welcher der Monarch allein die Herrschaftsgewalt besitzt, ohne auf die Mitwirkung oder Zustimmung autonomer politischer Körperschaften (vor allem der Stände) angewiesen zu sein. Zumeist legitimiert er sich durch einen göttlichen Auftrag, erkennt das göttliche und historische Recht an, obwohl er über den gegebenen Gesetzen steht und diese auch brechen kann (princeps legibus et ordinibus solutus est). Der Herrscher steht außerhalb der vorgegebenen Ordnung, der Erwartungen und Privilegien der Stände . Dies bedeutet in dem konkreten Fall des Prinzen Hettore, der ein absolutistischer Herrscher ist, das er all seine Intrigen- aus der Sicht der damaligen Zeit ungestraft hat spinnen dürfen, und auch sein bedrängen Emilias rechtens gewesen wäre. Der Prinz handelt also nach damaligem Rechtsverständnis juristisch nicht falsch. Insgesamt muss man um über die Schuld oder Unschuld des Prinzen urteilen zu können, seine Verbrechen unter Berücksichtigung der mildernden Umstände, obwohl diese einem Kriminalrichter zu nichtig scheine würden, und vor dem Hintergrund des damaligem Rechts- und Selbstverständnis abwägen. Es lässt sich sagen, dass nach heutigem Rechtsverständnis der Prinz auf jeden Fall strafrechtlich verfolgt werden müsste, da die heutige Gesellschaft kein Verständnis für den Machtmissbrauch und sein egoistisches Verhalten Emilia gegenüber hätte. Nach damaligen Rechtsverständnis aber hätte niemand außer Gott den Prinzen richten dürfen, da er der, wie im vorhergegangenen Text ersichtlich wurde, die absolute Gewalt innehielt. Da die Vergehen des Prinzen zur damaligen Zeit begangen wurden und teilweise durchaus den Sitten dieser Zeit entsprachen dürfte man den Prinzen nicht juristisch belangen, obwohl er nach dem heutigen Gerechtigkeitssinn als schuldig befunden werden müsste. Er hat das Verbrechen unter damals geltendem Recht begangen, deshalb müsste es auch nach damals geltendem Recht gerichtet werden. Interessant ist aber der Wandel des Rechtsempfindens .Während noch 1892 noch folgendes Zitat„Jeder Criminalrichter müsste ihn (den Prinzen ) unbedingt freisprechen.“ die zeitliche Nähe zur der Epoche des Absolutismus und dem damaligen Recht symbolisiert ist man schon rund 60 Jahre später anderer Meinung:

„In der Tat handelt es sich bei dem Prinzen um nichts als um das politische Moment des widerwärtigen Missbrauchs despotischer Gewalt.“ (1955).Diese Einstellung entspricht noch heute, wiederum 50 Jahre später der allgemeinen Meinung.
So lässt sich abschließend sagen, dass man dem Prinzen nur seine moralische Schuld anlasten kann, die er selber erkennen und tragen muss.
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Hausaufsatz über Lessings Emilia Galotti;Debatte über die Schuld des Prinzens an Emilias Tod. (2115 Wörter)
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