Facharbeit zum Thema Vegetarismus (Argumentation Peter Singers)
Facharbeit: Warum ist es moralisch notwendig, sich vegetarisch zu ernähren?
Eine Darstellung und Überprüfung der Argumentation Peter Singers
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung in die Fragestellung und aktueller Bezug 3
1.1. Bemerkung zur Verwendung der Quellen 3
2. Hauptteil: Die Argumentation Singers 4
2.1. Was ist Vegetarismus? 4
2.2. Was ist Utilitarismus? 4
2.2.1. Präferenzutilitarismus 4
2.3. Erklärung der Argumentation Singers 5
2.3.1. Warum eine Tierethik? 5
2.3.2. Warum Vegetarismus? 7
2.4. Überprüfung von Singers Argumentation 9
2.4.1. Ein weiterer Grund für die moralische Notwendigkeit des Fleischverzichts 10
3. Schluss: Was bleibt zu tun? 12
Literaturverzeichnis 13
1. Einführung in die Fragestellung und aktueller Bezug
Das Thema Vegetarismus hat im öffentlichen Denken immer wieder zu Diskussionen und Auseinandersetzungen geführt. Schon seit der Antike vertreten verschiedene (z.T. religiöse) Strömungen verschiedene Arten fleischloser Ernährung. Viele Denker und Philosophen, wie Sokrates, Pythagoras. oder Rousseau waren Vegetarier (vgl. Internet Q1). Es handelt sich also keineswegs um eine neue Idee, die Richtigkeit des Verzehrs anderer Lebewesen anzuzweifeln.
Epidemien unter Nutztieren, Fleischskandale und Berichte über die Zustände in Massentierhaltungsbetrieben lenken gerade heute den Blick immer wieder auf die moderne Massentierhaltung und werfen damit die Frage auf, wie jeder einzelne von uns zur Frage der Nutztierhaltung und -schlachtung steht.
Aktuelle Buchveröffentlichungen wie "Tiere essen" von Jonathan Safran Foer oder "Anständig essen" von Karen Duve zeigen, dass sich jeder Fleischkonsument mit der Problematik auseinandersetzen sollte und dies nicht nur ein Thema für Philosophen und Greenpeace- Aktivisten ist.
Es gibt viele Gründe für eine vegetarische Lebensweise, von gesundheitlichen Aspekten über ökonomische, bis hin zu persönlichen Erfahrungen mit Tieren oder mit der Massentierhaltung.
Ich möchte mich in meiner Arbeit jedoch auf den moralischen Aspekt beziehen. Meine Darlegung der Argumentation des Philosophen Peter Singers soll zeigen, dass es - unter bestimmten Prämissen- für die Mitglieder der zivilisierten Gesellschaft moralisch notwendig ist, sich vegetarisch zu ernähren.
Zur Erklärung und Erhärtung dieser Behauptung werde ich zunächst Singers utilitaristischen Ansatz klären und anschließend dessen Anwendung auf die philosophische Betrachtung des Fleischverzehrs.
Der zweite Teil der Arbeit beinhaltet meine Auseinandersetzung und Überprüfung der Argumentation Singers, sowie weiterführende Überlegungen meinerseits.
1.1 Bemerkung zur Verwendung der Quellen:
Ich beziehe mich- sofern nicht anders angegeben- in meiner Arbeit auf das Werk "Praktische Ethik" von Peter Singer (s. Literaturverzeichnis). Bei wörtlicher oder sinngemäßer Bezugnahme auf dieses Werk ist daher nur die Seitenzahl angegeben.
2. Hauptteil: Die Argumentation Singers
2.1 Was ist Vegetarismus?
Unter der Bezeichnung "Vegetarismus" werden viele Arten fleischloser Ernährung zusammengefasst. Daher soll im Vorfeld klargestellt sein, dass es in dieser Facharbeit um das Halten und anschließende Töten von Tieren (inklusive Fischen) zum direkten Verzehr durch Menschen gehen wird. Der beschriebene Vegetarismus schließt weder den Verzicht auf tierische Erzeugnisse wie Milch oder Eier, noch auf den Gebrauch von Produkten, für die Tierversuche durchgeführt wurden, ein.
2.2 Was ist Utilitarismus?
Der Philosoph Peter Singer geht bei seiner Argumentation von einem utilitaristischen Ansatz aus. Im klassischen Utilitarismus wird eine Handlung als richtig betrachtet, "wenn sie ebensoviel oder mehr Zuwachs an Glück für alle Betroffenen produziert, als irgendeine alternative Handlung, und als schlecht, wenn sie das nicht tut." (S.11). Eine Handlung wird also nicht nach den ihr zu Grunde liegenden Motiven bewertet, sondern allein nach den aus ihr resultierenden Folgen ( Konsequentialismus) (vgl. S.11). Es wird so stets diejenige Handlung als moralisch richtig angesehen, die insgesamt für alle Betroffenen (und hier schließt Singer im Folgenden die Tiere mit ein) die besten Konsequenzen hat.
2.2.1 Präferenzutilitarismus
Singer differenziert seine Position jedoch und grenzt sie von klassischen utilitaristischen Positionen (wie z.B. der Jeremy Benthams) ab. Für klassische Utilitaristen soll das Ziel jeder Handlung sein, Lust zu vermehren und Unlust zu vermeiden. Es kann sich hier jedoch auch um kurzfristige Lust handeln, die im Nachhinein vielleicht sogar mehr Unlust produziert als Lust. Singer beschreibt daher nur jene Handlung als richtig, die "nach reiflicher Erwägung die Interessen der Betroffenen fördert". (S.24) Es geht ihm also um langfristige Interessen und nicht nur um häufig kurz währende Lust und Unlust. Singer ist daher Vertreter des Präferenzutilitarismus.
2.3 Erklärung der Argumentation Singers
2.3.1 Warum eine Tierethik?
Wie soeben beschrieben, geht Singer also von einer Interessenabwägung unter denjenigen aus, die von einer bestimmten Handlung betroffen sind.
Dabei gebietet das Prinzip der Gleichheit, alle Interessen gegeneinander abzuwägen, egal von wem sie stammen (vgl. S.70).
In der heutigen Gesellschaft ist man sich darüber einig, dass weder Hautfarbe, noch Geschlecht oder Höhe des IQ eine Rechtfertigung für die Unterdrückung oder Missachtung der Interessen anderer sein darf. Eine Denkweise, die dies dennoch tut, wird als Rassismus bezeichnet und von der Allgemeinheit in der Regel nicht gebilligt.
Der entscheidende Schritt Singers besteht in der Ausweitung dieses Prinzips über die Grenzen der menschlichen Gattung hinaus. Denn bei der Interessenabwägung muss jedes Lebewesen berücksichtigt werden, dass ein erkennbares Interesse hat (vgl. S.73).
Das elementarste Interesse ist dasjenige, Schmerz zu vermeiden. Daher ist laut Singer jedes Lebewesen, das Schmerz empfinden kann, bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, da es das Interesse hat, keinen oder möglichst wenig Schmerz zu empfinden. So gibt es für ihn kein nachvollziehbares Argument, das gerechtfertigt, das Leid und damit die Interessen von Tieren bei einer Interessenabwägung nicht mit zu berücksichtigen (vgl. S.73).
Menschen, die die Interessen der Mitglieder anderer Spezies nicht berücksichtigen, einfach aus dem Grund, weil sie keine Menschen sind, bezeichnet Singer als "Speziesisten"(S.73). Er vergleicht Menschen mit dieser Einstellung mit Rassisten.
Ein Rassist misst bei einer Kollision von Interessen denen der eigenen Rasse mehr Gewicht zu als denen einer anderen Rasse und bestreitet, dass Empfindungen anderer Rassen den gleichen Stellenrang haben, wie die der eigenen. Ebenso misst ein "Speziesist" bei einer Kollision von Interessen denen der eigenen Spezies (hier also denen der Menschen) mehr Gewicht zu als denen anderer Spezies (z.B. denen der Schweine) und bestreitet, dass Empfindungen anderer Spezies den gleichen Stellenrang haben, wie die der eigenen (vgl. S.73f).
Singer gesteht ein, dass es Unterschiede zwischen Menschen und Tieren und ihrem Empfinden von Leid gibt. Die Fähigkeit vorausschauend zu denken und sich auch aufgrund von Spekulationen zu fürchten, macht manches Leid für Menschen vermutlich schlimmer als für Tiere. Würden z. B. an Menschen schmerzhafte Experimente durchgeführt und man entführte die benötigten Menschen per Zufallsprinzip aus öffentlichen Parks, dann käme zu dem Leid, das die Versuche bei den direkt betroffenen Menschen verursachte, auch noch die Angst der übrigen Menschen hinzu, die sich nun jedes Mal, wenn sie einen Park beträten, davor fürchteten, eingefangen zu werden. Singer geht davon aus, dass Tiere diese ,Spekulationsängste' nicht besäßen. Bei Tierversuchen leiden also ,nur' diejenigen Tiere, an denen tatsächlich experimentiert wird (vgl.S.75).
Es ist jedoch wichtig, sich hier klarzumachen, dass nach dieser Überlegung Kleinkinder oder geistig stark behinderte Kinder genauso für diese Versuche in Frage kämen, wie die Tiere. Wird hier trotzdem ein Unterschied gemacht, liegt für Singer ein klarer Fall von Speziesismus vor (vgl. S.75).
Außerdem kann man einwenden, dass sich das Ausmaß des Leids bei Tieren nicht richtig einschätzen oder mit dem menschlichen Leid vergleichen ließe. Singer entgegnet darauf, dass dies erstens bei Menschen genau so wenig der Fall sei. Wenn wir das Leid anderer beurteilen, greifen wir immer auf unsere eigenen Erfahrungen zurück, um deren Leid einzuordnen. Einen genauen ,Schmerzvergleich' kann es also auch zwischen zwei menschliche Individuen nicht geben (vgl. S.77).
Zweitens geht es ihm auch gar nicht um eine exakte Bestimmung des Leids oder einen Vergleich mit dem Menschen. Allein die Tatsache, dass Leid vorhanden ist, dessen Vermeidung den Menschen noch nicht einmal erheblich schaden würde, sollte zum Umdenken in unserem Verhalten Tieren gegenüber veranlassen, denn "das Ergebnis wäre die Vermeidung einer unermesslichen Summe von Leiden" (S.77).
2.3.2 Warum Vegetarismus?
Diese Vorüberlegungen bezieht Singer nun auf den Fleischkonsum des Menschen. In diesem Fall stehen sich in der Betrachtungsweise der gleichen Interessenabwägung die kurz währende Freude am Geschmack des Fleisches für einen Menschen und das lebenslange Leid eines Tieres gegenüber.
Diese Formulierung beschreibt natürlich den Fall der größten Ungleichheit. Wenn ein Inuit Robben jagt, da er fast keine anderen Möglichkeiten zur Nahrungsbeschaffung hat, dann dient das Töten des Tieres nicht allein seinem Genuss, sondern ist für ihn womöglich überlebenswichtig. Außerdem hat die Robbe ihr Leben in Freiheit und unter natürlichen Umständen verbracht. Sie hat vermutlich kein leidvolles Leben hinter sich. Hier lässt sich der Fleischverzehr also eventuell rechtfertigen (vgl. S.78f).
Doch die Realität in Europa sieht anders aus. Auf der einen Seite stehen die meisten Menschen unserer westlichen Gesellschaft, die (mehr oder weniger häufig) Fleisch essen. Fast alle von ihnen hätten die Möglichkeit, sich ohne weiteres fleischlos zu ernähren; für sie ist der Verzehr von Fleisch ein gewohnter Luxus. Es ist nachgewiesen, dass auch ohne Fleisch ein gesundes und langes Leben möglich ist (vgl. S.79).
Auf der anderen Seite stehen die Tiere, bei denen keineswegs von einem freien Leben unter natürlichen Umständen gesprochen werden kann. 98% der in Deutschland verzehrten Tiere stammen aus Massentierhaltung (vgl Safran Foer, 2010, S. 377). Diese Tiere sehen kaum etwas oder nichts von ihrer natürlichen Umgebung und führen ein leidvolles und kurzes Leben, das nicht mit dem der gejagten Robbe zu vergleichen ist. In der Massentierhaltung sind Tiere Gegenstände einer profitorientierten Wirtschaftskette und werden auch so behandelt (vgl. S.79f).
In den meisten Fällen steht also ein relativ kleines Interesse (der Genuss von Fleisch), auf das ohne großen Schaden verzichtet werden könnte, dem großen Interesse, ein Leben mit weniger Qualen und Leid zu führen gegenüber.
Und der Großteil unserer Gesellschaft stellt das kleine menschliche Interesse über das große der Tiere.
Hier zeigt sich also der beschriebene Speziesismus. Denn niemand würde geistig stark behinderte Menschen oder Säuglinge, die weniger kognitive Fähigkeiten haben, als die meisten ausgewachsenen Säugetiere unter den gleichen Bedingungen leben lassen, wie sie die meisten Nutztiere erleben.
Dieser Speziesismus muss laut Singer bekämpft werden. Er fordert deshalb dazu auf, die Herkunft des konsumierten Fleisches genau zu überprüfen, denn er bestreitet nicht, dass es in kleineren Familienbetrieben möglich sein kann, Tiere auf eine größtenteils leidfreie Art zu halten und zu schlachten. Diese Höfe bilden jedoch eine absolute Ausnahme unter den Fleisch produzierenden Unternehmen. Jeden, der die Herkunft seines konsumierten Fleisches nicht genau nachverfolgen kann, ruft Singer zu einer fleischfreien Ernährung auf, da nur so das Prinzip der Interessenabwägung richtig befolgt werden kann (vgl. S.80f).
2.4 Überprüfung von Singers Argumentation
Ich denke Singer stellt seine Argumentation in sehr klarer und gut nachvollziehbarer Weise dar. Er argumentiert sachlich und logisch und geht nur an wenigen geeigneten Stellen auf seine eigenen Erfahrungen und Ansichten ein. Daher kann ihm auch ein Laie kann ihm gut folgen und seine Gedanken nachvollziehen.
Natürlich wurden einige weitergehende Gedanken, die das behandelte Thema unmittelbar betreffen, hier nicht besprochen (wie z.B. die Frage nach der Moralität des bloßen Tötens von Tieren). Dies liegt allerdings nicht an einer Nichtbeachtung von Seiten Singers sondern am begrenzten Umfang dieser Arbeit.
Ein Punkt, der an seiner Arbeit anzumerken wäre, ist, dass er sich ausschließlich auf den Präferenzutilitarismus als ethische Position bezieht und alle seine Gedankenschritte auf diesem Grundprinzip aufbaut.
Diesen Umstand erklärt er jedoch bereits im ersten Kaptitel des Werkes "Praktische Ethik", in dem er den Utilitarismus, nach längerer Erläuterung als "eine minimale, eine erste [ethische] Grundlage, zu der wir gelangen, indem wir den vom Eigeninteresse geleiteten Entscheidungsprozess universalisieren" beschreibt (vgl. S.24). Er schließt damit nicht die Berechtigung anderer ethischer Positionen aus, stellt jedoch den Anspruch einer Rechtfertigung dieser Positionen dem Utilitarismus gegenüber. Aus den in Kapitel 1 dargestellten Gründen neigt Singer jedoch zu einer utilitaristischen Position und begründet seine Argumentation daher auf dieser ethischen Ansicht (vgl. S.25).
Ein möglicher Einwand bezieht sich auf den Speziesismus. Es wird hier davon ausgegangen, dass sich doch jedes Lebewesen instinktiv als erstes um das Interesse seiner eigenen Spezies kümmert und dieses daher als das wichtigste ansieht. Diese Hypothese kann durchaus der Wahrheit entsprechen, sie mildert die Unmoralität des menschlichen Verhaltens jedoch nicht ab.
Erstens führt der Speziesismus bei keiner Tierart dazu, dass die eine Spezies eine andere organisiert ausbeutet oder über viele Generationen hinweg in lebenslanger Gefangenschaft und Folter leben lässt. Der Speziesismus tritt bei ihnen nur infolge von direkten Interessenskonflikten (z.B. beim Kampf um eine Wasserstelle) oder beim Jagen und Fressen um zu überleben auf. Und dies kann, wie oben bereits erläutert nicht mit der Massentierhaltung verglichen werden.
Zweitens gehen wir davon aus, dass nur der Mensch seine Handlungen moralisch abwägen kann und daher auch als einziges Lebewesen für seine Taten verantwortlich ist. Nur er steht in der Verantwortung, die Prinzipien, die er innerhalb seiner eigenen Spezies als richtig ansieht (z.B. Gleichheit), auch außerhalb seiner Spezies anzuwenden. Es kann daher auch nur ihm der Speziesismus vorgeworfen werden, da er über seine eigenen Handlungen reflektieren und sie als moralisch oder unmoralisch bewerten kann
2.4.1 Ein weiterer Grund für die moralische Notwendigkeit des Fleischverzichts
Ich möchte im Folgenden einen Punkt aufgreifen, den Singer in seiner Argumentation kurz erwähnt, auf den er jedoch nicht weiter eingeht, da sein Schwerpunkt bei anderen Aspekten liegt.
Auf S. 79 erklärt Singer, dass die Nutztierhaltung "keine effiziente Art der Nahrungsproduktion [ist], weil die meisten Tiere, die in industrialisierten Gesellschaften konsumiert werden, mit Getreide und anderer Nahrung gemästet worden sind, die wir auch direkt hätten zu uns nehmen können" (S.79). Im Weiteren zeigt er auf, dass beim Verzehr des Tieres nur etwa 10% des Nährwertes des ursprünglichen Getreides beim Verbraucher landen.
Dieser von Singer nur in einem kleinen Abschnitt erwähnte Punkt ist für mich ein weiteres und darüber hinaus eines der überzeugendsten Argumente für die Unmoralität der Nutztierhaltung zu Nahrungszwecken. Selbst ein Mensch, dem die Tiere und ihr Leid gleichgültig wären, könnte diesen Punkt nicht einfach ignorieren. Der Verzehr von Fleisch und die dafür erforderliche Züchtung von Tieren kommt der Vernichtung riesiger Lebensmittelmengen gleich. Um eine Kalorie tierisches Fleisch zu erhalten, benötigt das geschlachtete Tier zwischen 6 und 26 Futterkalorien (vgl. Safran Foer, 2010, S. 242). Und das Futter, das die Nutztiere zu fressen bekommen, könnte genauso gut von Menschen gegessen werden. Die gewonnene Energie wäre um ein Vielfaches höher.
Dass Fleisch ein ineffizientes Nahrungsmittel ist, zeigt sich auch an diesen Beispielen: "Auf einem Hektar Land können nur Futtermittel zur Produktion von 185 Kilogramm Rindfleisch, aber zum Beispiel 22'500 Kilogramm Kartoffeln angebaut werden. Zur Produktion von 100 Gramm Rindfleisch bedarf es 2000 Liter Wasser, während 100 Gramm Weizen bloß 5 Liter Wasser erfordern. Will heißen: Mit der Wassermenge, die in die Produktion eines einzigen Big Macs (ca. 100 Gramm Fleisch) eingeht, kann man rund 40-mal duschen." (vgl. Internet- Q2)
Es ließen sich zahlreiche weitere Beispiele aufzählen, die die Ineffizienz der Fleischproduktion verdeutlichen. Und in einer Welt in der eine Milliarde Menschen an dauerhafter Unterernährung leidet (vgl. Internet- Q2), zeugt dieser Umstand von maßloser Ungerechtigkeit.
Die Nutztierhaltung und Fleischproduktion schadet also nicht nur den direkt betroffenen Tieren, sondern auch der Menschheit selbst.
Es braucht also gar nicht zwingend den Vergleich zwischen menschlichen und tierischen Interessen, welche von manchen Menschen einfach schlichtweg ignoriert werden (wobei diese ethische Überlegung auf keinen Fall vernachlässigt werden sollte). Es stehen sich nämlich auch rein menschliche Interessen gegenüber. Auf der einen Seite der westliche Verbraucher mit dem Interesse für wenig Geld Fleisch zu konsumieren und damit einen kurzen Genuss zu erlangen. Auf der anderen Seite die Bevölkerung der dritten Welt auf deren Anbauflächen das Futter für die bei uns verzehrten Tiere angebaut wird. Ihnen wird damit die Nahrungsgrundlage entzogen, ihr Interesse gilt dem nackten Überleben.
Dies zeigt: Wer Fleisch kauft, missachtet nicht nur die Interessen unserer tierischen Verwandten, sonder trägt gleichzeitig noch zur globalen Ungerechtigkeit und zur Vergrößerung des Hungerproblems bei.
Dieser Punkt sollte meiner Meinung nach, beim Nachdenken über das eigene Essverhalten unbedingt berücksichtigt und sehr ernst genommen werden.
3. Schluss: Was bleibt zu tun?
Es wurde nun also deutlich gemacht, dass es für die meisten Mitglieder der westlichen Welt moralisch notwendig wäre, sich vegetarisch zu ernähren.
Peter Singer und andere Philosophen und Schriftsteller haben diese Hypothese auf die eine oder andere Art verifiziert.
Doch warum gehört Fleisch heutzutage immer noch zu den meist konsumierten Nahrungsmitteln? Warum wird Massentierhaltung weiter gefördert und ausgebaut? Warum müssen sich die Vegetarier für ihr Essverhalten rechtfertigen und nicht die Fleischesser?
Diese Fragen verweisen auf unsere Esskultur, auf Traditionen, aber auch auf den heutigen Lebensmittelmarkt und die Mechanismen, die das Fleisch zu billig machen und die Menschen dazu bringen, es zu kaufen.
Es muss nun weitergeforscht werden, warum es für uns so schwierig ist auf Fleisch zu verzichten. Warum Gammelfleischskandale und Bilder aus der Massentierhaltung einfach in den Hintergrund gedrängt werden, wenn das fertige Fleisch auf dem Teller liegt. Denn das Interessante ist ja, dass die wenigsten Menschen, dem Leid der Tiere gleichgültig gegenüber stehen. So viele Menschen haben Haustiere und geben erhebliche Summen für deren Wohlergehen aus. Tiere sind den Menschen nicht egal. Bilder aus Schlachthäusern und Massetierhaltungsbetrieben lösen bei den meisten Menschen Mitleid oder Ekel aus. Doch das fertige, konsumierte Fleisch wird entweder nicht mit diesen Bildern in Verbindung gebracht, oder die Verbindung wird verdrängt. Es muss ein Bewusstsein geschaffen werden, für das unbeschreibliche Leid, das Tiere wegen unseres Fleischkonsums erleiden müssen. Und für die Mechanismen, die dafür sorgen, dass Fleisch zu Preisen angeboten wird, die so nur zustande kommen können, weil Tiere wie Gegenstände behandelt werden. Wir brauchen eine Aufklärung die schon bei den Kindern beginnt, damit sie begreifen, was hinter unserem billigen Fleisch steckt.
Es muss nicht jeder von heute auf morgen auf jeglichen Fleischverzehr verzichten. Aber jeder muss dem eigenen Essverhalten auf den Grund gehen und sich dessen Konsequenzen bewusst werden. Wer Fleisch konsumiert, sollte wissen, wo es herkommt und was hinter seiner Herstellung steckt. Kein vernünftig denkender Mensch darf sich der Verantwortung entziehen, sich über die Auswirkungen der Fleischproduktion zu informieren und seine eigene Handlungsweise zu überprüfen.
Literaturverzeichnis
Gedruckte Quellen:
[1] Singer, Peter "Praktische Ethik", Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart, 1984
[2] Safran Foer, Jonathan, "Tiere essen, Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG, Köln, 2010
Internetquellen:
Becker, Herbert: "Geschichte des Vegetarismus"
http://www.tierrechte-tv.de/Themen/Vegetarismus/vegetarismus.html
(01.03.2011)
= Internet- Q1
Mannino, Adriano: "Für einen Bissen Fleisch..."
http://www.decroissance-bern.ch/storage/files/antidot-s23-fleisch.pdf
(08.03.2011)
= Internet- Q2
Eine Darstellung und Überprüfung der Argumentation Peter Singers
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung in die Fragestellung und aktueller Bezug 3
1.1. Bemerkung zur Verwendung der Quellen 3
2. Hauptteil: Die Argumentation Singers 4
2.1. Was ist Vegetarismus? 4
2.2. Was ist Utilitarismus? 4
2.2.1. Präferenzutilitarismus 4
2.3. Erklärung der Argumentation Singers 5
2.3.2. Warum Vegetarismus? 7
2.4. Überprüfung von Singers Argumentation 9
2.4.1. Ein weiterer Grund für die moralische Notwendigkeit des Fleischverzichts 10
3. Schluss: Was bleibt zu tun? 12
Literaturverzeichnis 13
1. Einführung in die Fragestellung und aktueller Bezug
Das Thema Vegetarismus hat im öffentlichen Denken immer wieder zu Diskussionen und Auseinandersetzungen geführt. Schon seit der Antike vertreten verschiedene (z.T. religiöse) Strömungen verschiedene Arten fleischloser Ernährung. Viele Denker und Philosophen, wie Sokrates, Pythagoras. oder Rousseau waren Vegetarier (vgl. Internet Q1). Es handelt sich also keineswegs um eine neue Idee, die Richtigkeit des Verzehrs anderer Lebewesen anzuzweifeln.
Epidemien unter Nutztieren, Fleischskandale und Berichte über die Zustände in Massentierhaltungsbetrieben lenken gerade heute den Blick immer wieder auf die moderne Massentierhaltung und werfen damit die Frage auf, wie jeder einzelne von uns zur Frage der Nutztierhaltung und -schlachtung steht.
Aktuelle Buchveröffentlichungen wie "Tiere essen" von Jonathan Safran Foer oder "Anständig essen" von Karen Duve zeigen, dass sich jeder Fleischkonsument mit der Problematik auseinandersetzen sollte und dies nicht nur ein Thema für Philosophen und Greenpeace- Aktivisten ist.
Ich möchte mich in meiner Arbeit jedoch auf den moralischen Aspekt beziehen. Meine Darlegung der Argumentation des Philosophen Peter Singers soll zeigen, dass es - unter bestimmten Prämissen- für die Mitglieder der zivilisierten Gesellschaft moralisch notwendig ist, sich vegetarisch zu ernähren.
Zur Erklärung und Erhärtung dieser Behauptung werde ich zunächst Singers utilitaristischen Ansatz klären und anschließend dessen Anwendung auf die philosophische Betrachtung des Fleischverzehrs.
Der zweite Teil der Arbeit beinhaltet meine Auseinandersetzung und Überprüfung der Argumentation Singers, sowie weiterführende Überlegungen meinerseits.
1.1 Bemerkung zur Verwendung der Quellen:
Ich beziehe mich- sofern nicht anders angegeben- in meiner Arbeit auf das Werk "Praktische Ethik" von Peter Singer (s. Literaturverzeichnis). Bei wörtlicher oder sinngemäßer Bezugnahme auf dieses Werk ist daher nur die Seitenzahl angegeben.
2. Hauptteil: Die Argumentation Singers
2.1 Was ist Vegetarismus?
Unter der Bezeichnung "Vegetarismus" werden viele Arten fleischloser Ernährung zusammengefasst. Daher soll im Vorfeld klargestellt sein, dass es in dieser Facharbeit um das Halten und anschließende Töten von Tieren (inklusive Fischen) zum direkten Verzehr durch Menschen gehen wird. Der beschriebene Vegetarismus schließt weder den Verzicht auf tierische Erzeugnisse wie Milch oder Eier, noch auf den Gebrauch von Produkten, für die Tierversuche durchgeführt wurden, ein.
2.2 Was ist Utilitarismus?
Der Philosoph Peter Singer geht bei seiner Argumentation von einem utilitaristischen Ansatz aus. Im klassischen Utilitarismus wird eine Handlung als richtig betrachtet, "wenn sie ebensoviel oder mehr Zuwachs an Glück für alle Betroffenen produziert, als irgendeine alternative Handlung, und als schlecht, wenn sie das nicht tut." (S.11). Eine Handlung wird also nicht nach den ihr zu Grunde liegenden Motiven bewertet, sondern allein nach den aus ihr resultierenden Folgen ( Konsequentialismus) (vgl. S.11). Es wird so stets diejenige Handlung als moralisch richtig angesehen, die insgesamt für alle Betroffenen (und hier schließt Singer im Folgenden die Tiere mit ein) die besten Konsequenzen hat.
2.2.1 Präferenzutilitarismus
Singer differenziert seine Position jedoch und grenzt sie von klassischen utilitaristischen Positionen (wie z.B. der Jeremy Benthams) ab. Für klassische Utilitaristen soll das Ziel jeder Handlung sein, Lust zu vermehren und Unlust zu vermeiden. Es kann sich hier jedoch auch um kurzfristige Lust handeln, die im Nachhinein vielleicht sogar mehr Unlust produziert als Lust. Singer beschreibt daher nur jene Handlung als richtig, die "nach reiflicher Erwägung die Interessen der Betroffenen fördert". (S.24) Es geht ihm also um langfristige Interessen und nicht nur um häufig kurz währende Lust und Unlust. Singer ist daher Vertreter des Präferenzutilitarismus.
2.3 Erklärung der Argumentation Singers
2.3.1 Warum eine Tierethik?
Wie soeben beschrieben, geht Singer also von einer Interessenabwägung unter denjenigen aus, die von einer bestimmten Handlung betroffen sind.
Dabei gebietet das Prinzip der Gleichheit, alle Interessen gegeneinander abzuwägen, egal von wem sie stammen (vgl. S.70).
In der heutigen Gesellschaft ist man sich darüber einig, dass weder Hautfarbe, noch Geschlecht oder Höhe des IQ eine Rechtfertigung für die Unterdrückung oder Missachtung der Interessen anderer sein darf. Eine Denkweise, die dies dennoch tut, wird als Rassismus bezeichnet und von der Allgemeinheit in der Regel nicht gebilligt.
Der entscheidende Schritt Singers besteht in der Ausweitung dieses Prinzips über die Grenzen der menschlichen Gattung hinaus. Denn bei der Interessenabwägung muss jedes Lebewesen berücksichtigt werden, dass ein erkennbares Interesse hat (vgl. S.73).
Das elementarste Interesse ist dasjenige, Schmerz zu vermeiden. Daher ist laut Singer jedes Lebewesen, das Schmerz empfinden kann, bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, da es das Interesse hat, keinen oder möglichst wenig Schmerz zu empfinden. So gibt es für ihn kein nachvollziehbares Argument, das gerechtfertigt, das Leid und damit die Interessen von Tieren bei einer Interessenabwägung nicht mit zu berücksichtigen (vgl. S.73).
Menschen, die die Interessen der Mitglieder anderer Spezies nicht berücksichtigen, einfach aus dem Grund, weil sie keine Menschen sind, bezeichnet Singer als "Speziesisten"(S.73). Er vergleicht Menschen mit dieser Einstellung mit Rassisten.
Ein Rassist misst bei einer Kollision von Interessen denen der eigenen Rasse mehr Gewicht zu als denen einer anderen Rasse und bestreitet, dass Empfindungen anderer Rassen den gleichen Stellenrang haben, wie die der eigenen. Ebenso misst ein "Speziesist" bei einer Kollision von Interessen denen der eigenen Spezies (hier also denen der Menschen) mehr Gewicht zu als denen anderer Spezies (z.B. denen der Schweine) und bestreitet, dass Empfindungen anderer Spezies den gleichen Stellenrang haben, wie die der eigenen (vgl. S.73f).
Singer gesteht ein, dass es Unterschiede zwischen Menschen und Tieren und ihrem Empfinden von Leid gibt. Die Fähigkeit vorausschauend zu denken und sich auch aufgrund von Spekulationen zu fürchten, macht manches Leid für Menschen vermutlich schlimmer als für Tiere. Würden z. B. an Menschen schmerzhafte Experimente durchgeführt und man entführte die benötigten Menschen per Zufallsprinzip aus öffentlichen Parks, dann käme zu dem Leid, das die Versuche bei den direkt betroffenen Menschen verursachte, auch noch die Angst der übrigen Menschen hinzu, die sich nun jedes Mal, wenn sie einen Park beträten, davor fürchteten, eingefangen zu werden. Singer geht davon aus, dass Tiere diese ,Spekulationsängste' nicht besäßen. Bei Tierversuchen leiden also ,nur' diejenigen Tiere, an denen tatsächlich experimentiert wird (vgl.S.75).
Es ist jedoch wichtig, sich hier klarzumachen, dass nach dieser Überlegung Kleinkinder oder geistig stark behinderte Kinder genauso für diese Versuche in Frage kämen, wie die Tiere. Wird hier trotzdem ein Unterschied gemacht, liegt für Singer ein klarer Fall von Speziesismus vor (vgl. S.75).
Außerdem kann man einwenden, dass sich das Ausmaß des Leids bei Tieren nicht richtig einschätzen oder mit dem menschlichen Leid vergleichen ließe. Singer entgegnet darauf, dass dies erstens bei Menschen genau so wenig der Fall sei. Wenn wir das Leid anderer beurteilen, greifen wir immer auf unsere eigenen Erfahrungen zurück, um deren Leid einzuordnen. Einen genauen ,Schmerzvergleich' kann es also auch zwischen zwei menschliche Individuen nicht geben (vgl. S.77).
Zweitens geht es ihm auch gar nicht um eine exakte Bestimmung des Leids oder einen Vergleich mit dem Menschen. Allein die Tatsache, dass Leid vorhanden ist, dessen Vermeidung den Menschen noch nicht einmal erheblich schaden würde, sollte zum Umdenken in unserem Verhalten Tieren gegenüber veranlassen, denn "das Ergebnis wäre die Vermeidung einer unermesslichen Summe von Leiden" (S.77).
2.3.2 Warum Vegetarismus?
Diese Vorüberlegungen bezieht Singer nun auf den Fleischkonsum des Menschen. In diesem Fall stehen sich in der Betrachtungsweise der gleichen Interessenabwägung die kurz währende Freude am Geschmack des Fleisches für einen Menschen und das lebenslange Leid eines Tieres gegenüber.
Diese Formulierung beschreibt natürlich den Fall der größten Ungleichheit. Wenn ein Inuit Robben jagt, da er fast keine anderen Möglichkeiten zur Nahrungsbeschaffung hat, dann dient das Töten des Tieres nicht allein seinem Genuss, sondern ist für ihn womöglich überlebenswichtig. Außerdem hat die Robbe ihr Leben in Freiheit und unter natürlichen Umständen verbracht. Sie hat vermutlich kein leidvolles Leben hinter sich. Hier lässt sich der Fleischverzehr also eventuell rechtfertigen (vgl. S.78f).
Doch die Realität in Europa sieht anders aus. Auf der einen Seite stehen die meisten Menschen unserer westlichen Gesellschaft, die (mehr oder weniger häufig) Fleisch essen. Fast alle von ihnen hätten die Möglichkeit, sich ohne weiteres fleischlos zu ernähren; für sie ist der Verzehr von Fleisch ein gewohnter Luxus. Es ist nachgewiesen, dass auch ohne Fleisch ein gesundes und langes Leben möglich ist (vgl. S.79).
Auf der anderen Seite stehen die Tiere, bei denen keineswegs von einem freien Leben unter natürlichen Umständen gesprochen werden kann. 98% der in Deutschland verzehrten Tiere stammen aus Massentierhaltung (vgl Safran Foer, 2010, S. 377). Diese Tiere sehen kaum etwas oder nichts von ihrer natürlichen Umgebung und führen ein leidvolles und kurzes Leben, das nicht mit dem der gejagten Robbe zu vergleichen ist. In der Massentierhaltung sind Tiere Gegenstände einer profitorientierten Wirtschaftskette und werden auch so behandelt (vgl. S.79f).
In den meisten Fällen steht also ein relativ kleines Interesse (der Genuss von Fleisch), auf das ohne großen Schaden verzichtet werden könnte, dem großen Interesse, ein Leben mit weniger Qualen und Leid zu führen gegenüber.
Und der Großteil unserer Gesellschaft stellt das kleine menschliche Interesse über das große der Tiere.
Hier zeigt sich also der beschriebene Speziesismus. Denn niemand würde geistig stark behinderte Menschen oder Säuglinge, die weniger kognitive Fähigkeiten haben, als die meisten ausgewachsenen Säugetiere unter den gleichen Bedingungen leben lassen, wie sie die meisten Nutztiere erleben.
Dieser Speziesismus muss laut Singer bekämpft werden. Er fordert deshalb dazu auf, die Herkunft des konsumierten Fleisches genau zu überprüfen, denn er bestreitet nicht, dass es in kleineren Familienbetrieben möglich sein kann, Tiere auf eine größtenteils leidfreie Art zu halten und zu schlachten. Diese Höfe bilden jedoch eine absolute Ausnahme unter den Fleisch produzierenden Unternehmen. Jeden, der die Herkunft seines konsumierten Fleisches nicht genau nachverfolgen kann, ruft Singer zu einer fleischfreien Ernährung auf, da nur so das Prinzip der Interessenabwägung richtig befolgt werden kann (vgl. S.80f).
2.4 Überprüfung von Singers Argumentation
Ich denke Singer stellt seine Argumentation in sehr klarer und gut nachvollziehbarer Weise dar. Er argumentiert sachlich und logisch und geht nur an wenigen geeigneten Stellen auf seine eigenen Erfahrungen und Ansichten ein. Daher kann ihm auch ein Laie kann ihm gut folgen und seine Gedanken nachvollziehen.
Natürlich wurden einige weitergehende Gedanken, die das behandelte Thema unmittelbar betreffen, hier nicht besprochen (wie z.B. die Frage nach der Moralität des bloßen Tötens von Tieren). Dies liegt allerdings nicht an einer Nichtbeachtung von Seiten Singers sondern am begrenzten Umfang dieser Arbeit.
Ein Punkt, der an seiner Arbeit anzumerken wäre, ist, dass er sich ausschließlich auf den Präferenzutilitarismus als ethische Position bezieht und alle seine Gedankenschritte auf diesem Grundprinzip aufbaut.
Diesen Umstand erklärt er jedoch bereits im ersten Kaptitel des Werkes "Praktische Ethik", in dem er den Utilitarismus, nach längerer Erläuterung als "eine minimale, eine erste [ethische] Grundlage, zu der wir gelangen, indem wir den vom Eigeninteresse geleiteten Entscheidungsprozess universalisieren" beschreibt (vgl. S.24). Er schließt damit nicht die Berechtigung anderer ethischer Positionen aus, stellt jedoch den Anspruch einer Rechtfertigung dieser Positionen dem Utilitarismus gegenüber. Aus den in Kapitel 1 dargestellten Gründen neigt Singer jedoch zu einer utilitaristischen Position und begründet seine Argumentation daher auf dieser ethischen Ansicht (vgl. S.25).
Ein möglicher Einwand bezieht sich auf den Speziesismus. Es wird hier davon ausgegangen, dass sich doch jedes Lebewesen instinktiv als erstes um das Interesse seiner eigenen Spezies kümmert und dieses daher als das wichtigste ansieht. Diese Hypothese kann durchaus der Wahrheit entsprechen, sie mildert die Unmoralität des menschlichen Verhaltens jedoch nicht ab.
Erstens führt der Speziesismus bei keiner Tierart dazu, dass die eine Spezies eine andere organisiert ausbeutet oder über viele Generationen hinweg in lebenslanger Gefangenschaft und Folter leben lässt. Der Speziesismus tritt bei ihnen nur infolge von direkten Interessenskonflikten (z.B. beim Kampf um eine Wasserstelle) oder beim Jagen und Fressen um zu überleben auf. Und dies kann, wie oben bereits erläutert nicht mit der Massentierhaltung verglichen werden.
Zweitens gehen wir davon aus, dass nur der Mensch seine Handlungen moralisch abwägen kann und daher auch als einziges Lebewesen für seine Taten verantwortlich ist. Nur er steht in der Verantwortung, die Prinzipien, die er innerhalb seiner eigenen Spezies als richtig ansieht (z.B. Gleichheit), auch außerhalb seiner Spezies anzuwenden. Es kann daher auch nur ihm der Speziesismus vorgeworfen werden, da er über seine eigenen Handlungen reflektieren und sie als moralisch oder unmoralisch bewerten kann
2.4.1 Ein weiterer Grund für die moralische Notwendigkeit des Fleischverzichts
Ich möchte im Folgenden einen Punkt aufgreifen, den Singer in seiner Argumentation kurz erwähnt, auf den er jedoch nicht weiter eingeht, da sein Schwerpunkt bei anderen Aspekten liegt.
Auf S. 79 erklärt Singer, dass die Nutztierhaltung "keine effiziente Art der Nahrungsproduktion [ist], weil die meisten Tiere, die in industrialisierten Gesellschaften konsumiert werden, mit Getreide und anderer Nahrung gemästet worden sind, die wir auch direkt hätten zu uns nehmen können" (S.79). Im Weiteren zeigt er auf, dass beim Verzehr des Tieres nur etwa 10% des Nährwertes des ursprünglichen Getreides beim Verbraucher landen.
Dieser von Singer nur in einem kleinen Abschnitt erwähnte Punkt ist für mich ein weiteres und darüber hinaus eines der überzeugendsten Argumente für die Unmoralität der Nutztierhaltung zu Nahrungszwecken. Selbst ein Mensch, dem die Tiere und ihr Leid gleichgültig wären, könnte diesen Punkt nicht einfach ignorieren. Der Verzehr von Fleisch und die dafür erforderliche Züchtung von Tieren kommt der Vernichtung riesiger Lebensmittelmengen gleich. Um eine Kalorie tierisches Fleisch zu erhalten, benötigt das geschlachtete Tier zwischen 6 und 26 Futterkalorien (vgl. Safran Foer, 2010, S. 242). Und das Futter, das die Nutztiere zu fressen bekommen, könnte genauso gut von Menschen gegessen werden. Die gewonnene Energie wäre um ein Vielfaches höher.
Dass Fleisch ein ineffizientes Nahrungsmittel ist, zeigt sich auch an diesen Beispielen: "Auf einem Hektar Land können nur Futtermittel zur Produktion von 185 Kilogramm Rindfleisch, aber zum Beispiel 22'500 Kilogramm Kartoffeln angebaut werden. Zur Produktion von 100 Gramm Rindfleisch bedarf es 2000 Liter Wasser, während 100 Gramm Weizen bloß 5 Liter Wasser erfordern. Will heißen: Mit der Wassermenge, die in die Produktion eines einzigen Big Macs (ca. 100 Gramm Fleisch) eingeht, kann man rund 40-mal duschen." (vgl. Internet- Q2)
Es ließen sich zahlreiche weitere Beispiele aufzählen, die die Ineffizienz der Fleischproduktion verdeutlichen. Und in einer Welt in der eine Milliarde Menschen an dauerhafter Unterernährung leidet (vgl. Internet- Q2), zeugt dieser Umstand von maßloser Ungerechtigkeit.
Die Nutztierhaltung und Fleischproduktion schadet also nicht nur den direkt betroffenen Tieren, sondern auch der Menschheit selbst.
Es braucht also gar nicht zwingend den Vergleich zwischen menschlichen und tierischen Interessen, welche von manchen Menschen einfach schlichtweg ignoriert werden (wobei diese ethische Überlegung auf keinen Fall vernachlässigt werden sollte). Es stehen sich nämlich auch rein menschliche Interessen gegenüber. Auf der einen Seite der westliche Verbraucher mit dem Interesse für wenig Geld Fleisch zu konsumieren und damit einen kurzen Genuss zu erlangen. Auf der anderen Seite die Bevölkerung der dritten Welt auf deren Anbauflächen das Futter für die bei uns verzehrten Tiere angebaut wird. Ihnen wird damit die Nahrungsgrundlage entzogen, ihr Interesse gilt dem nackten Überleben.
Dies zeigt: Wer Fleisch kauft, missachtet nicht nur die Interessen unserer tierischen Verwandten, sonder trägt gleichzeitig noch zur globalen Ungerechtigkeit und zur Vergrößerung des Hungerproblems bei.
Dieser Punkt sollte meiner Meinung nach, beim Nachdenken über das eigene Essverhalten unbedingt berücksichtigt und sehr ernst genommen werden.
3. Schluss: Was bleibt zu tun?
Es wurde nun also deutlich gemacht, dass es für die meisten Mitglieder der westlichen Welt moralisch notwendig wäre, sich vegetarisch zu ernähren.
Peter Singer und andere Philosophen und Schriftsteller haben diese Hypothese auf die eine oder andere Art verifiziert.
Doch warum gehört Fleisch heutzutage immer noch zu den meist konsumierten Nahrungsmitteln? Warum wird Massentierhaltung weiter gefördert und ausgebaut? Warum müssen sich die Vegetarier für ihr Essverhalten rechtfertigen und nicht die Fleischesser?
Diese Fragen verweisen auf unsere Esskultur, auf Traditionen, aber auch auf den heutigen Lebensmittelmarkt und die Mechanismen, die das Fleisch zu billig machen und die Menschen dazu bringen, es zu kaufen.
Es muss nun weitergeforscht werden, warum es für uns so schwierig ist auf Fleisch zu verzichten. Warum Gammelfleischskandale und Bilder aus der Massentierhaltung einfach in den Hintergrund gedrängt werden, wenn das fertige Fleisch auf dem Teller liegt. Denn das Interessante ist ja, dass die wenigsten Menschen, dem Leid der Tiere gleichgültig gegenüber stehen. So viele Menschen haben Haustiere und geben erhebliche Summen für deren Wohlergehen aus. Tiere sind den Menschen nicht egal. Bilder aus Schlachthäusern und Massetierhaltungsbetrieben lösen bei den meisten Menschen Mitleid oder Ekel aus. Doch das fertige, konsumierte Fleisch wird entweder nicht mit diesen Bildern in Verbindung gebracht, oder die Verbindung wird verdrängt. Es muss ein Bewusstsein geschaffen werden, für das unbeschreibliche Leid, das Tiere wegen unseres Fleischkonsums erleiden müssen. Und für die Mechanismen, die dafür sorgen, dass Fleisch zu Preisen angeboten wird, die so nur zustande kommen können, weil Tiere wie Gegenstände behandelt werden. Wir brauchen eine Aufklärung die schon bei den Kindern beginnt, damit sie begreifen, was hinter unserem billigen Fleisch steckt.
Es muss nicht jeder von heute auf morgen auf jeglichen Fleischverzehr verzichten. Aber jeder muss dem eigenen Essverhalten auf den Grund gehen und sich dessen Konsequenzen bewusst werden. Wer Fleisch konsumiert, sollte wissen, wo es herkommt und was hinter seiner Herstellung steckt. Kein vernünftig denkender Mensch darf sich der Verantwortung entziehen, sich über die Auswirkungen der Fleischproduktion zu informieren und seine eigene Handlungsweise zu überprüfen.
Literaturverzeichnis
Gedruckte Quellen:
[1] Singer, Peter "Praktische Ethik", Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart, 1984
[2] Safran Foer, Jonathan, "Tiere essen, Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG, Köln, 2010
Internetquellen:
Becker, Herbert: "Geschichte des Vegetarismus"
http://www.tierrechte-tv.de/Themen/Vegetarismus/vegetarismus.html
(01.03.2011)
= Internet- Q1
Mannino, Adriano: "Für einen Bissen Fleisch..."
http://www.decroissance-bern.ch/storage/files/antidot-s23-fleisch.pdf
(08.03.2011)
= Internet- Q2
Inhalt
Die Facharbeit beschäftigt sich mit der Frage, warum es unter bestimmten Voraussetzungen moralisch notwendig ist, sich vegetarisch zu ernähren. Sie bezieht sich dazu hauptsächlich auf die Argumentation des Philosophen Peter Singer in seinem Buch "Praktische Ethik". Im Schlussteil ist noch ein weiteres Argument und ein Ausblick enthalten. (3162 Wörter)
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von unbekannt
Schlagwörter
Vegetarismus | Peter Singer | Ethik | Fleischverszicht | Facharbeit | Vegetarier | Veganer | Facharbeit
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Es handelt sich hier um einen fremden, nutzergenerierten Inhalt für den keine Haftung übernommen wird.
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