Menu schließen

Andreas Gryphius - Tränen des Vaterlandes - Gedichtanaylse

Frage: Andreas Gryphius - Tränen des Vaterlandes - Gedichtanaylse
(1 Antwort)


Autor
Beiträge 1
0
Wir sollen als Hausaufgabe eine Gedichtanalyse von "Tränen des Vaterlandes" schreiben. Ich bin mir mit den Formulierungen, bzw. den Stilmitteln nicht sicher, ob das so gut ist und wäre dankbar über Rückmeldung.


Tränen des Vaterlandes – Andreas Gryphius
Gedichtanalyse
Bei dem Gedicht „Tränen des Vaterlandes“ handelt es sich um ein Sonett von Andreas Gryphius, einem der bedeutendsten Lyriker des deutschen Barocks, aus dem Jahr 1636. Andreas Gryphius lebte von 1616 bis 1664. Er verlor schon in frühen Jahren seine Eltern, sowie seine beiden Geschwister Paul und Anna Marie im Jahr 1640. Sein Leben wurde wesentlich vom 30-jährigen Krieg geprägt, der von 1618 bis 1648 anhielt, weshalb Zerstörung, Verlust und Leid häufige Themen in seinen Werken sind. Darin handelt es sich hauptsächlich um die immer wieder auftretenden Motive „memento mori“ (=Gedenke dass du sterblich bist) und „Vanitas“ (=Nichtigkeit/ Vergänglichkeit), welche zwei der drei wichtigsten Motive der Barockzeit sind.
Das Sonett „Tränen des Vaterlandes“ beschreibt das Leiden und die Folgen des 30-jährigen Krieges aus Sicht des Volkes und des lyrischen Ichs. Gryphius beschreibt, wie düster die Zeit war und wie wenig Hoffnung es gab, dabei schreibt er ausschließlich über das Negative seiner Zeit.

Das Gedicht lässt sich gliedern in Aufgesang, Strophe 1+2, und in Abgesang, Strophe 3+4. Es folgt dem Aufbau eines Sonetts, welches aus vier Strophen; zwei Quartetten, Vierzeilern und zwei Terzetten, Dreizeilern, besteht. In den Quartetten wird jeweils ein umarmender Reim (abba) verwendet und Paarreime in den Terzetten, wobei die letzten Zeilen der Terzetten einen Schweifreim ergeben (ccd eed). Gryphius verwendet durchweg einen Alexandriner, also einen sechs-hebigen Jambus, mit den Kadenzen weiblich, männlich, männlich, weiblich in den ersten beiden Strophen und männlich, männlich, weiblich in den beiden letzten Strophen. Der Autor verwendet eine dichterische Sprache mit vollständigen längeren Sätzen, sowie harten Konsonanten, also r, s und t, ausgenommen Strophe zwei, da Gryphius dort eher einen parataktischen, also einen harten, abgehackten, Satzbau verwendet. Im Aufgesang geht es um die Exempla in Bildern, also hauptsächlich um die Folgen, welche der 30-jährige Krieg mit sich gebracht hat. Von materiellen Schäden, wie die in Trümmern liegende Stadt, bis hin zu körperlichen Folgen, wie Pest und Tod. Im Abgesang geht es um die innere Reflexion der Exempla, also um die seelischen Folgen der Überlebenden.

Bereits im Titel „Tränen des Vaterlandes (Anno 1636)“ sieht man, dass das Gedicht inmitten des 30-jährigen Krieges verfasst wurde. Dabei steht „Vaterland“ für das gesamte Volk, in dem alle Bürger eines Staates vereint werden. Die „Tränen“ deuten auf den schlechten Zustand des Volkes hin, welches mitten im Krieg ist, sowie auf die Leiden, denen das Volk hilflos ausgesetzt ist. Durch die Personifikation lässt sich dies bildhaft besser vorstellen.
Mit dem beginnenden Wort „wir“ im ersten Vers, wird deutlich, dass das lyrische Ich mitten in dem Geschehen dabei ist und sich an das Volk richtet, welches die Geschehnisse zu dieser Zeit miterlebt hat. Das lyrische Ich beklagt, dass alles zerstört ist. Durch das, im ersten Vers verwendete Correctio, wird der angerichtete Schaden noch schlimmer dargestellt. In den beiden darauffolgenden Versen wird aufgezählt, wie alles vernichtet wurde, das „der frechen Völker Schar, die rasende Posaun, Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Kartaun“ (V.2+3) den Schweiß, Fleiß und Vorrat (V.4) zerstört haben. Bei dieser Aufzählung verwendet Gryphius eine Alliteration, („der“, „die“; „Das“, „die“), um zu betonen, was alles geschah und um dem Leser möglichst genau in die Tiefgründigkeit der Geschehnisse eintauchen zu lassen. Mit der Metapher im zweiten Vers „frechen Völker Schar“ wird, mithilfe gleichklingender Konsonanten, betont ausgedrückt, dass fremde Soldaten eingedrungen sind. Das pars pro toto „vom Blut fette Schwert“ (V.3) lenkt den Blick auf die Kriegswaffen, von denen viele Menschen umgebracht wurden. Außerdem steht das „Schwert“ in dem Sinne als Symbol für den Krieg. Im letzten Vers des ersten Quartetts wird mit einer Klimax und einem Polysyndeton verstärkt aufgezählt, dass die Menschen das Ergebnis, ihre Arbeit und ihre Lebensgrundlage verloren haben und das der Krieg als Folge vor allem Hungersnot mit sich brachte, „Vorrat aufgezehrt“.
In den ersten beiden Zeilen der zweiten Strophe stellt das lyrische Ich fest, dass das Rathaus und die Kirche zerstört sind, die Verwaltung zusammengebrochen ist und die Führungspersonen getötet wurden. Im siebten Vers beobachtet das lyrische Ich Vergewaltigungen und es gibt anschließend zu verstehen, dass die Stadt brennt, den Menschen ihr Heim genommen wurde und das alles ein Opfer der Zerstörung ist. Die Menschen sind seelisch verwahrlost. Metaphorisch könnte „die Kirch ist umgekehrt“ dafür stehen, dass der Glaube den Menschen abhandengekommen ist (V.5). Vers fünf und sechs bilden gemeinsam eine Synekdoche, da das Bild zerstörter Türme, einer zerstörten Kirche, sowie eines zerstörten Rathauses nur ein Teil der Auswirkung eines ganzen Krieges zeigt. Der aus fünf Parataxen bestehende Parallelismus vom fünften zum siebten Vers, die, wie bereits in der ersten Strophe, immer mit dem gleichen Konsonant beginnen („Die“, „die“, „Das“, „die“, „Die“), betont erneut die Ereignisse, die ein Krieg mit sich nimmt. Durch die Inversion und zugleich Alliteration in Vers sieben wird vertieft, dass es gleichgültig ist wo an hinsieht, da überall alles zerstört wurde. Die Klimax „Feuer, Pest und Tod“ (V.8) hebt die Auswirkung des Krieges im Äußerlichen hervor, wo hingegen „Herz und Geist“ die Auswirkungen des Krieges innerlich, seelisch, hervorheben.
In der dritten Strophe ist der Krieg immer noch im Gange, viele Menschen sterben und das Blut Unschuldiger wird vergossen (V.9f). Dabei scheint es dem lyrischen Ich so, als sei die Stadt „verstopft“ von Leichen (V.11). Das in Vers 9 „allzeit frische[s] Blut“ steht metaphorisch für die vielen Leichen in der Stadt. Mit der Periphrase und zugleich Alliteration „Dreimal sind schon sechs Jahr“ will das lyrische Ich ausdrücken, dass der Krieg bereits 18 Jahre andauerte und das dieser unwahrscheinlich langsam vorüber ging. Im entfernten Sinne kann man die Zahlen symbolisch betrachten, als Symbol für den Teufel (6x6x6), als Tat des Teufels, beziehungsweise um die Schrecklichkeit und Grausamkeit dieses Krieges mit der Hölle zu vergleichen. An diese Grausamkeit wird in Vers elf durch die Hyperbel „von Leichen fast verstopft“ angeknüpft.
Im zweiten Terzett gibt es einen Perspektivenwechsel zum „ich“ (V.12). Am Anfang der letzten Strophe stellt das lyrische Ich fest, dass es das Schlimmste bisher nicht dargestellt hat, das es noch schlimmeres als den Tod, sowie Pest und Hungersnot gibt (V.12f). Mit der Akkumulation, beziehungsweise der Klimax, die sich von Pest zu Glut zu Hungersnot und schließlich zum Tod steigert wird die Dramatik der damaligen Schäden und Folgen des Krieges dargestellt. Im letzten Vers begreift das lyrische Ich die ganze Tragweite der Katastrophe, dass es viel schlimmer ist, dass den Menschen die Hoffnung, die Moral, die Menschlichkeit und das Seelenheil genommen wurde. Das lyrische Ich fasst dies mit einem Neologismus, „Seelenschatz“, zusammen. „Der Seelenschatz [[ist]…] abgezwungen“ bedeutete, dass viele ihre Hoffnung und somit ihren Glauben, der damals einen sehr hohen Stellenwert hatte, verloren haben, also kaum etwas da war, für das es sich zu Leben lohnte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht das Leid der Menschen während und nach des 30-jährigen Krieges beschreibt. Die physischen, sowie psychischen Schäden der Menschen, aber auch die materiellen Zerstörungen werden vom lyrischen Ich dargestellt. Neben dem Krieg gab es auch noch die Pest und Hungersnot, was die Menschen zusätzlich belastete und ihnen meistens das Leben kosteten. Daher tretet das Motiv „memento mori“, „gedenke, dass du stirbst“, immer wieder in dem, aber auch in anderen Gedichten zur Zeit des 30-jährigen Krieges, beziehungsweise zur Barockzeit, auf. Außerdem erscheint auch das „Vanitas“-Motiv des Öfteren auf, da vieles zerstört wurde und daher vergänglich ist.
Das lyrische Ich könnte man auf Gryphius selbst beziehen, da er den kompletten 30-jährigen Krieg miterlebt hat und dieser, sowie der frühe Verlust seiner Eltern und Geschwister, ihn sehr geprägt hat.
Das Sonett bietet sich an, da der Aufgesang die Bilder des Krieges zeigt und der Abgesang die Reflexion des lyrischen Ichs. Das Sonett in seiner Regelmäßigkeit bietet dazu ein antithetisches Bild zum verstörenden Inhalt. Metaphorik und Zwillingsformeln unterstreichen die Aussage.
Ich finde Gryphius hat in seinem Gedicht deutlich zu verstehen gegeben, wie es zur Zeit des Krieges für die Menschen war. Man kann sich zu den schrecklichen Geschehnissen, die er in dem Sonett darstellt bildlich vorstellen, wie es im 30-jährigen Krieg zugegangen ist.
Frage von annonymos | am 16.09.2019 - 23:23


Autor
Beiträge 40293
2104
Antwort von matata | 17.09.2019 - 14:28
https://gutenberg.spiegel.de/buch/gedichte-9714/8
---> Text des Gedichtes
________________________
 e-Hausaufgaben.de - Team

Verstoß melden
Hast Du eine eigene Frage an unsere Deutsch-Experten?

> Du befindest dich hier: Support-Forum - Deutsch
ÄHNLICHE FRAGEN:
BELIEBTE DOWNLOADS: