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Rechtslehre - Geschäftsfähigkeit

Frage: Rechtslehre - Geschäftsfähigkeit
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Ich habe folgende Geschäftsfälle und soll begründen ob sie rechtsfähig sind oder nicht, habe meine Antwort so wie es mir denken könnte, das es ist, jeweils dazu geschrieben. Wäre sehr dankbar wenn mich jemand korrigieren könnte, am besten mit einer Begründung für mich, damit ich es verstehe :)


1. Der 17-Jährige Hans hat mit Einwilligung der Eltern eine Ausbildung zum Rechtsanwaltfachangestellten begonnen. Seine Eltern verlangen, dass er einen Teil der Ausbildungsvergütung zu Hause abgibt. Hans ist wütend und weigert sich zu zahlen. Zu Recht?

-> Meine Vermutung: Er muss nicht zahlen, da er das Geld mit eigenen Mitteln verdient hat und ihm zusteht (bitte korrigieren)

2. Die 16-jährige Mia arbeitet in den Ferien mit der Erlaubnis ihrere Eltern als Ferienarbeiterin. Nach 2 Wochen hat sie Kreuzschmerzen. Sie geht zum Chef und kündigt.
-> (Ich weiß, dass sie die Zustimmung brauch um zu arbeiten..) Also gehe ich davon aus, dass sie die Zustimmung auch bei einer Kündigung brauch, weil sie ja nur beschränkt geschäftsfähig ist. (Andererseits kanns ja nicht sein, dass wenn die Eltern gegen eine Kündigung sind, das Mädchen trotzdem gegen ihren Willen weiterarbeiten muss, kann ich mir nicht vorstellen)

3. Der 17-jährige Paul übernimmt das Schuhgeschäft seines Vaters (unter rechtlichen Voraussetzungen) und verdient Tausende von €. Er kauft sich voller stolz einen teuren Armani Anzug für 1600 €. Sein Vater schimpft, und besteht darauf er solle den Anzug sofort zurückbringen.
-> Ich denke, er darf den Anzug behalten, da er das Geld mit eigenen Mitteln verdient hat. (bitte korriegieren)
Frage von LOL129 | am 03.12.2017 - 11:28


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Antwort von Ritchy (ehem. Mitglied) | 03.12.2017 - 12:26
Zu 2.): Ich glaube, Mia kann nicht wirksam kündigen, da sie nur beschränkt geschäftsfähig ist. Sie braucht die Zustimmung/Erlaubnis ihrer Eltern, z.B. durch eine schriftliche Vollmacht.

https://www.juraforum.de/forum/t/darf-ein-minderjaehriger-azubi-sein-ausbildungsverhaeltnis-kuendigen.54420/
Sie kann sich wegen ihrer Kreuzschmerzen auch krankschreiben lassen. Beachte, es geht nicht um das tatsächliche Arbeiten als anwesende Person von Mia, sondern nur um den (Arbeits-)Vertrag.
Auch eine Kündigung seitens des Arbeitgebers muß dem gestzlichen Vertreter (Eltern/Vormund) zugehen!
Zu 3.): Ich glaube, Paul muß den Anzug zurückgeben. Paul ist beschränkt geschäftsfähig, das wußte auch der Anzugverkäufer. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erfolgt nicht. Der Vertrag war schwebend unwirksam und ist nun durch Anfechtung nichtig geworden. Paul darf nur im Rahmen seiner Position im Schuhgeschäft bestimmte Verträge schließen. Er darf es wohl nicht verkaufen.
Der Anzug gehört nicht zum Rahmen des Geschäftsbetriebs.
http://ranieri.jura.uni-saarland.de/Lehrangebot/Examen/Tutorium/Materialien/Minderjaehrigenrecht.htm
Zu 1.):https://www.berliner-zeitung.de/was-kinder-zu-hause-laut-gesetz-abgeben-muessen-das-liebe-kostgeld-16932182
Tja, leider muß Hans von seinem Verdienst sog. Kostgeld abgeben, weil Verwandte zu gegenseitigem Unterhalt verpflichtet sind. Hans hat Anspruch auf Unterhalt gegen seine Eltern, muß sich aber eigene Einkünfte dabei anrechnen lassen. Da er nun selbst etwas verdient, könnte er auch für sich selbst sorgen... Da dies die Eltern tun, wozu sie auch verpflichtet sind, können sie auf eine Zahlung von Kostgeld bestehen. Ein bestimmtes Taschengeld muß ihm aber verbleiben.
Anmerkung: Beschränkt geschäftfähige Personen können im Rahmen ihres Taschengeldes Verfügungen machen. Sie können auch Rechtsgeschäfte schließen, die nur Vorteile bringen (Schenkung annehmen, unbelastetes Erbe). Verpflichtende Rechtsgeschäfte (z.B.: Ratengeschäfte, Kauf teurer Klamotten) können sie nicht abschließen.
Bezüglich Kündigungen, die einseitige Willenserklärungen darstellen, bedarf es der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter, weil ja dadurch auch Nachteile für den Minderjährigen entstehen.
Du kannst ja auch nicht mit 15 die Schule kündigen..., höchstens mal nicht hingehen.


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Antwort von cleosulz | 03.12.2017 - 21:13
zu Fall 2) Mia
Mia kann ohne Einwilligung ihrer Eltern rechtswirksam kündigen.
Innerhalb eines Arbeitsverhältnis darf Mia alle Rechtsgeschäfte eingehen, die sich daraus ergeben. Also auch kündigen oder sich eine neue Arbeit suchen, wenn sich die Arbeit der ähnelt, zu denen ihr die Eltern ursprünglich die Zustimmung erteilt haben.

Für den Abschluss eines Arbeitsverhältnisses braucht Mia die Einwilligung aller gesetzlicher Vertreter (Vater + Mutter oder Genehmigung des Vormundschaftsgerichts).
Innerhalb des Arbeitsverhältnisses wird Mia wie eine Volljährige behandelt.
Sie darf den Lohn entgegen nehmen, ein Lohnkonto eröffnen, und auch kündigen.
§ 113 BGB

zu Fall 3) Paul

Zunächst ist festzuhalten, dass ein Vertrag mit einem Minderjährigen ja zunächst schwebend unwirksam ist.
Er wird erst mit der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters wirksam.

Bei Paul ist da jedoch zu beachten, dass er hinsichtlich der Geschäfte im.Zusammenhang des Geschäfts eine Ermächtigung hat.

Wenn Paul das Geschäft seines Vaters übernommen hat (mit Zustimmung des Vaters + der Mutter, des Vormundschaftsgerichts ...), dann darf er auch die Früchte seines Erfolges ernten. Schulden darf er damit keine machen (in die Miese geht es nur mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts!).
Er gilt er jedoch für alle Rechtsgeschäfte, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb zu tun haben, als voll geschäftsfähig (und auch prozessfähig).

Es wäre interessant zu wissen, was vereinbart wurde, welchen Betrag ihm monatlich zur Verfügung steht. => Welchen Betrag er als Entlohnung bekommt /welche monatliche Entnahme als Gehalt vereinbart ist. Ist nichts vereinbart, dann darf er - da er ja im Geschäftsbetrieb als geschäftsfähig gilt -, selbst bestimmen, was er mtl. verdient.
Es steht jedoch da, dass Pausl "jeden Monat mehrere Tausend EUR verdient."

Hat Pauls Papa die Geschäftsführung durch seinen Sohn genehmigt, so kann er die einmal erteilte Ermächtigung (§112 BGB) nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurücknehmen.
Gilt das Tragen eines Anzuges als "geschäftsüblich", dann darf Paul den teuren Anzug behalten.

Ist das nicht der Fall, dann wäre noch zu prüfen:
Was vereinbart war, welcher Betrag ihm monatlich zur Verfügung steht?
=> Welchen Betrag er als Entlohnung bekommt /welche monatliche Entnahme als Gehalt vereinbart ist. Darf er als Geschäftsführer/Inhaber sein Gehalt selber bestimmen?
Ich meine ja (siehe oben).
Außerdem greift meines Erachtens auf jeden Fall der Taschengeldparagraf.
Wenn Paul jeden Monat mehrere tausend EUR erwirtschaftet bzw. "verdient", dann dürfte er auf jeden Fall mit dem Geld, das ihm zur Verfügung steht, kaufen was er möchte.

zu Fall 1: Hans
Das BGB (§ 1601) regelt die Grundlage für Unterhaltspflichten zwischen Verwandten ersten Grades. Das heißt auf- und absteigend. => Eltern - Kind und umgekehrt.

Ein unverheiratetes minderjähriges Kind kann von seinen Eltern die Gewährung von Unterhalt insofern verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit dafür nicht ausreichen.
§ 1602 BGB, Bedürftigkeitsparagraf

Eine "Kostgeldpflicht" besteht meines Wissens nicht.

Geld für Kost und Logis dürfen die Eltern Hans nicht "abknöpfen".
Sie müssen jedoch im Rahmen von § 1626 BGB neben der Personensorge auch die Vermögenssorge wahrnehmen.
So können die Eltern von Hans durchaus bestimmen, dass Hans einen (angemessenen) Teil seiner Ausbildungsvergütung anspart.

Ist Hans volljährig, dann können die Eltern ihm Kost und Logis durchaus im Rahmen seiner wirtschaftlichen Zahlungsfähigkeit in Rechnung stellen (immer mit Blick auf ihre Unterhaltspflicht gegenüber Hans, solange er noch in Ausbildung ist).

Und ist Hans volljährig, hat er ausgelernt und geht einer bezahlten Arbeit nach, dürfen sie ihn vor die Türe setzen.

Sind die Eltern von Hans bedürftig, dann müsste Hans ihnen Unterhalt zahlen.
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