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Unterschiede zwischen Erwachsenen- und Jugendstrafrecht

Frage: Unterschiede zwischen Erwachsenen- und Jugendstrafrecht
(7 Antworten)

 
Hallihallo ihr Lieben,

ich bin entweder etwas zu doof zum Finden oder es gibt tatsächlich keine wirkliche Auskunft darüber, darum wende ich mich an euch:
Gibt es wirklich nennenswerte Unterschiede zwischen dem Erwachsenen- und Jugendstrafrecht?
Falls mir wer weiterhelfen kann, könnte derjenige doch bitte auch noch seine Quellen hierlassen, dass ich zur Not selber noch drüberlesen kann.
Danke schonmal :)
ANONYM stellte diese Frage am 03.03.2017 - 15:17


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Antwort von cleosulz | 03.03.2017 - 16:45
Hier ein paar Unterschiede auf die Schnelle:


Höchststrafe Erwachsebenstrafrecht:
Lebenslang ( evtl wirklich und nicht Freilassung nach 15 Jahren auf Bewährung)
Edit: längste zeitige Freiheitsstrafe: 15 Jahre

Jugendstrafrecht: 10 Jahre

Mindestfreiheitsstrafe Erwachsene: Edit: 1 Monat

Jugendstrafrecht: 6 Monate Jugendstrafe

Beim Jugendstrafrecht steht nicht die Bestrafung oder der Sühnegedanke im Vordergrund sondern der Erziehungsgedanke.
Die Zuchtmittel und Auflagen sollen erzieherisch wirken.

Mehr demnächst
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Antwort von cleosulz | 04.03.2017 - 10:02
Zitat:
Als "echte" Freiheitsstrafe ist im Jugendgerichtsgesetz Jugendstrafe von sechs Monaten bis hin zu zehn Jahren vorgesehen. Eine lebenslange Freiheitsstrafe –wie es sie im Erwachsenenstrafrecht gibt- gibt es hier auch bei Tötungsdelikten nicht.
Jugendstrafe soll nur verhängt werden, wenn dies wegen der Schwere der Schuld unabdingbar erscheint oder wenn schädliche Neigungen festgestellt werden, die nur durch die Einwirkung des Strafvollzuges gehemmt oder beseitigt werden können.

Hier ist der Wikipedia-Artikel dazu, die entsprechenden Paragrafen findest du dort verlinkt:
de.wikipedia.org

Das JGG findest du hier: www.gesetze-im-internet.de
§ 18 JGG
Zitat:
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.

Freiheitsstrafe nach dem (allgemeinen/Erwachsenenen) Strafrecht:

de.wikipedia.org

Kurze Freiheitsstrafe von unter 6 Monaten nur in Einzelfällen
=> § 47 StGB
Zitat:
(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.
(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.


Aber:
Dauer zwischen einem Monat und 15 Jahren (§ 38 II StGB – sog. „zeitige Freiheitsstrafe“) oder lebenslänglich (§ 38 I StGB).
Mindestfreiheitsstrafe 1 Monat.

Zitat:
§ 38
Dauer der Freiheitsstrafe


(1) Die Freiheitsstrafe ist zeitig, wenn das Gesetz nicht lebenslange Freiheitsstrafe androht.
(2) Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat.


Das waren jetzt einmal ein paar Quellen zu dem Unterschied: Freiheitsstrafe
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Antwort von cleosulz | 04.03.2017 - 12:08
Was mir noch einfällt:
Im Jugendstrafrecht gibt es keine Geldstrafe!

(Aber natürlich kann einem Jugendlichen im Rahmen von Zuchtmitteln und Auflagen eine finanzielle Auflage erteilt werden => so z.B. einem Jugendlichen/Heranwachsenden eine Schadenswiedergutmachtung oder die Zahlung eines Schmerzensgeldes oder einer Geldauflage an eine gemeinnützige Einrichtung.
Aber eine Geldstrafe als eigenständige Strafe gibt es nicht.)

Und:
Die Strafrahmen im StGB gelten für Täter, die nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden, nicht.
Google mal die §§ 105, 1, 2, 3, JGG

www.123recht.net

Im Jugendstrafrecht ist noch besonders, dass die Verfahrensbeteiligten "besonders geschulte Sachbearbeiter sind".

Es fängt bei der Polizei an:
=> Jugendsachbearbeiter
bei der Staatsanwaltschaft:
=> es muss mindestens 1 geeigneter Sachbearbeiter bei der StA geben = Jugendstaatsanwalt
=> die Sitzungsvertretung bei Gericht kann nur durch einen Staatsanwalt erfolgen (keine Zulassung von Rechtsreferendaren als Sitzungsvertreter!)
=> das Verfahren findet vor dem Jugendgericht statt
(Jugendrichter sollen über die juristische Ausbildung hinaus erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein. Jugendschöffengerichte sollen paritäisch = 1 Mann, 1 Frau besetzt sein. => § 33 a JGG)
de.wikipedia.org

Beim "normalen" Schöffengericht (Erwachsenenstrafrecht) gibt es diesen Hinweis nicht:
Es müssen nur "2 Schöffen" sein, egal ob Mann oder Frau => § 29 GVG
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Antwort von Jenska | 04.03.2017 - 12:21
Vielen lieben Dank dir!
Und wie ist es mit der Anwendung des JGG bei Heranwachsenden?
Hab §105 da, aber wirklich weiterhelfen tuts mir nicht
Also vielleicht an einem konkreten Beispiel, wie das da berücksichtigt wird und welche Paragraphen noch "wichtig" wären dafür.


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Antwort von cleosulz | 04.03.2017 - 17:01
Was versteht du an 105 JGG nicht?

Grundsätzlich gilt:
Volljährig = StGB
Volljährig = ab Vollendung des 18. Lebensjahres.

Anwendung bei Jugendstrafrecht nach dem 18. Lebensjahr ist eigentlich eine Ausnahme!

Aber 105 JGG regelt diese Ausnahme:

Es gibt in 105 JGG die Ausnahme, dass bei Tätern im Alter von 18 bis vollendetem 21. Lebensjahr zu prüfen ist, ob nicht bestimmte Voraussetzungen vorliegen, die noch Anwendung von Jugendstrafrecht erforderlich machen.

In 105 JGG ist das aufgezählt.

Jungendtypische Tat wäre ( Beispiele):
Mutprobe eine Flasche Schnaps zu klauen,
Roller frisieren,
Schlägerei wegen Freundin,
Protestgrafitti an der Schule,
spontane Tat, ohne über die Folgen nachzudenken

Oder sogenannte Reifeverzögerung:
Durch Scheidung/Trennung der Eltern oder Wiederholung von Schulklassen,
Krankheiten, Schicksalsschlag, spätpupertäres Verhalten ( auch ein 20 Jähriger kann sich noch wie ein 16 Jähriger verhalten = entwicklungsverzögert ),
Eltern kümmern sich nach wie vor um alles, der Heranwachsende ist unselbständig.

Dann wird ein Volljähriger bis 21 J so behandelt, als ob er minderjährig ist.
Dann gelten die Strafrahmen des StGB nicht.
==>
Der Erziehungsgedanke ist das Ziel, nicht die Strafe.

Ein 20jähriger Mörder mit Entwicklungsverzögerungen kommt nicht lebenslang ins Gefängnis, wenn er unter Anwendung des JGG verurteilt wird.

Mit seinem 21. Geburtstag - und danach ist es nicht mehr möglich (auch wenn er reifedefizitär wäre).

Ist er mit 20 jedoch gut integriert, mit tollem Lebenslauf, wohnt alleine, verdient Geld, kann sein Leben eigenverantwortlich meistern + ist die Tat nicht jugentypisch dann gilt auch: StGB ==> lebenslang ist drin.
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Antwort von cleosulz | 04.03.2017 - 18:54


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Antwort von cleosulz | 04.03.2017 - 21:34
Zitat:
Milderes Jugendstrafrecht
Bei den Heranwachsenden bis unter 21 Jahre wurde in den meisten Fällen das mildere Jugendstrafrecht angewendet. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, kam dieses stärker am Erziehungsgedanken ausgerichtete Recht bei annähernd zwei von drei verurteilten Heranwachsenden (63 Prozent) zur Anwendung. => im Jahr 2008
In der jüngeren Vergangenheit gab es wiederholt vor allem aus der CSU Forderungen, auch Heranwachsende in der Regel nach dem Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen. Diese Forderung wurde von verschiedenen Seiten nach der Ermordung des Geschäftsmanns Dominik Brunner an einem Münchner S-Bahnhof durch zwei Heranwachsende im September bekräftigt.

Quelle: FAZ 8.10.2009
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/strafverfolgungsstatistik-2008-nur-jeder-dritte-straftaeter-muss-ins-gefaengnis-1865845.html

www.destatis.de

Die Zahlen für Hamburg und die Jahre 2012 und 2013 kannst du hier nachlesen:
www.buergerschaft-hh.de

Und übrigens:
Die Zahlen der Jugendlichen und Heranwachsenden als Straftäter gehen in den letzten Jahren bundesweit zurück.
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