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Referat: Walter Fabers festgefahrene Bilder

Alles zu Max Frisch  - Homo Faber

Fabers festgefahrene Bilder




Walter Fabers Weltbild scheint geprägt zu sein von Vorurteilen und Pauschalisierungen. Er ignoriert nahezu jegliche Individualität und versucht, alles unter dem Aspekt des Rationalen und Technischen zu sehen.

Fabers Auffassungen stammen aus einem Reservoir von Stereotypen, die in den Fünfzigerjahren heftigst zur Diskussion standen und Gegenstand zahlreicher kritischer Abhandlungen waren. Er präsentiert sich als perfek tes Beispiel für einen Menschen, der fest auf seinen eigenen Ideen und Meinungen beharrt, kann also als Inkarnation all dessen, was als Borniertheit der Technik galt und kritisiert wurde, bezeichnet werden.

Als Symbol für seine Weltauffassung steht seine Wahlheimat Amerika, das "Land der Jugend" (vgl.S.300), und damit verbunden der typische "Ameri- can Way of Life". Das Leben dort ist geprägt von moderner Technik ("Komfort, die beste Installation der Welt" (S.192, Z.5/6)) und Anonymität (Zitat Faber: "In eurer Gesellschaft könnte man sterben, man könnte sterben, ohne dass ihr es merkt, von Freundschaft keine Spur..." (S.72)).
Die Amerikaner scheinen stets vergnügt und lebensfroh zu sein - nicht zu lächeln kommt in dieser Gesellschaft geradezu einer Sünde gleich (vgl.S.299).
Themen wie Tod und Schicksal werden totgeschwiegen bzw. verdrängt (vgl.S.300).

Fabers Leben ist aufgebaut auf der Grundlage von Statistiken und mathe matischen Formeln: "Ich brauche, um das Unwahrscheinliche als Erfah- rungstatsache gelten zu lassen, keinerlei Mystik, Mathematik genügt mir" (S.23, Z.21-23).
Wenn jemand an "Wunder oder Derartiges" glaubt, wird er von Faber als "Laie" degradiert (vgl.S.23, Z.33/34), der ganz einfach keine Ahnung von der (von ihm anhand des Würfelbeispiels demonstrierten) mathematischen Wahrscheinlichkeitsrechnung hat.

Der Beruf des Technikers ist für ihn der einzig wahre männliche Beruf überhaupt (vgl.S.83, Z.25/26). Er selbst sieht sich als Menschen, der "gewohnt ist, die Dinge so zu sehen, wie sie sind" (S.25, Z.27/28). Eine Existenz ohne Technik vermag er sich nicht vorzustellen, daher bezeichnet er eine Kultur wie die der Maya als "dem Untergang geweiht" (S.47, Z.34/35).

"Für Walter Faber besteht wenig Unterschied zwischen Frauen, Indios, Kubanern, Schwarzen, jungen und alten Leuten; sie alle gehören für ihn der großen Minorität an, die dazu verpflichtet ist, die Überlegenheit des Technikers ebenso anzuerkennen wie ihre eigene Unterlegenheit" (Knapp, S.204).
Indios z.B. sind für ihn ein "weibisches Volk, geradezu kindisch"(vgl.S.41). Sie sind ihm zwar unheimlich, da er kein Verständnis für ihre Verbundenheit mit der von ihm als ekelhaft empfundenen Natur aufbringen kann (vgl.S.48: Indio-Zeremonie), jedoch sieht er in ihnen keine Gefahr für die Überlegenheit der Technik: "Revolte der Eingeborenen (...) dazu sind diese Indios viel zu sanft, zu friedlich (...) unheimlich, dabei harmlos" (S.41, Z.5-11).
Er hat eine sehr pauschale Ansicht von jungen Leuten; seiner Meinung nach haben sie keinen Respekt vor den Leistungen der älteren Generationen und verschwenden ihre Zeit mit lauter Zukunftsträumen (vgl.S.88, Z.30-33).

Dem Männlichen gegenüber steht im Homo faber das weibliche Prinzip, bestehend aus Natur, Kunst und Schicksal (vgl. Gruppenarbeit!), alles Dinge, die für Faber fremd sind, die er verabscheut (Natur) bzw. abwertet. Von Technik haben Frauen für ihn keine Ahnung (vgl.S.68). Er betrachtet es u. a. als typisch für eine Frau, gefühlsbetont und umsichtig zu sein; durch den Vergleich ihres Verhaltens mit dem einer Henne (vgl.S.149, Z.17/18) drückt er seine Abgeneigtheit gegenüber Wärme und Geborgenheit aus.

Künstler gehen ihm auf die Nerven (vgl.S.42, Z. 23/24); er verspottet sie und tut ihre Ansichten als "Künstlerquatsch" (S.54, Z.16) ab. Marcel bezeichnet er als "unseren Ruinen-Freund" (S.48, Z.2), was durchaus als Abwertung aufgefasst werden kann, denn wie gesagt gehört die Kunst für ihn zum weiblichen Prinzip und hat nichts in der technischen Welt des Mannes zu suchen.

Faber filmt alles, was ihn seelisch berühren könnte, um es als Filmspule abzulegen. So versucht er z. B. die Natur als Bildnis zu fixieren und sie mit Hilfe der Technik zu beherrschen. Auch Ivy und Sabeth werden von ihm "für die Ewigkeit" festgehalten - ein Versuch, die Vergänglichkeit des Seins zu "überlisten" und alles "für die Ewigkeit" festzuhalten (vgl.S.198, Z.8-10).


Die Problematik eines solchen Weltbildes


Wenn das Verhalten bzw. das ganze Leben eines Menschen auf solch festgefahrenen Bildern beruht, ist der Zusammenbruch seines Weltbildes im Prinzip schon vorprogrammiert, wie sich deutlich am Beispiel des Homo faber zeigt. Im Grunde ist er ein Mann, der an sich vorbeilebt, er ist "ein verhinderter Mensch, der von sich selbst ein Bildnis gemacht hat, der sich ein Bildnis hat machen lassen, das ihn verhindert, zu sich selber zu kommen" (Schmitz, S.16).
Sein technologisch-mathematisches Weltverständnis macht ihn blind für die Erkenntnis, dass sich das Leben mit seinen Unwägbarkeiten und Zufällen den Gesetzen der Logik entzieht. So bezeichnet Hanna ihn als einen Menschen, der "das Leben nicht als Gestalt, sondern als bloße Addition betrachtet" (S.184, Z. 29/30).
Er lebt in einer Scheinwelt (=>Amerika), die vollkommen realitätsfremd ist: "Daraus resultiert, dass sich der Mensch des technischen Zeitalters geradezu auf der Flucht vor der Wirklichkeit befindet" (Muckermann, S. 326).

Kritik an ihm selbst oder an seiner Lebensauffassung ist für ihn kaum zu ertragen: "...Ich platzte nur, wenn Marcel sich über meine Tätigkeit äußerte..." (S.54, Z.21ff). Auch fällt es ihm schwer, Selbstkritik zu äußern, er ist zu überzeugt von sich selbst und seinen Fähigkeiten - im- merhin ist er "ein Mann in leitender Stellung"(S.88, Z.28).
Sobald sich Faber in einer Situation befindet, in der er sich unsicher fühlt oder die seine rationale Lebensauffassung erschüttern könnte, versucht er, sich selbst die Richtigkeit seiner Auffassungen vor Augen zu führen bzw. sein Selbstwertgefühl zu stärken: "...es ist nie meine Art gewesen, Frauen hinterherzulaufen, die mich nicht mögen; ich habe es nicht nötig gehabt, offen gestanden..." (S.93, Z.1-3)).
Manchmal leidet er unter regelrechten Minderwertigkeitskomplexen, was er jedoch nicht zugeben will: "...Ich bin nun einmal (...) ein Mann in den besten Jahren (...) halte nichts von schönen Männern (...) seitdem hat es genug Frauen gegeben, die mich von falschen Minderwertigkeitsgefühlen befreit haben..." (S.106, Z.17-22)).
Er versucht ständig, sich zu rechtfertigen: ..."Alleinsein ist der einzig mögliche Zustand für mich, denn ich bin nicht gewillt, eine Frau unglücklich zu machen..." (S.99, Z.20-22)).

Seine Ansichten sieht er als die einzig richtigen an und lässt die Meinung Anderer daneben nicht gelten bzw. versucht, sie auf rationale Weise zu widerlegen. Beispielhaft dafür ist die Reflexion über die Erscheinung der Wüste bei Nacht (vgl.S.25/26): Faber nennt jeweils zuerst eine Art mystische Deutung, erklärt diese jedoch im gleichen Atemzug mithilfe rationaler Erklärungen für unsinnig (vgl.Z.34/35).

Durch seine Engstirnigkeit macht er nicht nur sich selbst, sondern auch den Menschen in seiner Umgebung das Leben schwer.
Das Zusammenleben mit solchen Menschen gestaltet sich für den Partner sehr schwierig, da sie immer den dominierenden Part übernehmen, alles bestimmen wollen (vgl.S.157, Z.17-19) und oft rechthaberisch sind. Vielleicht ist diese Überlegung u.a. ein Grund dafür, dass Hanna sich im letzten Moment weigert, Faber zu heiraten (vgl.S.61).

Oft hat dieser Typ Mensch kaum wahre Freunde ("Joachim war mein einzig wahrer Freund" (S.63, Z.34 /35)), denn er ist sehr in sich verschlossen und gibt kaum jemals seine wahren Gefühle preis, sondern bemüht sich, diese zu verdrängen. Er lebt in einer Scheinwelt (=>Amerika)

Auch die Gefühle Anderer möchte er oft gar nicht wahrhaben oder sie sind ihm gleichgültig: "Mag sein, dass Ivy mich liebte"(S.62, Z.35) (vgl. auch S.101).

Faber ist so sehr "Gefangener" seines rationalen Denkens, dass er die zahlreichen Vorausdeutungen auf sein eigenes Schicksal einfach übersieht oder verdrängt bzw. versucht, rationale Erklärungen zu finden. So schiebt er z.B. seine Magenschmerzen in Habana darauf, dass er zu viele Zigarren geraucht habe (vgl.S.194, Z.16/17). Den aufkommenden Gedanken, er könne Magenkrebs haben, tut er als "Hirngespinst" (S.194, Z.9) ab. Er klammert sich regelrecht an sein geschaffenes Weltbild, für einen solchen Menschen ist es sehr schwer, seine Einstellungen zum Leben und somit sich selbst zu ändern.

"Der homo faber hat die Technik beherrscht, aber nicht ihr Ziel; so muss er die Partie verlieren und erst als Verlierer begreifen, wie man sie gewinnt" (Zitat nach Ross, s. S. 265 Komm.).
Faber erfährt zwar einen deutlichen Wandel seiner Einstellungen nach Sabeths Tod, jedoch kommt die Einsicht über seine Borniertheit erst, als es bereits zu spät ist: Sein Schicksal ist durch seine unheilbare Krankheit besiegelt; die Natur hat sich letztendlich doch als mächtiger erwiesen als die von Faber so hoch gepriesene Technik.
Inhalt
Lektüre: "Homo Faber" von Max Frisch

Aufgabenstellung: Beschreibe die festgefahrenen Bilder des Walter Faber und erläutere die daraus resultierende Problematik:
- Fabers Weltbild und seine Schwierigkeiten damit
- Charakteristik von Faber (1364 Wörter)
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