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Die Frage der Aktualisierung Antigones

Alles zu Werke

01.09.2005


Aufgabenstellung
1.) Erläutern Sie inwieweit die klassische Antigone von Sophokles immer wieder die
Möglichkeit zur Adaptation bot bzw. bietet (Frage der Aktualisierung).
2.) Stellen Sie dar, warum die klassische Form (Aristotelisches Theaterverständnis) im 20.
Jahrhundert keine oder nur eine geringe Wirkung auf den Rezipienten haben kann. (Diese
Aufgabe ist durch aus kontrovers diskutierbar.)
Sophokles' klassisches Drama „Antigone“ bietet immer wieder die Möglichkeit der Adaptation, weil es ein „absolutes Exempel der Tragödie ist“ (Hegel). Außerdem ist nicht nur der Konflikt zwischen Gut und Böse, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit und zwischen „dem Gesetz der Götter und der Rechte des Staates“ gegeben, sondern auch die „Familienliebe, das Heilige, Innere, die Empfindung Angehöriger“. Das heißt für jeden Geschmack ist etwas dabei, was Alamann (1533), Racine (1664), Alfieri (1763), Hölderlin (1804), Opitz (1663) und Donner (1839) beweisen. Aber vor allem im 20. Jahrhundert gab es wieder viele Bearbeitungen der Tragödie im Zusammenhang zweier Weltkriege als Ergebnis von Herrscherwillkür (das Motiv des Kreon).
Das sind alles universelle Themen, die auch in der heutigen Zeit noch wichtige und „feste“ Werte für den Menschen sind. Gerade in dieser unruhigen Zeit, wo wir Halt brauchen durch die aktuelle politische, soziale und gesellschaftliche Situation haben besonders unsere „Familienbande“ wieder mehr an Bedeutung gewonnen.
Ich glaube weiter, dass ein gewisser Reiz in der Adaptation des Antigone-Stoffes durch die unterschiedlichsten Aktualisierungsmöglichkeiten begründet ist. Zum Beispiel ist die Handlung auf Alltagssituationen (Geschwisterliebe, verbotene Liebe, Kollektivzwang) beziehbar, denn die Handlung kann immer wieder interessant gemacht werden, unter anderem auch durch Kreons „menschlich verwerfliches“ Handeln. Zudem ist es wichtig, dass antike Texte behandelt werden, denn sie tragen zum allgemeinen Verständnis der gegenwärtigen Kultur bei.
Allerdings bin ich der Meinung, dass die klassische Form für den Rezipienten des 20. Jahrhunderts nur noch eine geringe Wirkung hat.
Das Aristotelische Theaterverständnis umfasst unter anderem nur männliche Schauspieler, was heutzutage einfach nicht mehr angebracht ist im Zeitalter der Emanzipation. Was aber durchaus denkbar wäre, dass ein Regisseur das Prinzip der männlichen Schauspieler genau ins Gegenteil umsetzt und ein Werk auf die Beine stellt nur von Frauen gespielt. Vielleicht einfach auch nur einmal um die Reaktionen des Zuschauers zu beobachten. Das heißt er müsste die mit dieser Idee provozieren. Vor unserer Zeitrechnung „hatten die Männer das Sagen“ in Griechenland. Heute ist das schon anders, wenn es nicht gerade um Politik geht, ist die Frau emanzipiert.
Oder ein anderer Aspekt ist, dass sich der Themenkreis der Tragödien immer um Mythen der Griechen drehte. Das bedeutete, dass „jeder Zuschauer den Inhalt der Tragödie, das Schicksal des Helden, kannte“. Auch das ist zur heutigen Zeit für den Rezipienten nicht mehr nachvollziehbar, da der Götterkult beziehungsweise das Götterleben nicht mehr relevanter Bestandteil unseres Lebens/Wissens ist.
Das heißt ferner, dass sich damals das Publikum nicht auf den „Inhalt konzentrieren musste“, aber das heutige Publikum muss sich für ein Verständnis des Stücks besonders stark konzentrieren, denn die griechischen Götter und die Mythen um sie herum sind für Unkundige höchst verzwickt, schwierig, verwirrend und zu komplex, denn unser Wissen ist dafür zu beschränkt, da wir nichts über ihre Beziehungen und Verwandtschaften untereinander wissen. Darunter würde dann natürlich von Anfang an die Qualität des Stücks leiden, nur weil wir unwissend sind. Das sagt allerdings nichts über die Qualität des Stücks an sich aus.
Vor allem die Tatsache, dass die männlichen Schauspieler mehrere Rollen spielten, obwohl sie dabei immer verschiedene Masken trugen, der Rolle entsprechend, würde es heute das textliche Verständnis nicht verbessern. Außerdem hatten sie die Aufgabe die „(menschliche) Individualität des einzelnen Spielers zu verdecken“, das wäre gerade heute, meiner Meinung nach, total veraltet und würde den heutigen Rezipienten langweilen. Denn Individualität ist in der Neuzeit doch ein großer Wert, der uns interessant macht, der Neugierde oder auch Gleichgültigkeit für andere weckt beziehungsweise nicht weckt. Allerdings hat „Individualität“ ihre Grenzen. Zum Beispiel wenn sie übertrieben oder ausgebeutet wird, wie die die Idee des Feminismus, der teilweise ins extreme verfiel. Männer-Haßer entstanden und dabei „mutierten“ sie eigentlich zu „Männern“.
Zur weiteren „Entfremdung/Entpersönlichung der Schauspieler diente auch der Kothurn (Stelzfuß), das sind Sandalen mit hoher Sohle, die die Gestalt größer erschienen ließ und die Schreitbewegung hemmte“. Das würde heute, glaube ich, eher einen Lachen beim Rezipienten hervorrufen. Aber damals war es „in“ und hatte die Funktion der Entfernung vom Menschlichen und eine Annäherung zum Göttlichen, denn Götter wurden idealisiert und instrumentalisiert.
Dies ist heutzutage nicht mehr nötig, da Götter nicht mehr in unserem Wertmaßstab enthalten sind und es gibt heute auch nicht mehr unbedingt die Tendenz zum „Guten“, sondern eher zum „Bösen“, was uns attraktiver erscheint. Vorbilder oder Ideale sind zu damals keine Götter, sondern „Rapper“.
Ich möchte noch sagen, das „Altes“, obwohl es für uns heute nicht mehr so interessant ist, nichts Schlechtes ist. Zur damaligen Zeit war „Antigone“ vielleicht ein „Renner“. Schließlich war es damals „Neu“. Und neues wirkt bekannterweise anziehend auf uns. Die Menschheit war schon immer „geil auf Innovationen“, was aber nicht heißt, das „Altes“ sich in unserer Zeit nicht mehr bewehren kann. Ganz im Gegenteil sogar, denn Geschmäcker sind unterschiedlicher Natur, heute wie damals.
Diese „Geilheit auf Innovationen“ kann man auch auf andere Dinge beziehen. Zum Beispiel auf die ersten Jahre der Entstehung von „Boygroups“. Damit wurde eine Marktlücke gefunden. Die Idee war neu und auf „diesen Zug sprangen dann alle auf“. Kurze Zeit später „kam uns das Geduddel aus den Ohren heraus“. Es war einfach genug. Schnell wurde diese Neuheit alt und „uncool“.
Abschließend ist zu sagen, dass „Antigone“ doch immer noch eine Wirkung auf uns hat, aber jeder einzelne entscheidet selbst wie das aussieht. Ob es nun einmal die „Antigone“ von damals ist, oder eine Feministin, oder einfach eine Frau, die ihren Bruder liebt oder eine Person, die nach Traditionen und Sitten handelt. Eine Frau mit Moral oder nur eine, die den Männern zeigen will, dass die Welt nicht nur von ihnen beherrscht wird.
Inhalt
Wörter:961

Aufgaben:
1.) Erläutern Sie, inwieweit die klassische Antigone von Sophokles immer wieder die
Möglichkeit zur Adaption bot bzw. bietet (Frage der Aktualisierung).

2.) Stellen Sie dar, warum die klassische Form (Aristotelisches Theaterverständnis)im 20. Jahrhundert keine oder nur eine geringe Wirkung auf den Rezipienten haben kann.(Diese Aufgabe ist durchaus kontrovers diskutierbar.)

Die einzige Quelle dazu war der Anhang des Dramas "Antigone" als Hamburger Leseheft. (962 Wörter)
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von unbekannt
Schlagwörter
Deutsch | klassische Antigone von Sophokles | Adaption mit Gründen | Themenaktualität | Reiz der Adaptation; klassische Form des Theaters und dessen Verständnis | Themenkreis | Publikumsanforderungen | Aktualisierung | Wirkung
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