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Gotthold Ephraim Lessings bürgerliches Trauerspiel „Emilia Galotti“

Alles zu Gotthold Ephraim Lessing  - Emilia Galotti

Alexander Esser Montag, 10. Oktober 2005


Stufe 12
Deutsch
Analyse des achten Auftrittes im ersten Aufzuges
Gotthold Ephraim Lessings bürgerliches Trauerspiel „Emilia Galotti“ handelt von den vergeblichen Versuchen des ungehobelten Prinzen von Guastalla die tugendhafte Bürgerliche Emilia Galotti für sich zu gewinnen. Im Vordergrund steht also der Unterschied zwischen bürgerlichen Tugenden und der Ungezügeltheit des Adels.
Erstmals aufgeführt wurde das Drama 1772 Braunschweig, zu einer Zeit, in der die aufklärerischen Ideen weit verbreitet sind. So ist auch Lessing durch diese Ideen beeinflusst und gibt einer Bürgerlichen eine Protagonistenrolle, die in einer Tragödie eigentlich einem Adeligen vorbehalten wäre. Damit kritisiert Lessing die im Staat herrschenden Zustände und pocht auf eine Gleichberechtigung von Bürgern und Adel.
In der vorliegenden Szene, die sich in zwei Teile gliedern lässt, befinden sich der Prinz und erstmals auch Camillo Rota, einer seiner Minister, auf der Bühne. Der Minister betritt das Arbeitszimmer des Prinzen, um mit ihm die Staatsgeschäfte zu besprechen.
Der Prinz jedoch hat im vorherigen Auftritt erfahren, dass seine Geliebte Emilia Galotti heute heiratet und ist sichtlich verwirrt. Dies erkennt man unter anderem an seiner Sprechweise. Normalerweise scheint der Prinz wohlbedacht zu sprechen, benutzt rhetorische Mittel und hypotaktische Sätze. In seiner Verwirrung jedoch spricht er in einfachen Parataxen und teilweise sogar in Ellipsen (vgl. Z. 8ff.). Zudem verwechselt er Emilia Galotti mit Emilia Bruneschi, die gerade eine Petition an ihn gesandt hat. War der Prinz, bevor er von der heirat Emilia Galottis erfuhr, noch gewillt, die Bittschrift ihrer Namensvetterin Emilia Bruneschi – allein auf Grund seiner Assoziationen mit dem Vornamen - zu bewilligen, so legt er nun die Verantwortung in die Hände seines Minister. Er selbst scheint keinen klaren Gedanken fassen zu können, denn er entscheidet sich mehrmals anders, wie mit der Bittschrift zu verfahren ist – von einer Zustimmung über ein Warten mit der Ausfertigung bis hin zur Ablehnung (vgl. Z. 8ff.).
Noch deutlicher wird die Unzurechnungsfähigkeit des Prinzen im zweiten Teil des Auftrittes (Z. 16-34). Lessing benutzt hier das Stilmittel der Ironie bzw. eine Contradictio: Als Rota ein zu unterschreibendes Todesurteil erwähnt, antwortet der Prinz mit den Worten „Recht gern“ (Z. 17), ohne das Urteil vorliegen zu haben oder den Inhalt zu kennen. Rota erkennt daraufhin die Verwirrung des Prinzen und ergreift die Initiative, um den Prinz von einer voreiligen, wenig überlegten Handlung abzuhalten. So gibt er vor, das Urteil vergessen zu haben. Dass er das Urteil nicht wirklich vergessen hat, lässt sich aus dem Kontext und aus der Punktierung (Ausrufezeichen statt Punkt am Satzende) schließen (vgl. Z. 23f.). In der regieanweisung wird Rota als „Kopf schüttelnd“ (Z. 28) beschrieben.
Während im ersten Teil des Auftrittes der Prinz dominierte, hat nun Rota die größeren Redeanteile. Dies deutet ebenfalls daraufhin, dass er die Initiative ergreift und dem verwirrten Prinzen auch geistig überlegen ist (vgl. Z. 22-34).
Außerdem scheint der Prinz in Eile zu sein und vermutlich auch deshalb auf lange Sätze zu verzichten. Zweimal bittet er mit „Ich bin eilig“ (Z. 21) und mit „ich muss fort“ (Z. 24f.) Rota sich kurz zu fassen.
Später stellt sich heraus, dass der Prinz wegen der heutigen Messe in Eile war. Er hatte von Martinelli erfahren, dass Emilia Galotti ebenfalls zur Kirche gegangen ist. Nun möchte er ihr dort seine Liebe gestehen und sie dadurch vielleicht doch noch von der Hochzeit mit dem Grafen Appiani abhalten.
dem fünften Auftritt im dritten Aufzug, trifft Emilia nun im Lustschloss Dosalo auf den Prinzen. Der Kammerdiener des Prinzen, Marinelli, hatte zuvor einen Überfall auf Emilia, ihre Familie und ihren Bräutigam vorgetäuscht, um ihre Hochzeit zu verhindern. Unter dem Vorwand, sie sei im Lustschloss des Prinzen in Sicherheit, lässt er sie dorthin bringen. Der Prinz hofft Emilia unter vier Augen doch noch für sich gewinnen zu können.
Emilia ist mit den Gedanken jedoch vor allem bei ihrer Mutter, um die sie sich wegen des Überfalls Sorgen macht. Ihre Angst und Verwirrung erkennt man daran, dass sie keinen klarer Gedanken fast und sich dem Prinzen gegenüber nicht angemessen verhält. Sie überdenkt ihre Sätze nicht, sondern spricht und schreit in abgehackten Parataxen und teilweise sogar in Ellipsen (z.B. „Ganz gewiß treffen“, S. 52, Z. 24).
Dem Prinz wirft Emilia schließlich sogar vor, er würde ihr den Zustand ihrer Mutter verheimlichen. Anschließend fällt sie vor ihm auf die Knie und bittet um Verzeihung. Dies zeigt ebenfalls, dass sie momentan nicht weiß, wie sie handeln soll („Was soll ich tun?“, S. 53, Z. 3). Ihre Mutter, die sie sonst berät, ist nicht bei ihr und so wird sie auch in der Regieanweisung als „unentschlossen“ (S. 52, Z. 29) und „Hände ringend“ (S. 53, Z. 3) beschrieben.
Der Prinz hingegen scheint überlegen. Er hat die weitaus größeren Redeanteile und scheint auch gut überlegt zu Handeln. So spricht er in hypotaktisch und rhetorisch ausgeschmückten Sätzen (vgl. S. 53, Z. 8ff.).
Zweifel Emilias hingegen übergeht er einfach. Auf die Frage Emilias nach dem Verbleib ihrer Familie geht er gar nicht ein, sondern fordert sie nur auf, den schrecklichen Überfall zu vergessen. Dies zeigt die Überlegenheit des Prinzen, der das Gespräch souverän lenken und so seine Absichten durchsetzen kann. Denn er möchte die Konfusion Emilias zu seinen Gunsten ausnutzen und begibt sich so mit ihr auf sein Zimmer.
Marinelli hat in der Szene nur eine unbedeutende Rolle. Auf die Aufforderung des Prinzen „Folgen Sie uns“ verbleibt er im Vorsaal des Schlosses. Dies war abgesprochen, damit für Emilia nicht der Anschein entsteht, der Prinz wolle mit ihr allein sein.
So durchschaut Emilia den Plan des Prinzen nicht, doch trifft in der übernächsten Szene Claudia Galotti, Emilias Mutter, ein, die die Absichten des Prinzen erkennt und ihn daran hindert, mit Emilia alleine zu sein.
Die Szene gehört als Teil des dritten Aufzuges nach dem Freytag’schen Schema zum Höhepunkt des Stückes. Es entsteht der Eindruck, dass der Prinz es doch noch schaffen könnte, Emilias Herz für sich zu gewinnen. Daraus folgt eine enorme Spannung. Somit hat die Szene zwar inhaltlich eine eher geringe Bedeutung, da in der innersprachlichen Handlung nur die Sorge Emilias deutlich wird und in der außersprachlichen Handlung nur von der Absprache des Prinzen mit Marinelli, ihm nicht zu folgen, berichtet wird, doch ist die Szene für den Aufbau des Stückes äußert bedeutend. Denn es werden Hoffnungen beim Zuschauer geweckt, die dann später im vierten Akt, dem Wendepunkt wieder zerstört werden.
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Inhalt
Analyse des fünften Auftrittes im achten Aufzug von Gotthold Ephraim Lessing - Emilia Galotti (1045 Wörter)
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Emilia | Galotti | Szenenanalyse | Inhalt | Sprache | Wirkung | Deutsch | Gotthold Ephraim Lessing - Emilia Galotti | Interpretation | Analyse
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