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Lessing, Gotthold Ephraim - Nathan der Weise

Alles zu Gotthold Ephraim Lessing  - Nathan der Weise

Übungsaufsatz zur literarischen Erörterung



Thema: „Nathan der Weise“ (Lessing):
Erörtern Sie anhand der Szene I.5, ob sich der Tempelherr in einer Identitätskrise befindet.

Gliederung:
Verbindung der Problematik des Anschlags in der Türkei mit der Problematik des Werks „Nathan der Weise“
Gesichtpunkte für bzw. gegen eine mögliche Identitätskrise des Tempelherrn anhand der Szene I. 5
Aspekte gegen eine Identitätskrise
Persönliche Rechtfertigung seines Handelns
Eigene Erklärung seiner Situation
Argumente für eine Identitätskrise
Unsicherheit seiner Loyalität gegenüber Saladin bzw. dem Patriarchen
Überschneidung unterschiedlicher Religionen in seinem Leben
Anstoß einer Veränderung des Tempelherrn
Bedeutung der Rolle des Tempelherrn für die heutige Zeit
Wieder hat ein grausamer Anschlag, diesmal in Istanbul in der Türkei, die Schlagzeilen der internationalen Presse beherrscht. Ein mit Sprengstoff beladener Lieferwagen wurde in die Nähe einer zu diesem Zeitpunkt voll besuchten Synagoge gefahren und die Bombe wurde daraufhin gezündet. Wieder mussten viele Menschen ihr Leben lassen, weil Religionsfanatiker – in diesem Fall Angehörige einer radikal - islamischen Gruppe – denken auf diese Weise ihren Glauben vertreten zu müssen. Umso erstaunlicher erscheint, dass Gotthold Ephraim Lessing, ein Autor der Aufklärung, dieses aktuelle Thema bereits vor über 200 Jahren in seinem Ideendrama „Nathan der Weise“ aufgegriffen hat. In diese Spannung der verschieden Glaubensrichtungen gerät ein Tempelherr, Vertreter des Christentums. Infolgedessen beschäftigt dieser Konflikt den Charakter des Ordensvertreters und das wirft die Frage auf, ob sich der Tempelherr in einer Identitätskrise befindet, oder nicht, was im Folgenden näher untersucht werden soll.
Zuerst sollen die Aspekte dargelegt werden, die gegen eine Identitätskrise des Tempelherrn sprechen.
Eingangs muss erläutert werden, dass der Tempelherr sein Handeln als gerechtfertigt ansieht, da die Regeln, die ihm durch sein Gelübde von Gott auferlegt wurden, eindeutig die Zustimmung zum Vorhaben des Patriarchen verwehren. So schlägt er einerseits die Spionage der Befestigungsanlage von Saladin aus, die dem Anführer des dritten Kreuzzugs, an dem der Tempelherr persönlich teilgenommen hat, einen wichtigen Vorteil bringen würde (vgl. V. 650 – 658) und er weist andrerseits den Auftrag des Patriarchen, Saladin zu ermorden, zurück (vgl. V. 684/85). Beide Entscheidungen begründet er damit, dass trotz seiner Angehörigkeit zum Christentum, diese beiden Aufträge sich gerade aus religiösen Gründen ihm verbieten. Der Orden der Tempelherrn und Gott „[g]ebieten ihm kein Bubenstück!“ (V. 685). Außerdem glaubt der Tempelherr, dass er durch den hinterhältigen Mord an seinem Lebensretter Saladin selber „[z]um undankbaren Schurken[...]“ (V. 695) wird. Seiner Ansicht nach folgt er mit seiner Ablehnung damit dem Willen Gottes.
Darüber hinaus ist er sich bei den Gründen sicher, weshalb er sich in dieser schwierigen Situation befindet, nämlich zum einen als einziger von zwanzig gefangenen Tempelherrn von seinem Erzfeind, dem Sultan, begnadigt worden zu sein (vgl. V.578f.) und zum anderen diesem Moslem auch noch zu Dank verpflichtet zu sein. Da Saladin den Tempelherrn auf Grund seiner Ähnlichkeit zu seinem Bruder verschont hat, glaubt dieser, dass „dem [...] [etwas] in [seiner] Seele“ (V.706) entspräche. Daraus folgert er, dass er diese Eigenschaft nicht einfach unterdrücken könne, nur um einem Patriarchen zu gefallen (vgl. V. 707f.), denn „[s]o widerspricht [s]ich Gott in seinen Werken nicht!“ (V. 709f.). Deshalb kann man hier von keinem Gewissenskonflikt ausgehen, da er sein Handeln und seine derartig komplizierte Situation vor allem durch seine Religion zu stützen vermag.
Demgegenüber kann man bei genauer Betrachtung dieser Textpassage auch Anzeichen für eine Identitätskrise des Tempelherrn feststellen.
Zuerst muss angeführt werden, dass jener in die Unsicherheit gerät, wer seine Loyalität zu diesem Zeitpunkt mehr verdient, weil er auf der einen Seite dem Patriarchen gehorchen sollte, da beide derselben Konfession angehören oder auf der anderen Seite dem Sultan Saladin, der sich zwar als Moslem als Feind für den Tempelherrn erweisen sollte, aber das Leben des Tempelherrn gerettet hat. Freilich sieht er sich als Gefangener des Sultans (vgl. V. 655), doch den Auftrag, den Sultan Saladin hinterrücks zu ermorden und damit dem Christentum, dem er sich sogar als Tempelherr angeschlossen hat, zu nützen, dürfte er eigentlich nicht ablehnen. Doch dass er von einem Moslem begnadigt wurde, bewirkt bei ihm Verblüffung, fast Fassungslosigkeit, er selber „[ist] entfesselt“ (V. 587), er „will ihm danken;“ (V. 587f.) und er beschreibt den Moment so, dass ersichtlich wird, wie ihn diese Situation in seinem Denken erschüttert hat. „[S]eh sein Aug’ in Tränen: stumm ist er, bin ich;“ (V.588f.). Hier zeigt sich bereits eine Veränderung des Tempelherrn in dem Verständnis seiner Identität.
Des Weiteren beeinflussen die verschiedenen Religionen, die unerwartet in seinem Leben Einzug gehalten haben, stark sein Innenleben, weil der bis dahin intolerante (vgl. V. 528) Tempelherr sich mit Menschen unterschiedlicher religiöser Angehörigkeit intensiv auseinandersetzen muss. Vor nicht allzu langer Zeit, hat er mit dem Schwert für seine und gegen die anderen Überzeugungen, vor allem gegen den Islam und das Judentum, gekämpft, jetzt verdankt er sein Leben einem Moslem und macht dem Klosterbruder klar, „[w]as für Verbindlichkeiten dem Saladin [er] habe“ (V. 681). Wiederum ist er für das Leben der jüdischen Recha verantwortlich, die er vor dem Feuertod bewahrt hat. Allerdings versucht er diese heldenhafte Rettung herunterzuspielen, indem er auf die Aussage des Tempelherrn, Gott hätte mit ihm große Dinge vor (vgl. V.591ff.), ironisch antwortet: „Ja, zu großen! Ein Judenmädchen aus dem Feu’r zu retten;“ (V. 593f.). Diese Erwiderung drückt deutlich sein abneigende Haltung gegenüber Juden aus, aber auch, dass er mit dieser für ihn ungewohnten Lage kaum zurechtkommt. Somit kann man durchaus deutliche Anzeichen für einen Gewissenskonflikt beim Tempelherrn erkennen, der sich durch dessen mangelnde Rücksicht anderer Glaubensrichtungen entwickelt hat.
Bei genauer Betrachtung der Aspekte für bzw. gegen eine Identitätskrise, kann man zu dem Schluss kommen, dass seine ungewöhnliche Lage eine Veränderung in ihm ausgelöst hat, nämlich sich mit anderen Glauben zu beschäftigen. Zwar erklärt er sein Verhalten und seine Situation durch seine Glaubenslehre, jedoch hilft ihm diese nicht bei der Begegnung mit anderen Religionen. Indem er deshalb auf die eigene Vernunft zurückgreift, wird ein geistiger Umdenkungsprozess angestoßen.
Um noch einmal auf die Problematik der Toleranz zurückzukommen, vielleicht kann man von dem Tempelherrn sogar etwas lernen. Jeder hat schon einmal in irgendwelchen Bereichen Intoleranz meistens gegenüber Minderheiten gezeigt, selten jedoch wirkt sie sich so verheerend aus wie religiöse Intoleranz. In Lessings dramatischem Gedicht verkörpert der Tempelherr zu Beginn diese Einstellung, darüber hinaus wollte Lessing durch dessen Situation, gerade mit „Nathan der Weise“ als typisches Werk der Aufklärung, die Leute zu einer größeren Akzeptanz gegenüber anderen Religionen aufrufen. Nach wie vor hat diese Aufforderung nichts an Aktualität und Brisanz verloren und wenn man sich überlegt, dass Lessing die drei Konfessionen Judentum, Christentum und den Islam in den Mittelpunkt der Problematik gesetzt hat, die auch heute noch immer wieder Auslöser für militärische Konflikte sind, wie einleitend gezeigt, kann man „Nathan der Weise“ auf jeden Fall als zeitlos bezeichnen.
Inhalt
Dialektische literarische Erörterung:
Analyse des Tempelherrn, in Bezug auf seine Identität, anhand des 5. Auftritts im ersten Akt.

Gliederung:
A. Verbindung der Problematik des Anschlags in der Türkei mit der Problematik des Werks „Nathan der Weise“
B. Gesichtpunkte für bzw. gegen eine mögliche Identitätskrise des Tempelherrn anhand der Szene I. 5
I. Aspekte gegen eine Identitätskrise
1. Persönliche Rechtfertigung seines Handelns
2. Eigene Erklärung seiner Situation
II. Argumente für eine Identitätskrise
1. Unsicherheit seiner Loyalität gegenüber Saladin bzw. dem Patriarchen
2. Überschneidung unterschiedlicher Religionen in sei-nem Leben
III. Anstoß einer Veränderung des Tempelherrn
C. Bedeutung der Rolle des Tempelherrn für die heutige Zeit (1096 Wörter)
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