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Kinderschänder geringere Strafen als Raubkopierer

Frage: Kinderschänder geringere Strafen als Raubkopierer
(7 Antworten)


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Hallo,


kennt ihr solch populistische Aussagen? Neulich, als der Typ von kino.to verurteilt wurde kommt in den Kommentaren immer, dass das Rechtssystem ein Witz sei, da Kinderschänder eine mildere Strafe bekommen als Raubkopierer, da es möglicherweise um den wirtschaftlichen Schaden geht der wichtiger sei als das Wohl von Kindern.

Was haltet ihr davon?

Diskutiert!

Danke
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Frage von brabbit | am 14.06.2012 - 23:31


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Antwort von cleosulz | 15.06.2012 - 12:13
Das Ergebnis im Urteil 1 oder Urteil 2 darf nicht miteinander verglichen werden.

Wegen ein und der selben Straftat können verschieden milde oder harte Strafen ausgesprochen werden, die auf den ersten Blick stark voneinander abweichen.
Deshalb gibt es in Deutschland ja auch Anzahl der Tagessätze und Höhe der Tagessätze (im Geldstrafen-Bereich).
Außerdem hat bei der Strafzumessung das Gericht zu berücksichtigen
- ob der Straftäter ein Geständnis abgelegt hat,
- bei der Aufklärung mitgewirkt hat
- ob ein "Deal" vereinbart wurde
- ob er Reue zeigt
- ob er Schadensersatz geleistet hat oder ein Opfer-Täter-Ausgleich stattgefunden hat
- ob er arm oder reich ist (= Höhe der Tagessätze)
- ob er vorbestraft ist
- sein Verhalten vor Gericht (Gerichtspersonen sind auch nur Menschen und arogante Angeklagte .....
= auch wenn Justizia eigentlich blind sein sollte .....)


Was den wirtschaftlichen Schaden angeht oder das Wohl von Kindern ....
ich weiß nicht ob man das so sehen kann und darf.
Das Strafgesetzbuch sieht Strafen in einem bestimmten Bereich vor.
z. B. Freiheitstrafe von ... bis ... oder Geldstrafe.

In diesem Bereich hat ein Richter / Gericht zu urteilen - unter Abwägung der jeweiligen, für genau diesen Prozess wichtigen und zurechenbaren Abwägungspunkten (s. oben).

Daher kann der Betrüger Nr. 1 nicht unbedingt mit der selben Strafe sanktioniert werden die Betrüger Nr. 2.
Es sind 2 verschiedene Täter, evtl. verschiedene Straftaten, aus evtl. verschiedenen Gründen begangen.

Diebstahl:
Evi stiehlt ein Brot, weil sie kein Geld hat es zu kaufen. Die Kinder haben Hunger.
Daniel stiehlt ein iPhone, weil er es besitzen will.

Beides ist ein Diebstahl.
Beide Straftaten haben den selben Strafrahmen.
Sollen jetzt Evi und Daniel, die ja beide einen Diebstahl begangen haben, gleich verurteilt werden?

Zitat:
§ 176 Sexueller Mißbrauch von Kindern
(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind dazu bestimmt, daß es sexuelle Handlungen an einem Dritten vornimmt oder von einem Dritten an sich vornehmen läßt.
(3) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen.
(4) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach Absatz 1 oder Absatz 2 mit Strafe bedroht ist,
3.
auf ein Kind durch Schriften (§ 11 Abs. 3) einwirkt, um es zu sexuellen Handlungen zu bringen, die es an oder vor dem Täter oder einem Dritten vornehmen oder von dem Täter oder einem Dritten an sich vornehmen lassen soll, oder
4.
auf ein Kind durch Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen, durch Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhalts oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(5) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach den Absätzen 1 bis 4 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(6) Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Absatz 4 Nr. 3 und 4 und Absatz 5.



Zitat:
Urheberrechtsverletzung

§ 106 Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke
(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.

§ 108a Gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung
(1) Handelt der Täter in den Fällen der §§ 106 bis 108 gewerbsmäßig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
(2) Der Versuch ist strafbar.



Bei der Verurteilung des kino.to-Betreibers zu 4,5 Jahren Freiheitsstrafe ist das Gericht im oberen Bereich der Strafandrohung geblieben.

Um das zu verstehen, müsste man die Begründung des Gerichts kennen.
Es werden schon Gründe vorgelegen haben, dass es nicht zu einer geringeren Verurteilung gekommen ist.

Zitat:
„Den Mitwirkenden ging es einzig und allein um den Profit.“ Für die viel diskutierte Freiheit des Internets habe keiner der angeblichen Filmfreunde gekämpft.
...
Prozesse: Viereinhalb Jahre Haft für Kino.to-Chef - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/digital/computer/prozesse-viereinhalb-jahre-haft-fuer-kino-to-chef_aid_766909.html



Profitgier dürfte keine strafmildernden Gründe sein ....

Bei einem Kinderschänder muss das Gericht auch eine Strafe innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Strafrahmens abwägen.
Dabei wird die Tat und der Täter berücksichtigt.
Wenn keine strafmildernden Gründe erkennbar sind, kann ein Gericht den gesetzlichen Strafrahmen ebenfalls voll ausschöpfen.

Es wäre nun zu fragen: reicht der Strafrahmen für solche Straftaten (die eine oder andere) aus oder müsste der Gesetzgeber ihn erhöhen?
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Antwort von brabbit | 15.06.2012 - 12:28
TOP! Nur eine kleine Ergänzung: Es heißt iPhone :) Nicht iPhon :D :D :D
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Antwort von cleosulz | 15.06.2012 - 12:44
Danke brabbit .... ich habe keines, also musst du mir den Fehler nachsehen ^^.

Ich möchte noch kurz anmerken:
Bei sexuellem Mißbrauch von Kindern ist die Höchststrafe 10 Jahre.
Bei der Urheberrechtverletzung "nur" 5 Jahre.

Also - man darf nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, auch wenn beides Obst und kein Gemüse ist.

Unter Berücksichtung aller Umstände : Tatumstände sowie der Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Täters kann (und wird) ein Gericht wegen sexuellem Missbrauch von Kindern eine weit höhere Strafe gegen einen Täter verhängen, als gegen den Betreiber von kino.to

Aber jeder Fall ist eine Einzelentscheidung und extra abzuwägen.
Der höhere (hohe?) Strafrahmen ist jedenfalls da.


Wer sich mehr in das Thema Strafzumessung einlesen möchte, kann dies hier tun:

Zitat:

http://de.wikipedia.org/wiki/Strafzumessung_%28Deutschland%29

oder etwas "umständlicher"

http://herberger.jura.uni-sb.de/ref/strafprozessrecht/Rat-19.html


Zitat:

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Antwort von John_Connor | 15.06.2012 - 12:52
Zitat:
Ich möchte noch kurz anmerken:
Bei sexuellem Mißbrauch von Kindern ist die Höchststrafe 10 Jahre.
Bei der Urheberrechtverletzung "nur" 5 Jahre.


Das stimmt nicht ganz, denn dem kino.to-Betreiber drohten sogar 15 Jahre, da das weit mehr als nur ein paar Urheberverletzung waren und ihm organisiertes Verbrechen vorgeworfen wurde.


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Antwort von cleosulz | 15.06.2012 - 13:04
ok, dann habe ich die falsche Strafvorschrift zitiert.
Dann dürfte § 108a UrhG für den kino.to-Betreiber nicht der richtige § sein, wobei hier auch von gewerbsmäßiger Verwertung die Rede ist.

Wie gesagt:
Man müsste einen Blick in das Urteil werfen, um eine genaue Aussage über das "angemessene" oder "nicht angemessene" Urteil machen zu können.

Nur einfach so am Stammtisch lässt sich so was schwer diskutieren.
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Antwort von cleosulz | 15.06.2012 - 13:18
Das mit "drohen mehr als 15 Jahre" musst du in Bezug mit den evtl. noch weiteren Straftatbeständen "Geldwäsche, Steuerhinterziehung" sehen.
Da könnte es bei weiteren Einzelstrafen zu einer höheren Gesamtfreiheitsstrafe kommen.

Aber bei Urheberrechtsverletzung bin ich (bis jetzt) nur auf die 5 Jahre Freiheitsstrafe als Höchststrafe gestoßen.

Wie du - bzw. die Medien auf sonst noch mögliche 15 Jahre Höchststrafe kommen ... keine Ahnung.
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Antwort von cleosulz | 15.06.2012 - 14:56
zum Thema kino.to & Co - Raubkopien ..... nutzen / Nutzer / Strafbarkeit

In 7 Tagen clean.
Eine Info, was man tun darf und was nicht

http://www.goodschool.de/alt/raubkopien/pdf/infobroschuere_DIN_A4.pdf
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