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Günter eich:S

Frage: Günter eich:S
(9 Antworten)

 
Günter Eich: Trigonometrische Punkte 1

Ich schreibe Gedichte, um mich in der Wirklichkeit zu orientieren.
Ich betrachte sie als trigonometrische Punkte oder als Bojen 2, die in einer unbekannten Fläche den Kurs markieren.

Erst durch das Schreiben erlangen für mich die Dinge Wirklichkeit. Sie ist nicht meine Voraussetzung, sondern mein Ziel. Ich muß sie erst herstellen.

Ich bin Schriftsteller, das ist nicht nur ein Beruf, sondern die Entscheidung, die Welt als Sprache zu sehen. Als die eigentliche Sprache erscheint mir die, in der das Wort und das Ding zusammenfallen. Aus dieser Sprache, die sich rings um uns befindet, zugleich aber nicht vorhanden ist, gilt es zu übersetzen. Wir übersetzen, ohne den Urtext zu haben. Die gelungenste Übersetzung kommt ihm am nächsten und erreicht den höchsten Grad von Wirklichkeit.

Ich muß gestehen, dass ich in diesem Übersetzen noch nicht weit fortgeschritten bin. Ich bin über das Dingwort noch nicht hinaus. Ich befinde mich in der Lage eines Kindes, das Baum, Mond, Berg sagt und sich so orientiert.

Ich habe deshalb wenig Hoffnung, einen Roman schreiben zu können. Der Roman hat mit dem Zeitwort zu tun, das im Deutschen mit Recht auch Tätigkeitswort heißt. In den Bereich des Zeitwortes aber bin ich nicht vorgedrungen. Allein für das Dingwort brauche ich gewiß noch einige Jahrzehnte.

Für diese trigonometrischen Zeichen sei das Wort „Definition“ gebraucht. Solche Definitionen sind nicht nur für den Schriftsteller nutzbar. Daß sie aufgestellt werden, ist mir lebensnotwendig. In jeder gelungenen Zeile höre ich den Stock des Blinden klopfen, der anzeigt: Ich bin auf festem Boden.

Ich behaupte nicht, dass die Richtigkeit der Definitionen von der Länge oder Kürze der Texte abhinge. Ein Roman von vierhundert Seiten enthält möglicherweise ebenso viel Definition wie ein Gedicht von vier Versen. Ich bin bereit, diesen Roman zu den Gedichten zu zählen.
Richtigkeit der Definition und Qualität sind mir identisch. Erst wo die Übersetzung sich dem Original annähert, beginnt für mich die Sprache. Was davor liegt, mag psychologisch, soziologisch, politisch oder wie immer interessant sein, und ich werde mich gerne davon unterhalten lassen, es bewundern und mich daran freuen – notwendig aber ist es mir nicht. Notwendig ist mir allein das Gedicht.

Anm.
1 Trigonometrie: Berechnung von Dreiecken; ein t.P. oder Triangulationspunkt ist ein im Gelände markierter Punkt als Eckpunkt eines Dreiecks zur Erstellung einer Karte.

2 Boje: verankertes Seezeichen


AUFGABE: Setzen sie das gedicht Inventur von Günter Eich in beziehung zu Eichs Äußerungen über das gedichte schreiben (trigonometische Punkte)


ich versteh das nicht...kann mir jemand dabei helfen:)
dankeee
GAST stellte diese Frage am 16.11.2008 - 23:04

 
Antwort von GAST | 18.11.2008 - 19:23
hilft
mir doch bitte
:S
:S

 
Antwort von GAST | 18.11.2008 - 20:37
Was hast du denn schon gemacht?

 
Antwort von GAST | 18.11.2008 - 20:39
ich hab folgende aspekte herausarbeitet...bzw. verstanden

gedichte schreiben für ihn dieselbe gewichtung hat wie romane schreiben, aber für ihn im grunde genommen nur gedichte zählen und am gedicht von günter selsbt kann man ja sehen dass es kein klassisches gedicht ist sondern grob gesehen einfach nur eine audzählung von gegenständen darstellt...
:S:S:S

 
Antwort von GAST | 18.11.2008 - 21:05
Die Hauptaufgabe ist ja, das Gedicht "Inventur" in Bezug zum obigen Text zu setzen. Er schreibt z.B.:

Zitat:
Für diese trigonometrischen Zeichen sei das Wort „Definition“ gebraucht. Solche Definitionen sind nicht nur für den Schriftsteller nutzbar. Daß sie aufgestellt werden, ist mir lebensnotwendig. In jeder gelungenen Zeile höre ich den Stock des Blinden klopfen, der anzeigt: Ich bin auf festem Boden.


Das führt er im Gedicht ja exemplarisch vor: "Dies ist meine Mütze, dies ist mein Mantel..." Er gibt jedem Gegenstand definitionsartig eine genaue Bezeichnung, so dass (wie er meint) Wort und Ding zusammenfallen. Er glaubt die Wirklichkeit erst herstellen zu müssen, die "eigentliche" Sprache finden und aus der vorgefundenen Sprache die wahre Bedeutung "übersetzen" zu sollen, so dass sich die Beschreibung und das Original annähern. Eine Identität von Bezeichnung und Gegenstand schließt er aus.

Warum Eich so denkt, hat natürlich was mit der jüngsten deutschen Geschichte zu tun, aber darauf wird im Text nicht eingegangen. Es wird jedoch gesagt, wie er es zu machen gedenkt, und warum ausgerechnet in der Lyrik und nicht im Roman. Und das musst du aus dem Gedicht "Inventur" herausarbeiten, da gibt es noch viel mehr Beispiele.

 
Antwort von GAST | 18.11.2008 - 21:11
hmm krass:O
ich wär nie auf sowas gekommen...vorallem ich kann sowas nicht versprachlichen...kann ich das jetzt quasi so schon übernehmen?

 
Antwort von GAST | 18.11.2008 - 21:16
hmm was denn noch herausarbeiten:S oh gott...

 
Antwort von GAST | 18.11.2008 - 21:35
Nun, er möchte ja, dass Wort und Ding zusammenfallen, daher liegt seine Präferenz auf dem "Dingwort". Dem Roman ordnet er das "Zeit-" oder "Tätigkeitswort" zu, welches er in der Lyrik zu vermeiden sucht. Das müsstest du doch auch im Gedicht wiederfinden und daran verfolgen, wie er es umsetzt (eine reine Bestandsaufnahme, keine Handlung, kein Geschehen, nüchterne, karge Sprache, Reduktion auf die Bedeutung eines Gegenstandes und auf seine Nützlichkeit, kaum Emotionen, kaum Wertungen (nur der "kostbare" Nagel), keine Metaphern, usw.)

Des Weiteren betont er im Text die Notwendigkeit des Gedichtes, was sich doch auch im Gedicht widerspiegelt ("Die Bleistiftmine lieb ich am meisten..."). Wow, bei Eich ist sowas ja schon ein reiner Gefühlsausbruch! Aber selbst die Bleistiftmine wird nur auf ihren Nutzen hin reduziert: sie schreibt ihm die Verse.

 
Antwort von GAST | 18.11.2008 - 21:52
Oder schön auch Vers 5: "Konservenbüchse" - ein ganzer Vers nur aus einem Dingwort. Die Ellipse trägt zur Verknappung der Sprache bei.

Ähnliches erreicht er mit Enjambements, Vers 13: "Im Brotbeutel sind", Vers 14 "ein paar wollene Socken", Vers 21 "Die Bleistiftmine" - die Sätze gehen zwar weiter, aber die einzelnen Verse scheinen nur jeweils aus einem Dingwort zu bestehen.

Ähnliche Wirkung auch bei den Anaphern "meine Mütze, mein Mantel", das Dingwort steht immer im Zentrum. So gut wie keine Attribute (außer bei den "wollenen Socken" und wie erwähnt dem "kostbaren" Nagel).

 
Antwort von GAST | 18.11.2008 - 21:55
herzlichen dank
für die hilfe

gruss

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