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Referat: Alfred Andersch - Sansibar oder der letzte Grund, Der Klosterschüler

Alles zu Werke

Der Klosterschüler


Die NS Politik der „Entarteten Kunst“
Nachdem von jüdischen, kommunistischen und nach der Meinung Hitlers so wie seines Kunstministers Bernhard Rust „unerwünschten“ Künstlern stammende Kunstobjekte, Gemälde, Skulpturen und auch Bücher zumeist gewaltsam entfernt wurden, folgte am 10. Mai 1933 die erste von vielen öffentlichen Buchverbrennungen auf dem Berliner Opernplatz. Hiermit wurde eindeutig klar, dass die bisher geltende Kunstfreiheit, entstammend der Weimarer Republik, nun endgültig vorbei sein würde.
Hitler diktierte, dass die von nun an erwünschte Kunst die eines „nordisch arischen Volkes“ sein solle. In seinem 1930 erschienenen Buch „Der Mythos des 20.Jahrhunderts“ schrieb Alfred Rosenberg: „Kunst ist immer die Schöpfung eines bestimmten Blutes, und das formgebundene Wesen einer Kunst wird nur von Geschöpfen des gleichen Blutes verstanden.“ Eine weltweite Mischung der Kunstarten, oder gar eine weltweit beheimatete Kunst an sich lehnte er dabei strikt ab.
Die NS-Führung beabsichtigte mit der von ihr erwünschte Kunst nicht nur eine „Ausmerzung des nicht arischen“, sondern auch eine suggestive Beeinflussung der Bevölkerung, indem Motive von hart arbeitenden Schmieden, Bauern, säugenden Müttern, höchst muskulösen Sportlern, heldenhaft dargestellten Soldaten und Szenen der nordischen Mythologie mit NS Einfluss dargestellt wurden. Diese Bevorzugten Motive zeigen, auf welche gebiete der Gesellschaft die Nazis besonderen Wert legten. Laut der Überzeugung der Nazis, musste die Deutschen, blond groß, muskulös und blauäugig sein. Dies spiegelte sich in den oben geschilderten Kunstvorstellungen der Nazis wieder, indem sie die dargestellten Figuren während ihrer Pflichterfüllung und nach Nazivorstellungen ehrenhaften Positionen darstellten. Alles in allem jedoch, brachte die NS Zeit, kaum bis gar keine originellen Werke hervor, da sie allesamt geistlos und unter Einhalt strenger und somit kunsteinschränkender Vorschriften entstanden sind. Wenn, dann entstand wahre Kunst lediglich unter vorgehaltener Hand oder außerhalb der Grenzen der Nazikontrollstrukturen.
1936 wurde ein totales Verbot für die Kunst der Moderne erlassen, was zur Folge hatte, dass hunderte von Gemälden aus Museen und Kunsthäusern entfernt, dann ins Ausland verkauft oder zerstört wurden. Das bereits 1933 bestehende Ankaufsverbot für nicht arische und moderne Kunst wurde verschärft und mit Höchststrafen wie KZ oder Strafarbeit belegt. Die schrittweise Entrechtung der jüdischen Bevölkerung hatte zur Folge, dass auch viele der sich im jüdischen Besitz befindlichen Kunstgegenstände, sofern sie als „entartet“ angesehen wurden, ins Ausland verkauft oder vernichtet wurden. Die hieraus resultierenden Rückforderungen der heutigen Zeit beschäftigen bis heute Museen und Privatsammler (siehe „Lost Art Internet Database“).

Der „lesende“ Klosterschüler
Der ‚Klosterschüler’ in seiner Originalfassung stammt von Ernst Barlach aus dem Jahr 1922. Die 115cm hohe Holzplastik, stellt einen barfüßigen jungen Klosterschüler dar, der mit fast geschlossenen, geradezu dösigen Augen ein Buch zu lesen scheint.
In Alfred Anderschs Roman „Sansibar oder der letzte Grund“ wird diese Skulptur zur Schlüsselfigur für den inneren Wandel Gregors und gleichzeitig auch die Kernfigur für die äußere Handlung des Romans. Andersch wählte die Figur des „Klosterschülers“ sehr gezielt, denn in ihrer wie im Roman verkleinerten Fassung stellt die Figur für Andersch, einen Gebrauchsgegenstand, der für Andersch wie aber auch für den Pfarrer Helander, zum Handeln auffordert. Im Roman von Andersch droht dem „Klosterschüler“ wie in der Realität während 1933 - 1945 auch die Magazienierung durch das NS Regime und vielleicht sogar die Zerstörung durch eben jenes Regime, da der „Klosterschüler“ nach dem Verständnis der Nazis, im Roman als „die anderen“ bezeichnet, als entartete Kunst zu verstehen ist. Um die Figur vor diesem Schicksal zu bewahren, bittet Helander den Fischer und Kommunisten Knudsen die Figur mit seinem Kutter ins sichere Schweden nach Skillinge zu bringen. In den Augen Helanders stellt die Figur eine Art kritischer Offenheit dar, die in seine Kirche eingezogen ist. Ein heiliges Objekt, unabhängig von der, wie Helander glaubt, gebeugten Kirche mit ihren den Nazis unterwürfigen Oberhäuptern. Für Helander stellt die Figur eine Verkörperung zeitloser Haltung dar, welche seine Kirche beleben soll. Helander hofft, Knudsen, der sich weigert, die Figur nach Schweden zu bringen, weil der Pfarrer ihn einst beleidigte, mit der Erwähnung der „anderen“ Knudsen doch noch dazu zu bewegen, die Figur gegen den Willen und das Interesse, des gemeinsamen Feindes hinüber nach Schweden zu bringen. Knudsen jedoch weigert sich Helander dabei zu helfen, diesen „Götzen“ zu retten.
Für den Kommunisten Gregor wird die Figur zum Schlüsselerlebnis in diesem Kunstverständnis Brechts und Anderschs: Zunächst stellt Gregor eine emphatische/eindringliche Identifikation von sich selbst mit der Figur her. „Das sind ja wir, dachte Gregor“ – (S.48). Zunächst ist er noch der Meinung, die Figur würde ihn und seine Genossen widerspiegeln, wie sie in der Lenin-Akademie dasaßen, und lasen. „Genauso sind wir in der Lenin-Akademie gesessen, genau so.“ – (S.48). Durch seine Begeisterung für die Figur aber, und dem damit steigendem Interesse für die Figur, bemerkt er, dass die Figur doch ganz anders ist als er selbst, oder seine Genossen. „Aber dann bemerkte er auf einmal, dass der junge Mann ganz anders war. Er war gar nicht versunken. Er war nichteinmahl an die Lektüre hingegeben.
Was tat er eigentlich? Er las ganz einfach. Er las aufmerksam. Er las genau. Er las sogar in höchster Konzentration. Aber er las kritisch“ – (S.48). Er beginnt zu erkennen: „Er sieht aus, wie einer, der jederzeit das Buch zuklappen kann und aufstehen, um etwas ganz anders zu tun.“ – (S.48).
Mit dieser Einstellung repräsentiert der „Klosterschüler“ jene geistige Freiheit, jenes geistige Freidenkertum, nach dem Gregor stets strebte, es aber erst dann erreiche kann, wenn er sich von der KPD löst. Auf diese Weise wird Barlachs Figur in Anderschs Roman zum Zeichen des individuellen Freidenkertums, geistiger Freiheit, Kritik, Widerstandes welches zum Handeln auffordert. Der kleine Klosterschüler wird zur Kernfigur, die dazu beiträgt, dass die Charaktere, die auf ihn stoßen, innerlich reifen und in ihrem Handeln gemeinsam der Tyrannei der „Anderen“ widerstehen.
Für Gregor leitet sie vollends die Lösung von der Parteiabhängigkeit ein, was ihn dazu führt: „Zum ersten Mal leite ich eine kleine Parteiaktion. Es ist eine Sache, die nur mir gehört. Er fühlte sich glänzend aufgelegt […] Und nun war auch noch ein Mädchen ins Spiel gekommen.“ – (S.97). Bezogen auf den letzten Teil des Zitats, wird die Aktion Gregors auch zur Aktion „Jüdisches Mädchen“.
Auch Judith erkennt in der Figur die Freiheit und das Freidenkertum. „Er ist einer der alles liest was er will. Und deshalb muss er jetzt auch wohin, wo er lesen kann, soviel er will.“ – (S.149).
Selbst der äußerlich karge, unberührte Knudsen reagiert auf die Figur. „Ein seltsames Wesen aus Holz in der Dunkelheit“ – (S.141). Selbst der Junge ist von der Figur in Gefangenschaft genommen worden „Seine Augen hatten sich die ganze Zeit nicht von dem hölzernen Wesen zu lösen vermocht. Ich werde doch noch Knudsen fragen müssen, dachte der Junge, warum man die Figur von ’nem Jungen, der weiter nichts zu tun hat als lesen, nachts heimlich über die See schaffen muss“ – (S.133).
Daher ist die Figur für das Erwachsenwerden Judiths und des Jungen verantwortlich zu machen.

Quellen:
www.ph-freiburg.de
www.zum.de
www.wolfhowl.de
www.rerik.de
wvs.be.schule.de
Christian Bock Deutsch 10.04.07
Sansibar oder der letzte Grund - Der Klosterschüler
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Inhalt
Dieses Referat beinhaltet Informationen über die NS-Politik der Entarteten Kunst, legt seine Schwerpunkte aber auf den Klosterschüler, eine Holzplastik sowohl in der realen Welt als auch in der Welt des Romans "Sansibar oder der letze Grund" von Alfred Andersch existierend. Desweiteren gibt der Text Informationen über die Beziehung der Figur zu den einzelnen Darstellern des Romans, und ihren Beziehungen zu der Plastik. (1144 Wörter)
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