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Interpretation zu "Der irre Spielmann" - Eichendorff

Alles zu Joseph von Eichendorff  - Gedichte

Interpretation und Inhaltsangabe: Der irre Spielmann von Eichendorff



In der literarischen Epoche der Romantik nutzten viele Dichter, wie zum Beispiel Anette von Droste-Hülshoff, Karoline von Günerode und auch Joseph von Eichendorff in ihren Werken verschiedene Motive. Diese waren für die damalige Zeit typisch und spiegeln den Zeitgeist der Romantik bis heute wider. Das Wichtigste dieser Motive war das Motiv der Sehnsucht, welches durch den Wortbestandteil „-sucht“ einen psychopathologischen Aspekt besitzt und in erster Linie darauf zielt, das Ersehnte – ob nun Person, Gegenstand oder Ort – in weite Ferne zu rücken. Sehnsucht ist also ein gefühlvolles und oft schmerzhaftes Verlangen nach etwas oder jemandem. In diesem Kontext kann man auch das Motiv der Ferne erwähnen, das zusammenhängend mit der Sehnsucht auch als Fernweh gelten kann.

In Jospeh von Eichendorffs Gedicht „Der irre Spielmann“, ursprünglich aus dem Jahr 1817, werden besonders die Motive der Sehnsucht und der Ferne, beziehungsweise die des Reisens und Wanderns deutlich. Das lyrische Ich, wahrscheinlich der irre Spielmann, dessen Name dieses Werk trägt, befindet sich stetig auf Reisen. Dies wird schon in der ersten Strophe deutlich, in der der lyrische Sprecher beschreibt, warum er losgezogen ist, und sagt, dass er seitdem kein richtiges Zuhause mehr hatte.

In der zweiten Strophe vergleicht der Spielmann sich selbst mal mit einem Jäger, dann mit gejagtem Wild. Er beschreibt auch, dass der Wind ihm durch die Haare pfeift und redet die Welt an, sagt ihr, wie kalt und klar sie sei.

In der dritten Strophe spricht der lyrische Sprecher zu einem Kind, welches ihn aus einem Fenster heraus beobachtet, und fordert es auf, ihn nicht anzuschauen. Er will ihm klarmachen, dass er selbst nicht weiß, woher er kommt oder wohin er geht.

In der vierten Strophe beichtet das lyrische Ich, dass es seine Entscheidung, ein Spielmann zu werden, zutiefst bereut und mit seinem Dasein nicht mehr glücklich ist. Die letzten beiden Strophen widmet der Spielmann seinem Wunsch, an einen entlegenen Ort zu gehen, wobei er in der fünften Strophe von einem Wald spricht, in dem er seiner Trauer freien Lauf lässt, dann aber das Ende der Welt charakterisiert und die dortige Ewigkeit beschreibt, die wie ein ruhiges Meer ist und in der alles versinkt und endlich Ruhe findet.

Das Gedicht besteht aus sechs Strophen, mit je vier Versen. Diese werden durch einen einfachen Paarreim miteinander verknüpft, sodass sie einfache Liedstrophen sind. Dies unterstreicht meine Überlegung, es könne sich bei dem vorliegenden Werk etwa um ein Lied des Spielmanns handeln. Das Metrum ist ein Jambus, der unregelmäßige Hebungen aufweist, denn er besitzt in unregelmäßigen Mustern vier und fünf Hebungen. Ebenso ist die Kadenz nicht alternierend, wobei jedoch anzumerken ist, dass es mehr weibliche als männliche Kadenzen gibt. Der erste Vers besitzt eine männliche Kadenz, wodurch der Beginn des Werkes und somit neuer Aufschwung signalisiert werden. Der letzte Vers (V. 24) besitzt allerdings eine weibliche Endung, sodass das Gedicht ruhig und unbetont abgeschlossen wird. Am Satzbau auffällig sind Inversionen; „Seit ich da draußen so frei nun bin“ (V. 3) und anachronistische Wörter, wie zum Beispiel „der (…) frevelnde Mut“ (V. 2). Ebenfalls oft verwendet werden Metaphern (Vgl. V. 12) und Personifikationen wie „Ach Welt, wie bist du so kalt und klar!“ (V. 8).

Ebenfalls deutlich hervorstechend sind die vielen Zeilenstile, welche dieses Gedicht aufweist. Das einzige Enjambement findet sich gleich zu Beginn in Vers eins und bildet somit einen Auftakt des Gedichts. Die letzten drei Strophen bestehen jeweils aus einem Satz, wodurch eine gewisse Regelmäßigkeit der Satzbaustrukturen deutlich wird. Das Daseinsempfinden des lyrischen Ichs wirkt von der ersten Strophe an hektisch und verzweifelt. Dies wird durch Aussprüche wie „Durch's Leben jag' ich manch trüg'risch Bild“ (V. 5) unterstützt. In den letzten beiden Strophen scheint diese Gemütsgesinnung des lyrischen Sprechers ausgehend vom Inhalt und verwendeten Wörtern, zum Beispiel „in den tiefsten Wald (…) hinein“ (V. 17), „erschrecklich“ (V. 22) oder „schwindelnd“ (V. 21) ihren Höhepunkt in der Äußerung von Todessehnsüchten finden.

Inhaltsangabe:



In diesem Gedicht geht es um einen irren Spielmann, der sich früh dazu entschlossen hat, fortzugehen und zu reisen. Diese Entscheidung bereut er allerdings zutiefst, da er in seinem hektischen, schnellen Leben und der damit verbundenen Ruhelosigkeit keine Erfüllung finden kann. Diese Verzweiflung findet in einem Wunsch nach einem Zuhause und Endlichkeit Ausdruck, welche in Andeutungen an eine Todessehnsucht des lyrischen Sprechers gipfelt. Das lyrische Ich hat also in seiner Jugend seinen Traum von Freiheit verwirklicht, sehnt sich aber nun nach Geborgenheit und einem Heim, das er auf seinen Reisen nie hat finden können.

Die erste Strophe beginnt mit einer Personifikation des Wortes „Muth“ (V. 2), die ausdrücken soll, dass dieses abenteuerlustige Gefühl dafür gesorgt hat, dass sich das lyrische Ich in jungen Jahren auf Reisen begab. Es macht klar deutlich, dass es „frei“ (V. 3) ist, jedoch auch, dass es nicht wieder nach Hause finden kann (Vgl. V. 4). Als Jugendlicher oder junger Erwachsener wollte sich das lyrische Ich losreißen vom behüteten Umfeld der Familie, „Aus stiller Kindheit unschuldiger Hut“ (V. 1), wie es damals - und heute – viele Menschen tun wollen. Jedoch hat der lyrische Sprecher, der sich scheinbar als Spielmann (Vgl. mit dem Titel) durchschlägt, bemerkt, dass dieses freie Leben ohne einen festen Wohnsitz nichts für ihn ist. Es gelingt ihm nicht, Fuß zu fassen, sich niederzulassen und ein Heim zu finden, in dem er dauerhaft verweilen kann (Vgl. V. 4), da er den ständigen Drang der Unruhe verspürt und sich auf nichts Festes einlassen kann. In der zweiten Strophe spricht das lyrische Ich von Jägern und gejagtem Wild (V. 6). Scheinbar vergleicht es sich mal mit dem Jäger, der zielsicher hinter seiner Beute her ist, dann aber wieder mit dem flüchtenden Wild.

Durch die Fragen „Wer ist aber Jäger da? Wer ist das Wild?“ (V. 6) macht es seine Unsicherheit gegenüber seiner eigenen Identität deutlich. Des Weiteren spricht der Spielmann mit der „Welt“ (V. 8) in Form einer Personifikation und nennt sie „kalt und klar“ (V. 8). Durch diese Wörter wird ein Gefühl der Unnahbarkeit deutlich, welches sich auch für den lyrischen Sprecher aufzeigt. Mit dieser Vermenschlichung kommt erneut seine hilflose Gemütslage zum Ausdruck, die sich hier besonders darin begründet, dass sich der Spielmann an einem kalten Ort nicht wohlfühlt. In der dritten Strophe redet der Spielmann zu einem Kind, das ihn dabei beobachtet, wie er durch die Straßen zieht. Spielmänner wirken auf Kinder stets anziehend, womit sich auch die lüsternen Blicke (V. 10) des Kindes erklären lassen. Mit dem Ausspruch „Du frommes Kindlein“ (V. 9) möchte der lyrische Sprecher den Unterschied zwischen dem Kind und sich selbst klar machen und unterstreichen. Frömmigkeit wird mit Unschuldigkeit assoziiert und bildet so den Kontrast zum abenteuerlichen Leben des Spielmanns. Auch in dieser Strophe weist er auf sein Gefühl der Aussichtslosigkeit hin, indem er ruft: „Weiß ich doch selber nicht, wo ich bin!“ (V. 12) Das Ausrufezeichen verdeutlicht hierbei die drängende Wirkung erneut, wodurch auch Hilflosigkeit und Ratlosigkeit verstärkend dargestellt werden. In der vierten Strophe wird die Hastigkeit und das „rasend(e)“ (V. 14) Tempo seines Lebens verdeutlicht. Dies geschieht durch die Verwendung der Metapher: „Brech' ich im Fluge mir Blumen zum Strauß, /Wird doch kein fröhlicher Kranz daraus!“ (V. 15 und 16), wodurch die hektische und ruhelose Stimmung des Spielmanns deutlich wird. Doch auch die Aussage, es werde „kein fröhlicher Kranz daraus“ (V. 16) zeigt auf, dass der lyrische Sprecher unzufrieden mit seinem Dasein ist, da es ihn nicht mehr fröhlich macht. Wie bereits erwähnt, schlägt die ruhelose und entmutigte Stimmung der erstem vier Strophen in der fünften und sechsten Strophe um. Hier scheint das lyrische Ich eine Lösung für sein in den vorangegangenen Versen erläutertes Problem zu suchen.

In der vorletzten Strophe spricht es von“de(m) tiefsten Wald“ (V. 17), also von der Natur, von einer Gegenwelt zu seinem bisherigen Leben. Dort möchte der Spielmann seiner Trauer freien Lauf lassen, „aus der Brust den Jammer schrein“ (V. 18) und so Erleichterung finden. Er berichtet aber auch von seinem Wunsch, an das Ende der Welt (Vgl. V. 19) zu reisen, was rein geographisch natürlich unmöglich ist, also Gegenstand einer weiteren Metapher bildet. Diese soll verbildlichen, dass der lyrische Sprecher einen größtmöglichen Abstand zwischen sich und seine Probleme bringen möchte.

In der letzten Strophe dieses Gedichts kommen erstmals Todessehnsüchte des Spielmanns zum Ausdruck. Mit Wörtern wie „Ewigkeit“ (V. 21) und „still und weit“ (V. 22) beruhigt sich die Stimmung des lyrischen Sprechers, der in Gedanken an dem einzigen Ort ist, der ihm Ruhe und Geborgenheit verschaffen könnte: der Ewigkeit. Mit dem Ausdruck „Da wird es wohl endlich auch ruhig sein“ (V. 24) beendet er das Gedicht. Durch diese Wortwahl scheint es, als würde das lyrische Ich endgültig zur Ruhe kommen, nachdem scheinbar sein ganzes Leben, beginnend mit der „Kindheit“ (V. 1) aus der ersten Strophe, hin über sein schnelles Leben bis zu dem Punkt, an dem es endlich angekommen zu sein scheint.

Meiner Meinung nach ist das Gedicht „Der irre Spielmann“ von von Eichendorff sehr gelungen, da es auch zeitlos ist. Wie bereits erwähnt, verspüren auch junge Leute der heutigen Zeit den Drang, zu reisen und die Welt zu entdecken. Sie wollen viel erleben und vergessen dabei, wie wichtig es ist, trotz Allem immer eine Heimat und eine Familie zu haben, die einen Ruhepol in ihrem abenteuerlichen und hektischen Leben bilden. Somit bleibt die Problematik, die in diesem Werk thematisiert wird, bis heute aktuell.
Inhalt
Aufgabenstellung einer Klausur der Klasse 11:

Interpretieren Sie folgenden Text. Bearbeiten Sie dabei folgende Aufgaben:
1. Untersuchen Sie den Aufbau des Textes und erschließen Sie auffällige sprachliche Gestaltungsmittel.
2. Reflektieren Sie die Situation und das Daseinsempfinden des lyrischen Sprechers.

Dieses Dokument enthält ebenfalls eine Inhaltswiedergabe (Zusammenfassung) des Inhalts des Gedichts "Der irre Spielmann". (1589 Wörter)
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