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Was kann man unter Wunder verstehen?

Alles zu Christentum

Meine Lernfortschritte im Thema „Wunder“



Folgende Begriffe/Stichworte müssen abgedeckt werden:
Reich Gottes (
Speisungswunder, Heilungswunder, Naturwunder (
Hat Jesus Wunder gewirkt?(
Die Wunder Jesu im Vergleich mit anderen Wundertätern seiner Zeit(
Wunder als „luftige“ Fakten (
Disclosure-Situationen (
Wunderverständnis in biblischer Zeit (
Was wollen neutestamentliche Wunder hervorheben?(
Aufbau der neutestamentlichen Wundergeschichten (
Den Begriff „Wunder“ gibt es in allen möglichen Bedeutungen. So bezeichnen wir z.B. geniale menschliche Leistungen als Wunder („Die sieben Weltwunder“), oder wir reden bei einem glücklichen Ausgang einer Katastrophe vom Wunder. Auch beeindruckende Tatsachen aus der Biologie („Die Wunder der Tierwelt“), Technik oder Geografie („Die Wunder dieser Welt“) werden genauso unter diesen Begriff gefasst wie ein persönliches Erlebnis, das uns sehr beeindruckt hat („ein wunderbarer Tag“). Ein Wunder ist - im streng naturwissenschaftlichen Sinn - ein Ereignis, von dem keine natürliche Ursache angenommen wird; umgangssprachlich ist ein Wunder ein Ereignis dessen Zustandekommen man nicht erklären kann. In diesem Aufsatz will ich mich mit der christlichen „Wunderseite“ beschäftigen.
Auch die Bibel ist voller Wundererzählung. Die bekanntesten sind wohl im Neuen Testament zu finden. Die Speisung der Viertausendtausend kennt sicher jeder, aber auch die Krankenheilungen, die Christus vollbracht hat, sind jedem ein Begriff. Das öffentliche Wirken nimmt im Leben Jesu nur eine kurze Zeitspanne ein. Zwischen Taufe und Kreuzigung zieht er mit seiner Schar umher und wirkt vor allem als Wanderprediger und als Wundertäter. Die Wunder nehmen in den Evangelien eine zentrale Stellung ein. Jesus gilt als „der große Wundertäter“ schlechthin. Doch für Zuhörerinnen und Zuhörer im 21. Jahrhundert ist diese Wundertätigkeit keineswegs einfach zu verstehen. Zu viele Hindernisse schieben sich zwischen unsere Alltagserfahrungen und die Überlieferung der Bibel, als dass wir solche Berichte einfach hören und annehmen könnten.
Wie sind diese Wunder zu verstehen? Die meisten Menschen betrachten heutzutage Wunder als etwas, was den Naturgesetzen (oder zumindest dem gesunden Menschenverstand) widerspricht. Doch die Menschen aus „biblischer“ Zeit hatten ein anderes Wunderverständnis. Für sie war die Welt voller Wunder; sie verstanden die Heilung eines kranken Menschen oder wenn aus einem Saatkorn eine fruchttragende Pflanze entsteht als ein Wunder von Gott. Für sie waren Wunder aus dem Alltag als Wunder Gottes nicht wegzudenken. Es war für die Menschen ein Zeichen des anbrechenden Reich Gottes, wenn Wunder geschahen. Sie merkten dadurch, dass Gott für sie da war und dass er ihnen hilft. Diese Menschen besaßen noch die Fähigkeit aus solchen „Disclosure-Situationen“ (Erschließungsmomenten) die Anwesenheit Gottes zu spüren. Für sie waren Wunder wie eine religiöse Offenbarung. Viele Menschen haben durch Wunder zum Glauben gefunden (totales Engagement = total commitment).
Doch wie sieht das heutzutage aus? Ich denke, dass man die Menschen zu diesem Thema in drei Gruppen einteilen kann. Als erste Gruppe sind die Atheisten zu nennen. Diese Menschen glauben nicht an Wunder, für sie sind das bloß „Geschichtchen“, die erfunden sind. Als zweite Gruppe gibt es die Fundamentalisten, die alles als wahr ansehen, was in der Bibel steht. Für sie sind Wunder Tatsachen, die so passiert sind, wie man es nachlesen kann. Wer wie sie an Gott glaubt, muss auch zwingend glauben, dass die Wunder wahr sind. Die dritte Gruppe nenne ich mal die „luftige Gruppe“. Für sie sind Wunder „luftige Fakten“, das heißt, dass sie sie im übertragenen Sinn sehen. Sie nehmen sie nicht unbedingt als wahr an, sondern versuchen eher ihrer Bedeutung dahinter zu verstehen.
Nun zurück zu den Wundergeschichten in der Bibel. Es gibt viele verschiedene Wundergeschichten im Neuen Testament, aber besonders drei Wundergruppen sind zahlreich: die Gruppe der Speisungswunder (Speisung der Viertausend, Fischfang [Lukas 5,1-11]), die der Heilungswunder (Blinde können wieder sehen, Lahme wieder gehen,…) und die der Naturwunder (Wasser in Wein verwandeln, Sturm stillen,…). Beim Vergleichen verschiedener Wundererzählungen kann man erkennen, dass die Wunder im Neuen Testament stets einen ähnlichen Aufbau haben. Grob kann man die Wundergeschichten in vier Teile gliedern: Angefangen mit der Einleitung. Meist wird das Kommen des Wundertäters (im NT Jesus) und die anwesenden Personen kurz beschrieben. Daraufhin folgt die Exposition, es wird die Notwendigkeit eines Wunders dargestellt. Die eigentliche Wunderhandlung kann man in die Mitte der Geschichte einordnen. Und dann am Ende ein Schluss, in dem die Beteiligten entlassen werden und die Reaktion der Anwesenden geschildert wird.

Dieses Schema möchte ich noch einmal an der Speisung der Viertausend verdeutlichen:
Markus 8, 1-8 (siehe auch Matthäus 6,34)
Einleitung: (Wundertäter Jesus, Volk als Beteiligte)

1Zu der Zeit, da viel Volks da war, und hatten nichts zu essen, rief Jesus seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen:
Exposition: (Darstellung der Notwendigkeit eines Wunders; Volk seid drei Tagen ohne Essen)
2Mich jammert des Volks; denn sie haben nun drei Tage bei mir beharrt und haben nichts zu essen; 3und wenn ich sie ungegessen von mir heim ließe gehen, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn etliche sind von ferne gekommen. 4Seine Jünger antworteten ihm: Woher nehmen wir Brot hier in der Wüste, daß wir sie sättigen?
Wunderheilung: (Speisungswunder: Brot und Fisch wird vermehrt)
5Und er fragte sie: Wieviel habt ihr Brote? Sie sprachen: Sieben. 6Und er gebot dem Volk, daß sie sich auf der Erde lagerten. Und er nahm die sieben Brote und dankte und brach sie und gab sie seinen Jüngern, daß sie dieselben vorlegten; und sie legten dem Volk vor. 7Und hatten ein wenig Fischlein; und er dankte und hieß die auch vortragen. 8Sie aßen aber und wurden satt;
Abschluss: (Auswirkung und Wundertäter lässt die Beteiligten gehen)
und hoben die übrigen Brocken auf, sieben Körbe. 9Und ihrer waren bei viertausend, die da gegessen hatten; und er ließ sie von sich.
Jesus war ein Wundertäter, aber nicht der einzige seiner Zeit. Es gab noch viele andere Menschen, die „Wunder“ (z.B. Krankenheilungen) vollbrachten. Doch zwischen all’ diesen anderen Wundertätern und Jesus besteht ein großer Unterschied. Diese Menschen vollbrachten Wunder um damit Aufsehen zu erregen, Geld zu verdienen oder sich zur Schau zu stellen. Aber diese Punkte waren Jesus unwichtig. Viele Zeitgenossen von Jesus wünschten sich, dass er durch ein Aufsehen erregendes Wunder ein für allemal beweisen würde, wer er war. Aber die Antwort Jesu darauf war scharf und treffend. Er weigerte sich stets, für Schaulustige Wunder zu wirken. Dies tat er, um sich von diesen anderen Wundertätern zu separieren. Für ihn stellten seine Wunder ein Zeichen Gottes dar, praktische eine Kostprobe für den „shalom“.
Für jene, die Jesus wohl gesonnen waren, die angefangen hatten, an ihn zu glauben, konnten Wunder ein wirksames Mittel zur Ermutigung des Glaubens darstellen. Doch die Wunder Jesus zwingen niemanden dazu, an Jesus zu glauben; sie sind kein Beweis. Auch Jesus wollte sie nicht als Beweismittel verstehen. Dies wird z.B. in der Geschichte von Lazarus (Johannes 11 ,1-16) klar: Als Jesus von Lazarus' Krankheit hörte, war er weit von dessen Wohnort entfernt. Jesus machte sich nicht sofort auf den Weg, um ihn zu heilen, sondern wartete, bis man ihm sagte, dass Lazarus gestorben sei. Die Jünger wunderten sich darüber, aber Jesus sagte zur Erklärung seines Verhaltens: „Lazarus ist gestorben; 15und ich bin froh um euretwillen, daß ich nicht dagewesen bin, auf daß ihr glaubt.“ (Johannes 11, 14-15)
Jesus wollte, dass seine Jünger erleben, wie er einen Toten erweckt, damit ihr Glaube gestärkt werde. Genau das sollten alle Wunder bewirken. Sie dienen als Zeichen, die auf Jesus hindeuten und zum Glauben an ihn als Gottes Sohn ermutigen. Jesus benutzte seine Wunder nicht als Beweis sondern als Zeichen seiner Glaubwürdigkeit als Messias; denn die Wunder waren genau das, was die Menschen vom kommenden Messias erwarteten.
Zum Schluss dieses kurzen Aufsatzes, komme ich zum schwierigsten Teil: meine eigene Meinung. Als Kind fand ich die Wundergeschichten die schönsten, die es in der Bibel gab. Es waren unheimliche Hoffnungsträger. Das was erzählt wurde, war für mich wahr. Doch nun bin ich älter geworden und habe mein kindliches, naives Weltbild abgelegt. Ich nehme solche Geschichten nicht einfach mehr so hin, sondern hinterfrage sie. Aber für mich geht es bei einer solchen Hinterfragung nicht vorrangig um den Wahrheitsgehalt (Ist das so geschehen?), sondern eher darum, ob die Geschichte etwas Wahres vermittelt.

Mit Wundern verhält es sich wie mit Tränen. Bei Tränen kann man ihre „Anwesenheit“ sehen, man kann sogar ihren Wasser- und Salzgehalt messen, doch man kann auch mit den modernsten Techniken nicht bestimmen wie groß z.B. der Grad der Trauer ist – und ich finde, dass sollte man auch nicht. Man muss Wunder nicht beweisen können, aber man muss sie übertragen dürfen. Eine Träne verbinden wir mit Trauer (manchmal auch mit Freude) und so sollte man auch die einzelnen Wunder mit etwas verbinden. Ich versuche dies an einem Bespiel deutlicher zu machen:
In der Hochzeit von Kanaan (Johannes 2.1-11) geht es nicht vorrangig um die Tätigkeit, dass Jesus Wasser in Wein verwandelt. Viel mehr muss man das Wunder im übertragenen Sinn sehen. Ich setze das Leben gleich mit dem Wasser und die Freude gleich dem Wein. So bedeutet dieses „Wunder“ für mich, dass Jesus dazu fähig ist unsere Leben in ein Leben voller Freude zu verwandeln.
Ich denke, dass diese Wunder aus der Bibel schon geschehen sind und dass auch in unserer heutigen Welt noch Wunder geschehen. Nur wir Menschen haben die Fähigkeit verlernt, diese oft sehr kleinen Wunder zu sehen z.B. bei folgender Situation: Zwei Menschen überqueren eine viel befahrene Straße und als sie die andere Seite erreicht haben, rast ein Auto auf sie zu. Doch in letzter Sekunde schaffen sie es auf die andere Straßenseite. Viele Menschen sagen: „da hatten wir aber ein Glück“. Man könnte aber auch sagen: „Da hat uns Gott wunderbar bewahrt.“ Ich glaube wir Menschen sollten wieder lernen auch in Kleinigkeiten Wunder zu sehen.
Zum Abschluss noch ein kurzes Gedicht.
„Wenn keiner mehr an Wunder glaub“
Wenn keiner mehr an Wunder glaubt,
dann wird’s auch keins mehr geben.
Denn wer der Hoffnung sich beraubt,
dem fehlt das Licht zum Leben.
Wenn keiner mehr darauf vertraut,
dass Wunder noch geschehen,
wie soll der Mensch in seiner Haut
sein Leid überstehen?
Wenn keiner mehr an Wunder glaubt,

musst du’s allein riskieren:
Im Baum des Lebens, grün belaubt,
sind täglich Wunder aufzuspüren.
Elli Michler
Also lasst uns auf den Weg gehen – auch heute noch gibt es Wunder.
1614 Wörter
Inhalt
Wie kann man Wunder ansehen, wie sind die Wundergeschichten in der Bibel aufgebaut. Was ist eine Disclosure Situation? (1668 Wörter)
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