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Non Standard Cities - Künstler über Städte

Alles zu Museen und SammlungenIch befinde mich S-Bahnhof Storkower Straße und bin auf dem Weg zu einer Ausstellung, die sich mit der bewussten Verletzung der stadtplanerischen Normalität beschäftigt.
Als Impuls für die Ausstellung, die von dem Stadtkunstverein "Urban Dialogues" organisiert wurde, dienen fehlgeschlagene Versuche, lebendige Stadtteile zu kreieren. Johan Holten nennt in seinem Vorwort zwei Ausgangspunkte: Das triste Bedräng in Schweden, wo man Wohnform für unterschiedliche Familientypen zu berechnen versuchte und gleichzeitig dem Volk, dessen Bedürfnisse gesteuert wurden, Bauten zu liefern. Doch die Utopie ist fehlgeschlagen und die Siedlung zu einer zweitrangigen Behausung

geworden.
Oder das zerfallene Brasilia, das zeigt, wie ein halbes Jahrhundert nach der Stadtgründung das Kapitel der Moderne abgeschlossen ist und die Vision einer fast bildhauerisch geformten Stadt verblasst.
Non Standard Cities sind also keine ganzen Stadtplanungen, wie sie es auch weiterhin gibt und geben wird, sondern Kritiken zu bestehenden urbanen Verhältnissen und Reflexionen von Alternativen dazu.
Ich komme nun also an der ehemaligen Rinderauktionshalle auf dem "Alten Schlachthof"-Gelände an, die als Ausstellungsort vom 19.09. bis 17.10.04 dient und als Lösung gegen den unkontrollierten Fleischmarkt im Laufe einer anfänglichen Reformbewegung auf dem Gebiet der Hygiene 1976 entworfen wurde. Doch nach Zerstörung durch Krieg und wirtschaftliche Umbrüche, wie Teilung der Stadt, Wiedervereinigung und Entwicklung der Kühltechnik im Transportbereich, war der Schlachthof zu alt, zu nah an der Stadt und zu unrentabel. Der Ausstellungsort verdeutlicht somit das Problem, das die Geschichte einst gepriesene architektonische Lösungen einholt und die absolute Kontrolle und Planbarkeit der Stadt und deren Lebensumstände eine Utopie der Moderne ist.
Die dreizehn Beiträge von Künstlern aus verschiedenen Ländern wurden zusammengetragen, um auszusagen, dass die Zukunft der Stadt keine von Plänen überlastete und leidenschaftslose Ordnung sein darf.

Folgende Beiträge, ihre Künstler und ihre Grundaussagen, kann ich betrachten:
Stine Berger: Hybrid Living ( gegen Schematisierung und für Formlosigkeit und Spontanität natürlicher Urbanisierungsprozesse Roger Bisconi und Marc Graf: Die Rinderbotschaft ( harmonische Vereinigung von Stadt und Natur durch hochtechnologischen Viehbetrieb in der Großstadt Jakob Kolding: ohne Titel ( Postserie, die Anwohner des Schlachthofgeländes zur Stellungnahme zur Entwicklung ihres
Stadtquartiers durch das Eindringen in den öffentlichen Raum bewegen soll Pauline Kraneis: Rampe, Tunnel, Treppe, Stadtring ( Reise der Beschreibung und Definition von Raum mit ungewissem Ziel Alexa Kreissl und Daniel Kerber: Convenient Structures: Pavilion of Drifiting Expectations ( kreative Impulse aus Zerstörungen Pia Lanzinger: WorldWideWob: Das Spiel um die Zukunft einer Stadt ( Gesellschaftsspiel zur Verdeutlichung der Willkür kommerzieller und kommunaler Interessen bei Entwicklungsgebieten Matthias Müller: Vacancy ( Hommage an die futuristische Architektur der 50 Jahre und die utopische Hoffnung des Zeitalters der
Moderne Marjetica Potrc: Puerto Rico: House with Incorporated Electricity Pole ( Profit für Passant und Bewohner durch Hausbau um Laterne Pierre Röhnicke: A place like any other ( Fragestellung, was von der Ideologie des "Neuen Wohnens" heute übrige geblieben ist Hans-Christian Schink: A 71 Anschlussstelle Marlishausen, A 71 Brücke Molsdorf ( Schwierigkeit, Wirtschaftswachstum mittels erzwungener Investitionsmaßnahmen künstlich herzustellen Sophie Thorsen: Villages fig. 8 / Fertighausträume ( Utopien des reglementierten Wohnens noch nicht ausgestorben
Mans Wrange: Compromise House ( Kompromiss als gestalterisches Motiv
Besonders interessiert bin ich an Barbara Steppes "Zeithaus", weil es nicht nur die Frage nach
alternativen Wohnmodellen aufwirft, sondern auch eine konkrete Idee liefert. Ihre Arbeit ist ein xemplarischer Grundriss für ein Modellhaus, welches den Tagesrhythmus und die individuellen eigungen des künftigen Bewohners berücksichtigt. In einem Plakat erklärt sie den Aufbau des Zeithauses bildlich und textlich: Ein zehnstöckiges Haus, wobei jede Etage einer Wohnung entspricht, die alle den gleichen Außengrundriss und festgelegte Orte für Treppenhaus und Sanitäranschlüsse haben. Die Außenfassade besteht vollständig aus Glas, welche nach außen durch Jalousien geschützt wird, jedoch Musterelemente weiterhin die Zimmerfunktion verdeutlicht. Die flexiblen Innenwände machen die Individualität aus.

Das bessere Wohngefühl ist somit meiner Meinung nach vorprogrammiert und die persönliche Kreativität bei dem Entwurf seiner Wohnung ist gleich mitgefördert, weshalb es auch in meinen Fingern kribbelt, als ich nach Hause komme. Das Ergebnis:

Doch dabei sind mir auch Kritikpunkte aufgefallen, die gegen die Idee, Barbara Steppes sprechen:
Der persönliche Grundriss ist eben nur solange wirklich persönlich, wie man von nur einem Bewohner ausgeht. Sobald ein Partner, Kinder oder andere Mitbewohner hinzutreten ist es nur noch ein Kompromiss und kann den persönlichen Tagesablauf nicht mehr reflektieren.
Gerade die Einzigartigkeit, die eine Wohnung und das ganze Projekt ausmachen, macht es schwierig einen Nachmieter zu finden oder die individuelle Entwicklung zu berücksichtigen.
Es könnte von Menschen, die die Anonymität der Großstadt gewöhnt sind, abgelehnt werden, weil sie ihre Lebensgewohnheiten ständig zur Außenwelt präsentieren müssen.
Statisch sehe ich eine Schwierigkeit im fehlen tragender Wände, da die Außenwände vollkommen aus Glas, die Innenwände flexibel angeordnet sein sollen.
Die Künstlerin erläutert nicht genauer, wie die Arbeitszeit berechnet werden soll, grundsätzlich mit dem Arbeitszimmer würde für Menschen, die ihre Hauptarbeit außerhalb der Wohnung verrichten ja nicht zutreffen.
Räume, wie zum Beispiel das Schlafzimmer, werden zwar zu einem großen Prozentsatz des Tages genutzt, doch benötigt man allein zum Schlafen nicht viel Platz.
Der Wunsch nach zwei Badezimmern oder ähnlichen Variabilitäten sind durch die Determination der Anschlüsse nicht erfüllbar, womit die Idee zwar im Weitesten, aber eben nicht ganz umgesetzt werden kann.
Trotz der Kritikpunkte gefällt mir die Idee gut, denn sie ist realistischer und konstruktiver, als
die anderen Projekte und für das Gelände des Schlachthofes gut vorstellbar.

Grundrisse zum Ausprobieren und Nachempfinden:
Inhalt
Der Text ist Teil eines Plakates, welches ich als Kritik zur gleichnamigen Auststellung entwarf. (870 Wörter)
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