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Schulzeit in den 70er Jahren in der BRD

Frage: Schulzeit in den 70er Jahren in der BRD
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Hallo Ihr Lieben,

ich hoffe, dass Ihr mir helfen könnt, ich finde keine informationsreiche Seiten.
Habt /kennt Ihr vlt gute Seiten? Ich selber hab als gute Informationsquelle nur eine alte Zeitrachrift von meiner Lehrerin bekommen, es ist zwar hilfreich aber zu wenig .

Vielen Dank im Voraus
Frage von M_and_A (ehem. Mitglied) | am 22.11.2012 - 20:17


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Antwort von Prometheus700 | 22.11.2012 - 21:36
Was
möchtest du denn wissen?


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Antwort von Prometheus700 | 22.11.2012 - 21:40
Grundschule, Gymnasium, Unterricht, Lehrer, Kleidung.....?

 
Antwort von ANONYM | 23.11.2012 - 10:11
http://de.wikipedia.org/wiki/Schulsystem_in_Deutschland

In Klasse 1 und 2 sowie 3 und 4 fand der Unterricht gemeinsam statt.
Erst ab Klasse 5 hatte jede Klasse einen eigenen Klassenlehrer.
Kleine Schulen wurden mit anderen Schulen zusammengeschlossen. Meist fand ab Klasse 5 der Unterricht in einem anderen Ort statt (ländlicher Bereich). Kleine Hauptschulen wurden geschlossen.
Es gab: Grundschule - Hauptschule oder Gymnasium, nur wenige Realschulen.
1970 standen die Schultische noch in Reihen mit dem Blick zur Tafel.
Die Tische waren voneinander getrennt. Gruppenarbeit war wenig verbreitet.
Mädchen saßen neben Mädchen und Jungs neben Jungs.
Es wurde aufgestanden und gegrüßt, wenn der Lehrer herein kam.
Schriftliche Zusatzarbeiten waren die Regel noch als Strafe zu verstehen.
Der Lehrer stellte eine Frage und zur Beantwortung wurde gestreckt.
Geantwortet wurde möglichst erst nach einer entsprechenden Aufforderung.
Zwischenrufer gab es immer, aber die wurden meistens ermahnt.
Lehrer galten als Autoritätspersonen (oder auch nicht).
Es gab auch schon Schulschwänzer und Schulverweigerer.
Die letzteren wurden mit der Polizei zum Unterricht gebracht.
Schulsozialarbeiter gab es noch nicht.
Lehrern wurden von den Eltern ein gewisser Respekt entgegen gebracht, ihre Eignung wurde selten in Frage gestellt.
1970 gab es noch Noten für Schönschrift in den Zeugnissen.
Sexualunterricht fand nicht oder nur selten statt. Sexualität als Unterrichtsstoff in der Schule - ich erinnere mich: der Lehrer bekam einen roten Kopf und alle kicherten ständig. Irgend einer hatte einen Präser dabei und wir waren "ensetzt".
Es gab Fächer wie: Hauswirtschaft, Kochen, Nähen, Werken.
Sportunterricht war Pflicht - Mädchen konnten mit schriftlicher Bestätigung während ihrer Regel sich befreien lassen (= manche hatten dazu extra kleine Hausi-Heftchen, die den Lehrerinnen vorgelegt wurden.

Wir fuhren mit dem Schul-Sammelbus zur Schule.
Einen Sitzplatz hatten meist nur die Älteren. Diese verlangten Respekt von den Kleinen, meist mit der Begründung: In ein paar Jahren seid ihr die Älteren.

Hausaufgaben machte man oft kurz vor Unterrichtsbeginn.
Referate waren noch nicht bekannt, und wenn, dann nannte sich das (freiwillige) schriftliche Zusatzaufgabe und wurde mit der Heftnote bewertet (was meistens zu einer Notenverbesserung führte). Außer dem Lehrer sah diese Arbeit niemand.
Einzig Büchervorstellung gab es mitunter.

Schulveranstaltungen wurden als Pflichtveranstaltung gesehen:
Man war auf dem Sommerfest der Schule, nahm am Schulausflug teil und wenn Bundesjugendspiele stattfanden, haben alle daran teilgenommen.

Die Institution Schule galt noch was. Lehrer war ein angesehener Beruf.

1974 hatte ich einen Lehrer, der tatsächlich jung (und langhaarig) war und auf die Jugendlichen zu ging.
Er vermittelte den Schülern eine Art "Gleichberechtigung", was jedoch nicht bei allen zu einem Lernerfolg führte. Jedoch vermittelte er den Schülern, dass er sie akzeptiert und versteht.

Anfang der 70er besuchte ein Großteil der Kinder die Hauptschulen.
Ein Besuch eines Gymnasiums eines Arbeiterkindes war nicht selbstverständlich (heute würde man bildungsferner Familienhintergrund dazu sagen).
Weiterführende Schulen waren meist 1 oder 2-jährige Berufsschulen zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung.

http://wiki.bildungsserver.de/infoboerse/index.php/Bildungswesen_Statistiken

Hier findest du auch eine farbliche Grafik in der die jeweiligen Schulformen ab 1970 ersichtlich sind:

http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Presse/Pressekonferenzen/Schuljahrespressekonferenz2011/Infopaket_Schuljahrespressekonferenz_02_09_11.pdf



http://zeitzeugen.wordpress.com/category/schule-damals-1970-1980/


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Antwort von goldenoldie (ehem. Mitglied) | 24.11.2012 - 10:24
Bezogen auf den Beitrag von "Anonym" 23.11. kann ich nur sagen:

Wenn der Autor noch dazu geschrieben hätte, dass es den Dienst des "Tintenachfüllers" gab, der die kleinen Tintenfässer auf den Schülerpulten befüllte, und dass die Schüler auf Schiefertafeln schrieben, dann passt seine Beschreibung voll zu den Schulbedingungen um 1950; mit den 1970`ern hat sie nicht zu tun.

Immerhin zeigte Georg Pichts Buch von der "Deutschen Bildungskatastrophe" (1965) Wirkung:

Die Klassen wurden verkleinert, es wurden sehr viel mehr Lehrer eingestellt, (was dann zur Folge hatte, dass für die Uni-Absolventen der 1980`er nur noch eine Taxifahrerkarriere drin war) die Lehrerbesoldung wurde deutlich angehoben; erheblich mehr Schüler aus bildungsferneren Schichten erhielten Zugang zu weiterführenden Schulen, der Aanteil der Abiturienten eines Schülerjahrgangs stieg von ca 8 % 1965 auf über 30 ... heute z.T. über 40%, nur Bayern leistet sich immer noch ein stärker selektives System mit unter 25% Abiturienten) Bedingt durch die Reformpädagogik (O`Neill, Summerhill, 1960) und das Umdenken nach der 1968`er "Revolution" wsurde der Unterricht von dem "Muff der Vorväter" befreit, ein neuer Schultyp entstand, die "Gesamtschule" ... hier hätte "Anonym" mehr als nur einen langhaarigen Lehrer getroffen, daneben entstanden total antiautopritäre Schulen (z.B. Glockseeschule hannover), in denen die Schüler - z.T. heute immer noch - weitgehdn selbst bestimmen, wann und was sie lernen wollen ... und und und

 
Antwort von ANONYM | 24.11.2012 - 11:07
@goldenoldie

Meine Sicht bezieht sich auf die des Schülers, und nicht des Pädagogen.
Ich wurde 1968 eingeschult und habe nur die Schule(n) beschrieben, die ich kenne und besucht habe. Von 22 Mitschülern, mit denen ich eingeschult wurde, besuchten 7 eine weiterführende Schule, sprich ein Gymnasium. Davon gingen 5 vor dem Abitur ab. Nur 2 meiner Mitschüler von 1968 haben dann tatsächlich studiert. Alle anderen haben dann mit der "Mittleren Reife" einen Beruf erlernt bzw. eine Schülerin wechselte am Ende der Klasse 8 sogar noch auf die Hauptschule.

Ach ja, Tintennachfüller kenne ich nicht mehr. Das war noch wirklich vor meiner Zeit.

Jedoch war es in ländlichen Gebieten (nicht nur an meiner Grundschule) noch bis etwa Mitte der 70er üblich, die Klassen 1 + 2 und 3 + 4 von einem Klassenlehrer gemeinsam zu unterrichten. Erst später, als die einzelnen Klassen mehr Kinder hatten, hatte jede Klassenstufe ein Klassenzimmer. Unsere Klasse war mit 22 Schülern "riesig". Die 2. Klasse hatte nur 9 Kinder.
Gesamtschulen gab es bei uns damals nicht. Es gab zwar Realschulen, jedoch nicht jede Stadt hatte eine. Ich wohnte damals 20 km von der nächsten Realschule entfernt. Aus meinem Wohnort gingen gerade mal 2 Kinder dorthin.

Und was die Befreiung vom Muff der Vorväter betrifft:
1970 wurde an unserer Grundschule Mengenlehre eingeführt.
Die Pädagogen gingen dazu extra auf Schulung. Für die Eltern gab es Abendkurse :-)
Nachdem meine Mitschüler, meine Eltern und ich mich mit dem Thema herumgeplagt hatten, wurde die Mengenlehre dann nach einiger Zeit wieder abgeschafft.

http://www.myheimat.de/rauschenberg/freizeit/mengenlehre-in-der-5-klasse-das-war-in-1970-m1432838,1281501.html

Die Kommentare im obigen Link kann ich nur bestätigen.

Zitat:
Mein ältester Bruder brauchte das noch nicht zu lernen und nach uns hat man das auch gleich wieder aus dem Lehrplan gestrichen - was haben wir also gelernt?


Also du merkst: Eine Gesamtschule habe ich nie besucht, aber auch nie besuchen können, auch heute nicht.
Dieser Schultyp gibt es bei uns (auf dem Land) nur als Freie Waldorfschule - und die nächste ist 23 km entfernt, die übernächste 32 km.

Was die Mode betrifft:
Meine Lehrer trugen Rollkragen und Cordjacket und die Lehrerinnen noch artig einen Rock zum Pulli oder Bluse. Das hat sich nicht groß bis zu meiner Schulentlassung 1979 geändert. Und nicht verheiratete Lehrerinnen wurden bis zu meiner Schulentlassung immer noch mit "Fräulein ...XYZ" angesprochen.

Aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass ich in einem ländlichen, konservativen Teil Deutschlands aufgewachsen bin, wo Fuchs und Hase sich abends auch heute noch grüßen.

http://www.chroniknet.de/indx_de.0.html?article=255731&year=1970

http://www2.ibw.uni-heidelberg.de/~gerstner/Fertig.pdf

http://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2010-07/schulreformen-geschichte

http://www.pedocs.de/volltexte/2011/4381/pdf/ZfPaed_2008_6_Tillmann_Schulreform_Erziehungswissenschaft_D_A.pdf


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Antwort von algieba (ehem. Mitglied) | 24.11.2012 - 17:43
Zitat:
Meine Sicht bezieht sich auf die des Schülers, und nicht des Pädagogen.


Nein, deine Sicht gibt einfach nur deine Erinnerungen wieder; inklusive Bewertungen (von wegen der artige Rock und so, was soll das denn?). Ob das für das Referat der TE eine Hilfe ist, wage ich zu bezweifeln, weil du nicht von der Schule der 70er erzählst, sondern von deiner Schule. Und die hätte in der Tat auch in einem anderen Jahrzehnt stattfinden können.


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Antwort von cleosulz | 24.11.2012 - 19:16
http://de.wikipedia.org/wiki/Bildungsreform#Die_bundesdeutsche_Bildungsreform_der_1960er-_und_1970er-Jahre

http://de.wikipedia.org/wiki/Schulsystem_in_Deutschland

http://www.uni-frankfurt.de/fb/fb04/download/Ohlhaver_AufsatzSchulentwicklung.pdf

http://www.kas-aquaedukt.de/?p=1796

http://www.bildungsxperten.net/wissen/was-ist-die-gesamtschule/

http://www.tep-online.info/didak/70er.html
________________________
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Antwort von M_and_A (ehem. Mitglied) | 25.11.2012 - 19:12
Ich bedanke mich recht herzlich für eure hilfreichen Beiträge, und auch die Links sind sehr informativ und hilfreich .

Vielen Dank <3


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Antwort von Prometheus700 | 25.11.2012 - 22:06
Zitat:
Nein, deine Sicht gibt einfach nur deine Erinnerungen wieder; inklusive Bewertungen (von wegen der artige Rock und so, was soll das denn?). Ob das für das Referat der TE eine Hilfe ist, wage ich zu bezweifeln, weil du nicht von der Schule der 70er erzählst, sondern von deiner Schule. Und die hätte in der Tat auch in einem anderen Jahrzehnt stattfinden können.


Ich würde diese Zustandsbeschreibungen auch eher mit der Nachkriegszeit assoziieren. Je nach Bundesland und Urbanisierungsgrad bestanden, wenn ich diese Zeitzeugenberichte als gegeben akzeptiere, offensichtlich beträchtliche Unterschiede.

So gesehen kann wohl nicht DAS Schulsystem der 70er beschrieben werden, sondern nur dessen Teilaspekte.

In Rheinland Pfalz konnte ich den Systemwechsel um 1970 erleben.

1966 fand der Einstieg mit einer noch aus dem Kaiserreich stammenden Grundschullehrerin statt.
Geschrieben wurde auf Schiefertafeln, die Hausaufgabe am 2. Schultag bestand darin, das komplette Alphabet in Schönschrift zur Tafel zu bringen.
Wer im Diktat eine 1 haben wollte, musste die eine DIN A 5 Seite nicht nur fehlerfrei, sondern auch ohne Korrekturen von Verschreibern(und in Schönschreibschrift), ab der 2. Klasse zu Papier bringen.
Die Prügelstrafe war in Rheinland Pfalz damals Standard und wurde von dieser Lehrerin - allerdings ohne spezielle Hilfsmittel(Rohrstock)- häufigst praktiziert.


68 trat diese Dame dann in den wohlverdienten Ruhestand, die 3. Klasse wurde ruhiger und schmerzfreier, dafür verschlechterte sich mangels äußeren Druckes das Schriftbild und auch fehlerfreien Diktaten waren die mit dem neu eingeführten Tintenkiller vorgenommenen Korrekturen anzusehen.
Nach einem Schulwechsel bis 1969 begann schließlich die Gymnasialzeit in den 70ern.
Die Prügelstrafe wurde abgeschafft, die Schüler hatten nicht mehr, wenn der Lehrer den Klassenraum betrat, aufzustehen.
Auch Kleidung und Haarschnitte veränderten sich. Die graue Bundfaltenhose wurde nach unendlichen Kämpfen mit den Eltern durch eine Jeans ersetzt, die dunkelblaue Clubjacke durch eine aus Kunstleder. Schulterlanges Haar, wildlederne Fransenhosen, Cowboystifel, Trapperhut und Haschischpfeife waren allerdings noch total tabu.
Nicht nur einige Lehrer genehmigten sich Montags und Freitags- wie heute auch- ihre "Auszeiten", sonern auch Schüler lernten, dass Leistungsverweigerung möglich, wenn auch nicht empfehlenswert war.
Wenn gar nichts half und eine sehr unangnehme Klassenarbeit anstand, konnte auch ein Bombenalarm hilfreich instrumentalisiert werden(Bader-Meinhof-Zeit!).
Immerhin war die Schwester eines meiner Klassenkameraden dieser Gruppierung beigetreten und wurde später auch langjährig inhaftiert.
Nachmittags, noch häufiger Abends, entspannten sich meine 15 jährigen Klassenkameraden bei Bier und Zigarette in der Kneipe und 13-15 jährige Damen ließen sich, sofern man ihnen das (Alter) nicht gleich ansah, von 25 jährigen Herren in die Disko ausführen...
Für die Generation meiner Väter und Lehrer dieses Alters muss dies alles ein Alptraum gewesen sein.
Referendare mit rosaroter Bluse und Jesussandalen, kombiniert mit einem Mathelehrer der beim Adolf als Jagdflieger unterwegs war und sich vor dem Unterricht von einem Schüler seiner Wahl den Stuhl säubern ließ.....

Das mal so als kurzer Abriss dieser Zeit, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben möchte.... :)

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