Referat (über das gesamte Werk)
Erich Kästner: „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ (1928)
Das politische Gedicht „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ wurde 1928 von Erich Kästner geschrieben und ist im selben Jahr in seiner Lyrikreihe „Herz auf Taille“ veröffentlicht worden. Es gehört zur Gattung der pose engage.
Allgemein lässt sich zu Erich Kästner (1899 bis 1974) sagen, dass er ein Dichter und Kritiker war, der vor allem in seinen Gedichten und Kurzgeschichten die Missstände in der Gesellschaft darlegen und dadurch Veränderungen bewirken wollte.
Als 15jähriger erlebte er den Anfang des ersten Weltkrieges mit und musste mitansehen, wie viele seiner damaligen Freunde an die Front eingezogen wurde und leider niemals wiederkamen. Er selber hatte das „Glück“ an einer Herzkrankheit zu leiden, die im Lanzerat geheilt wurde. Deshalb wurde er erst als kriegstauglich erklärt, als der Krieg fast vorbei war. Doch diese kurze Zeit prägte ihn sehr und dies ist sicherlich einer seiner Gründe warum er sich vor allem später aktiv (z.B. bei Demonstrationen gegen Atomwaffen und Vietnamkrieg) gegen den Krieg aussprach und auch in seinen Gedichten als überzeugter Pazifist fungiert.
1928 gilt allgemein als ein Jahr der politischen Entspannung. Außenpolitisch wurde Deutschland in den Völkerbund aufgenommen und konnte sich somit auf die innere politische Lage konzentrieren. Putschversuche und politische Morde hörten auf und durch die Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten wird deutlich, dass die Rechten einen wachsenden Einfluss hatten. Deutschland erlebte nach den Reparaturzahlungen vom Krieg einen wirtschaftlichen Aufschwung (die goldenen zwanziger), der unter anderem auch in diesem Gedicht deutlich wird.
Inhaltlich kritisiert Erich Kästner mit seinem Gedicht „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ die Unmenschlichkeit und Nutzlosigkeit eines Krieges und die damaligen gesellschaftlichen und politischen Missstände.
Dieses Gedicht ist eine Parodie zu Goethes „Mignon“. In diesem Gedicht wird ein Land beschrieben, in dem Zitronen blühen und im dunklen Laub die Goldorangen glühn. Es ist ein Land, welches paradiesisch und sehr prunkvoll dargestellt wird ( „Kennst Du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach. Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach, und Marmorbilder stehn...) Ebenfalls wird die Natur bei Goethe herausgestellt, welches bei Kästner gar nicht der Fall ist. Höchstes beim Titel „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühen?“ wird das blühen, ein Begriff aus der Natur aufgegriffen, um den Kontrast zu den Kanonen hervorzuheben.
Formell ist das Gedicht von Erich Kästner in 7 Strophen a 4 Zeilen unterteilt. Durchgehend werden Kreuzreime verwendet, die sehr harmonisch klingen. Dies ist eine Anlehnung an Goethes Gedicht, in dem Paarreime verwendet wurde. Auf den Inhalt des Kästner Gedichtes werde ich nun im Folgenden eingehen:
In der ersten Strophe Zeile 1 wird der Titel des Gedichtes „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühen?“ wiederholt. Kanonen sind eine Metapher für den Krieg, oder allgemein gesprochen für Gewaltbereitschaft und Kampf. Im Gegensatz dazu steht das Prädikat „blühn“. Mit diesem Wort assoziiert man die Natur und blühen zum Beispiel von Blumen.
Mit dieser Frage „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ wird der Leser direkt angesprochen und ins Geschehen mit einbezogen. Diese eben gestellt rhetorische Frage wird eine Zeile weiter (Zeile 2) noch einmal aufgegriffen: „Du kennst es [das Land] nicht? Du wirst es kennenlernen!“ An dieser Stelle fragt sich nun der Leser dieses Gedichtes, wie dieses Land, wo die Kanonen blühen aussehen wird. Diese imaginäre Frage wird im Folgenden beantwortet. „Dort stehn die Prokuristen stolz und kühn in den Büros, als wären es Kasernen.“ In diesen beiden Zeilen (Zeile 3 und 4) wird jedes Land („dort“) näher beschrieben. Angestellte eines Unternehmens (= Prokuristen) stehen stolz und kühn in ihren Büros, die als Kasernen umfungiert wurden. Aufgrund der Vergleiches von Büros und Kasernen, wird die Deutsche Ordnung verdeutlicht. Büros werden wie Kasernen geführt. Mit den Adjektiven „stolz“ und „kühn“ assoziiert man die sogenannten Deutschen Tugenden, die auch ein paar Zeilen später noch einmal angeführt werden.
In der zweiten Strophe wird beschrieben, dass Gefreitenknöpfe unter dem Schlips wachsen. Gefreitenknöpfe deuten auf eine militärische Uniform hin, die unter dem Schlips, d.h. im verborgen wächst. Das Wort „wächst“ ist an dieser Stelle sehr interessant, da es darauf deuten könnte, dass das Militär noch im Aufbau, also im Wachstum ist. In diesem Zusammenhang passt auch die darauffolgende Zeile: „Und unsichtbare Helme trägt man dort.“ (Zeile 6). Helme sind wieder eine Metapher für die Soldaten. Das Wort „unsichtbar“ lässt wieder darauf schließen, dass es heimlich und nicht öffentlich passiert. Grob zusammengefasst, könnte man sagen, dass sich das Militär in der Ausrüstung befindet und dies noch vor den anderen Ländern und vielleicht auch vor dem eigenen Land geheim halten will.
In Zeile 7 wird auf die damalige Ideologie aufmerksam gemacht: „Gesichter hat man dort, doch keine Köpfe.“ (Zeile 7) Erich Kästner will mit diesem Zitat zeigen, dass die Fassade, d. h. das Gesicht bei jedem Menschen zwar „vorhanden“ war, aber das Denken und die Individualität, d. h. der Kopf nicht genutzt wurde, bzw. nicht genutzt werden durfte.
Ebenfalls wird auf die Ideologie [der Rechtsradikalen] in Zeile 8 angespielt: „Und wer zu Bett geht, der pflanzt sich auch schon fort.“ (Zeile 8) Diese Aussage unterstreicht den Rassengedanken, d. h. das nur arischen Kinder gezeugt werden sollten und könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass zu einer „ordentlichen“ Familie viele Kinder gehörten.
In der dritten Strophe wird der militärische Drill klar hervorgehoben. Der Vorgesetze will „etwas“ und bei seine Untergebenen steht der Verstand still und stramm, sie haben die Augen nach rechts gerichtet und rollen das Rückrat.
Das die Augen nach rechts gerichtet sind, könnte man auf zwei unterschiedliche Weisen deuten:
Zum einen könnte es eine Anspielung auf die Genauigkeit der Deutschen sein und den absolut perfekten Drill: sogar die Richtung des Guckens wird vorgeschrieben.
Zum anderen könnte das nach rechts schauen auch die politische Richtung (rechts) deutlich machen.
Wie auch schon am Ende der zweiten Strophe kurz angesprochen soll auch hier wieder der Verstand ausgeschaltet werden: er soll nämlich still und stramm stehen und auf keinen Fall individuell handeln oder nachdenken. Der Mensch soll sich seelisch unterordnen und unterwerfen. Im Zusammenhang dazu steht das rollen des Rückrates. Hier wird auch die körperliche Unterwürfigkeit gefordert und unterstrichen.
In der vierten Strophe wird ausgesagt, dass Kinder mit kleinen Sporen geboren werden und mit einem gezogenen Scheitel auf die Welt kommen. (vgl. Zeile 13f) Die Metapher „Spore“ kann in zwei verschieden Richtungen gedeutet werden:
Zum einen werden Pferden die Sporen gegeben, damit sie schneller laufen. Überträgt man dies auf die Kinder könnte es heißen, dass sie im übertragenen Sinne „getreten“ d. h. gefördert werden, um Deutschland an die Weltmacht zu bringen.
Zum anderen könnten die Sporen auch biologisch gedeutet werden. Dies kann heißen, dass sich die Kinder früh „fortpflanzen“ sollen, um die arische Rasse zu verbreiten. An dieser Stelle wird wieder der Rassengedanke deutlich.
Ein weiterer Deutungsversuch könnte sein, dass es sich bei Sporen um militärische Gegenstände handelt, die verdeutlichen, dass sich das Militär in alle Bereiche des Lebens (ins Intimleben) der Menschen eingemischt hat.
Der streng gezogene Scheitel könnte eine Anspielung auf die deutsche Ordnung sein. In Deutschland musste alles perfekt organisiert sein. Überspitzt heißt das: sogar ein neugeborenes Baby kommt mit einem gezogenen Scheitel auf die Welt.
Im Folgenden wird darauf eingegangen, „wie“ man auf die Welt kommt. „Dort wird man nicht als Zivilist geboren,“ (Zeile 15) Ein Zivilist ist ein „normaler“ Bürger, der nicht Dienst an der Waffe leistet, d. h. der kein Soldat ist. Da in diesem Land, wo die Kanonen blühen, laut dieser Zeile, keine Zivilisten geboren werden, heißt dass, dass es für Deutschland nur wichtig ist, Soldaten zu erziehen, damit diese Deutschland -wie auch eben schon angesprochen- an die Weltspitze bringen.
Auch der Gedanke, nicht individuell zu handeln, sondern nur strikt nach Anweisung zu handeln, wird aufgegriffen: „Dort wird befördert, wer die Schnauze hält“ (Zeile 16) Wie auch eben schon beschrieben, soll der einzelne nur gehorchen und sich unterordnen ohne nachzudenken oder einen Aufstand zu proben.
Die fünfte Strophe beginnt mit der Wiederholung der Frage „Kennst Du das Land?“ aus Zeile 2. Weiterhin wird das Land näher beschrieben. Es ist ein Land, wo Menschen glücklich sein könnten (Konjunktiv) und wo das Land auch glücklich machen könnte (Konjunktiv). Warum das Land glücklich machen könnte, wird folgendermaßen erklärt:
Äcker, Kohle, Stahl und Stein, sind die materiellen Rohstoffe, die das Land, in dem Kanonen blühen, vorweisen kann; ebenfalls wie die Tugenden Fleiß und Kraft.
Im Anschluss daran erfolgt ein Enjambement, also ein Zeilensprung in die sechste Strophe. An dieser Stelle wird zu den materiellen Dingen und den Tugenden auch der Geist hinzugefügt: „Selbst Geist und Güte gibt’s dort dann und wann!“ (Zeile 21) Interessant hierbei ist, dass erst die materiellen Dinge, dann die Tugenden und dann ganz zum Schluss der Geist kommt... und auch nicht immer, sondern nur „dann und wann“ d. h. manchmal.
„Und wahres Heldentum. Doch nicht bei vielen.“ (Zeile 22) wird eine Zeile später ergänzt. Helden sind charismatische Menschen, die sehr weitschauend und immer individuell handeln und sich von der Masse abheben. Diese Menschen wurden zu dieser Zeit nicht „geduldet“ da man sich unterzuordnen hatte.
Vielleicht sind mit der Metapher Helden in diesem Kontext auch irgendwelche Soldaten mit hohen Auszeichnung gemeint, die ein Vorbild für die Nation darstellen sollten.
In diesem beschriebenen Land steckt in jedem zweiten Mann noch ein Kind, welches mit Bleisoldaten spielen will. (vgl. Zeile 23) Mit dieser Aussage wird deutlich, dass die Männer den Krieg mit spielerischen Augen sahen und ihn mit Bleisoldaten „spielten“ und den Ernst der Lage nicht kannte.
In der siebten und letzten Strophe wird die Freiheit bzw. die nicht vorhandene Freiheit angesprochen. Nach dem ersten Weltkrieg war Deutschland aufgrund von seinen Reparaturzahlungen von anderen Großmächten abhängig und war in dem Sinne nicht frei. Nachdem 1928 endlich die ganzen Zahlungen geleistet wurden, war man nun „frei“. Erich Kästner hat jedoch die Vorahnung, dass diese Freiheit „grün“ d. h. frisch und damit auch nicht lange halten wird. „Was man auch baut- es werden stets Kasernen“ (Zeile 26) zeigt, dass wieder das militärische Aufrüsten Deutschlands in der drittletzten Zeile.
Den Abschluss des Gedichtes bilden die folgenden Zeilen, die schon aus Zeile 1 und 2 bekannt sind und somit einen abschließenden Rahmen bilden: „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühen? – Du kennst es nicht? Du wirst es kennenlernen!“ (Zeile 27 und 28) Während man sich am Anfang des Gedichtes zu diesen Zeilen noch die Frage stellte, wie dieses Land wohl aussehen wird und warum und wie man es kennenlernen würde, wird dem Leser spätestens am Ende des Gedichtes bewusst, dass es sich nicht um ein imaginäre Land irgendwo auf der Welt handelt, sondern um Deutschland. Ebenfalls realisiert der Leser nun, dass Erich Kästner dieses Gedicht als eine Art Warnung geschrieben hat, was in Zukunft alles auf Deutschland aufgrund seiner Politik zukommen wird.
Ebenfalls wird nun die inhaltliche Parodie zu Goethes Gedicht deutlich. Goethe hat ein wunderbares und paradiesisches Land beschrieben, während Kästner gut einhundert Jahre später ein realistisches Bild Deutschlands darstellt.
Vergleicht man die Gedichte weiter fällt auf das bei Goethe Gedicht das Wort „dahin“ und bei Kästner „dort“ oft für das beschriebene Land verwendet wird. Dahin klingt viel weicher und auch meiner Meinung nach unkonkreter: dahin, weit weg von hier während „dort“ kurz und knapp und auch konkret klingt: genau dort!!!
Abschließend lässt sich sagen, dass Erich Kästner 1928 mit seinem politischen Gedicht „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ eine sehr gute Kritik an den damaligen Verhältnissen und eine Vorwarnung an die Menschen gelungen ist.
Verena Thronberens
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Das politische Gedicht „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ wurde 1928 von Erich Kästner geschrieben und ist im selben Jahr in seiner Lyrikreihe „Herz auf Taille“ veröffentlicht worden. Es gehört zur Gattung der pose engage.
Allgemein lässt sich zu Erich Kästner (1899 bis 1974) sagen, dass er ein Dichter und Kritiker war, der vor allem in seinen Gedichten und Kurzgeschichten die Missstände in der Gesellschaft darlegen und dadurch Veränderungen bewirken wollte.
Als 15jähriger erlebte er den Anfang des ersten Weltkrieges mit und musste mitansehen, wie viele seiner damaligen Freunde an die Front eingezogen wurde und leider niemals wiederkamen. Er selber hatte das „Glück“ an einer Herzkrankheit zu leiden, die im Lanzerat geheilt wurde. Deshalb wurde er erst als kriegstauglich erklärt, als der Krieg fast vorbei war. Doch diese kurze Zeit prägte ihn sehr und dies ist sicherlich einer seiner Gründe warum er sich vor allem später aktiv (z.B. bei Demonstrationen gegen Atomwaffen und Vietnamkrieg) gegen den Krieg aussprach und auch in seinen Gedichten als überzeugter Pazifist fungiert.
Inhaltlich kritisiert Erich Kästner mit seinem Gedicht „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ die Unmenschlichkeit und Nutzlosigkeit eines Krieges und die damaligen gesellschaftlichen und politischen Missstände.
Dieses Gedicht ist eine Parodie zu Goethes „Mignon“. In diesem Gedicht wird ein Land beschrieben, in dem Zitronen blühen und im dunklen Laub die Goldorangen glühn. Es ist ein Land, welches paradiesisch und sehr prunkvoll dargestellt wird ( „Kennst Du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach. Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach, und Marmorbilder stehn...) Ebenfalls wird die Natur bei Goethe herausgestellt, welches bei Kästner gar nicht der Fall ist. Höchstes beim Titel „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühen?“ wird das blühen, ein Begriff aus der Natur aufgegriffen, um den Kontrast zu den Kanonen hervorzuheben.
Formell ist das Gedicht von Erich Kästner in 7 Strophen a 4 Zeilen unterteilt. Durchgehend werden Kreuzreime verwendet, die sehr harmonisch klingen. Dies ist eine Anlehnung an Goethes Gedicht, in dem Paarreime verwendet wurde. Auf den Inhalt des Kästner Gedichtes werde ich nun im Folgenden eingehen:
In der ersten Strophe Zeile 1 wird der Titel des Gedichtes „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühen?“ wiederholt. Kanonen sind eine Metapher für den Krieg, oder allgemein gesprochen für Gewaltbereitschaft und Kampf. Im Gegensatz dazu steht das Prädikat „blühn“. Mit diesem Wort assoziiert man die Natur und blühen zum Beispiel von Blumen.
Mit dieser Frage „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ wird der Leser direkt angesprochen und ins Geschehen mit einbezogen. Diese eben gestellt rhetorische Frage wird eine Zeile weiter (Zeile 2) noch einmal aufgegriffen: „Du kennst es [das Land] nicht? Du wirst es kennenlernen!“ An dieser Stelle fragt sich nun der Leser dieses Gedichtes, wie dieses Land, wo die Kanonen blühen aussehen wird. Diese imaginäre Frage wird im Folgenden beantwortet. „Dort stehn die Prokuristen stolz und kühn in den Büros, als wären es Kasernen.“ In diesen beiden Zeilen (Zeile 3 und 4) wird jedes Land („dort“) näher beschrieben. Angestellte eines Unternehmens (= Prokuristen) stehen stolz und kühn in ihren Büros, die als Kasernen umfungiert wurden. Aufgrund der Vergleiches von Büros und Kasernen, wird die Deutsche Ordnung verdeutlicht. Büros werden wie Kasernen geführt. Mit den Adjektiven „stolz“ und „kühn“ assoziiert man die sogenannten Deutschen Tugenden, die auch ein paar Zeilen später noch einmal angeführt werden.
In der zweiten Strophe wird beschrieben, dass Gefreitenknöpfe unter dem Schlips wachsen. Gefreitenknöpfe deuten auf eine militärische Uniform hin, die unter dem Schlips, d.h. im verborgen wächst. Das Wort „wächst“ ist an dieser Stelle sehr interessant, da es darauf deuten könnte, dass das Militär noch im Aufbau, also im Wachstum ist. In diesem Zusammenhang passt auch die darauffolgende Zeile: „Und unsichtbare Helme trägt man dort.“ (Zeile 6). Helme sind wieder eine Metapher für die Soldaten. Das Wort „unsichtbar“ lässt wieder darauf schließen, dass es heimlich und nicht öffentlich passiert. Grob zusammengefasst, könnte man sagen, dass sich das Militär in der Ausrüstung befindet und dies noch vor den anderen Ländern und vielleicht auch vor dem eigenen Land geheim halten will.
In Zeile 7 wird auf die damalige Ideologie aufmerksam gemacht: „Gesichter hat man dort, doch keine Köpfe.“ (Zeile 7) Erich Kästner will mit diesem Zitat zeigen, dass die Fassade, d. h. das Gesicht bei jedem Menschen zwar „vorhanden“ war, aber das Denken und die Individualität, d. h. der Kopf nicht genutzt wurde, bzw. nicht genutzt werden durfte.
Ebenfalls wird auf die Ideologie [der Rechtsradikalen] in Zeile 8 angespielt: „Und wer zu Bett geht, der pflanzt sich auch schon fort.“ (Zeile 8) Diese Aussage unterstreicht den Rassengedanken, d. h. das nur arischen Kinder gezeugt werden sollten und könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass zu einer „ordentlichen“ Familie viele Kinder gehörten.
In der dritten Strophe wird der militärische Drill klar hervorgehoben. Der Vorgesetze will „etwas“ und bei seine Untergebenen steht der Verstand still und stramm, sie haben die Augen nach rechts gerichtet und rollen das Rückrat.
Das die Augen nach rechts gerichtet sind, könnte man auf zwei unterschiedliche Weisen deuten:
Zum einen könnte es eine Anspielung auf die Genauigkeit der Deutschen sein und den absolut perfekten Drill: sogar die Richtung des Guckens wird vorgeschrieben.
Zum anderen könnte das nach rechts schauen auch die politische Richtung (rechts) deutlich machen.
Wie auch schon am Ende der zweiten Strophe kurz angesprochen soll auch hier wieder der Verstand ausgeschaltet werden: er soll nämlich still und stramm stehen und auf keinen Fall individuell handeln oder nachdenken. Der Mensch soll sich seelisch unterordnen und unterwerfen. Im Zusammenhang dazu steht das rollen des Rückrates. Hier wird auch die körperliche Unterwürfigkeit gefordert und unterstrichen.
In der vierten Strophe wird ausgesagt, dass Kinder mit kleinen Sporen geboren werden und mit einem gezogenen Scheitel auf die Welt kommen. (vgl. Zeile 13f) Die Metapher „Spore“ kann in zwei verschieden Richtungen gedeutet werden:
Zum einen werden Pferden die Sporen gegeben, damit sie schneller laufen. Überträgt man dies auf die Kinder könnte es heißen, dass sie im übertragenen Sinne „getreten“ d. h. gefördert werden, um Deutschland an die Weltmacht zu bringen.
Zum anderen könnten die Sporen auch biologisch gedeutet werden. Dies kann heißen, dass sich die Kinder früh „fortpflanzen“ sollen, um die arische Rasse zu verbreiten. An dieser Stelle wird wieder der Rassengedanke deutlich.
Ein weiterer Deutungsversuch könnte sein, dass es sich bei Sporen um militärische Gegenstände handelt, die verdeutlichen, dass sich das Militär in alle Bereiche des Lebens (ins Intimleben) der Menschen eingemischt hat.
Der streng gezogene Scheitel könnte eine Anspielung auf die deutsche Ordnung sein. In Deutschland musste alles perfekt organisiert sein. Überspitzt heißt das: sogar ein neugeborenes Baby kommt mit einem gezogenen Scheitel auf die Welt.
Im Folgenden wird darauf eingegangen, „wie“ man auf die Welt kommt. „Dort wird man nicht als Zivilist geboren,“ (Zeile 15) Ein Zivilist ist ein „normaler“ Bürger, der nicht Dienst an der Waffe leistet, d. h. der kein Soldat ist. Da in diesem Land, wo die Kanonen blühen, laut dieser Zeile, keine Zivilisten geboren werden, heißt dass, dass es für Deutschland nur wichtig ist, Soldaten zu erziehen, damit diese Deutschland -wie auch eben schon angesprochen- an die Weltspitze bringen.
Auch der Gedanke, nicht individuell zu handeln, sondern nur strikt nach Anweisung zu handeln, wird aufgegriffen: „Dort wird befördert, wer die Schnauze hält“ (Zeile 16) Wie auch eben schon beschrieben, soll der einzelne nur gehorchen und sich unterordnen ohne nachzudenken oder einen Aufstand zu proben.
Die fünfte Strophe beginnt mit der Wiederholung der Frage „Kennst Du das Land?“ aus Zeile 2. Weiterhin wird das Land näher beschrieben. Es ist ein Land, wo Menschen glücklich sein könnten (Konjunktiv) und wo das Land auch glücklich machen könnte (Konjunktiv). Warum das Land glücklich machen könnte, wird folgendermaßen erklärt:
Äcker, Kohle, Stahl und Stein, sind die materiellen Rohstoffe, die das Land, in dem Kanonen blühen, vorweisen kann; ebenfalls wie die Tugenden Fleiß und Kraft.
Im Anschluss daran erfolgt ein Enjambement, also ein Zeilensprung in die sechste Strophe. An dieser Stelle wird zu den materiellen Dingen und den Tugenden auch der Geist hinzugefügt: „Selbst Geist und Güte gibt’s dort dann und wann!“ (Zeile 21) Interessant hierbei ist, dass erst die materiellen Dinge, dann die Tugenden und dann ganz zum Schluss der Geist kommt... und auch nicht immer, sondern nur „dann und wann“ d. h. manchmal.
„Und wahres Heldentum. Doch nicht bei vielen.“ (Zeile 22) wird eine Zeile später ergänzt. Helden sind charismatische Menschen, die sehr weitschauend und immer individuell handeln und sich von der Masse abheben. Diese Menschen wurden zu dieser Zeit nicht „geduldet“ da man sich unterzuordnen hatte.
Vielleicht sind mit der Metapher Helden in diesem Kontext auch irgendwelche Soldaten mit hohen Auszeichnung gemeint, die ein Vorbild für die Nation darstellen sollten.
In diesem beschriebenen Land steckt in jedem zweiten Mann noch ein Kind, welches mit Bleisoldaten spielen will. (vgl. Zeile 23) Mit dieser Aussage wird deutlich, dass die Männer den Krieg mit spielerischen Augen sahen und ihn mit Bleisoldaten „spielten“ und den Ernst der Lage nicht kannte.
In der siebten und letzten Strophe wird die Freiheit bzw. die nicht vorhandene Freiheit angesprochen. Nach dem ersten Weltkrieg war Deutschland aufgrund von seinen Reparaturzahlungen von anderen Großmächten abhängig und war in dem Sinne nicht frei. Nachdem 1928 endlich die ganzen Zahlungen geleistet wurden, war man nun „frei“. Erich Kästner hat jedoch die Vorahnung, dass diese Freiheit „grün“ d. h. frisch und damit auch nicht lange halten wird. „Was man auch baut- es werden stets Kasernen“ (Zeile 26) zeigt, dass wieder das militärische Aufrüsten Deutschlands in der drittletzten Zeile.
Den Abschluss des Gedichtes bilden die folgenden Zeilen, die schon aus Zeile 1 und 2 bekannt sind und somit einen abschließenden Rahmen bilden: „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühen? – Du kennst es nicht? Du wirst es kennenlernen!“ (Zeile 27 und 28) Während man sich am Anfang des Gedichtes zu diesen Zeilen noch die Frage stellte, wie dieses Land wohl aussehen wird und warum und wie man es kennenlernen würde, wird dem Leser spätestens am Ende des Gedichtes bewusst, dass es sich nicht um ein imaginäre Land irgendwo auf der Welt handelt, sondern um Deutschland. Ebenfalls realisiert der Leser nun, dass Erich Kästner dieses Gedicht als eine Art Warnung geschrieben hat, was in Zukunft alles auf Deutschland aufgrund seiner Politik zukommen wird.
Ebenfalls wird nun die inhaltliche Parodie zu Goethes Gedicht deutlich. Goethe hat ein wunderbares und paradiesisches Land beschrieben, während Kästner gut einhundert Jahre später ein realistisches Bild Deutschlands darstellt.
Vergleicht man die Gedichte weiter fällt auf das bei Goethe Gedicht das Wort „dahin“ und bei Kästner „dort“ oft für das beschriebene Land verwendet wird. Dahin klingt viel weicher und auch meiner Meinung nach unkonkreter: dahin, weit weg von hier während „dort“ kurz und knapp und auch konkret klingt: genau dort!!!
Abschließend lässt sich sagen, dass Erich Kästner 1928 mit seinem politischen Gedicht „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ eine sehr gute Kritik an den damaligen Verhältnissen und eine Vorwarnung an die Menschen gelungen ist.
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Es handelt sich hier um einen fremden, nutzergenerierten Inhalt für den keine Haftung übernommen wird.
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