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Analyse Zum Lazarus von Heinrich Heine

Alles zu Werke

AnalyseZum Lazarus“ von Heinrich Heine


Das Gedicht „Zum Lazarus“ wurde um 1850 von Heinrich Heine geschrieben und thematisiert die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes und der Allwissenheit der Kirche. Als erste meine erste Verstehenshypothese behaupte ich, dass das lyrische Ich ein Glaubenskritiker ist, der selbst sehr schlechte Erfahrungen gemacht hat (möglicherweise schwer krank ist) und deshalb an der Gerechtigkeit und Gott zweifelt. Diese Verstehenshypothese werde ich in der folgenden Analyse und Interpretation belegen.
Das Gedicht besteht aus vier Strophen zu je vier Versen. Während in den ersten drei Strophen ein Kreuzreim (abcb), zu finden ist, weist die letzte Strophe eine Assonanz anstatt eines Reimschemas auf. Das Metrum ist als Trochäus zu bestimmen.
Bereits in der ersten Strophe, in der das lyrische Ich auffordert, die Gleichnisse und biblischen Geschichten ruhen zu lassen und sich den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zuzuwenden, wird sofort das Wortfeld „Kirche“ auffällig („heiligen Parabolen“, „frommen Hypothesen“). In Verbindung mit den vorangegangenen Imperativen „Lass“ als Anapher (vergleiche Zeile 1, 2) wird die ablehnende Haltung des lyrischen Ichs sehr deutlich. In den folgenden dritten und vierten Versen weist es Gott und die Kirche an, den Menschen die „verdammten Fragen“ ohne Umschweif zu lösen. Diese harte, für die damalige Zeit unübliche Sprache unterstreicht die Eindringlichkeit, die das lyrische Ich an den Tag legt und zeigt, dass es ihm sehr wichtig ist, diese Fragen beantwortet zu bekommen. Die gegensätzlichen Reimwörter („Hypothesen“ – „lösen“) weisen auf eine kontrastive Struktur hin, die sich durch das gesamte Gedicht zieht. Sie betont die Verzweiflung des lyrischen Ichs und macht dem Leser seine Not klar. Diese Stimmung wird auch durch den treibenden und ungeduldigen Rhythmus des Trochäus deutlich, der ebenfalls im kompletten Gedicht zu finden ist.
Der in der ersten Strophe entstandene Eindruck wird in der zweiten Strophe bestätigt. Das lyrische Ich fragt hier, warum die „Gerechten“ so oft leiden müssen, während die „Schlechten“ sorglos, schmerzfrei und glücklich ihr Leben leben können (vgl. Z. 5-8). Damit formuliert es sogleich auch den Kerngedanken des Gedichtes, auf den sich all seine Zweifel aufbauen. Dass der Ärger und die Wut des lyrischen Ichs sich auf die Kirche beziehen, wird besonders in Zeile sechs deutlich, da der Ausdruck „Unter Kreuzlast der Gerechte“ zweifelsfrei eine Anspielung auf die biblische Figur Jesus ist. Die Dopplung „blutend, elend“ sowie die zahlreichen Gegensätze (vgl. z.B. Z. 5, 8: „schleppt“ – „Trabt“) und die Reimwörter „Gerechte“ und „Schlechte“ betonen wie auch in der ersten Strophe die innere Zerrissenheit des lyrischen Ichs und die extreme Ungerechtigkeit die es empfindet. Dass diese zweite Strophe komplett als Frage formuliert ist unterstützt diese These.
Auch in der dritten Strophe reißen die Fragen nicht ab. Das Fragewort ändert sich von „Warum“ (s. Z. 5) zu „Woran“ (s. Z. 9) und bezieht sich nun ganz konkret auf Gott (vgl. Z. 10). Das lyrische Ich nennt hier in einem Atemzug einen Begriff aus dem Wortfeld „Gott“ und „Glaube“ mit dem Begriff „Schuld“. Obwohl als Frage ausgedrückt, wird die Kritik und der immense Zweifel an Gottes Gerechtigkeit überaus deutlich herausgestellt (vgl. Z. 11). Zwar schwächt das lyrische Ich die Aussage „oder treibt er [der Herr/Gott, Anmerkung von mir (Frida Steimer)] selbst den Unfug?“ mit der direkt danach folgenden Ansicht, dass dieses niederträchtig wäre ab, der Leser versteht jedoch genau die Verbitterung und die Infragestellung der göttlichen Macht. Im geschichtlichen Kontext kann diese Form der Kritik schon als Blasphemie oder zumindest als Ketzerei gewertet werden, was zur damaligen Zeit ungeheuerlich war. Der provokative Ton aus den vorherigen Strophen setzt sich auch in dieser dritten Strophe fort und verdeutlicht zum wiederholten Male die Wichtigkeit, die das lyrische Ich diesem Thema und diesen Fragestellungen zuschreibt. Das Enjambement als Stilbruch in Zeile neun und zehn symbolisiert, dass diese Art, die Kirche und Gott in Frage zu stellen neu ist und möglicherweise einen Umbruch bedeutet. Auch die kontrastive Struktur ist in dieser Strophe auffindbar. So bilden die Reimwörter „allmächtig“ und „niederträchtig“, wie die vorangegangen auch, klare Gegensätze um die Frustration und Niedergeschlagenheit des lyrischen Ichs zu veranschaulichen.
Die vierte und letzte Strophe schließt dieses fordernde Gedicht schließlich mit einer erneuten Frage ab. Das lyrische Ich behauptet, die Menschen würden keine Antworten auf ihre Fragen bekommen, stattdessen würde man sie zum Schweigen bringen (vgl. Z. 14, 15). Dieser Vorwurf wird durch die rohe, brutale Sprache noch unterstützt. Das „Mäuler stopfen“ ist eine Metapher und gleichzeitig ein Euphemismus für den Tod. Diese grobe Ausdrucksweise weist auf die Wut und die Aggression des lyrischen Ichs gegen die Kirche hin. Dass in dieser letzten Strophe kein Reimschema sondern eine Assonanz vorliegt (vgl. Z. 14, 16) ist ein Zeichen für Resignation und lässt den Leser ahnen, dass das lyrische Ich in diesem Gedicht keine Antworten auf die Fragen, die es so sehr beschäftigen, finden kann. Die rhetorische und fast zynische Frage in Zeile 16 „Aber ist das eine Antwort?“ zeigt die Verbitterung über die Kirche und die damit zusammenhängende eben nicht existierende Gerechtigkeit. Seiner Ansicht nach, werden wir auf alle Fragen, die wir haben nie eine Antwort finden, sondern ratlos und letztendlich unbefriedigt sterben.
Bekanntermaßen verbrachte Heinrich Heine, der Autor des Gedichtes, die letzten Jahre seines Lebens schwer krank im Bett, das er „Matratzengruft nannte, und am Ende nahezu unfähig sich zu bewegen. Dennoch war er literarisch aktiv und verfasste mehrere der Lazarus-Gedichte an denen seine Leidensgeschichte in Bezug auf seine seelische Verfassung nachvollzogen werden kann. Das vorliegende Gedicht gehört zu einer der letzten Lazarus-Gedichte und beinhaltet folglich fast ausschließlich negative Stimmungen und Einstellungen zum Leben und zum Glauben.
Aufgrund diesem Wissen und der vorangegangenen Interpretation lässt sich meine erste Verstehenshypothese bestätigen. Die Erfahrungen mit Gerechtigkeit beziehungsweise Ungerechtigkeit veranlassen das lyrische Ich, das hier nahezu mit dem Autor gleichgesetzt werden kann, dieses Gedicht zu schreiben.
Inhalt
Zweieinhalb Seiten (Anderthalbfacher Zeilenabstand) umfassende Analyse und Interpretation des Gedichtes

Quellen: "Zum Lazarus" (Heinrich Heine) (944 Wörter)
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