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Redeanalyse der Weizsäcker Rede - Mitverantwortung der Deutschen für die Wahrung der Menschenwürde

Alles zu Richard Weizsäcker von  - Mitverantwortung aller Deutschen für die Wahrung der Menschenwürde

Hausaufgaben


Mitverantwortung der Deutschen für die Wahrung der Menschenwürde

Richard von Weizsäcker 1992
Nach langen und heftigen Ausschreitungen gegen ausländische Mitbürger im Jahr 1992 ist die Situation in Deutschland immer noch äußerst angespannt. Zum Zeitpunkt dieser Verhältnisse hielt der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 8.November 1992 bei der Abschlussveranstaltung der bundesweiten Großdemonstration unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ im Berliner Lustgarten eine Rede, die die Zuhörer zu einem verantwortungsvollen und bewussten Verhalten gegenüber Rechtsextremismus und ausländerfeindlichen Aktionen auffordern sollte.
Richard von Weizsäcker beginnt seine Rede nicht mit einer üblichen kurzen Begrüßung der Zuhörer, sondern spricht sein Publikum direkt auf die Geschehnisse der vergangenen Wochen, die zahlreichen Ausschreitungen gegen Ausländer, die Hetze gegen Fremde und die Anschläge auf kleine Kinder an. Er kritisiert die Diskriminierung der ausländischen Menschen, die sich gerade im Laufe des Jahres 1992 stark verschlimmert haben und mehr und mehr ein schlechteres Bild auf die junge deutsche Demokratie werfen. Herr von Weizsäcker warnt sehr deutlich davor, die ganze Verantwortung für die Geschehnisse der letzten Monate einzig und allein der Regierung zu überlassen. Das Gewaltmonopol des Staates sei zwar notwendig, aber es sei auch keine Wunderwaffe, die allen die Mitverantwortung abnimmt. Er versucht durch Gegebenheiten in der Vergangenheit, den Untergang der Weimarer Republik durch die Machtergreifung der Nazis, diese Tatsache noch deutlicher zu machen und appelliert an die Menschen, dass genau so etwas nie wieder passieren dürfe. Weiterhin weist Richard von Weizsäcker darauf hin, dass die Würde des Menschen unantastbar sei – egal welcher Nationalität oder Religion ein Mensch angehöre und welche Hautfarbe er hat. Um diese Einstellung noch deutlicher an sein Publikum und die Deutschen zu vermitteln, zitiert er sogar wortwörtlich den ersten Satz der deutschen Verfassung. Es gehöre zu den Aufgaben jedes einzelnen, die Würde des Menschen zu achten und zu respektieren. Im letzten Abschnitt des zu analysierenden Redeausschnitts beruft sich Weizsäcker auf die einfachsten und verständlichsten Grundregeln des menschlichen Anstandes, die ein zivilisiertes Zusammenleben in einem Land wie Deutschland ermöglichen und eine Demokratie überhaupt am Leben erhalten. Ohne feste Regeln, wie das Grundgesetz, in dem die eigentlich selbstverständlichsten Regeln des Zusammenlebens festgehalten sind, wäre ein Zusammenleben in der Form, wie wir es heute kennen kaum möglich, sondern würde in Barbarei und Grausamkeit gipfeln.
Im Gegensatz zu vielen anderen Reden leitet Richard von Weizsäcker seine Rede wiedererwarten nicht mit einer Begrüßung ein, sondern beginnt sofort mit einer Frage: „Warum haben wir uns heute hier versammelt?“ (Z.1), die in diesem Fall als eine rhetorische Frage verstanden werden kann. Auffällig sind die Antworten, die er in den darauffolgenden Sätzen gleich auf diese Frage gibt. Seine Sätze sind sehr kurz, jedoch sehr ausdrucksstark und prägnant. Allerdings lässt sich nur aus dem Kontext und der vorher gestellten Frage erkennen, auf was sich die Sätze wie bspw. „Weil uns unser Land am Herzen liegt.“ (Z. 2) überhaupt beziehen. Die Tatsache, dass er auf seine eigenen Fragen sofort mit einer Deutlichkeit und Nachdrücklichkeit antwortet, zeigt, wie ernst er das Thema Rechtsextremismus und gerade die Geschehnisse des Jahres nimmt. Er verdeutlicht seinen Zuhörern die steigende Brutalität und die immer größer werdende Gewaltbereitschaft indem er lange und ausführlich einzelne Vorkommnisse wie „schwere Ausschreitungen gegen Ausländerheime; Hetze gegen Fremde; Anschläge auf kleine Kinder oder geschändete jüdische Friedhöfe…“ (Z. 7 – 16) aufzählt und macht damit klar, dass dringend etwas gegen solche Geschehnisse getan werden muss. Durch die gezielte Verwendung einer Personifikation in den Z. 12 und 13 lässt Herr von Weizsäcker die Aufzählung der Geschehnisse intensiver und noch aussagekräftiger wirken, wie sie ohnehin schon ist. Alles in Allem lässt sich die klare Aufzählung als Abwertung all derer sehen, die an solchen Ausschreitungen und Verwüstungen beteiligt sind. Herr von Weizsäcker verurteilt diese Menschen und deren Art mit ihren eigenen Problemen umzugehen aufs kritischste und macht deutlich, wie wenig von solchen Personen zu halten ist.
Auch die Antithese in Z. 23 („… er ist so stark oder so schwach, wie wir selbst…“) bzw. in Z. 97 („Absage an die Gewalt.“) lässt die gleichen Rückschlüsse auf eine Abwertung der Gewalt als solche bzw. die Aufwertung der Demokratie und der Würde des Menschen zu.
Die Verwendung von weiteren rhetorischen Fragen in den Zeilen 17 – 21 nutzt der ehemalige Bundespräsident, um den Bürgern durch eine provokante, aber in einer gewissen Weise auch berechtigten, Art vor Augen zu führen, wie falsch es ist, immer und immer wieder wegzusehen und sich nur auf das Handeln und die Möglichkeiten der Politik zu verlassen. Auffällig ist hier die Verwendung des Wortes „wir“ bzw. des Ausdrucks „wir deutschen Bürger“, der ihn selbst auf die gleiche Stufe wie alle anderen deutschen Bürger stellt und somit eine gewisse Art des Vertrauens und ein Zusammengehörigkeitsgefühl schafft. Genau wie auch schon am Ende des ersten Abschnittes, gibt Herr von Weizsäcker die Antworten auf seine Fragen wieder in sehr kurzen, aber trotzdem sehr prägnant wirkenden Sätzen.
Durch den besonders auffallenden Parallelismus in den Zeilen 47 – 54 („Frauen und Männer, Schülerinnen und Schüler, Alt und Jung,…“), sowie in den Zeilen 76 – 78 („… von Alter und Geschlecht, Hautfarbe, Religion oder Nationalität.“) und 101 („… der Schwache, der sich selbst nicht helfen kann; der Fremde, der mit den Verhältnissen nicht vertraut ist.“) wird klar, dass der damalige Bundespräsident die Schuld nicht allein bei den Tätern, den Gewalttätigen, den Rechtsextremisten sucht, sondern, dass für ihn jeder einzelne deutsche Bürger Verantwortung für sein Land und damit auch für das Geschehen im vergangen Jahr zu tragen hat.
Mit Hilfe eines Klimax in Zeile 71 („… entrechtet, verfolgt, gedemütigt;“) versucht Richard von Weizsäcker klarzustellen, wie sehr Menschen schon immer unter Diktatur, Gewalt und dem sogenannten Faustrecht des Stärkeren gelitten haben und wie wichtig es ist, die Würde eines Menschen nicht aus den Augen zu verlieren, sondern mit aller Kraft für deren Wahrung einzutreten.
Herr von Weizsäcker lässt mit Worten wie bspw. „Die Würde ist der unaufgebbare sittliche Kern einer jeden Person.“ in Z. 86 auch Metaphern in seine Rede einfließen, die die Menschen ganz gezielt auf seine Absicht, die Wahrung der Menschenwürde stößt und jeden zum Nachdenken anregen soll.
Wirklich auffällig ist in Richard von Weizsäckers Rede, dass die Aussage „Die würde des Menschen ist unantastbar…“, die er in den Zeilen 74 und 75 aus der deutschen Verfassung zitiert, fast wie ein roter Faden fungiert. Er kommt immer und immer wieder auf die Bedeutung der Menschenwürde für ein friedliches und zivilisiertes Zusammenlegen zurück und formt die Aussage damit schon fast zu einem Leitmotiv, das es zu erfüllen gilt. Herr von Weizsäcker informiert, kritisiert und appelliert an seine Zuhörer und verfehlt mit seinen Worten dabei die richtige Wirkung nicht.
Betrachtet man sich nun auch den historischen Kontext und die Lage Deutschlands, in der Richard von Weizsäcker vor sein Publikum getreten ist, darf vor allem der Mauerfall und die Wiedervereinigung im Jahre 1990 nicht außer Acht gelassen werden. Die Vergangenheit des deutschen Staates spielt in der Rede von Weizsäckers eine wichtige Rolle. Gerade die Zeit nach der Wiedervereinigung war für die Menschen im Osten Deutschlands mit Arbeitsmangel und einer Unzufriedenheit verbunden, die die Freude über den Fall der Mauer und ein neu vereinigtes Deutschland schnell in den Schatten stellten. Viele der Menschen projizierten ihren Frust und ihre schlechte wirtschaftliche Lage auf andere und gaben Minderheiten und Schwachen die Schuld an ihrer eigenen Situation, was vor allem in den sogenannten „Neuen Bundesländern“ zu Ausschreitungen und rechtsradikalen Übergriffen führte. Auch die Tatsache, dass Rechtsextremismus vor allem in der ehemaligen DDR eine Rolle gespielt hat bzw. auch heut noch spielt, lässt sich unter anderem auch darauf zurückführen, dass die Menschen dort nie wirkliche eine Aufarbeitung des Krieges bzw. der Schuldfrage allgemein erhalten haben, während in anderen Teilen Deutschlands vor allem in der Schule direkt auf dieses Thema eingegangen und den Menschen somit die Gelegenheit gegeben wurde, mit der Vergangenheit und der Zeit des Krieges an sich abzuschließen. Auch die Tatsache, dass die Fremdarbeiter in der ehemaligen DDR ausschließlich aus Russland und anderen kommunistischen Ländern kamen und sehr distanziert in eigenen Stadtvierteln lebten, entsprach nach dem Untergang der DDR absolut dem Klischee der Arbeitsplatzraubenden Minderheit. Solche Vorurteile schürten verbunden mit der eigenen schlechten Situation den Hass gegen Minderheiten und Schwächere, die im Jahr 1992 sogar starke Parallelen zu den Judenverfolgungen annahm und in einem Ausarten von Gewalt und Hass gipfelte.
Alles in Allem spricht von Weizsäcker in seiner Rede eines der wichtigsten Themen der gesamten Nachkriegszeit an sich an. Rechtsextremismus ist ein Problem, dass nicht nur kurz nach der Wende ein Thema gespielt hat, sondern auch heute noch, 15 Jahre nach Weizsäckers Rede, sehr aktuell ist. Ausländerfeindlichkeit hat damals existiert, es existiert heute und es wird auch in Zukunft noch existieren. Es ist ein Thema ohne jegliches Zeitlimit und wird die Menschen auch ihn Jahren noch beschäftigen.
1.423 Wörter
Inhalt
Redeanalyse zu der 1992 gehaltenen Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker.
Aufbau:
- Einleitung
- Inhaltsangabe
- Analyse (rhetorische Mittel, etc.)
- historischer Kontext
- Schulss (1443 Wörter)
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