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Kunert, Günter - Zentralbahnhof - Analyse der Parabel

Alles zu Werke

Hausaufgabe Deutsch:


Analyse der Parabel "Zentralbahnhof"!

Die Kurzgeschichte (Parabel) "Zentralbahnhof" von Günter Kunert (1972) spielt im November irgendeines Jahres in einem nicht bekannten Ort, von dem nur bekannt ist, dass es dort einen Zentralbahnhof gibt. Es lässt sich jedoch vermuten, dass die Handlung zur Zeit des Nationalsozialismus spielt, da es sich eindeutig um eine Diktatur handelt in der Menschen wahllos hingerichtet wurden. Hauptthemen sind Kritik an Diktaturen und an den Menschen, die eine Diktatur akzeptieren, bzw. sich nicht trauen etwas dagegen zu unternehmen und an den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten. Die Hauptfigur, die einfach nur als "Jemand" bezeichnet wird, erhält einen Brief, in dem sie aufgefordert wird, sich zu seiner Hinrichtung leichtbekleidet im Klo des städtischen Zentralbahnhofes einzufinden. Vergeblich sich der "Jemand" Rat bei Freunden und sogar bei einem Rechtsanwalt, die ihm aber nicht helfen wollen. Daher erscheint er auf dem Herrenklo, wo er schließlich tot aufgefunden wurd, wahrscheinlich ist er erfroren, da er nur leicht bekleidet ist und da es Winter ist. Die Gattung der Kurzgeschichte zeichnet sich generell, wie auch in diesem Beispiel, dadurch aus, dass der Leser sich direkt im Geschehen befindet, während die Handlung am Ende der Geschichte abgeschlossen ist.

Die Verschiedenen Situationen, Figuren und wichtige Gegenstände werde ich nun erst im einzelnen Analysieren und dann im Verlauf meiner Analyse in einen Gesamtzusammenhang stellen. Die Hauptfigur ist eine anonyme Figur, die jedoch nur als "Jemand" (Z.1) bezeichnet wird. Dieser entdeckt an einem "sonnigen Morgen [...] innerhalb seiner Wohnung" (Z.1-2) auf seinem "Frühstückstisch" (Z.2) ein "amtliches Schreiben" (Z.2-3). Dieses Schreiben steht im direkten Kontrast zur äußeren Situation, die harmonisch und alltäglich wirkt, vor allem durch die Sonnenstrahlen und das alltägliche morgendliche Frühstück. Der Brief hingegen, der auf "graue[m], lappige[m] Papier" (Z.8) gedruckt ist, "überfällt" (Z.5) ihn. Dies verstärkt zum einen den Kontrast und zum anderen ist dies eine Personifikation. Der Brief steht also stellvertretend für die Leute, die ihn geschrieben haben. Da das Äußere des Briefes so miserabel aussieht, ergibt dies schon einen ersten negativen Eindruck. Der Inhalt des Schreibens ist ebenfalls ein strikter Gegensatz zum morgendlichen Idylle. Es ist ein Befehl, zu seiner "Hinrichtung" (Z.11) in den "Zentralbahnhof" (Z.10) zu kommen. "Bei Nichtbefolgung [...] [droht] eine Bestrafung" (Z.12-15). Dies ist sehr Grotesk und wird außerdem noch durch die Bitte mit "leicht[r] Kleidung" (Z.16) zu erscheinen verstärkt. Dies ist eine indirekte Kritik gegen die Autoren des Briefes, also gegen die Regierenden. Dieser jemand nimmt diese Sache sehr ernst, was sich daran erkennen lässt, dass er "verzagt" (Z.19) bei seinen Freunden auftaucht. Er wird nun auch nicht mehr jemand genannt, sondern "der solchermaßen Betroffene" (Z.18-19), was seine emotionale Lage zeigt. Ein weiterer Beleg ist seine Forderung nach "dringlich[em] Rat" (Z.21). Außerdem möchte er nichts essen oder trinken (Vgl. Z. 19-20). An dieser Stelle möchte ich nun kurz die Charakterisierung der Freunde einfügen. Die Freund sind zu Beginn des Gespräches hilfsbereit, da sie ihm "Getränke und Imbiss" (Z.19-20) anbieten. Jedoch, sobald sie von der vermeintlichen Hinrichtung hören, ändern sie ihre Haltung. Sie werden abweisend und versuchen ihn so schnell wie möglich loszuwerden. Sie haben sogar richtige Angst Kontakt mir ihm zu haben. Dies zeigt sich darin, dass sie sich weigern ihm zu helfen und stattdessen nur durch "ernstes und bedeutungsvolles Kopfschütteln" (Z.21-22) ihr Interesse vortäuschen. Außerdem wird er plötzlich nur noch als "begrenzt Lebendige[r]" (Z.25) beschrieben und sie sind froh, als er weg ist. ( Sie atmen heimlich auf als die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen ist(Vgl. Z. 24)). Als Begründung für ihr Verhalten stellen sie sich die Frage, ob es sich lohnt "wer weiß nicht was alles auf sich zu laden" (Z.28-29), da man ihn sowieso nicht retten kann, wie sie glauben (Vgl. Z. 30). Da der begrenzt Lebendige immer noch keine Unterstützung bekommen hat, versucht er es nun bei einem "Rechtsanwalt" (Z.31-32). Aber auch dieser Rechtsanwalt hat nicht im geringsten das Interesse ihm zu helfen. Um sich selber jeden Ärgern vom Hals zu halten ( angeblich, um "Repressalien auszuweichen" (Z.34-35)), rät er ihm den Termin auf "jeden Fall einzuhalten" (Z.34). So versucht der Rechtanwalt ihn sogar mit Lügen zu vertrösten, was sich daran belegen lässt, dass er behauptet, dass die Sache mit der Hinrichtung ein "Druckfehler" (Z.39) sei. Das ganze hieße in "Wirklichkeit [...] "Einrichtung"" (Z.39-40). Ein weiter sinnloser Rat ist "Abwarten" (Z.43). Es geht schließlich um eine festgesetzte Hinrichtung, daher ist Abwarten das Schlimmste, was man machen kann. Schließlich behauptet der Rechtsanwalt sogar, der Jemand sollte ihm "vertrauen" (Z.43-44). Der Jemand glaubt dies alle, oder will es zumindest glauben, da diese eine Hoffnung ist, nicht sterben zu müssen. Da er jedoch keine Erfahrung hat und still alles glaubt, was der Rechtsanwalt zu ihm sagt, wird er nun auch "frisch gebackener Klient" (Z.42) genannt. Nun ist er erst recht verzweifelt und aufgeregt, weshalb er sich "schlaflos" (Z.47) in seinem "durchfeuchteten Laken" (Z.47) wälzt. Er ist sogar so verzweifelt, dass er eine Fliege mit "brennendem Neid" (Z.48) um ihre Freiheit beneidet. Hierzu hat er überhaupt keinen Grund, da eine Fliege in der Regel nur wenige Tage lang lebt, also wesentlich kürzer als er. Dies zeigt noch einmal die Verzweifelung und Ratlosigkeit. Vor lauter Niedergeschlagenheit durch die abweisenden Haltungen der anderen Figuren, versuch er es noch einmal bei seinem "Nachbarn" (Z.53), den er "[m]itten in der Nacht" aus dem Bett läutet. Dieser ist so abweisend, dass er sich noch nicht einmal auf ein Gespräch einlässt, sondern ihn einfach nur durch das "Guckloch [an]glotzt" (Z.54). Er wird nicht angeschaut, nein er wird angeglotzt. Dies ist eine sehr abwertende Geste des Nachbarn. Er hat scheinbar große Angst sich dem "zur Herrentoilette Beorderten" (Z.46) zu nähern. So starrt er ihn "ausdruckslos" (Z.55) an. Dies zeigt, dass er weder Mitleid, noch richtigen Hass empfindet. Er hat, wie alle anderen Figuren auch, Angst vor den möglichen Folgen. Da es sich sehr wahrscheinlich um eine Diktatur handelt, in der "Gegner" ohne Rücksicht und teilweise ohne Grund sogar umgebracht werden. Daher könnte dies alles eine Metapher für die Zeit des Nationalsozialismus sein, in der vor allem Juden "grundlos" hingerichtet wurden, genau wie es mit dem Jemand geschehen soll. Da der Einzelne keine Rechte hat, hat auch der Rechtsanwalt keine Möglichkeit sich dem Staatswillen zu widersetzen. So hat der "zur Herrentoilette Beorderte" keine andere Wahl, als "pünktlich" (Z.57) im Zentralbahnhof zu erscheinen. Der Zentralbahnhof wirkt kalt, da der Jemand "fröstel[t]" (Z.58). Dies bezieht sich zwar auf die Temperatur, ist aber im übertragenen Sinne auch auf diesen Ort bezogen (Metapher). Der Ort selber ist menschenleer. Nur "[h]ier und da gähnt ein beschäftigungsloser Gepäckträger" (Z.62-63). Der "Boden wird gefegt und immerzu mit einer Flüssigkeit besprengt" (Z.63-64). Dies erzeugt eine Vorstellung von Abstoßung und Sinnlosigkeit, ja sogar von Gefühlskälte. Dies sind sicher auch die Gefühle, die im "zur Toilette Beorderten" vorgehen. Die Situation ist ihm sehr unbehaglich, vor lauter Angst hat er sogar die Anweisung so weit befolgt, dass er trotz der Kälte "das leichteste, was er an derartiger Kleidung besitzt" (Z.60-61) trägt. Dies ist doch sinnlos, da er sowieso nichts zu befürchten hat, da er sowieso sterben soll. Doch vor laut Angst und Verwirrtheit handelt er so, wie es ihm befohlen wurde. Schließlich betritt er den Ort an dem er sterben soll, die "Herrentoilette" (Z.65). Auch diese Toilette wirkt abstoßend durch die "spiegelnde Leere" (Z. 65) in der sein "einsamer Schritt" "hallt" (Z.66). Diese sterile Sauberkeit erinnert stark an ein Krankhaus oder ähnliches, was ebenfalls sehr abstoßend wirkt auf viele Leute. Schließlich betritt er seine Todeskabine "Kabine 18" (Z.66). Hier soll er sterben. Der Jemand ist dermaßen eingeschüchtert, dass er versucht sich selbst einzureden, dass gar nicht passieren wird. So "zuckt in ihm die Gewissheit auf, daß gar nichts passieren wird" (Z.68-69). Dies wiederholt er noch öfters, um sich selbst zu beruhigen (Vgl. Z. 70 / 71). Dies zeigt sehr deutlich die verzweifelte Lage in der er sich befindet. Er ist sicher, dass dies die letzten Minuten seines Lebens sind. So wiederholt er hoffend die Worte seines Rechtsanwaltes: "Vertrauen! Vertrauen!" (Z.73). Eine, wie er sie empfindet "euphorische Stimmung" (Z.73-74) steigt ihm in die Kehle. Dies ist nichts weiter als eine weitere Ausdruck seiner Angst. Ein weiterer Beleg ist, dass er das Schloss der Toilette "fächelnd [ver]riegelt" (Z.74-75) in der Hoffnung, dadurch geschützt zu werden. Dies ist natürlich völlig sinnlos, da es keinerlei Schutz bietet. "Eine Viertelstunde später" (Z.76) wird sein "Leichnam" (Z.79) aufgefunden. Über seinen Tot wird nichts weiter gesagt. Es lässt sich zwar vermuten, dass er erfroren ist, da er trotz des Winters nur sehr dünn angezogen war, es ist jedoch völlig unwichtig, wie er gestorben ist. Wichtig ist nur, dass die "Herrscher" ihr Ziel erreicht haben. Der Jemand ist tot. Das sein Tot Absicht war, lässt sich daran belegen, dass die beiden "Toilettenmänner" (Z.76) ohne jeglichen Kommentar und ohne jeden Gemütsausdruck die Leiche wegschaffen. Ohne Zögern bringen Sie die Leiche in die rotziegeligen Tiefen des Zentralbahnhofes [...], von dem jeder wußte, daß ihn weder ein Zug jemals erreicht hatte, obwohl oft über seinem Dach [...] Rauch angeblicher Lokomotiven hing". Dies zeigt, dass der Zentralbahnhof mit seiner Herrentoilette eine Metapher für die Konzentrationslager der Nationalsozialisten ist. Dort wurden die Opfer ebenfalls mit Zügen hingebracht, was den Namen Zentralbahnhof erklärt. Der angebliche Rauch stammt aus den Verbrennungen der Leichen, wie sie damals durchgeführt wurden. Die Macht der Diktatoren wird dadurch deutlich, dass "jeder wußte", dass es ein KZ war, aber niemand traute sich dem Jemand die Wahrheit zu sagen. Sie hatten Angst selber in sein solches Lager zu müssen! Im Gegensatz zu der Aussage, dass alle es wüssten, steht die Behauptung des Jemand: "Man weiß es ja selber nichts darüber..." (Z.52). Auch durch die Ellipse wird betont, dass der Jemand es schon weiß, es aber nicht wahrhaben will. Er möchte das alles am liebsten Verdrängen und lieber die Lügen glauben, die ihm der Rechtsanwalt erzählt. Nichts anderes macht er als er sich auf der Toilette einredet, dass das alles nur ein Missverständnis sei! Der Weg des Jemand bis zum Tod lässt sich als Leser besonders stark nachempfinden, da die Handlung im Präsens aus sicht des Jemand und nach seinem Tod aus Sicht eines allgegenwärtigen Erzählers erzählt wird. Es regt den Leser besonders durch die Groteske Gestaltung des Textes an, weiterzulesen, da der Leser erst zum Schluss erfährt, dass die Handlung auf tragische Weise mit dem Tod des Jemand endet. Stellen, wie die angedrohten Strafen bei Nichtbefolgung der Befehle in dem Brief (Vgl. Z. 12-15) oder der Rat des Rechtsanwaltes, einfach mal hinzugehen, es sei bestimmt ein Druckfehler und er solle sich auf der Herrentoilette des Zentralbahnhofes einrichten (Vgl. Z. 43) werden vom Leser beim ersten Lesen des Textes zunächst als Witze und Ironie aufgefasst. Dies ist, wie sich zum Ende des Textes zeigt, falsch.
Der Autor Günter Kunert wollte mit dieser Kurzgeschichte / Parabel zeigen, wie schlecht es den Menschen in einer Diktatur geht, vor allem wenn sie Hilfe suchen. Er soll außerdem die Methoden eines solchen Regimes kritisieren. Dies ist dem Autor mit der Kurzgeschichte / Parabel gelungen. Durch die Erzählperspektive aus sich des Jemanden und die Erzählung im Präsens kann sich der Leser sehr gut in die Lage des Jemand versetzen. Zunächst könnte dies jedoch etwas schwer fallen, da solche Zustände für uns in unserer heutigen Regierungsform mit dem Grundrechten und gerechteren Gesetzen überhaupt nicht denkbar, in so einer Lage zu sein. Da jedoch heute bekannt ist, wie die damaligen Zustände im 3. Reich waren, kann sich der Leser gut vorstellen, wie es dem Jemand ging und was er fühlte. Vor allem durch die Metaphern, wie z.B. der Zentralbahnhof lässt sich erkennen, auf welche Weise die Nationalsozialisten versucht haben, die Massenmorde zu vertuschen.
Inhalt
Analyse und Interpretation der Parabel 'Zentralbahnhof' (1972) von Günter Kunert
- Einleitung
- Einbettung der Parabel in die Zeit des Nationalsozialismus
- Situation der Menschen in der Diktatur
- Kritik am Regime der damaligen Zeit (1975 Wörter)
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Schlagwörter
Analyse | Interpretation der Parabel Zentralbahnhof | Günter Kunert | 1972 | Erläuterung | Einleitung | Zusammenfassung
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