Interpretation "Ach Liebste lass uns eilen" von Martin Opitz
Martin Opitz: "Ach Liebste lass uns eilen" - Interpretation
Das Gedicht "Ach Liebste lass uns eilen" wurde 1624 von Martin Opitz verfasst und lässt sich in die Kunstepoche Barock einordnen. Opitz als einer der bedeutendsten Autoren dieser Epoche verfasste in seinem Werk Buch von der Deutschen Poeterey poetische Grundsätze und Regeln, die sich von der antiken Dichtkunst unterschieden. So kann man vermuten, dass sich in dem vorliegenden Gedicht eine gewisse Regelhaftigkeit nachweisen lässt. Das Gedicht handelt von einem männlichen lyrischen Ich, das ein weibliches Du auffordert die schöne Jugendzeit zur Liebe zu nutzen, da beiden der Verfall in der Zukunft sicher ist. Der Schwerpunkt liegt auf der Vergänglichkeit, welche ein typisches Motiv für den Barock darstellt. Jedoch lässt sich hier auch das Carpe Diem-Motiv nachweisen.
Der Text lässt sich in 3 Sinnesabschnitte gliedern. Der erste Sinnesabschnitt, gebildet aus Strophe 1 und 2, beginnt mit der direkten Ansprache des weiblichen Du Ach Liebste (Z. 1), sodass dessen Aufmerksamkeit geweckt wird. Nachdem dies erfolgt ist, wird sogleich die Forderung lass uns eilen (Z. 1) in Form eines Imperativs gestellt. Es folgt die Begründung Wir haben Zeit (Z. 2), wobei man den Begriff Zeit als rechten Zeitpunkt auffassen muss. In den darauf folgenden Versen wird die Folge, zu der es kommt, wenn man die rechte Zeit nicht nutzt, aufgeführt. Es liegt dabei die Betonung auf dem beidseitigen Leid, welches durch ein Correctio Uns beiderseit (Z. 4) hervorgehoben wird. An dieser Textstelle lässt sich das Carpe Diem-Motiv nachweisen. Denn wer zu lange zögert, wird keine Lebenszeit mehr haben die Liebe zu genießen. Außerdem wird es zu einem Verfall der Schönheit, der durch eine Personifizierung demonstriert wird, kommen: Der edlen Schönheit Gaben / fliehen Fuß für Fuß (Zeile 5/6). Vers 6, in Form einer Alliteration, verdeutlicht, dass der Verfall ein andauernder Prozess ist, der langsam von statten geht. Diese Verse weisen auf die Vergänglichkeit der irdischen Pracht hin, also den Vanitasgedanken. Mit dieser Aussage endet der erste Sinnesabschnitt, der eine Gegenwartsbeschreibung umfasste. Der nachstehende Abschnitt ist eine Zukunftsbeschreibung und sprachlich im Gegensatz zum ersten sehr bildlich verfasst. Außerdem findet man hier statt des komplexen hypotaktischen Satzbaus einen einfachen parataktischen. Anhand von sich steigernden Beispielen wird der Verfall der Schönheit, welche die Aussicht für das weibliche Du ist, aufgezeigt. Zunächst verbleichen nur die Wangen (vgl. Z. 9), dann wird das Haar weiß (vgl. Z. 10), der Glanz der Augen vergeht (vgl. Z. 11), die Brunst weicht (vgl. Z. 12), bis sich schließlich die Farbe des Mundes verändert (vgl. Z. 13/14) und die Hände verfallen (vgl. Z.15). Das weibliche Du hat nun das hohe Alter erreicht und rückt dem Tod immer näher. In dieser Beispielreihe wird die Thematik Schein und Sein aufgegriffen, denn alles Irdische ist nur Trug und die Ewigkeit findet sich erst im Tod wieder. Auffällig ist, dass das lyrische Ich nur noch von dem weibliche Du spricht und dessen Zukunft beschreibt, sich selbst aber nicht mehr einbezieht, wie es im ersten Teil der Fall war. In diesem Abschnitt gibt es antithetische Wortpaare, z.B. Feuer und Eis. Das Feuer bringt den Esprit der Jugend zum Ausdruck und das Eis steht für das Alter bzw. den Tod. Der ganze Abschnitt wird im Präsens geschrieben. Das weist darauf hin, dass der Verfall ein anhaltender Prozess ist, welcher schon im jungen Alter einsetzt, deshalb sollte man seine Zeit so früh wie möglich nutzen und nicht verweilen, wie es auch im dritten und letzten Teil des Gedichts deutlich wird. Die fünfte Strophe lässt sich als eine Schlussfolgerung erkennen. Darauf weist das Wort Drumb (Z. 18) hin. In diesem Gedichtabschnitt fordert das lyrische Ich seine Liebste auf die Zeit der Jugend zu genießen, da die Lebensjahre so schnell vergehen und die Vergänglichkeit nicht gestoppt werden kann, wie das Modalverb müssen (Z. 19) verdeutlicht. In dieser Strophe wird eine Reihe sprachlicher Bilder verwendet, die die Wichtigkeit dieser Zeilen darlegen. So bilden die Verse Der Jugend Frucht (Z. 18) und Der Jahre Flucht (Z. 20) einen Parallelismus, sind jedoch selbst jeweils eine Metapher. Ferner ist die Sprache in diesem Abschnitt sehr deutlich und es liegt im Gegensatz zum zweiten Teil ein hypotaktischer Satzbau vor. In Strophe 6 spricht das lyrische Ich die weibliche Person wieder direkt an und bezieht sich auch selbst in die Problematik ein. Er ermahnt sie sich in ihrer Jugend selbst zu lieben: Wo du dich selber liebest (Z. 21). Nur so kann er erreichen, dass sie ihn auch liebt: So liebe mich (Z. 22). Dann könnte das lyrische Ich seiner Liebsten das zurückgeben, was er von ihr erhält, und es wäre eine gegenseitige Liebe. Insgesamt ist das Gedicht sehr logisch aufgebaut. Jedoch ist der Inhalt ist sehr beschränkt. Man könnte das gesamte Gedicht auf eine Aussage reduzieren: Der Esprit der Jugend muss genutzt werden, da er und die Schönheit mit höher werdendem Alter vergehen.
Abschließend ist zu sagen, dass das Gedicht ganz im Sinne des Barocks steht, der auf mehr Effekt und weniger Inhalt ausgerichtet war. Ebenso werden der Vanitasgedanke und das Carpe Diem-Motiv sehr deutlich. Das Gedicht ist sehr logisch aufgebaut, was auf die poetischen Regeln von Opitz hinweist. Die Thematik des Verfalls im Alter hat Gegenwartsbezug und wird es auch in Zukunft immer noch haben. Jedoch verbessern sich medizinische Bedingungen. So kann man mit kosmetischen Mitteln das wirkliche Alter gut verstecken. Dennoch ist das Schönheitsideal wie zu Zeiten des Barock, bis heute der junge Mensch geblieben.
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Interpretation des Gedichts "Ach Liebste lass uns eilen" von Martin Opitz. (983 Wörter)
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