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Interpretation zu "Zwei Mann: Gitarre und Mandoline" von Kurt Tucholsky

Alles zu Kurt Tucholsky  - Zwei Mann: Gitarre und MandolineInterpretationsaufsatz "Zwei Mann: Gitarre und Mandoline" von Kurt Tucholsky

Einen der wohl bekanntesten deutschen Schriftsteller stellt Kurt Tucholsky dar. Der am 9.Jan.1890 in Berlin geborene Schriftsteller und Journalist verfasste hauptsächlich linke Texte in verschiedenster Form. Er stellt einen der härtesten Kritiker der Weimarer Republik der damaligen Zeit dar. Er ist Soldat im ersten Weltkrieg. Als späterer Pazifist werden seine Bücher im Mai 1933 ebenso verbrannt, wie die von Heinrich und Thomas Mann, Erich Kästner oder Erich Maria Remarque. Die ab 1933 herrschenden Zustände in Deutschland nicht ertragend nimmt er sich schließlich in seinem Exil das Leben. Am 21.Dez.1935 stirbt Kurt Tucholsky in Hinds/Schweden im Alter von 45 Jahren.
Ich möchte mich in dieser Interpretation mit einer seiner Anekdoten befassen. In Zwei Mann: Gitarre und Mandoline beschreibt er das Treffen zweier Soldaten mit ihren Offizieren während des ersten Weltkrieges. Gitarre und Mandoline spielend sollen sie für die Musikalische Untermalung während einer Offiziersfeier sorgen. Der Autor beschreibt in Form eines auktorialen Erzählers die luxuriösen Umstände der Feier, die im krassen Gegensatz zu den Verhältnissen der normalen Soldaten stehen. Am Ende der Anekdote steht die Pointe, in der der Erzähler auf das Wiedersehen ohne Wiedererkennen der Hauptpersonen in Berlin im [] Stadtsommer 1919 eingeht. Gründe für die Behauptung, dass hier eine Anekdote vorliegt sind die sprachliche Knappheit und herrschende Präzision, die scharfe Charakterisierung der Personen - die dann auf ganze Gesellschaftsgruppen übertragbar ist - eine knappe wörtlichen Rede, und nicht zuletzt die überraschende Pointe. Zudem ist der Hintergrund der Geschichte, nämlich der I.Weltkrieg historisch verbürgt.
Der Text zeigt die herrschende Diskrepanz zwischen der Situation der einfachen Soldaten und deren Offiziere im I.Weltkrieg. Des Weiteren weist er auf die Schwierigkeiten der einfachen Soldaten hin, die sie nach ihrer Heimkehr bei der Wiedereingliederung haben.
Bereits in den ersten Zeilen beginnt der Erzähler mit bezeichnenden Formulierungen um die Offiziere in ihrer Arroganz bloßzustellen. Der Major [] spiegelt sich in der Sonne. (Zeile: 2-3) während er vor dem Batallionsunterstand steht. Das Verb spiegelt zeigt unzweideutig die Selbstverliebtheit des Offiziers. Der Leser kann sich förmlich vorstellen, wie er majestätisch vor dem Unterstand steht und im Schein der Sonne die Lage sondiert. Von einem Ich-Erzähler lässt der Autor nun die Geschehnisse und derzeitige Situation in kurzen, knappen Worten abreißen, was dafür sorgt, dass der Erzähler ziemlich gelangweilt und routiniert klingt. Für diesen Eindruck sorgen Formulierungen, wie: []die Herrn (Offiziere) trinken abends ihren Sekt und denken sich am Tage immer etwas Neues aus, um das Leben ein bisschen abwechslungsreicher zu machen. (Z.:7-10) Erschreckend daran sind jedoch auch die Ironie und der Sarkasmus des Erzählers, die hier unüberhörbar mitschwingen. Der Leser fragt sich in den folgenden Zeilen, ob es nichts Besseres gibt, als Birkengeländer um [] (den) Offiziersunterstände(n) (Z.:10-13). Es sei jedoch Schön wie eine Ansichtskarte. (Z.:15) meint der Erzähler im Anschluss. Das allgemeine stümperhafte Vorgehen der Offiziere und deren Helfer, sowie deren Lächerlichkeit werden damit abermals für den Zuhörer bzw. Leser verdeutlicht. Am Ende dieser Beschreibung endet der Erzähler mit dem Satz: Wir haben alles, Verzeihung, die Herren (Offiziere) haben alles. Mit dem Wechsel vom Ich- zum neutralen, auktorialen Erzähler verdeutlicht der Autor nun die herrschende Hierarchie unmissverständlich. Die Offiziere scheinen ihre Macht für eine unwahrscheinliche Bevorzugung des Offiziercorps, und eine im Gegensatz dazu stehende Vernachlässigung der Soldaten auszunutzen ein Eindruck, der sich im weiteren Verlauf der Geschichte bestädigt.
Im Nachfolgenden beschreibt der Erzähler das Gespräch des Majors mit einem Untergebenen. Es ist ein Kommandeur, mit dem er sich unterhält. Der Erzähler, von dessen Stellung im Krieg der Leser nichts erfährt, charakterisiert den Kommandeur mit Hilfe des bezeichnenden Attributs feist (Z.:20) als kriecherisch, untergeben, egoistisch. Er ist ebenfalls in hohem Maße selbstverliebt, da er wie der Major in der Sonne steht [] und glänzt und strahlt []. Das Gespräch, in dem der Major die Idee des Kommandeurs zur Einladung der Musiker zum eigenen Vergnügen annimmt, läuft - militärtypisch in einem abgehackten, kurzen Befehlston des Majors an den Kommandeur ab. Der Empfänger der Befehle nimmt diese mit einem Gewiss, Herr Major! Sehr wohl, Herr Major! (Z.:21-22) entgegen. Hier kommt der schier übertriebene, militärische und deutsche Drill zum Ausdruck, den der Erzähler sarkastisch beleuchten möchte. Als die Musiker nun abends den geschmückten Unterstand erreichen werden sie von einer Idylle in Form von [] kleinen (im Wind wehenden)Lampions [] (Z.:34-35) empfangen. Weder Kosten noch Mühen wurden für die Ausgestaltung dieses einen Abends gescheut. Es ist der krasse Gegensatz zu ihren Umständen der die Soldaten umfängt. Die einfachen Gewehrschützen Tucholsky nutzt den veralteten Begriff Musketiere (Z.:39) erblicken feinste Speisen und Getränke. Es sind luxuriöse Dinge, wie Gänseleberpastete (Z.:40), von denen die Gesellschaft an diesem Abend lebt. Der Leser beginnt sich zu fragen, welche korrupten Geschäfte hinter der Beschaffung solcher Exklusivitäten stecken. Der Eindruck der Unrechtmäßigkeit solcher Verpflegung wird durch den Gedanken eines Musikers, dessen [] Frau schreibt, sie stehe täglich zwei Stunden nach Kartoffeln an (Z.:47)verstärkt. Wenig später jedoch wird die Position des Erzählers unmissverständlich klar. Als die Musiker mit ihrem Spiel beginnen meint er: [] und durch die lauten und lustigen Gespräche der Offiziere zimpert es drohend? warnend? klar und melodisch []. (Z.:51-53) Eines Tages, so beginnt man als Leser nun zu glauben, werden sich für die Offiziere all ihre Taten rächen, im Moment jedoch können die einfachen Soldaten nichts gegen ihre korrupten Vorgesetzten tun.
Nun wird die Anekdote aufgelöst. Kurz und abgehackt beschreibt der Erzähler nun die Erscheinung zweier Männer, die krüppelig und zerlumpt (Z.: 58f.) an einem berliner Stadtbahnhof (Z.: 57) stehen. Es sind Gitarre und Mandoline (Z.:59), die hier spielen müssen, um Geld zu verdienen, damit sie überleben. Der Erzähler nutzt hier - zwecks der Einfachheit und der Möglichkeit der Verallgemeinerung - die Bezeichnungen der Instrumente als Namen für ihre Besitzer. Ein sprachliches Mittel, was ebenfalls als anekdotentypisch zu bezeichnen ist. Es ist wieder die Ironie, mit der die Art des Spiels beschrieben wird. Beide fassen [] ihre Instrumente fester, verständigen sich durch ihren Blick, und los gehts (Z.:61-63). Genau auf die gleiche haben sie während des Krieges in dem Offiziersunterstand ihr Spiel begonnen. Nicht nur das, sie spielen auch das gleiche Lied, mit dem sie ihr Spiel ihm Unterstand begonnen haben: In der Heimat in der Heimat da gibts ein Wiedersehn Wie zu Beginn des Textes lässt der Autor den Erzähler von der auktorialen in die Ich-Perspektive wechseln. Es scheint, als spräche nun der Erzähler in Form eines Offiziers in einem abgehobenen und leicht snobistischen Ton. Wo habe ich die beiden Grauen nur schon einmal gesehn? Es ist eine rhetorische Frage derer sich der Erzähler bedient. Aber er macht hier noch einmal mit der mitleiderregenden Bezeichnung der Grauen für die Soldaten noch einmal auf das Leid von ihnen aufmerksam. die Farbe Grau steht als Symbol für Hoffnungslosigkeit, und genau damit haben diese Männer zu kämpfen. Man darf jedoch annehmen, dass sie stellvertretend für viele weitere stehen. Es ist gewissermaßen das Heer der Grauen, das sie symbolisieren. Und hier liegt noch einmal das Anliegen der Anekdote versteckt. Wie Gitarre und Mandoline (Z.:59) ist es vielen Soldaten ergangen. Sie haben gekämpft: für ihr Vaterland, damit sie überleben, aber auch für viele Offiziere. Damit diese feste Feste feiern konnten mussten sie Entbehrungen und eine große Lebensgefahr auf sich nehmen. Aber wofür? Sie wurden vergessen, und müssen selbst mit ihren physischen, psychischen und materiellen Schäden fertig werden. Sie sind krüppelig und zerlumpt (Z.:58-59). Der Leser ist nun desillusioniert. Es gibt keine Rache für die Taten der Offiziere.
Bezieht man die Fakten, dass der Autor selbst am I.Weltkrieg teilgenommen hat, Pazifist war und diese Anekdote schon 1919, also knapp einem Jahr nach dem Krieg erschienen ist in die nachträglichen Betrachtungen mit ein, so wird man zu Recht als Leser davon ausgehen dürfen, dass in diesem Text ein hoher Wahrheitsgehalt steckt. Es sind nicht sosehr stilistische Mittel die diesem Text zu einer unwahrscheinlich hohen Prägnanz verhelfen, sondern vielmehr die sich durch den ganzen Text ziehende Ironie und der Sarkasmus.
Wörter: 1309
Markus Thormann
Inhalt
Der Prosatext "Zwei Mann: Gitarre und Mandoline" von Kurt Tucholsky wird anhand von Textzitaten analysiert und interpretiert.
Gleichzeitig wird der Inhalt wiedergegeben. (1323 Wörter)
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Zwei Mann: Gitarre und Mandoline | Kurt Tuchoslky | Analyse | Interpretation | Zusammenfassung | Inhaltsangabe
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