Facharbeit: Interpretation von "Das Brot" (Wolfgang Borchert | 1949)
Interpretation "Das Brot" (Wolfgang Borchert)
Die Kurzgeschichte "Das Brot" von Wolfgang Borchert, erschienen 1949, handelt von den Problemen des alltäglichen Lebens in der Nachkriegszeit und ihre Auswirkungen auf die zwischenmenschlichen Beziehungen.
Die Kurzgeschichte fängt damit an, dass eine Frau nachts durch ein Geräusch aufwacht und ihr Mann nicht mehr neben ihr im Bett liegt. Daraufhin steht sie auf und geht in die Küche, wo ihr Mann augenscheinlich mit dem Essen des gemeinsamen Brotes beschäftigt war. Anzeichen dafür sind Krümel auf der Tischdecke, die von der Frau jeden Abend gereinigt wird. Der Mann versucht, durch Ablenken zu verhindern, dass seine Frau nach dem Brot schaut, allerdings will diese gar nicht nachschauen, da sie "nicht nach dem Teller sehen" (Z. 47) darf, da sie sonst ihren Mann bloßstellen würde. Daraufhin gehen beide ins Bett. Nach einer Weile hört die Frau, wie der Mann "leise und vorsichtig kaute" (Z. 67). Am nächsten Abend bietet sie ihrem Mann vier Brotscheiben an und ist daraufhin selber nur zwei Scheiben. Damit will sie dem Mann zeigen, dass sie ihm die Brotscheiben auch so gegönnt hätte und er sie nicht hätte 'klauen' müssen. Der Mann erkennt dies und scheint sich zu schämen, allerdings lehnt er ihr Angebot nur pro forma ab.
Auffällig im ganzen Text sind die sehr kurzen Sätze, wie "Plötzlich wachte sie auf. Es war halb drei." (Z. 1), "Iss man." (Z. 82) oder "Komm man zu Bett. [...] .Auf den kalten Fliesen." (Z. 42f.). Dieser parataktische Stil, auch Stakkato-Stil genannt, ist typisch für die Trümmerliteratur und den sogenannten Kahlschlagstils von Borchert. Des Weitern fällt auf, dass verschiedene Worte oder gar Satzteile des Öftern wiederholt werden, wie zum Beispiel die Aufforderung der Frau: "Iss man." (Z. 82) oder "Komm man." (Z. 42). Auch der Mann wiederholt sich, besonders als er seine Tat vertuschen will und deshalb versucht abzulenken. Ein Beispiel hierfür ist "Ich dachte, hier wäre was." aus Zeile 20, 34 und 36. Eine weitere syntaktische Auffälligkeit ist, dass einige Sätze mit "Sie" (Z. 46) oder "Er" (Z. 60) beginnen oder zumindest das 'Sie' / 'Er' weit vorne im Satz vorkommt (Vgl. Z. 55 f.). Durch diesen Schreibstil wirkt der Text auf mich direkt, unverstellt und einfach. Der Schreibstil passt meiner Meinung nach sehr gut zu dem beschriebenen Ehepaar. Weiterhin fällt auf, dass die direkte Rede der Beiden mehrmals durch "sagte sie" (Z. 62), "meinte er" (Z. 56) oder ähnlichem unterbrochen und danach normal fortgesetzt wird.
Manche Worte in der Geschichte haben bewusst eine weitere, meist psychologische Ebene, wie "die Kälte der Fliesen, [die] langsam an ihr hochkroch" (Z. 18f.), die für ihre Enttäuschung über die Lüge ihres Mannes steht, "nachdem sie neununddreißig Jahre verheiratet waren." (Z. 32f.) und für das Bewusst werden seiner Lüge. Weitere Bespiele sind die "Dachrinne" (Z. 51) und die "Ecke" (Z. 35), die für seine Versuche sich selbst herauszureden stehen.
Die Erzählperspektive ist fast durchgehend aus Sicht der Frau, außer in Zeile 25f., da wird aus der Sicht des Mannes geschrieben.
Die Frau wird von ihrem Mann als "schon alt" (Z. 25) beschrieben. Ansonsten findet man keine Infos über ihr Äußeres. Sie scheint sehr loyal zu ihrem Mann zu stehen, schließlich belügt sie sich selbst und schaut aus eigenem Antrieb nicht auf den Teller (Vgl. Z. 46ff.). Bevor man dies als unselbständig oder realitätsfremd bezeichnet, muss man überlegen, dass dieses Werk aus der Zeit stammt, in der Rollen noch geschlechterspezifisch klar verteilt waren, das heißt von der Frau wurde dieses Verhalten erwartet und es war für sie normal. Ihre Loyalität äußert sich auch darin, dass sie dem Mann beim Lügen "[...]hilf[t]" (Z. 41) und ihm am nächsten Tag ihr Brot anbietet, wobei dies auch ein Signal an den Mann ist, dass sie das Brot mit ihm geteilt hätten, wenn er sie gefragt hätte. Des Weiteren scheint sie trotz dieser Rollen die Richtung in der Beziehung vorzugeben, zum Beispiel fordert sie den Mann auf "Iss man" (Z. 82) oder "Komm man." (Z. 41). Sie ist tief enttäuscht, dass ihr Mann sie nach der langen Ehe betrügt und will sich das anfangs auch nicht eingestehen. Erst mit Ende der Geschichte scheint sie ihm zu verzeihen, als sie "sich unter die Lampe an den Tisch." (Z. 84f.) setzt. Diese Szene lässt allerdings auch andere Deutungen zu, ich halte diese aber für die wahrscheinlichste.
Der Mann wird von der Frau ebenfalls als "recht alt" (Z. 24) beschrieben. Man erfährt, dass er arbeiten geht (Vgl. Z. 72) und "dreiundsechzig" (Z. 24) Jahre alt ist. Der Mann scheint ein schlechter Lügner zu sein, was darauf hin deutet, dass er weiß das seine Tat falsch war. Dies äußert sich vor allem in dem "sinnlos[en] von einer Ecke in die andere"-Schauen (Z. 35) und dem unsicheren Nachreden ("echote er unsicher" (Z. 40)). Er ist also ein anständiger Mensch, der sich seines Fehlers durchaus bewusst ist. Des Weitern ist er um seinen Frau besorgt, er möchte nicht, dass sie sich erkältet und er lehnt ihr Angebot, ihre Brotscheibe zu bekommen wenigstens pro forma ab (Vgl. Z. 29f. und Z. 80). Mit dem Ablehnen der Brotes, zeigt er auch seiner Frau, dass es ihm leid tut und seine Frau scheint das auch zu merken.
Abschließend lässt sich sagen, dass das ein sehr gelungenes Werk von W. Borchert ist und trotz dessen, dass es keinen weiteren Kontext liefert, gut verständlich ist. Grundsätzlich lässt die Kurzgeschichte meiner Meinung nach zwei Interpretationsansätze zu: Zum einen kann man wie ich argumentieren und sagen, dass der Mann seinen Fehler einsieht und die Frau dies akzeptiert oder man sagt, dass der Mann böswillig gestohlen hat, dies nicht einsieht und die Frau am Ende Kraft tankt, um die Lüge weiterzuleben. Aufgrund der Zeit in der die Geschichte entstanden ist und der damaligen Rollenverteilung halte ich die erste Version für realitischer.
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Interpretation von Das Brot | Wolfgang Borchert (1949)
K1 Baden Württemberg (1127 Wörter)
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von Lukas165
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