Grass, Günter - Katz und Maus: Arbeitsaufgaben mit Lösungen
Grass, Günter - "Katz und Maus": Arbeitsaufgaben mit Lösungen zu einem Abschnitt aus dem 1. Kapitel
Kapitel 1: Textanfang bis "...ein Messingschild dicht beschrieben mit den Bedienungsanweisungen irgendeiner Maschine in polnischer und englischer Sprache."
1. Erschließen Sie den Anfang von Grass Novelle "Katz und Maus".
1a. Bestimmen Sie die Erzählweise (Erzählverhalten, Erzählfigur, Standort des Erzählers).
1b. Charakterisieren Sie die Figur "Mahlke" und arbeiten Sie dessen Beziehung zu Pilenz heraus.
1c. Gehen Sie in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Katze und Maus ein.
2. Prüfen Sie unter Einbeziehung der Inhaltsangabe, ob die Darstellungsweise in der Novelle realistisch ist. (Textbelege)
Lösungen
Günter Grass "Katz und Maus"
1a. Bestimmen Sie die Erzählweise (Erzählverhalten, Erzählfigur, Standort des Erzählers).
Die Novelle Katz und Maus von Günter Grass beginnt mit dem Satz: "... und einmal, als...", welcher sich im Verlauf des Buches immer wieder findet. Durch die Auslassungspunkte zu Beginn des Satzes entsteht der Eindruck, als würde der Erzähler, dessen Identität zunächst unklar ist, bereits mit der Schilderung einer Begebenheit befasst sein. Der Leser wird - fast wie zufällig - zum Zeugen dieser Erzählung, die in der Ich-Form erfolgt.
Es scheint sich um die Erzählung eines harmlosen Ereignisses zu handeln. Der Erzähler weist mehrmals darauf hin, dass er eigentlich hätte zum Zahnarzt gehen müssen. Er scheint nur durch Zufall einem Ereignis beigewohnt zu haben (Zeile 3-5). Hinweise z.B. auf seinen schmerzenden Zahn (Zeile 6, 11, 17, 22, 31, 37, 44) und die schwarze Katze des Platzverwalters (Zeile 6, 8, 14, 20, 23, 29, 32, 35, 39ff) erscheinen trivial.
Da der Erzähler nur wenig von sich selbst berichtet, jedoch mehrfach auf eine Person namens Mahlke Bezug nimmt (Zeile 1, 25, 30, 32, 36ff, ...), wird das Interesse des Lesers wiederholt auf diese Figur gelenkt. Offenbar kann Mahlke schon schwimmen, liegt schlafend neben dem Erzähler und verfügt über einen auffallend großen und beweglichen Adamsapfel (Zeile32f), der in der Vorstellung des Erzählers Ähnlichkeit mit einer Maus (Zeile 38) aufweist.
Mahlke scheint die eigentliche Hauptperson der geschilderten Ereignisse zu sein. Mit seiner Erwähnung verfällt der Erzähler in die Er - und Wir - Erzählweise und berichtet, wie die Katze des Platzverwalters Mahlke an den Hals gesprungen ist (Zeile 36 bis 46). Die Frage danach, ob er selbst dabei beteiligt war, lässt der Erzähler im Unklaren (Zeile 41, 43). Die Auswirkungen dieser Tat scheinen jedenfalls gravierender Art zu sein, denn Mahlkes Reaktion wird noch dadurch erhöht, dass er erstmals bei Vor- und Nachnamen genannt wird: ".. und Joachim Mahlke schrie, ...".
Nach diesem Vorkommnis wendet sich der Erzähler direkt an Mahlke und spricht von "du" und "wir" (Zeile 47ff). Dieser Wendepunkt der Erzählform scheint damit zu korrespondieren, dass auch im Leben der beiden Akteure ein Wendepunkt eingetreten ist. Der Erzähler, der Anfangs beinahe wie ein ein unbeteiligter Dritter berichtete, ist nun eng an die Figur Joachim Mahlke gebunden.
Der folgende Absatz beginnt quasi mit einem Gelöbnis: "Ich aber, ..., muß nun schreiben. Selbst wären wir beide erfunden, ich müßte dennoch." (Zeile 47ff) Konnte der Leser Anfangs den Eindruck gewinnen, zufällig Zeuge einer harmlosen Erzählung geworden zu sein, so scheint es nun, dass der Erzähler einen schriftlichen Bericht oder vielleicht sogar eine Beichte ablegt.
Zudem wird im folgenden von der bisher chronologischen Reihenfolge der Erzählung abgewichen und auf das Ende der Erzählung vorgegriffen. Der Erzähler wechselt in die Position des auktorialen Berichterstatters. Er ist also allwissend und kennt Mahlkes Ende schon. Der Erzähler beschwört es in melancholischen und heroischen Bildern herauf. "...doch nicht die Furcht, sondern das übliche Frösteln nach zu langem Baden besetzte Mahlke und nahm seiner Haut die Glätte" (Zeile 67 f).
Der folgende chronologische Sprung (Z. 71) führt den Leser zu Mahlkes Heldentaten zurück. Dessen freiwillige Rückkehr in den Bugraum des versunkenen Minensuchbootes hebt ihn als Helden vom Erzähler und den anderen ab. Mahlke wird wieder zum Gegenstand des Erzählens. Erneut folgt eine sachlich-distanzierte und chronolgische Erzählpassage, wiewohl auch weiterhin zeitliche Sprünge die Novelle durchziehen.
1.b. Charakterisieren Sie die Figur "Mahlke" und arbeiten Sie deren Beziehung zu Pilenz heraus.
Der 1. Teil der Novelle beginnt ca. 1940 und somit später als die eigentliche Handlung. Zu Beginn des Handlungsstranges, ca. 1939, ist Mahlke ein 14jähriger Gymnasiast, der aufgrund seiner schwächlichen Konstitution weder schwimmen noch Rad fahren kann. Sein Vater ist schon tot und somit ist er der einzige Mann im Haus. Ihm fehlt eine Person, zu der er aufblicken kann, da seine Mutter ängstlich ist. Daraus entwickelt sich seine Affinität zur Jungfrau Maria. Er vergöttert sie und himmelt sie an, während er seine leibliche Mutter ein wenig herablassend behandelt. Er entwickelt einen starken sportlichen Ehrgeiz und übertrifft seine Kameraden besonders im Tauchen. Sie begegnen ihm mit einer Mischung aus Abneigung und Bewunderung. Durch das Umhängen unterschiedlicher Gegenstände versucht er die Aufmerksamkeit von seinem Adamsapfel abzulenken aber lenkt dadurch unwissentlich die Blicke seiner Umgebung erst auf sich. Wahrscheinlich entstand auch daraus sein außergewöhnlicher Wunsch, Clown zu werden, da dabei eine riesige Fliege seinen Adamsapfel verdecken würde.
Die Einführung Mahlkes in die Handlung durch seinen Schulkameraden Pilenz orientiert sich an Äußerlichkeiten wie z.B. seine sportlichen Fähigkeiten sowie dem vergrößerten Adamsapfel. Weder zu Beginn der Novelle noch später wird Mahlkes Gesicht näher beschrieben. Hinzu kommt, dass Mahlke sich einer bildlichen Darstellung zu entziehen sucht.
Pilenz und Mahlke nehmen an einen Schlagballturnier, das schon zwei Stunden dauerte, teil. Während der Wartezeit bis zum Gegenspiel beobachtet Pilenz das Geschehen im Stadion, wobei ihm die schwarze Katze des Platzverwalters auffällt. In der Erzählung springt Pilenz immer wieder zur Beobachtung der Katze zurück, die sich ihm und Mahlke immer weiter nähert. In dem Moment, als sich die Katze zum Sprung auf Mahlkes Adamsapfel bereit macht, bleibt Pilenz tatenlos. "Wir bildeten ein Dreieck. Mein Zahn schwieg, .....: Denn Mahlkes Adamsapfel wurde der Katze zur Maus." Die weiteren Beschreibungen Pilenz sind widersprüchlich und es drängt sich der Eindruck auf, dass Pilenz der Katze nachgeholfen hat. Der Umstand, dass der Zahnschmerz mit dem Angriff der Katze verschwand (Zeile 43f) demonstriert, wie sehr Pilenz von der Jagdsituation gefesselt war.
"Joachim Mahlke schrie, trug aber nur unbedeutende Kratzer davon" (Zeile 46), ist der Kommentar des Erzählers zu diesem Ereignis. Die Dramatik der Situation muss ihm sehr wohl bewusst gewesen sein, da er Mahlke ungewohnt bei Vor- und Nachnamen nennt. Der Hinweis auf unbedeutende Kratzer und der damit verbundene Abschluss der Beobachtungen deutet darauf hin, dass Pilenz den Vorfall verharmlosen und verdrängen will. Schuldgefühle führen später auch dazu, dass Pilenz alles aufschreiben muss.
Mahlke, der zuvor schlafend, also ungeschützt und ahnungslos neben Pilenz lag, äußert sich mit einem Schrei. Mahlke scheint eine existenzielle und traumatische Bedrohung verspürt zu haben und wird danach seinen Adamsapfel nicht mehr ungeschützt lassen können. Hieraus entwickelt sich schließlich auch das Motiv für die neurotischen Bemühungen um das Verstecken seines Makels, sein Bemühen um Anerkennung (das schließlich in der Entscheidung für den riskanten Tauchgang gipfelt, von dem er nicht mehr zurückkehrte) - und schließlich auch für den Diebstahl des Ritterkreuzes als entscheidender Wendepunkt der Novelle, von dem ab die Handlung quasi einen abfallenden Verlauf nimmt.
Katz und Maus ist eine typische Novelle hinsichtlich folgender Punkte: Es gibt einen klaren Handlungsstrang, drei Hauptteile (aufsteigende Handlung, Wendepunkt, absteigende Handlung), wobei der erste Teil die Funktion einer Einleitung bzw. Exposition einnimmt. Der Protagonist Mahlke sowie die Schauplätze werden vorgestellt. Allerdings beginnt die erste Szene ca. 1940 und somit später als die eigentliche Handlung (1939), denn zu Beginn des 1. Teiles kann Mahlke schon schwimmen. Zu Beginn der Handlung ist Mahlke 14 Jahre alt und Ungewöhnlich ist die Verstrickung des Erzählers selbst in die Handlung, die sich in der Vermischung der Erzählebenen und chronologische Brüche bzw. Sprünge äußert. Der Erzähler pendelt zwischen Schuldgefühlen und Bewunderung und somit zwischen Nähe und Distanz gegenüber Mahlke. Als Leitmotiv kann das Verlangen nach dem Ritterkreuz gelten, das zunächst gestohlen und dann selbst erhalten wird. Der Diebstahl des Ritterkreuzes ist der Wendpunkt der Novelle, da bis da hin alles, was Mahlke sich um den Hals hing ein Zeichen des Zugewinns und der Stärke darstellte. Nach diesem Vorfall aber verschwindet Mahlke immer mehr aus der Sicht des Erzählers und fängt an, sich stark zu verändern.
1.c. Gehen Sie in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Katze und Maus ein
Der Titel der Novelle spielt auf das Verhalten der Katze an, die auf der einen Seite harmlos und verspielt wirkt und auf der anderen Seite ein gnadenloses Raubtier darstellt und auf die Maus, die schwach und klein ist und sich am liebsten vor allem versteckt. Das Verhältnis zwischen Jäger und Gejagtem wird hier von den Personen Mahlke und Pilenz verkörpert.
Bezeichnenderweise ist Pilenz Tickspieler (Zeile 5) und somit beim Schlagball der Jäger. Mahlke steht für die Maus, die sich zu tarnen und zu verstecken versucht.
Pilenz hat sich sein Opfer eigentlich selbst ausgesucht und erschaffen, indem er Mahlkes Schwäche für alle - und damit die ganze Gesellschaft - sichtbar gemacht hat.
Mahlke empfindet seinen übergroßen Adamsapfels von dort an als Schwachstelle, (daher Maus, weil schwach) woraus Minderwertigkeitsgefühle resultieren. Dadurch wird er für alle zum Angriffsziel.
Mahlke blieb immer Gejagter, hat sich sogar unter Wasser Verstecke gesucht.
Es wird nicht deutlich, ob Mahlke sich absichtlich für den tödlichen Tauchgang entschieden hat. Jedoch ist sein Opfer schließlich doch ein Sieg über Pilenz, der nun mit seinen Schuldgefühlen leben muss.
2. Prüfen Sie unter Einbeziehung der Inhaltsangabe, ob die Darstellungsweise in der Novelle realistisch ist. (Textbelege)
Merkmale realistischer Literatur
- formale, inhaltliche und stoffliche Einfachheit in oft breiter Ausgestaltung
- breite Ausgestaltung > Eindruck der unmittelbaren Anteilnahme
- Darstellung von realistischen Situationen
- nichts Fantastisches, Irreales
- keine Idealisierung von Menschen und der Welt
Bei der Novelle "Katz und Maus" von Günter Grass handelt es sich um einen Teil der realistischen Literatur. Wie im Titel schon deutlich wird, handelt es sich um eine Novelle. Diese fand gerade in der Zeit des Realismus ihren Höhepunkt. Außerdem erfüllt das Werk die typischen Merkmale realistischer Literatur. Der Menschen und die Welt werden unbeschönigt dargestellt und nicht idealisiert, wie zum Beispiel Mahlkes "überdimensionaler Adamsapfel" oder auch, dass der "erhoffte Erfolg aus bleibt", deutlich machen. Auch die Abwesenheit alles Fantastischen und Irrealen weist auf Realismus hin. Auch steht ein historisches Ereignis, der zweite Weltkrieg, im Mittelpunkt. Es kommt ein Offizier an Mahlkes Schule, der um die Kriegsdienste der Schüler wirbt, Mahlke kann sein Kriegsabitur ablegen und erwirbt bei der Panzereinheit das Ritterkreuz. Durch die eher Umgangssprachlichen Formulierungen und farbigen Detailschilderungen der Sprache wird dem Leser der Eindruck vermittelt, unmittelbar an der Situationen teilzuhaben.
Quellen:
[1] Finkenzeller, K. (Hrsg.), Schurf, B. (Hrsg.): Deutschbuch. Texte und Methoden. Ort unbekannt, Jahr unbekannt
[2] Lektüreschlüssel
[3] http://www.schreiben10.com/referate/Literatur/33/Katz-und-Maus-Gunter-Grass-reon.php (Abruf vom 29.04.13)
[4] http://www.leserattenforum.de/lrf/LeRaFo-js.htm?GrasGu2T.htm
(Abruf vom 29.04.13)
[5] http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/Novellen/ggrass.htm (Abruf vom 29.04.13)
[6] http://www.lyrikschadchen.de/Klausur__Katz_und_Maus.pdf (Abruf vom 29.04.13)
[7] www.dieterwunderlich.de/Grass_katz_maus.htm (Abruf vom 29.04.13)
[8] http://deutschsprachige-literatur.blogspot.de/2010/05/epochen-realismus-1850-1895.html (Abruf vom 29.04.13)
Kapitel 1: Textanfang bis "...ein Messingschild dicht beschrieben mit den Bedienungsanweisungen irgendeiner Maschine in polnischer und englischer Sprache."
1. Erschließen Sie den Anfang von Grass Novelle "Katz und Maus".
1a. Bestimmen Sie die Erzählweise (Erzählverhalten, Erzählfigur, Standort des Erzählers).
1b. Charakterisieren Sie die Figur "Mahlke" und arbeiten Sie dessen Beziehung zu Pilenz heraus.
1c. Gehen Sie in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Katze und Maus ein.
Lösungen
Günter Grass "Katz und Maus"
1a. Bestimmen Sie die Erzählweise (Erzählverhalten, Erzählfigur, Standort des Erzählers).
Die Novelle Katz und Maus von Günter Grass beginnt mit dem Satz: "... und einmal, als...", welcher sich im Verlauf des Buches immer wieder findet. Durch die Auslassungspunkte zu Beginn des Satzes entsteht der Eindruck, als würde der Erzähler, dessen Identität zunächst unklar ist, bereits mit der Schilderung einer Begebenheit befasst sein. Der Leser wird - fast wie zufällig - zum Zeugen dieser Erzählung, die in der Ich-Form erfolgt.
Es scheint sich um die Erzählung eines harmlosen Ereignisses zu handeln. Der Erzähler weist mehrmals darauf hin, dass er eigentlich hätte zum Zahnarzt gehen müssen. Er scheint nur durch Zufall einem Ereignis beigewohnt zu haben (Zeile 3-5). Hinweise z.B. auf seinen schmerzenden Zahn (Zeile 6, 11, 17, 22, 31, 37, 44) und die schwarze Katze des Platzverwalters (Zeile 6, 8, 14, 20, 23, 29, 32, 35, 39ff) erscheinen trivial.
Da der Erzähler nur wenig von sich selbst berichtet, jedoch mehrfach auf eine Person namens Mahlke Bezug nimmt (Zeile 1, 25, 30, 32, 36ff, ...), wird das Interesse des Lesers wiederholt auf diese Figur gelenkt. Offenbar kann Mahlke schon schwimmen, liegt schlafend neben dem Erzähler und verfügt über einen auffallend großen und beweglichen Adamsapfel (Zeile32f), der in der Vorstellung des Erzählers Ähnlichkeit mit einer Maus (Zeile 38) aufweist.
Mahlke scheint die eigentliche Hauptperson der geschilderten Ereignisse zu sein. Mit seiner Erwähnung verfällt der Erzähler in die Er - und Wir - Erzählweise und berichtet, wie die Katze des Platzverwalters Mahlke an den Hals gesprungen ist (Zeile 36 bis 46). Die Frage danach, ob er selbst dabei beteiligt war, lässt der Erzähler im Unklaren (Zeile 41, 43). Die Auswirkungen dieser Tat scheinen jedenfalls gravierender Art zu sein, denn Mahlkes Reaktion wird noch dadurch erhöht, dass er erstmals bei Vor- und Nachnamen genannt wird: ".. und Joachim Mahlke schrie, ...".
Nach diesem Vorkommnis wendet sich der Erzähler direkt an Mahlke und spricht von "du" und "wir" (Zeile 47ff). Dieser Wendepunkt der Erzählform scheint damit zu korrespondieren, dass auch im Leben der beiden Akteure ein Wendepunkt eingetreten ist. Der Erzähler, der Anfangs beinahe wie ein ein unbeteiligter Dritter berichtete, ist nun eng an die Figur Joachim Mahlke gebunden.
Der folgende Absatz beginnt quasi mit einem Gelöbnis: "Ich aber, ..., muß nun schreiben. Selbst wären wir beide erfunden, ich müßte dennoch." (Zeile 47ff) Konnte der Leser Anfangs den Eindruck gewinnen, zufällig Zeuge einer harmlosen Erzählung geworden zu sein, so scheint es nun, dass der Erzähler einen schriftlichen Bericht oder vielleicht sogar eine Beichte ablegt.
Zudem wird im folgenden von der bisher chronologischen Reihenfolge der Erzählung abgewichen und auf das Ende der Erzählung vorgegriffen. Der Erzähler wechselt in die Position des auktorialen Berichterstatters. Er ist also allwissend und kennt Mahlkes Ende schon. Der Erzähler beschwört es in melancholischen und heroischen Bildern herauf. "...doch nicht die Furcht, sondern das übliche Frösteln nach zu langem Baden besetzte Mahlke und nahm seiner Haut die Glätte" (Zeile 67 f).
Der folgende chronologische Sprung (Z. 71) führt den Leser zu Mahlkes Heldentaten zurück. Dessen freiwillige Rückkehr in den Bugraum des versunkenen Minensuchbootes hebt ihn als Helden vom Erzähler und den anderen ab. Mahlke wird wieder zum Gegenstand des Erzählens. Erneut folgt eine sachlich-distanzierte und chronolgische Erzählpassage, wiewohl auch weiterhin zeitliche Sprünge die Novelle durchziehen.
1.b. Charakterisieren Sie die Figur "Mahlke" und arbeiten Sie deren Beziehung zu Pilenz heraus.
Der 1. Teil der Novelle beginnt ca. 1940 und somit später als die eigentliche Handlung. Zu Beginn des Handlungsstranges, ca. 1939, ist Mahlke ein 14jähriger Gymnasiast, der aufgrund seiner schwächlichen Konstitution weder schwimmen noch Rad fahren kann. Sein Vater ist schon tot und somit ist er der einzige Mann im Haus. Ihm fehlt eine Person, zu der er aufblicken kann, da seine Mutter ängstlich ist. Daraus entwickelt sich seine Affinität zur Jungfrau Maria. Er vergöttert sie und himmelt sie an, während er seine leibliche Mutter ein wenig herablassend behandelt. Er entwickelt einen starken sportlichen Ehrgeiz und übertrifft seine Kameraden besonders im Tauchen. Sie begegnen ihm mit einer Mischung aus Abneigung und Bewunderung. Durch das Umhängen unterschiedlicher Gegenstände versucht er die Aufmerksamkeit von seinem Adamsapfel abzulenken aber lenkt dadurch unwissentlich die Blicke seiner Umgebung erst auf sich. Wahrscheinlich entstand auch daraus sein außergewöhnlicher Wunsch, Clown zu werden, da dabei eine riesige Fliege seinen Adamsapfel verdecken würde.
Die Einführung Mahlkes in die Handlung durch seinen Schulkameraden Pilenz orientiert sich an Äußerlichkeiten wie z.B. seine sportlichen Fähigkeiten sowie dem vergrößerten Adamsapfel. Weder zu Beginn der Novelle noch später wird Mahlkes Gesicht näher beschrieben. Hinzu kommt, dass Mahlke sich einer bildlichen Darstellung zu entziehen sucht.
Pilenz und Mahlke nehmen an einen Schlagballturnier, das schon zwei Stunden dauerte, teil. Während der Wartezeit bis zum Gegenspiel beobachtet Pilenz das Geschehen im Stadion, wobei ihm die schwarze Katze des Platzverwalters auffällt. In der Erzählung springt Pilenz immer wieder zur Beobachtung der Katze zurück, die sich ihm und Mahlke immer weiter nähert. In dem Moment, als sich die Katze zum Sprung auf Mahlkes Adamsapfel bereit macht, bleibt Pilenz tatenlos. "Wir bildeten ein Dreieck. Mein Zahn schwieg, .....: Denn Mahlkes Adamsapfel wurde der Katze zur Maus." Die weiteren Beschreibungen Pilenz sind widersprüchlich und es drängt sich der Eindruck auf, dass Pilenz der Katze nachgeholfen hat. Der Umstand, dass der Zahnschmerz mit dem Angriff der Katze verschwand (Zeile 43f) demonstriert, wie sehr Pilenz von der Jagdsituation gefesselt war.
"Joachim Mahlke schrie, trug aber nur unbedeutende Kratzer davon" (Zeile 46), ist der Kommentar des Erzählers zu diesem Ereignis. Die Dramatik der Situation muss ihm sehr wohl bewusst gewesen sein, da er Mahlke ungewohnt bei Vor- und Nachnamen nennt. Der Hinweis auf unbedeutende Kratzer und der damit verbundene Abschluss der Beobachtungen deutet darauf hin, dass Pilenz den Vorfall verharmlosen und verdrängen will. Schuldgefühle führen später auch dazu, dass Pilenz alles aufschreiben muss.
Mahlke, der zuvor schlafend, also ungeschützt und ahnungslos neben Pilenz lag, äußert sich mit einem Schrei. Mahlke scheint eine existenzielle und traumatische Bedrohung verspürt zu haben und wird danach seinen Adamsapfel nicht mehr ungeschützt lassen können. Hieraus entwickelt sich schließlich auch das Motiv für die neurotischen Bemühungen um das Verstecken seines Makels, sein Bemühen um Anerkennung (das schließlich in der Entscheidung für den riskanten Tauchgang gipfelt, von dem er nicht mehr zurückkehrte) - und schließlich auch für den Diebstahl des Ritterkreuzes als entscheidender Wendepunkt der Novelle, von dem ab die Handlung quasi einen abfallenden Verlauf nimmt.
Katz und Maus ist eine typische Novelle hinsichtlich folgender Punkte: Es gibt einen klaren Handlungsstrang, drei Hauptteile (aufsteigende Handlung, Wendepunkt, absteigende Handlung), wobei der erste Teil die Funktion einer Einleitung bzw. Exposition einnimmt. Der Protagonist Mahlke sowie die Schauplätze werden vorgestellt. Allerdings beginnt die erste Szene ca. 1940 und somit später als die eigentliche Handlung (1939), denn zu Beginn des 1. Teiles kann Mahlke schon schwimmen. Zu Beginn der Handlung ist Mahlke 14 Jahre alt und Ungewöhnlich ist die Verstrickung des Erzählers selbst in die Handlung, die sich in der Vermischung der Erzählebenen und chronologische Brüche bzw. Sprünge äußert. Der Erzähler pendelt zwischen Schuldgefühlen und Bewunderung und somit zwischen Nähe und Distanz gegenüber Mahlke. Als Leitmotiv kann das Verlangen nach dem Ritterkreuz gelten, das zunächst gestohlen und dann selbst erhalten wird. Der Diebstahl des Ritterkreuzes ist der Wendpunkt der Novelle, da bis da hin alles, was Mahlke sich um den Hals hing ein Zeichen des Zugewinns und der Stärke darstellte. Nach diesem Vorfall aber verschwindet Mahlke immer mehr aus der Sicht des Erzählers und fängt an, sich stark zu verändern.
1.c. Gehen Sie in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Katze und Maus ein
Der Titel der Novelle spielt auf das Verhalten der Katze an, die auf der einen Seite harmlos und verspielt wirkt und auf der anderen Seite ein gnadenloses Raubtier darstellt und auf die Maus, die schwach und klein ist und sich am liebsten vor allem versteckt. Das Verhältnis zwischen Jäger und Gejagtem wird hier von den Personen Mahlke und Pilenz verkörpert.
Bezeichnenderweise ist Pilenz Tickspieler (Zeile 5) und somit beim Schlagball der Jäger. Mahlke steht für die Maus, die sich zu tarnen und zu verstecken versucht.
Pilenz hat sich sein Opfer eigentlich selbst ausgesucht und erschaffen, indem er Mahlkes Schwäche für alle - und damit die ganze Gesellschaft - sichtbar gemacht hat.
Mahlke empfindet seinen übergroßen Adamsapfels von dort an als Schwachstelle, (daher Maus, weil schwach) woraus Minderwertigkeitsgefühle resultieren. Dadurch wird er für alle zum Angriffsziel.
Mahlke blieb immer Gejagter, hat sich sogar unter Wasser Verstecke gesucht.
Es wird nicht deutlich, ob Mahlke sich absichtlich für den tödlichen Tauchgang entschieden hat. Jedoch ist sein Opfer schließlich doch ein Sieg über Pilenz, der nun mit seinen Schuldgefühlen leben muss.
2. Prüfen Sie unter Einbeziehung der Inhaltsangabe, ob die Darstellungsweise in der Novelle realistisch ist. (Textbelege)
Merkmale realistischer Literatur
- formale, inhaltliche und stoffliche Einfachheit in oft breiter Ausgestaltung
- breite Ausgestaltung > Eindruck der unmittelbaren Anteilnahme
- Darstellung von realistischen Situationen
- nichts Fantastisches, Irreales
- keine Idealisierung von Menschen und der Welt
Bei der Novelle "Katz und Maus" von Günter Grass handelt es sich um einen Teil der realistischen Literatur. Wie im Titel schon deutlich wird, handelt es sich um eine Novelle. Diese fand gerade in der Zeit des Realismus ihren Höhepunkt. Außerdem erfüllt das Werk die typischen Merkmale realistischer Literatur. Der Menschen und die Welt werden unbeschönigt dargestellt und nicht idealisiert, wie zum Beispiel Mahlkes "überdimensionaler Adamsapfel" oder auch, dass der "erhoffte Erfolg aus bleibt", deutlich machen. Auch die Abwesenheit alles Fantastischen und Irrealen weist auf Realismus hin. Auch steht ein historisches Ereignis, der zweite Weltkrieg, im Mittelpunkt. Es kommt ein Offizier an Mahlkes Schule, der um die Kriegsdienste der Schüler wirbt, Mahlke kann sein Kriegsabitur ablegen und erwirbt bei der Panzereinheit das Ritterkreuz. Durch die eher Umgangssprachlichen Formulierungen und farbigen Detailschilderungen der Sprache wird dem Leser der Eindruck vermittelt, unmittelbar an der Situationen teilzuhaben.
Quellen:
[1] Finkenzeller, K. (Hrsg.), Schurf, B. (Hrsg.): Deutschbuch. Texte und Methoden. Ort unbekannt, Jahr unbekannt
[2] Lektüreschlüssel
[3] http://www.schreiben10.com/referate/Literatur/33/Katz-und-Maus-Gunter-Grass-reon.php (Abruf vom 29.04.13)
[4] http://www.leserattenforum.de/lrf/LeRaFo-js.htm?GrasGu2T.htm
(Abruf vom 29.04.13)
[5] http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/Novellen/ggrass.htm (Abruf vom 29.04.13)
[6] http://www.lyrikschadchen.de/Klausur__Katz_und_Maus.pdf (Abruf vom 29.04.13)
[7] www.dieterwunderlich.de/Grass_katz_maus.htm (Abruf vom 29.04.13)
[8] http://deutschsprachige-literatur.blogspot.de/2010/05/epochen-realismus-1850-1895.html (Abruf vom 29.04.13)
Inhalt
Arbeitsaufgaben
1. Erschließen Sie den Anfang von Grass Novelle "Katz und Maus".
1a. Bestimmen Sie die Erzählweise (Erzählverhalten, Erzählfigur, Standort des Erzählers).
1b. Charakterisieren Sie die Figur "Mahlke" und arbeiten Sie dessen Beziehung zu Pilenz heraus.
1c. Gehen Sie in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Katze und Maus ein.
2. Prüfen Sie unter Einbeziehung der Inhaltsangabe, ob die Darstellungsweise in der Novelle realistisch ist. (Textbelege) (1887 Wörter)
1. Erschließen Sie den Anfang von Grass Novelle "Katz und Maus".
1a. Bestimmen Sie die Erzählweise (Erzählverhalten, Erzählfigur, Standort des Erzählers).
1b. Charakterisieren Sie die Figur "Mahlke" und arbeiten Sie dessen Beziehung zu Pilenz heraus.
1c. Gehen Sie in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Katze und Maus ein.
2. Prüfen Sie unter Einbeziehung der Inhaltsangabe, ob die Darstellungsweise in der Novelle realistisch ist. (Textbelege) (1887 Wörter)
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Es handelt sich hier um einen fremden, nutzergenerierten Inhalt für den keine Haftung übernommen wird.
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