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Facharbeit: Untersuchungen zur Materialordnung von Erich Wolfgang Korngolds 1. Streichquartett

Alles zu Komponisten und Musiker

Vorwort 4


1) Biographische Skizze des E. W. Korngold 6
2) Erläuterung von Begriffen als Grundlage zur Analyse 9
2.1) Versuch einer Definition des Begriffs „Materialordnung“ 9
2.2) Zum Begriff „Form“ 11
2.3) Zum Begriff „Tonalität“ 12
2.4) Zum Begriff „Chromatisierung“ 15
3) Analysen 16
3.1) Anmerkungen zur Form 16
3.2) Der erste Satz 18
3.3) Der zweite Satz 27
3.4) Der dritte Satz 33
3.5) Der vierte Satz 38
3.6) Vergleichende Betrachtungen 43
4) Schlusswort 50
Literatur 51

Vorwort
Obwohl eine Unterteilung der europäischen Kulturgeschichte in Epochen umstritten ist, so lassen sich doch zeittypische Ausprägungen der Art musikalischen Gestaltens ausmachen. Die stilistische Einschätzung einer Komposition wird dabei weniger von der Entstehungszeit als vielmehr von bestimmten Gestaltungskriterien des Werks abhängig gemacht. Analog hierzu ist es nicht möglich, den Wechsel zwischen zwei Epochen auf eine bestimmtes Jahr zu datieren. Johann Sebastian Bachs Werke werden beispielsweise bis zu seinem Tod (1750) stilistisch dem Barock zugeordnet, während andere Komponisten bereits im ersten Viertel des 18. Jh. neues musikalisches Terrain betraten, ihre Werke also eher der Frühklassik angehören.
Man kann im allgemeinen bei der Entwicklung neuen musikalischen Denkens immer von Übergangsphasen ausgehen, in denen sich neue Ansätze erst etablieren müssen, während traditionelle noch weiter Bestand haben und erst langsam in den Hintergrund treten.
Auch Korngolds erstes Streichquartett, es wurde 1923 geschrieben und im Januar 1924 uraufgeführt, entstand in einer solchen Zeit des Umbruchs. Schon zum Ende des 19. Jahrhunderts kündigte sich eine Veränderung der musikalischen Sprache an, die sich am deutlichsten am Umgang mit Tonalität festmachen lässt. Während die einen auf die traditionelle Tonalität mit extremen Veränderungen reagierten (hier seien die Vertreter der zweiten Wiener Schule um Schönberg erwähnt), entwickelten andere wie z.B. Claude Debussy oder Bartok weniger extreme Möglichkeiten einer Innovation der Tonsprache. Wieder andere hielten an der romantischen Tradition fest (z.B. Hans Pfitzner). Bei Bartok wird das Problem des Umgangs mit Tonalität besonders deutlich. 1920 schreibt er über die Vermehrung der Ausdrucksmöglichkeit durch die freie und gleiche Behandlung der einzelnen zwölf Töne. Nur vier Jahre später, 1924, revidiert er seine Meinung zur Atonalität und erläutert 1927 die tonale Anlage eigener Werke der experimentellen Phase, deren atonalen Charakter er zuvor betont hatte, mit vereinfachten Angaben in Dur und Moll. Hier wird ein Problem deutlich, das sich auch im Bereich der musikalischen Analyse niederschlägt: Je freier der Umgang mit Tonalität innerhalb einer Komposition ist, um so vielfältiger sind die Interpretationsmöglichkeiten.
Dass Korngolds erstes Streichquartett in A-Dur geschrieben ist (wie man am Titel und der Vorzeichnung der Rahmensätze sehen kann), verweist bereits, zumindest hinsichtlich des Umgangs mit Tonalität, auf die Fortführung oder wenigstens Einbeziehung spätromantischer Tradition. Mit Sicherheit kann man ein zugrundeliegendes atonales Konzept schon an dieser Stelle ausschließen. Ein flüchtiger Blick in die Noten bestätigt dies sofort, deutliche Kadenzen und Dreiklänge des dur-moll-tonalen Systems zieren die Abschlüsse der einzelnen Sätze. Andererseits verweist aber der Anfang des ersten Satzes auf hochchromatische Passagen, welche scheinbar jedweder Tonalität entbehren. Dass die radikale Seite der Hörerschaft zu Korngolds Zeiten die zukunftsweisende Modernität seiner Kompositionen lobte, lässt ein Stück Musik erwarten, dass die Einflüsse derzeit moderner Kompositionstechnik mit spätromantischer Tonkunst verbindet. Ich habe mir in dieser Arbeit zur Aufgabe gemacht, die Besonderheiten der Materialordnung dieses Streichquartetts herauszuarbeiten. Hierbei werde ich einen Schwerpunkt auf den Umgang mit Tonalität und Formgestaltung setzen. Der Umgang mit Tonalität ist für die Darstellung der Materialordnung bei Korngold meines Erachtens nach der wichtigste Aspekt und wird deswegen in dieser Arbeit als Schwerpunkt behandelt. Aspekte der motivisch-thematischen Arbeit werde ich nur ergänzend mit einbeziehen.
1) Biographische Skizze des E. W. Korngold
Erich Wolfgang Korngold wurde am 29. Mai 1897 in Brünn geboren. Sein Vater, Dr. Julius Korngold, beschäftigte sich neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt intensiv mit Musik, vorwiegend als Kritiker. Aus eigenem Antrieb begann der 5-jährige Erich Wolfgang, sich auf dem Klavier einfache Melodien zusammenzusuchen, wobei ihn sein vielbeschäftigter Vater nur gelegentlich begleitete. Ein Jahr später, im Alter von 6 Jahren, bekam er von Erich Lamm, einem bedürftigen Verwandten der Familie, den ersten Klavierunterricht sowie Unterweisung in Musiktheorie. Korngold begann im Alter von sieben Jahren, eigene musikalische Ideen und kleine Kompositionen in seinem Notenbüchlein zu skizzieren. Sein Fleiß und seine Begabung blieben beim Vater nicht unbemerkt. Dieser entschied sich, die schlummernden Talente seines Sohnes weiter zu fördern und verpflichtete diesmal einen „richtigen Musiker“, Robert Fuchs, als Lehrer. Dieser war begeistert von der Auffassungsgabe des Knaben, sie würde, so Fuchs, „die eines Zwanzigjährigen in den Schatten stellen“. Auf Anraten von Gustav Mahler wechselte Korngold nochmals den Lehrer und wurde nun bei Alexander von Zemlinsky, dem Schwager von Arnold Schönberg, in die Lehre gegeben. Dieser begann den Jungen nach eineinhalb Jahren auch in Orchestration zu unterweisen, indem er ihn Schubertsche Lieder und Klaviersätze von Beethoven instrumentieren ließ. Zum Leidwesen des mittlerweise 13jährigen , der sich mit seinem Lehrer prächtig verstand, wurde Zemlinsky nach Prag berufen, so dass wiederum ein neuer Lehrer gesucht werden musste. Diesmal fiel die Wahl auf Hermann Grädener, der vor allem den Unterricht in Chorsatz vornahm. Bis zum Jahre 1909 hatte Erich neben kleinen Kompositionen auch schon drei ausgeführte Werke verfasst, „Der Schneemann“, Sechs Charakterstücke zu „Don Quichotte“ und eine Klaviersonate, welche von seinem Vater in Druck gegeben wurden, um andere Musiker und Experten, denen die Werke übersandt wurden, nach ihrem Urteil fragen zu können. Sogar Richard Strauss, der diese Werke ebenfalls zur Ansicht bekam, war von der „Sicherheit im Stil“, der „Beherrschung der Form“, der „Eigenheit des Ausdrucks in der Sonate“ und der „Harmonik“ angetan. Engelbert Humperdinck nannte Erich zwar ein „Wunderkind“, ließ aber auch Zweifel und Sorge wegen der Modernität der Werke verlauten. Obwohl Julius Korngold die Veröffentlichung der Kompositionen seines Sohnes in Wien eher unterdrückte – immerhin kamen Zweifel an der wahren Herkunft der Stücke auf – begann doch das öffentliche Interesse an dem „Wunderkind“ zu wachsen. Der „Schneemann“ wurde 1910 in Wien anlässlich eines Wohltätigkeitsfestes im Ministerium erstmals einem Publikum präsentiert. Bald darauf kam die von Zemlinsky instrumentierte Version des „Schneemann“ sogar an der Wiener Oper zur Aufführung. Das öffnete dem jungen Korngold Tür und Tor, da der Wiener Adel und die prominente Musikszene auf ihn aufmerksam wurde.
Korngolds erstes Orchesterwerk, die „Schauspielouvertüre“, führte man (ohne dass eine Korrektur nötig war!) nach der Erstlingspartitur des 14jährigen auf. Das fleißige Arbeiten des jungen Künstlers wurde bald von Reisen, Konzerten (er war ein hervorragender Klavierspieler) und dem Kennenlernen bedeutender Persönlichkeiten wie Dirigenten, Musikverleger und Komponisten ergänzt und begleitet. Der eigentliche Durchbruch gelang Korngold mit der Uraufführung der 1912 fertiggestellten „Sinfonietta“ op. 5 unter der Leitung von Arthur Nikisch und der wohlwollenden Protektion von Richard Strauß. In den folgenden Jahren entstand eine Violinsonate, op. 6, und gleichzeitig ein weiteres Bühnenwerk, „Der Ring des Polykrates“. Korngolds Interesse für das Theater und das Dramatische zog ihn immer tiefer in den Bann der Oper. 1914 schuf er die Musik zu der Oper „Violanta“, die in den 20er Jahren von Deutschland ausgehend die ganze Welt eroberte. Es folgten im Abstand von jeweils ein bis zwei Jahren „Viel Lärm um Nichts“ und „Die tote Stadt“. Korngold verstand sich hauptsächlich als Opernkomponist, obwohl er nebenbei auch Instrumentalmusik schrieb, die seinem Opernwerk nicht nachstand. Der Erste Weltkrieg beeinträchtigte Korngolds Werdegang nicht. Als kriegsdienstuntauglich erklärt, fand man 1917 eine „passende“ Stelle für ihn in der Musikkapelle eines Infanterieregiments. Damals lernte er seine spätere Frau Luzi kennen. 1920 begann Korngold sich auch als Konzertdirigent zu profilieren. Von Wien ausgehend unternahm er Konzertreisen im europäischen Raum. Einen Namen machte er sich auch als Begründer einer Johann-Strauß-Renaissance und als Strauß-Experte.
Seine Hochzeitsreise mit Luzi 1924 war gleichzeitig eine Konzertreise. 1925 und 1928 wurden die beiden Söhne Ernst und Georg geboren. Dazwischen entstand die Oper „das Wunder der Heliane“.
Seit 1929 arbeitete Korngold eng mit Max Reinhard zusammen, Sie hatten mit der Neu-Inszenierung der Fledermaus großen und lang andauernden Erfolg. Nebenbei entstanden andere Kompositionen wie die 3. Klaviersonate C-Dur op. 25, Lieder und das Quartett für Wittgenstein.
Einem Ruf an die Wiener Staatsakademie als Leiter der Opernklasse folgte Korngold zwar, brach seine Tätigkeit dort jedoch bald wieder ab. Neue Opernpläne scheiterten an politisch ungünstigen Voraussetzungen. 1934 folgte Korngold Max Reinhard nach Amerika, um mit ihm zusammen an der Verfilmung des „Sommernachtstraumes“ bei Warner Brothers zu arbeiten.
In den folgenden Jahren wechselten sich Phasen musikalischen Filmschaffens in Amerika für „Paramout“ mit Arbeitsphasen an der Oper „Kathrin“ im gemütlich eingerichteten eigenen Landhaus in Österreich ab, bis 1938 die politische Lage so präkär wurde, dass Korngold dankbar der Aufforderung von „Warner Brothers“ folgte und mit seiner ganzen Familie nach Amerika ging. In der folgenden pessimistischen Phase komponierte er zwar Musik für die vereinbarten Filme, schrieb aber nichts „für sich“. Die Emigranten in Amerika rückten zusammen, um sich gegenseitig zu stützen. Allmählich fing sich Korngold und errang ungewöhnliche Anerkennung für sein musikalisches Filmschaffen. Reinhard gründete eine Schauspielschule in Hollywood, an der auch Korngold lehrte. Sie hatten es anfangs schwer, auf den „grünen Zweig“ zu kommen. Der Durchbruch kam erst, als er einem Ruf nach New York folgte und zusammen mit Reinhard dort die „Fledermaus“ unter dem Titel „Rosalinde“ herausbrachte. 1943 starb Reinhard.
Korngold schrieb weiter Filmmusik für „Warner Brothers“.
1944 überraschte er seine Frau mit Skizzen zu einem neuen Streichquartett. 1945 komponierte er ein Violinkonzert. Die Uraufführung fand mit Jascha Heifetz als Solisten in St. Louis statt, von wo aus ihm der Wiedereintritt in die Welt „seiner“ Musik erfolgreich gelang.
1946 sagte Korngold dem Film für immer Lebewohl und widmete sich seinem persönlichen Schaffen. Er gastierte als Dirigent in New York, Chicago und San Franzisco.
Nach einer schweren Herzattacke musste er das Dirigieren aufgeben, aber er komponierte weiter. Es entstand seine symphonische Serenade für Streicher. 1949 kam die lang ersehnte und gleichzeitig gefürchtete Reise nach Europa zustande. Nach einer Phase der Eingewöhnung und Kontaktaufnahme begann er an einem neuen Werk zu schreiben, der Symphonie in Fis. 1950 wurde die symphonische Serenade unter Furtwängler in Wien aufgeführt. Bald darauf kehrte er mit seiner Familie nach Amerika zurück, um dort zu arbeiten, aber schon 1954 folgte eine weitere Europareise mit dem Ziel, an einem Wagnerfilm mitzuarbeiten und der Aufführung der Symphonie in Fis beizuwohnen. Zurück in Amerika fing er wieder an zu komponieren und schrieb seine letzten beiden kleinen Orchesterstücke „Thema und Variationen“ über ein eigenes Thema und „Straußiana“. 1957 starb er 60jährig in seinem Haus in Hollywood.
2) Erläuterung von Begriffen als Grundlage zur Analyse
2.1) Versuch einer Definition des Begriffs „Materialordnung“
Um den Begriff Materialordnung präzise fassen zu können, muss zunächst der Ausdruck Material näher erläutert werden.
Der Begriff Material umfasst alle „Bausteine“ , die bei der Komposition eines Musikstücks verwendet werden. Bereits die Auswahl des verwendeten Tonmaterials ist ein Aspekt der Materialordnung. Diesem Streichquartett liegt die traditionelle Unterteilung einer Oktave in 12 gleich große Halbtonschritte zugrunde, wodurch eine Gebrauchstonleiter als Menge der „Elementarbausteine“ definiert ist. Eine feinere Unterteilung, beispielsweise in Vierteltöne, wird nicht vorgenommen (Alois Hába benutzte die Vierteltonskala bereits 1920 in seinem 2. Streichquartett op. 7).
Durch die Organisation dieser „Elementarbausteine“ entstehen wiederum Einheiten höherer Ordnung, welche ebenfalls Elemente des musikalischen Materials darstellen. Der Prozess des Organisierens von Material ist also wiederum materialbildend, und zwar genau dann, wenn durch ihn neue in sich abgeschlossene Elemente entstehen, die sich auf andere Elemente sinnvoll beziehen. So kann durch die vertikale Schichtung mehrerer Töne beispielsweise ein Akkord entstehen, der sich wie in einer Kadenz sinnvoll auf andere Akkorde beziehen lässt, durch horizontale Verbindung mehrerer Töne wird eine melodische Linie bzw. eine rhythmische Struktur gebildet, die z.B. als Motiv oder Thema wiederum elementare Bedeutung haben kann. Dieses Material höherer Ordnung kann wiederum derart miteinander verknüpft werden, dass neue Bausteine entstehen. Aus der Verbindung zweier Themen und einer abschließenden Kadenz kann z.B. eine Exposition einer Sonatenhauptsatzform entstehen, auf welche wiederum die Durchführung und die Reprise Bezug nehmen.
Auch die Satztechnik kann als Aspekt der Materialordnung angesehen werden. Hier beruht die Ordnung auf Beziehungen zwischen den einzelnen Stimmen der Komposition. Im polyphonen Satz sind alle Stimmen gleichberechtigt, während bei einer Aufteilung in Melodie und Begleitung die Melodiestimme eine übergeordnete Rolle spielt.
In diesem Sinne wird mit dem Begriff „Materialordnung" die Organisation des musikalischen Materials bezeichnet, also die Art und Weise, wie die einzelnen Elemente (Töne, Motive, Akkorde, Perioden, Themen, Satzteile usf., aber auch Stimmen.) miteinander in Beziehung stehen und welchen Regeln diese Beziehungen folgen.
Ich möchte für die Untersuchung der Materialordnung des vorliegenden Streichquartetts noch einen weiteren Begriff einführen, den des Ordnungsprinzips.
Der Ausdruck Ordnungsprinzip dient der weiteren Differenzierung und ist eng mit der Bezeichnung Materialordnung verknüpft. Ein Ordnungsprinzip dient der Beschreibung von nur je einem Aspekt zur Ordnung von Material (z.B. chromatisches Prinzip: Halbtonbeziehungen zwischen den Elementen). Das erweist sich in diesem Fall als sinnvoll, denn Korngold stellt in seinem ersten Streichquartett kontrastierende Abschnitte gegenüber, deren Gegensätzlichkeit aus der Verwendung unterschiedlicher Ordnungsprinzipien resultiert.

2.2) Zum Begriff „Form“
Der Begriff der musikalischen Form bezieht sich auf die Gliederung eines Werks in Sinneinheiten und deren Beziehungen zueinander. Damit ist sowohl eine „grobe“ Unterteilung in Sätze gemeint, als auch die Anordnung von kleineren Einheiten (z.B. von Motiven, Perioden und Formteilen) innerhalb eines Satzes. CLEMENS KÜHN liefert eine sehr weitreichende Definition des Formbegriffs (Zitat): „Musikalische Form ist ein Resultat all dessen, was ein Musikwerk ausmacht und in ihm zusammenwirkt, vom kleinen Satztechnischen Detail bis zum großen Zusammenhang, in der Abfolge, den Übergängen, der Beziehung und der jeweiligen Funktion der musikalischen Vorgänge und Teile.“ Nach dieser Definition sind die Begriffe „Form“ und „Materialordnung“ weitgehend identisch. Im Rahmen dieser Arbeit werde ich bei der Formanalyse den Schwerpunkt auf Untersuchungen der groben Satzstrukturierung setzen.
Im Laufe der musikalischen Entwicklung haben sich durch das regelmäßige Auftreten gleicher bzw. ähnlicher formaler Strukturen in Kompositionen satzspezifische Formschemata herausgebildet. Bei der Sonatenhauptsatzform handelt es sich um ein solches tradiertes Schema. In der musikalischen Klassik etabliert, stellt die Sonatenhauptsatzform noch heute eine wichtige Grundlage für die formale Anlage der Kopfsätze von Sonaten, Sinfonien und Streichquartetten dar. Sie war und ist aber eben nur Grundlage, nicht starre Regel, ein Satz kann mehr oder weniger nach ihrem Vorbild konzipiert sein. In vielen Fällen ist es nicht mehr möglich, das Vorliegen einer Sonatenhauptsatzform eindeutig zu bestätigen oder zu negieren. Dennoch dient dieses Modell mit der gesamten ihm zugehörigen Terminologie dazu, die individuelle Struktur eines Satzes zu ergründen und darzustellen.

2.3) Zum Begriff „Tonalität“
Für den Begriff Tonalität gibt es keine einheitliche Definition. Ganz allgemein gesagt handelt es sich um eine Beziehung von Tönen oder Akkorden zu einem zentralen Element innerhalb dieses Gefüges. JEAN-PHILLIPPE RAMEAU, der den Begriff der Tonalität zum ersten Male 1722 verwendete, sah dieses Zentrum in dem jeweils tiefsten Ton eines Drei- bzw. Vierklangs, dem „centre harmonique“. Die Prämisse, einen einzelnen Ton als Zentrum in einem tonalen Gefüge anzusehen, wurde im geschichtlichen Verlauf immer wieder für die Definition von Tonalität, aber auch für deren Abgrenzung zur Atonalität herangezogen. Schönberg realisierte Atonalität mit der Forderung, dass kein Ton mehr als tonales Zentrum in Erscheinung treten dürfe, was erst in der strengen Dodekaphonie durch Verarbeitung der Zwölftonreihe konsequent erreicht werden könne. Jede Tonwiederholung, die vor dem Erklingen aller zwölf Töne der chromatischen Skala erfolgt, führt nach Schönberg zur Bildung eines Zentrums, und damit zur Tonalität. Dieser Begriff der Tonalität ist wohl der freiste, der im Verlauf der Musikgeschichte anzufinden ist. HUGO RIEMANN definierte im 19. Jh. Tonalität als Beziehungen von Akkorden zu einem harmonischen Zentrum. Diesem System liegt die Bildung von Dreiklängen auf den Stufen der jeweiligen Dur- oder Molltonleiter zugrunde, dessen tonales Zentrum die Tonika, der Dreiklang auf der ersten Stufe der Tonleiter, ist. Die Bestätigung einer Tonart vollzieht sich am deutlichsten durch die vollständige Kadenz
Tonika (1. Stufe) - Subdominante (4. Stufe) - Dominante (5. Stufe) – Tonika,
welche daher auch als konstitutives Merkmal dieses Ordnungsprinzips bezeichnet werden kann. Dabei werden den Harmonien Funktionen zugeordnet, die im direkten Zusammenhang mit der Spannungs- und Bewegungsenergie der Akkorde und einzelner Akkordtöne zu sehen ist. Die Tonika bildet den Ruhepol, während die Dominante aufgrund des „Bewegungsdrangs“ des Leittons eine hohe Spannung aufweist. Wegen der Belegung der Harmonien mit Funktionen nennt man dieses Konzept auch Funktionstonalität oder Tonikalität.
Eine mehr auf die musikgeschichtliche Entwicklung bezogene Erläuterung des Tonalitätsbegriffs nahm FÉTIS vor, indem er vier Entwicklungsstufen (ordres) der Musik nach ihrer Tonalität unterschied. Er legte dabei wie RAMEAU die Beziehungen von Tönen innerhalb der Tonleiter zugrunde. Neben der Tonalität des gregorianischen Chorals mit dem Finalis als Zentrum ist hier zunächst die tonalité moderne zu nennen, die auf der Ablösung der Kirchentonarten durch ein dur-moll-tonales System beruht. Nach FÉTIS wurde dieses System im 18. Jh. durch die Einbeziehung „harmonischer Umdeutungen mit dem Ziel überraschender Wendungen“ erweitert (= ordre pluritonique). Die vierte Stufe (ordre omnitonique, ab ca. 1800) wird durch die Möglichkeit charakterisiert, einen Akkord auf alle möglichen Tonleitern zu beziehen und damit in jede beliebige Tonart aufzulösen. In diesem Rahmen wurden bei der Bildung von Dreiklängen leiterfremde Töne integriert, ohne jedoch das tonale System zu durchbrechen. Im Zuge der weiteren Entwicklung harmonischer Komplexität wurde der Tonalitätsbegriff mehr und mehr geöffnet. Zunehmende Chromatisierung und Alteration (z.B. bei RICHARD WAGNER) führte im 19. Jh. zur Bildung neuer harmonischer Verläufe und damit zu einem freieren Beziehungsgefüge des Akkordmaterials. Hieraus resultierte eine Reduzierung der funktionalen Beziehungen, lediglich die Herrschaft eines Tonzentrums blieb erhalten. Um diesen freieren Umgang mit dem Tonmaterial fassen zu können entstanden neue Termini wie erweiterte, schwebende, synthetische und elliptische Tonalität. Eine klare Abgrenzung dieser Begriffe ist nur schwer möglich, alle Modelle legen das Dur-Moll-System zugrunde, betonen aber andere Aspekte des freien Umgangs mit Tonalität. Im Zuge der Erweiterung der traditionellen Tonalität setzte sich auch das Prinzip der Mediantik, der Terzverwandtschaft von Akkorden durch (bereits Beethoven setzte Medianten ein, ohne aber dadurch das tonale Zentrum langfristig zu verlassen). Die Mediantik beruht auf dem Vorhandensein gemeinsamer Töne in Harmonien, deren Grundtöne zueinander im Terzabstand liegen. So ist nach diesem Modell C-Dur unmittelbar mit E-Dur (gemeinsamer Ton e) und As-Dur (gemeinsamer Ton c), sowie mit A-Dur (gemeinsamer Ton e) und Es-Dur (gemeinsamer Ton c) terzverwandt. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Moll-Dreiklänge. Eine unmittelbare Aneinanderreihung terzverwandter Akkorde kann dann zu einem Verlust oder einer Verschleierung des tonalen Zentrums führen.
Man kann insgesamt von einer langsam fortschreitenden Auflockerung der traditionellen Tonalität sprechen. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts entstanden dann neue musikalische Ordnungssysteme, welche die bislang gültige Tonalität in Frage stellten. Neben der radikalen Ablehnung jeglicher Tonalität, wie sie insbesondere von Arnold Schönberg ab 1908 realisiert wurde, legte z.B. Claude Debussy seinen impressionistischen Kompositionen ein System zugrunde, das auf einer Negierung funktionstonaler Beziehungen beruhte. Alle Harmonien wurden als gleichberechtigt angesehen, ihre Kombination war keinen Regeln mehr unterworfen. Um funktionale Beziehungen auszuschließen, distanzierte sich Debussy von typisch kadenzierenden Wendungen und vermied Leittöne durch die Favorisierung von pentatonischer und Ganztonskala. Im Zuge dieser Veränderung wurde auch die Technik der Parallelverschiebung von Akkorden, auch Mixturtechnik genannt, zu einem wichtigen Gestaltungsmittel. (Diese Bezeichnung entstammt dem Orgelbau, hier wird unter Mixtur ein Register verstanden, dass den klingenden Ton um weitere Obertöne ergänzt). Die auftretenden Quint- und Oktavparallelen (noch bis in die Romantik hinein als „unästhetisch“ deklariert) sind charakteristisch für diese Technik. Je nach verwendetem Tonmaterial können verschiedene Arten der Mixtur unterschieden werden. Während in der tonalen Mixtur die Größe der vorkommenden Intervalle entsprechend der zugrundeliegenden Skala variiert, bleibt die Intervallstruktur der Akkorde in der realen Mixtur immer identisch. Bei der Verwendung einer pentatonischen Tonleiter als Basis spricht man von pentatonischer bzw. Slendro-Mixtur. Auch wenn die Parallelverschiebung der Akkorde nicht von allen Stimmen vollzogen wird, kann man von einer Mixtur sprechen. Obwohl die Mixturtechnik im engeren Sinne eher Satztechnik ist, verweist sie doch auf ein Ordnungsprinzip, das sich von funktionstonalen Zusammenhängen distanziert.
2.4) Zum Begriff „Chromatisierung“
Korngolds Umgang mit Tonalität ist sehr vielschichtig Neben deutlich funktionstonal angelegten Passagen treten freiere harmonische Zusammenhänge auf, in denen die Bestimmung eines tonalen Zentrums ohne weiteres nicht möglich ist. Hierbei spielt die ausgeprägte Chromatisierung eine wichtige Rolle, welche aufgrund ihrer Bedeutung für die Materialordnung dieses Streichquartetts zum Ordnungsprinzip erhoben werden kann.

Das Prinzip der Chromatisierung manifestiert sich durch Beziehungen musikalischer Elemente, die auf dem Halbtonschritt beruhen und auf mehreren Ebenen wirksam sein können:
Melodische Ebene (Verwendung der chromatischen Skala oder chromatischer Durchgangstöne)
Ebene unmittelbarer Akkord-Beziehungen (hier ist zum einen die chromatische Parallelverschiebungen von Akkorden gemeint, zum anderen die Halbtonbeziehung zwischen Grundtönen von Harmonien)
Ebene der Akkord- Bildung (durch Schichtung von Halbtönen)
Fernbezug von Harmonien in Formteilen bzw. Sätzen
Die Chromatik entwickelte sich, schon in Werken der Renaissance gelegentlich bei der melodischen Gestaltung eingesetzt, im Barock zum Ausdrucksmittel, das im Rahmen der Figurenlehre einen festen Platz einnahm. Die Harmonik blieb von dem Phänomen der Chromatisierung nicht unberührt. Während die Leittonfunktion einer Dominanten-Terz aus der Struktur der zugrundeliegenden diatonischen Tonleiter resultiert, kann man bei der Erzeugung künstlicher Leittöne durch Alterierung bereits von Anfängen der Chromatisierung sprechen. In diesem Fall steht jedoch noch die funktionstonale Ordnung im Vordergrund. „Chromatisierung“ und „Funktionstonalität “ schließen sich demnach nicht aus, sondern können sich auch ergänzen, wobei eins der Prinzipien dominieren kann.
3) Analysen

3.1) Anmerkungen zur Form
Korngold greift beim Aufbau des Streichquartetts auf die klassische viersätzige Unterteilung zurück. Der Kopfsatz zeigt eine formale Anlage, die eine verkürzte Sonatenhauptsatzform mit einer Rondoform verbindet. Der zweite Satz, traditionsgemäß ist er langsam (Adagio quasi Fantasia), weist grob betrachtet eine dreiteilige Bogenform (A-B-A() auf, wobei sich der Mittelteil nochmals unterteilen lässt. Der dritte Satz entspricht einem Scherzo und ist monothematisch konzipiert. Auch hier sind Ähnlichkeiten mit einer Rondoform festzustellen. Der vierte und letzte Satz entspricht wiederum einer Sonatenhauptsatzform, die wie auch im ersten Satz um eine zweite Durchführung erweitert ist.
Korngolds Umgang mit der Sonatenhauptsatzform erweist sich als besonders interessant und soll deswegen näher beleuchtet werden.
Das Modell der Sonatenhauptsatzform basiert auf einer Dreiteiligkeit des Satzes, die aus der Vorstellung (=Exposition), Durchführung und Wiederholung (=Reprise) des zugrunde gelegten thematischen Materials resultiert. Oft ist eine abschließende Coda angefügt, die das „Standard-Modell“ zur Vierteiligkeit erweitert. Die Exposition wird von zwei kontrastierenden, mit einer Überleitung verbundenen Themen bestritten, wobei das erste harmonisch auf der Stufe der Tonika, das zweite auf der Dominante steht (bei einer Molltonika erscheint oft die Tonikaparallele). Nach der Durchführung, die dieses exponierte Material verändernd bearbeitet und weiterentwickelt, kommt es zur Wiederholung der Themen, die jetzt beide in der Tonika erscheinen. Hier sollen die in der Durchführung erzeugten Spannungen wieder aufgelöst werden.
Obwohl der erste Satz von Korngolds erstem Streichquartett hinsichtlich seiner Form viele Kriterien einer Sonatenhauptsatzform erfüllt, reicht dieses Formschema nicht aus, seine Struktur vollständig zu erfassen. Statt eines ersten Themas wird am Anfang ein Motivkomplex exponiert, der zwar in der Durchführung zum Tragen kommt, in der Reprise jedoch völlig fehlt, wodurch seine Funktion als Thema nicht hinreichen bestätigt wird. Es scheint sich eher um eine Motivgruppe zu handeln, die einen den Satz bzw. die Sätze bestimmenden musikalischen Grundgedanken darstellt. Da diesem Motivkomlex jedoch ein Thema gegenübersteht, das bezüglich der Sonatenhauptsatzform wie ein zweites Thema fungiert, kann ihm dennoch die Funktion eines ersten Themas zugeordnet werden. Ich habe mich entschieden, die für die Diskussion einer Sonatenhauptsatzform übliche Terminologie zu übernehmen, aber das Motiv-Exponat (T. 1-8) mit dem Begriff „Motivkomplex“ zu bezeichnen, auch wenn dieser Begriff den funktionalen Kriterien nur eingeschränkt entspricht. Motivkomplex deswegen, weil in diesem Abschnitt zwei Motive vorgestellt werden, aus deren Material dann durch Kombination eine Motivmelodie entsteht.
Es wäre dann jedoch verwirrend, das Thema in Takt 42 (mit Auftakt in T. 41) zweites Thema zu nennen, daher bezeichne ich dieses als ein dem Motivkomplex gegenübergestelltes Seitenthema. Ähnliche Ungereimtheiten ergeben sich auch beim Abschnitt ab Takt 9. Aufgrund der Melodik und Periodenbildung ließe sich auch hier ein Thema vermuten, was jedoch ebenfalls aufgrund fehlender Beachtung in der Reprise nicht eindeutig bestätigt werden kann. Aufgrund der motivischen Bezüge zum Motivkomplex betrachte ich diese Passage als Fortspinnung des Motivkomplexes (vgl. ROHDE-BREYMANN).

Auch die grobe Strukturierung der ersten Satzes wirft Fragen auf:
Die Formteile Exposition (T. 1-72), Durchführung (T. 71-151), Reprise (T. 152-179) und Coda (T. 206-222) sind ohne Zweifel vorhanden. Nach der Reprise kommt es jedoch zu einer zweiten Durchführung (ab T. 176), die fließend in die Coda übergeht. In der Reprise fehlt wie schon erwähnt die Wiederholung des ersten Motivkomplexes, ferner sind Abschwächungen wichtiger konstitutiver Elemente zu verzeichnen: Eine am Ende der Exposition erwartete Schlussgruppe ist nicht vorhanden, der Übergang zwischen Exposition und Durchführung geschieht vielmehr fließend, indem die melodische Gestalt des Seitenthemas ausläuft, während eine Variante des Motivs aus Takt 3 (mt 2)

bereits die Durchführung einleitet. Ebenso vollzieht sich der Übergang zwischen Reprise und zweiter Durchführung. Es kommt damit zu einer Abschwächung der für eine Sonatenhauptsatzform wichtigen Einschnitte zwischen Exposition, Durchführung und Reprise. Die klare Gliederung wird ferner durch eine eingeschobene Episode (T. 87-96) durchbrochen, welche in der zweiten Durchführung wiederholt wird (T. 196-205). Diese Episoden machen bezüglich der formalen Gestaltung erst einen Sinn, wenn auch andere Formaspekte zur Erklärung herangezogen werden. Die wiederholt markanten Einsätze des Sextolenmotivs und deren Fortsetzung durch mt 2 gliedern den Satz im Wechsel mit dem Seitenthema und den Episoden zu einer rondoähnlichen Form, welche die folgende Struktur aufweist (vereinfacht):
A - B - A1 - C -
T. 1-45 T. 46-72 T. 71-86 T. 87-96
A2 - B - A3 - C - A4
T. 97-151 T. 152-179 T. 176-195 T. 196-205 T. 206-222
A: Material aus mt 1 und mt 2
B: Seitenthema
C: Episode

3.2) Der erste Satz
Die Tatsache, dass Korngold im Titel eine Tonart angibt und den ersten Satz entsprechend vorzeichnet (A-Dur), verweist klar auf tonale Beziehungen innerhalb des Werkes. Durch das in Takt 1 vorgestellte chromatische Sextolen-Motiv (mt 1)
wird jedoch schon zu Beginn diese Tonart in Frage gestellt. Einzig die Häufung der Töne fis und d auf betonten Taktteilen verweisen auf die Subdominante D-Dur, die folgenden Takte liefern jedoch zunächst noch keine Bestätigung für den Bezugston d. Nach der zweimaligen Wiederholung von mt 1 in Takt 2 bringt die Bratsche das aufstrebende Motiv (mt 2),
das in Takt 4 noch um die hervorgehobene (marcato) Tonfolge erweitert wird. Diese Tonfolge (a-es-g) ist für den weiteren Verlauf des Stückes von besonderer Bedeutung, daher messe ich ihr die Bedeutung eines unabhängigen Motivs bei und bezeichne sie mit mt 3. In Takt 5 bringt die 1. Violine und das Cello nun einen Es-Dur Akkord, welcher als erster eindeutiger Dur-Akkord zu den Takten 1-4 einen starken Kontrast bildet, der durch die langen Notenwerte noch verstärkt wird. Das Motiv mt 3 lässt sich durch den direkten Zusammenhang der Töne es und g mit Es-Dur jetzt tonal deuten. Die Motive mt 1 und mt 2 scheinen beim ersten Betrachten noch keinen tonalen Bezug zu dem Es-Dur Akkord in Takt 5 zu haben, hier scheinen insbesondere Tritonus- und Halbtonbezüge die ordnungsbildenden Kräfte zu sein. Im weiteren Verlauf des Satzes werden beide Motive jedoch in der Regel Dur- und Moll-Akkorden zugeordnet: In Takt 213 harmonisieren die Rahmentöne von mt 1 (e und c) mit dem C-Dur der Begleitung. Ähnliches wiederholt sich zwei Takte später in B-Dur mit den Rahmentönen f und d. Vorher treten die Rahmentöne im Verhältnis Grundton und Sexte zur Begleitharmonie auf (T. 97 ff, T. 110 f, T. 206 ff), in Takt 218 und 120-121 sind es Quinte und Terz, dann wieder Terz und Grundton (T. 223 und 225). Ein Bezug zwischen den Rahmentönen des Sextolenmotivs und der Begleitharmonik ist aufgrund der Häufigkeit dieses Phänomens anzunehmen. Eine Ausnahme ist allenfalls in T. 136 zu finden, wo der Harmonie Cis7 die Töne His und D zugeordnet werden. Der Einsatz dieser spannungsvollen Töne führt in diesem Falle zu einer Steigerung der Dramatik, die in den folgenden Takten zum Höhepunkt geführt wird.
Auch mt 2 kristallisiert sich im Verlauf des Satzes als tonales Element heraus. Die Sechzehntelbewegung endet fast ausnahmslos mit einem Tonsprung auf die Terz, seltener auf dem Tritonus der zugrundeliegenden Tonart. Schon in Takt 21 erscheint der Ton d von mt 2 nach deutlicher B-Dur-Ausprägung. Ab Ziffer 7 ist es zunächst fis als Terz von D-Dur und dis-moll, in Takt 112 erscheint h über G-Dur, in Takt 176 klingt a in F-Dur, kurz darauf (T. 180) ais als Terz von Fis-Dur, dann wieder cis in A-Dur (T. 185). Mit einem Tritonus erscheint das Motiv in den Takten 101 und 185-186.
Durch die Rahmentöne des Sextolenmotivs in den Takten 1-2 und dem aufspringenden fis in mt 2 wird die Annahme, D-Dur als tonales Zentrum der ersten vier Takte zu deuten, noch mehr untermauert.
Nach dem Es-Dur Akkord in Takt 5 formt sich aus mt 1 und mt 3 eine melodische Linie (T. 6-8), welche trotz ihrer chromatischen Anlage aufgrund der Dreiklangs-Zerlegung es-g-b (T. 7, Va) und der Dominanz des Tones es in der Begleitung (ab T. 7 Mitte, 2.Vl) der Tonart Es-Dur zugeordnet werden kann, einer Tonart, die im Quintenzirkel die größte Distanz zu A-Dur aufweist. Auch in der Fortspinnung (ab T. 9) erscheint A-Dur nur als Subdominante, E-Dur wird nach einer Kadenz als Tonika bestätigt und bis zum Ende (T. 19) beibehalten. Bis hierhin fallen insbesondere Halbton- und Tritonusbeziehungen auf, sowohl auf harmonischer als auch auf melodischer Ebene: Die chromatische Struktur des Sextolenmotivs spiegelt sich in der Harmonischen Abfolge von Es-Dur und E-Dur wieder, auch die Annahme des harmonischen Grundtons D im Sextolenmotiv und in mt 2 gewinnt hier an Gewicht. Die Akkorde im ersten Takt schreiten ebenfalls, ohne ihre Intervallstruktur zu verändern, chromatisch abwärts.
Der charakteristische Tritonussprung in mt 3 (a-es) wird mit gleichen Grundtönen harmonisch in zweierlei Hinsicht vollzogen, nämlich durch das Verhältnis der Vorgezeichneten A-Dur zum ersten Dur-Akkord Es-Dur und durch den Übergang zwischen Motivkomplex und Fortspinnung. Er ist ferner in der Intervallstruktur der Akkorde in Takt 1 wiederzufinden. Hier sind deutlich die Einflüsse des motivischen Materials auf die Akkordbildung zu erkennen.
Die Einflüsse der Chromatik und des Tritonus nehmen dann aber in der Fortspinnung (ab T. 9) zugunsten deutlich funktionstonaler Ereignisse ab: Obwohl in Melodie und Begleitung die charakteristischen Intervalle der Motive mt 1 und mt 3 zunächst noch wirksam sind (T. 9-10, 1. Vl: cis-dis-a; 2.Vl: Chromatik), kündigt sich durch die eindeutigen Quintbezüge der Harmonien eine Veränderung der Materialordnung an: In Takt 8 erklingt ein chromatisch durchsetztes A-Dur als Subdominante der folgenden Kadenz (T. 9-12), welche E-Dur als Tonart etabliert.
Das motivische Material wurde dieser tonika-tonalen Ordnung durch Veränderung des verwendeten Tonmaterials angepasst. Die Chromatik, die aus einer Kombination vom Sextolenmotiv mit dem Terzmotiv cis-e (T. 9, 1. Vl) resultiert (T. 9-10, 2. Vl: eis-gis-g-fis-f-e, anschließend dis im Cello) wird nach einmaligem „Nachklingen“ zugunsten diatonischer Skalen aufgelöst, so auch im veränderten Sextolen-Motiv (T. 15, Vc: hier zu einer Quintole reduziert). Auch mt 3 bleibt in Melodie und Begleitung präsent, jedoch ohne den charakteristischen Tritonus zu verwenden. Statt dessen treten vor allem Quart- Quint- und Sextsprünge auf, die sich in das tonale Gerüst einfügen und durch die Ergänzung der Akkorde durch Sexten und Nonen fortsetzt.
Die Harmonik der verkürzten und variierten Wiederholung des Motivkomplexes (T. 20-25: B-Dur – C7) lässt das anschließende F-Dur zunächst wie eine neue Tonika erscheinen, F-Dur erweist sich dann aber als Subdominante der wiederholten und ebenfalls variierten Fortspinnung.
In der Überleitung zum Seitenthema (T. 35-45) kommt es zu einem schnell modulierenden Teil, in dem ein tonales Zentrum zunächst nicht auszumachen ist. Das verwendete Motiv, ein abwärtsgerichteter Sextsprung, erscheint zum ersten mal schon zu Beginn der Fortspinnung in Takt 9, (Va). Die harmonische Struktur der Dreiklangszerlegungen in der 1. und 2. Violine (T. 34-38: C-Dur – As-Dur – Es-Dur – H-Dur – G-Dur) deuten auf Mediantik hin (Es-Dur muss hier enharmonisch zu Dis-Dur umgedeutet werden), wobei die Unterstimme dieses Gefüge durch Akkordfremde Töne färbend modifiziert. Ab Takt 39 verdichtet sich die Chromatik durch horizontale und vertikale Halbtonbezüge der Harmonien (erst Fis-Dur über F-Dur, dann G-Dur über Fis-Dur, As-Dur über G-Dur). Schließlich gewinnt ab Takt 42 trotz deutlich chromatischer Anlage wiederum die funktionstonale Komponente an Bedeutung. Neben chromatischen Vermittlungsakkorden sind As-Dur und Es7 auszumachen, die von der Bratsche gespielten Töne c-es (Terz und Quinte in As-Dur) und des-es (kl. Septime und Oktave in Es-Dur) passen ebenfalls ins tonale Gefüge. Durch dieses Wechselspiel zwischen Es7 und As-Dur wird das tonale Zentrum des Seitenthemas, As-Dur, festgelegt, das nur in einem kurzen Abschnitt (T. 61- 66) durchbrochen wird.

Zusammenfassend lässt sich die harmonische Entwicklung in der Exposition des ersten Satzes folgendermaßen darstellen:
T. 1-4 Vorstellung der Motive mt 1 u. mt 2 (D-Dur?)
T. 5-8 Motivmelodie aus mt 1 u. mt 2 Es-Dur
T. 9-19 Fortspinnung (A-Dur) – E-Dur
T. 20-25 Wiederholung der Motivmelodie (B-Dur – C7)
T. 26-34 Wiederholung d. Fortspinnung (Zentrum scheint C-Dur
zunächst F-Dur zu sein)
T. 35-45 Überleitung zum Seitenthema modulierend von C-Dur nach As-Dur

T. 46-70 Seitenthema As-Dur
Abgesehen von der Überleitung zum Seitenthema und dem ersten Motiv lässt sich jedem Abschnitt ein tonales Zentrum zuweisen, wobei Es-Dur als Zentrum des Motivkomplex aufgrund fehlender funktionstonaler Bestätigung eher schwach erscheint. Dass die Überleitung zunächst kein Zentrum erkennen lässt ist einleuchtend: Ihr obliegt die Aufgabe einer Modulation nach As-Dur hin. Diese Tonart wird aber noch innerhalb der Überleitung erreicht und durch ein Pendeln zwischen Dominant-Sept-Akkord und Tonika bestätigt, so dass im übergeordneten Rahmen auch hier eine dur-moll-tonale Funktion feststeht. Betrachtet man hingegen die Übergänge zwischen den Abschnitten, lassen sich Akkordverbindungen ermitteln, welche die funktionstonale Ordnung durchbrechen. Wie bereits erwähnt beginnt die Fortspinnung mit einem Übergang von Es-Dur nach A-Dur, also mit einer Tritonusbewegung, ebenso verhält sich E-Dur am Ende der Fortspinnung zu B-Dur. Die Grundtöne der einzelnen Abschnitte liegen im Verhältnis eines Halbtons (Es – E) oder einer großen Terz (E – C bzw. C – As) zueinander.
Aus den bisherigen Untersuchungen geht hervor, dass in der Exposition das funktionstonale Ordnungsprinzip innerhalb der Formteile eine übergeordnete Rolle spielt, jedoch hinsichtlich der Beziehungen zwischen diesen Formteilen nicht als dominierendes Ordnungsprinzip angesehen werden kann Auch in der Überleitung lassen sich Phasen einer Veränderung der Materialordnung ausmachen, in denen Chromatik und Mediantik überwiegt. Die Funktionstonalität tritt in dieser entwickelnden Phase in den Hintergrund.
In der Durchführung sind vor allem die Motive mt 1 und mt 2 deutlich präsent. Teile der Motivkomplex-Fortspinnung erscheinen eher untergeordnet, das Seitenthema wird gar nicht berücksichtigt, es erscheint erst in der Reprise. Die Durchführung beginnt unmittelbar mit einer Variante von mt 2 (Vc), während die Melodie des Seitenthemas chromatisch weitergesponnen wird. Im Gegensatz zur Exposition erscheint mt 2 nun im harmonischen Zusammenhang: zunächst vom Cello in D-Dur (deutlich ab T. 72) aufgegriffen, wiederholt die 1. Violine das Motiv in Dis-Moll und erreicht schließlich mit einer Engführung von mt 2 Fis-Dur (T. 79). Diese Kombination von D-Dur einerseits und Dis-Moll/Fis-Dur andererseits sprengt den funktionstonalen Rahmen. Durch diese Veränderung des in der Exposition zunächst funktionstonalen Beziehungsgeflechts tritt der entwickelnde und problematisierende Charakter der Durchführung in den Vordergrund. In den Takten 80 bis 86 zerfällt das harmonische Gerüst durch die zunehmende Bewegung der Mittelstimmen. Die aufstrebenden Sechzehntel verweisen dem Tonmaterial nach zunächst auf einen tonalen Raum um Gis-Dur mit lydischer Quarte (das c im Cello enharmonisch als His gedeutet), dann verlaufen Fis-Moll und Fis-Dur ineinander (T. 80-81) (diese harmonische Interpretation ist lediglich ein Versuch, tonale Beziehungen zu ermitteln, eine eindeutige Bestimmung der Tonalität ist nur sehr eingeschränkt möglich). Nach einem kurzen Verharren der Bewegung in T. 82 wird die Sechzehntel-Bewegung chromatisiert, ein tonales Zentrum ist nicht mehr zu erkennen. Trotz großer Tonsprünge zeichnet sich das Tonmaterial der Oberstimme ebenfalls durch Halbtonbeziehungen aus (T. 83). Hier scheint ein erster Höhepunkt erreicht zu sein, der sich durch starke Chromatisierung und hohe Bewegungsdichte auszeichnet. Ab Takt 84 fällt diese Spannung rasch ab, längere Notenwerte und die tiefere Lage führen zu einer Beruhigung der Bewegung. Die Takte 84-86 zeichnen sich durch eine Struktur aus, die man als „Entwicklung in kleinsten Schritten“ bezeichnen könnte. Es bewegen sich nie alle Stimmen gleichzeitig, die erste Violine beginnt bereits auf der vierten Viertel von Takt 83 mit der chromatischen Bewegung. Die wegen der versetzten Stimmbewegung immer nur sehr kurz berührten Harmonien weisen dabei einen hohen Spannungsgehalt auf, der sich erst am Ende der Entwicklungsphase in Takt 86 in einem Cis-Septakkord reduziert.
Nun beginnt in Takt 87 die Episode mit Fis-Moll (ohne Quinte). Die Bratsche spielt vom Ton fis ausgehend eine chromatische Abwärtsbewegung, durch die es zu der harmonischen Abfolge Fis-Moll – Fis-moll7 – Dis verm. – D-Dur – Fis-Moll kommt. Schließlich wird über einen verminderten Septakkord über His Fis-Dur, und dann dessen Dominante Cis7 erreicht. In den folgenden vier Takten kommt es zu einer chromatisch verschleierten Reihung von Septakkorden, die von Cis7 ausgehend über C7, F und G7 bei Cis7<5 endet. Jetzt taucht mt 1 wieder auf (hier als Quintole) untermalt von einem liegenden Fis-Moll-Akkord. Die Verbindung zwischen Episode und Wiederholung von mt 1 basiert wiederum auf einer Dominante-Tonika-Bewegung. Der Einsatz des Sextolenmotivs wirkt zunächst wie der Einsatz der Reprise. Dieser Eindruck wird durch die Auflösung des thematischen Materials in der Episode unterstützt. Auch der begleitende Fis-Moll Akkord erscheint nur leise im Hintergrund. Dann setzt jedoch die Violine mit dem zweiten Motiv ein, unterlegt durch eine vom Cello gespielte ostinate Begleitfigur in C-Dur mit lydischer Quarte. In den Takten 97 bis 125 bestreiten vor allem die Motive mt 1 und mt 2 das musikalische Geschehen. In diesem Abschnitt ist die Harmonik auf klare Dur- und Moll-Akkorde beschränkt. Der Durchführungscharakter entsteht insbesondere durch die Wiederholung von mt 1 und mt 2 auf immer wechselnder harmonischer Basis. Zunächst durchläuft das Sextolenmotiv die Tonarten Fis-Moll, C-Dur und wird dann von mt 2 abgelöst. Die Harmonik bleibt in Bewegung, über H-Moll, G-Dur, D-Dur (chromatisiert) und F-Moll wird schließlich Gis-Moll erreicht. Trotz der chromatischen Einflüsse, die aus der Verarbeitung des Sextolenmotivs resultieren, können klare Dur- und Mollharmonien ausgemacht werden, wobei die Bestimmung eines übergeordneten tonalen Zentrums nicht möglich ist. Ab Takt 126 wird die harmonische Bewegung beschleunigt. Diese überwiegend akkordisch angelegte Passage durchläuft Gis-Moll, E-Moll, C-Dur, E-Moll, Fis7, D7, Gis7 und G-Dur (mit gr. Septime) . Die Verbindung der Harmonien besteht dadurch, dass je zwei aufeinanderfolgende Akkorde mindestens einen gemeinsamen Ton besitzen (der aber nicht immer in der gleichen Lage erklingt). Obwohl die Akkorde nicht ausnahmslos im Verhältnis einer Terz zueinander stehen, sind hier Ansätze von Mediantik vorhanden, insbesondere, wenn man auch die jeweiligen Paralleltonarten bei der Analyse berücksichtigt. Der darauffolgende Unisono-Teil (T. 133-135) ist ähnlich dem Sextolenmotiv nach dem Prinzip Chromatik + Tonsprünge gebaut. Nach nochmaligem Erscheinen des Sextolenmotivs (T. 136-137, hier als Septole) wird der Unisono-Teil weitergeführt, hier sind deutliche Ähnlichkeiten mit dem Takt 41 (Überleitung zum Seitenthema in der Exposition) zu erkennen (Tonsprünge, Gegenbewegung), und mündet in einem Spannungshöhepunkt, der durch gesteigerte Chromatik, enge Lage und „vibrierende“ Zweiunddreißigstel erzeugt wird (T. 140-142). Der angedeutete Einsatz des Seitenthemas, welcher durch den charakteristischen Sept-Sprung signalisiert wird (T. 144, Va, Vc) sowie die Ähnlichkeit des Takts 139 mit der entsprechenden Stelle der Exposition veranlasst mich zum Vergleich der Takte 140-142 mit den Takten 42-45. Beide Stellen sind dem Einsatz des Seitenthemas direkt vorangestellt und zeichnen sich durch chromatisch abwärts bewegte Tonfolgen aus. In der Exposition werden die Töne c und des (z.B. T. 43) als harmonische Bestätigung von Tonika und Dominante des Seitenthemas eingesetzt. Ab Takt 140 sind es die Töne d und cis, welche sich ebenso auf den tonalen Raum von A-Dur beziehen (das Seitenthema setzt in T. 152 tatsächlich in dieser Tonart ein). In der Exposition fungiert diese Stelle jedoch als Ruhepol vor dem eintretenden Seitenthema, während in der Durchführung eher eine dramatisierende Steigerung zu verzeichnen ist. Durch diese Parallelen zwischen den themenvorbereitenden Abschnitten wird es möglich, auch der hochchromatische Passage ab Takt 140 eine gewisse Tonalität zuzugestehen. Wenn auch sehr verschleiert, wird hier die Dominante-Tonika-Bewegung aus der Exposition aufgegriffen, die zum Scheineinsatz des Seitenthemas führt.
Die chromatisch aufstrebende Akkordkette (T. 146) bereitet dann nochmals den Themeneinsatz vor, doch auch hier wird der Einsatz des Seitenthemas durch den Septsprung nur angedeutet. Erst nach einem weiteren chromatischen Einschub von vier Takten Länge beginnt das erwartete Seitenthema in A-Dur. Erstaunlicherweise geschieht die Vorbereitung des Themas nicht über die Dominante, wie es in der Exposition der Fall war, sondern mit einem Gis-Septakkord. Die sonst bei Übergängen zwischen Abschnitten so häufig verwendete Formel „Dominante-Tonika“ wird ausgerechnet beim Übergang zur Reprise vernachlässigt. Der Grund hierfür scheint mir in der Intention zu liegen, die Großgliederung des Satzes nach dem Modell der Sonatenhauptsatzform abzuschwächen, um den Rondocharakter mehr in den Vordergrund zu stellen. Das würde dann auch die kadenzähnlichen Übergänge zwischen den Takten 86-87, 96-97 und 205-206 erklären, welche als Gliederungspunkte ausschließlich die Rondoform unterstützen. Andere kadenzierende Wendungen treten in der Durchführung nicht auf, so dass hier der Verwendung dieses Prinzips höchstwahrscheinlich die Funktion zukommt, die Ambivalenz der formalen Struktur zu verdeutlichen.
Aber auch die formale Anlage gemäß der Sonatenhauptsatzform wird durch den Einsatz verschiedener Ordnungsprinzipien erreicht: Der überwiegend funktionstonalen Ordnung der Exposition (und der Reprise) steht in der Durchführung eine Betonung chromatischer und freitonaler Prinzipien gegenüber. Diese Ordnungsprinzipien entsprechen dem entwickelnden und problematisierenden Charakter der Durchführung.
Die Reprise (T. 152-179) besteht lediglich aus der kaum veränderten Wiederholung des Seitenthemas, transponiert nach A-Dur. Das Fehlen des Motivkomplexes ist einleuchtend, durch die vorrangige Verwendung von mt 1 und mt 2 in der Durchführung wurde gewissermaßen dieses Material „verbraucht“, vor allem, weil die rhythmische Komponente dieser Motive in der Durchführung weitgehend erhalten blieb und damit nicht zu einer Vollständigen Auflösung geführt wurde. Noch in den Takten 136-137 erscheint das Sextolenmotiv kaum verändert, in den Takten 145 und 148 (erst nach dem Scheineinsatz des Seitenthemas) ist hinsichtlich der Rhythmik deutlich mt 2 zu erkennen. Auch die Wiederaufnahme von mt 1 und mt 2 in der zweiten Durchführung (ab T. 176) erklärt das Fehlen einer unveränderten Wiederholung des Motivkomplexes in der Reprise.
Die zweite Durchführung beginnt ebenfalls mit mt 2, wie in der ersten zunächst vom Cello gespielt, dann von der ersten Violine übernommen. Auch bezüglich der harmonischen Entwicklung lassen sich in den ersten Takten Parallelen zur ersten Durchführung feststellen, die Grundtöne sind lediglich um eine kleine Terz transponiert, verweisen also wiederum auf mediantische Beziehungen.
1. Durchf.: (T. 71-79): D-Dur – Dis-Moll – Fis-Dur
2. Durchf.: (T. 176-185): F-Dur – Fis-Moll – Fis-Dur – A-Dur
Diese weitgehende Übereinstimmung der Harmonik wird dann jedoch aufgegeben. Statt dessen kommt es zu einer Neuordnung der harmonischen Struktur, in der zunehmend funktionstonale Elemente an Einfluss gewinnen. Obwohl nach wie vor chromatische Vorgänge die Tonalität verschwimmen lassen (T. 189-190) wird A-Dur in den Takten 185 bis 200 zentrale Tonart. Die chromatische Modulation in der Episode (T. 201) sorgt nochmals für harmonische Spannung, bereitet dann aber mit dem abschließenden E-Septakkord die Coda (T. 206-222) vor, welche durch mt 1 in A-Dur eingeleitet wird (auch hier wieder die Verbindung Dominante-Tonika). Hier wird freilich noch motivisches Material verwendet, was die Funktion dieses Teils als Coda fraglich erscheinen lässt, die durchgehenden Zweiunddreißigstel kündigen den Schluss dennoch wirkungsvoll an. Die Wiederholung von mt 1 und mt 2 in der Coda ist insofern unerlässlich, als die Rondoform zu einem Abschluss geführt werden muss. In den letzten drei Takten nimmt das Tempo der harmonischen Bewegung nochmals zu. Obwohl A-Dur, die vorgezeichnete Haupttonart des ersten Satzes, bei Ziffer 22 schon erreicht wird, kommt es am Ende zu einer harmonischen Ausschweifung über A7, F-Dur, Es-Dur, B-Dur und Fis-Dur (das b hier enharmonisch zu ais umgedeutet) zu einer Kadenz, die über B7 (eigentlich mit übermäßiger Sexte gis statt Septime) und E7 mit A-Dur abschließt. Das gis im drittletzten Akkord mag in der Vorwegnahme des Leittons vom E-Septakkord begründet sein, während das b im Fis-Dur Akkord eher die ständige Wiederholung dieses Tons ab Takt 210 zur Ursache hat.
Die harmonische Abfolge ab Ziffer 21 A-Dur – F-Dur – C-Dur – B-Dur – A-Dur scheint mir noch erwähnenswert, hier werden die Tonarten der einzelnen Sätze des Streichquartetts aneinandergereiht, wobei F-Dur (T. 210-212) aus dem Rahmen zu fallen scheint. Die Sätze sind mit A-Dur, C-Dur, B-Dur und A-Dur vorgezeichnet. Der zweite Satz beginnt jedoch, wie ab Takt 4 deutlich wird, mit F-Dur und erreicht C-Dur erst im Abschluss des Satzes.

3.3) Der zweite Satz
Im ersten Satz sind die verwendeten Dur- und Mollakkorde in der Regel ohne Probleme zu erkennen, der zweite Satz erweist sich als harmonisch wesentlich komplizierter. Hier spiegelt sich die Vielfalt der Möglichkeiten wider, mit Tonalität umzugehen. Die Verbindung weitgehend polyphoner Satztechnik und ausgeprägter Chromatisierung führt zu einer Verschleierung der Harmonik, wie sie in der Intensität in keinem anderen Satz anzutreffen ist.
Die Takte 1-3 werden durch spannungsreiche Akkorde mit zahlreichen Sekundreibungen bestimmt. Die Stimmen von 2. Violine, Bratsche und Cello laufen hier weitgehend parallel. Erst in Takt 4 erscheint das harmonische Zentrum F-Dur, welches durch die kadenzierende Wendung D T4/6 T etabliert wird (T. 3-4). Die Dominante C-Dur in Takt 3 erscheint hier durch den zusätzlichen Ton ges (Va) chromatisch verfärbt. Trotz ausgeprägter Chromatik bleibt F-Dur in den folgenden Takten als tonales Zentrum erhalten. Nach einer aufwärts gerichteten Dreiklangszerlegung in D-Moll wird nochmals die Tonika F-Dur betont (T. 6, crescendo, Doppelgriffe). In den folgenden Takten schafft Korngold dann eine Synthese aus konsequenter Chromatik und tonaler Ordnung, indem er auch die Moll-Subdominante B-Moll (T. 6 und 8) und deren Parallele Des-Dur (Takt 8) ins harmonische Geschehen einbezieht. Darüber hinaus kommen vor allem Sext- und Quartsextakkorde zum Einsatz, die ein chromatisches Fortschreiten der einzelnen Stimmen im tonalen Rahmen möglich machen. In den Takten 9 und 10 kommt es dann zu einer Dominantkette, die von einem D-Septakkord über G-Dur und C-Dur zu einem F-Septakkord führt. Darauf erscheint D7 als Zwischendominante von G-Moll (T. 10-11). Die Wiederholung der Takte 5-7 erscheint ab Takt 11 nur wenig verändert und um eine Quarte nach oben transponiert, so dass B-Dur bis Takt 13 zum neuen harmonischen Zentrum wird. Im Übergang von Takt 15 und 16 wird dieses Zentrum wiederum verlassen. Durch eine enharmonische Umdeutung von as zu gis, es zu dis und ges zu fis erklingt plötzlich ein gis-moll Akkord, der im Zusammenhang zunächst wie as-moll wirkt. Auf der zweiten Viertel schreibt Korngold wiederum den Ton b statt ais (2. Vl), durch den der entsprechende Akkord eine doppeldeutige Funktion bekommt: Einerseits ergeben die Töne f-d-b einen B-Dur-Dreiklang, der sich auf das vorherige tonale Zentrum bezieht, andererseits wird mit dem Ton gis schon hier die kleine Septime eines Ais-Septakkord vorweggenommen. Schließlich wird über einen Dis7 Akkord gis-moll erreicht (T. 17). B-Dur wurde also als Ais-Dur zur Doppeldominante von gis-moll umgedeutet. Gis-moll tritt dennoch nicht als neue Tonika auf, sondern lediglich als Tonikaparallele, H-Dur wird in der folgenden chromatisierten Kadenz
H-Dur – e-moll – fis-moll – Fis 7 - 6 – H 9 - <9 – Fis <5 – H 9-<9
neues Zentrum. Der tonale Charakter dieser kadenzierenden Wendung wird durch zahlreiche Durchgangstöne, die konsequente Chromatik im Cello (T. 18-21) und in der Bratsche (T. 19-20) und rhythmische Verschiebungen wirkungsvoll verschleiert: Auf der ersten Zählzeit von Takt 19 klingen beispielsweise die Töne d, eis, und cis zusammen (1. Und 2. Violine spielen die Oberstimme oktaviert). Während d und eis in den Unterstimmen liegen bleiben, bringen die Violinen d und h. Darauf hin vollziehen die Unterstimmen einen Sekundschritt, nur klingen dis, fis und h zusammen, also H-Dur, aber schon die nächste Achtel bringt his ins Spiel, indes bewegt sich die Unterstimme zum e weiter. Man gewinnt den Eindruck einer fließenden Entwicklung der Harmonik, in der tonal zu deutende Harmonien nur gestreift werden, sich aber nie durch eine deutliche Präsenz vom chromatisierten Umfeld abheben. Selbst die Tonika H-Dur wird durch eine kleine None (T. 21 und 22) „verfärbt“, es entsteht hierdurch ein Klang, der mehr Spannung enthält, als es bei einer „klassischen“ Tonika zu erwarten ist. Aufgrund der oben beschriebenen Prozesse wird es innerhalb einiger kurzer Abschnitte (z.B. T. 19-20) schwierig, eindeutige Harmonien auszumachen und aufeinander zu beziehen. Solche „unscharfen“ Passagen wechseln sich dann aber mit klareren ab, so dass die Materialordnung nie ins atonale abdriftet, sondern immer wieder ein Zentrum angesteuert wird, so wie es in den Takten 21-22 der Fall ist.
Der Abschnitt von Takt 1-22 beinhaltet also eine Modulation von F-Dur über B-Dur nach H-Dur, in der die tonalen Zentren oft nur unklar erscheinen und nicht von Bestand sind, besonders in der zweiten Phase der Modulation von B-Dur nach H-Dur.
In H-Dur beginnt dann auch der eingeschobene Zwischenteil der mit den „ohne Ausdruck“ zu spielenden Elementen einen Kontrast zu dem expressiven Charakter des Vorangegangenen bildet. Dieser Zwischenteil, er wird ab Takt 58 nochmals wiederholt und am Ende (T. 109-110) verkürzt zitiert, übernimmt vor allem die Funktion der Gliederung des Satzes in drei Hauptteile und bereitet durch einen abschließenden Dominantakkord die jeweils neue Tonart vor. Der modulierende Charakter des A-Teils wird im Zwischenteil jedoch fortgesetzt. H-Dur wird als zentrale Tonart dieses Abschnitts nicht bestätigt, dennoch wird hier der entspannte Charakter einer Tonika durch die Stagnation der harmonischen Entwicklung erreicht, welche durch lang ausgehaltene Töne (Cello) und das relativ lange Verharren auf H-Dur (3 Takte) noch unterstützt wird. Ohne den ruhigen Charakter zu verlieren, wird ab Takt 24 H-Dur durch das Fortspinnen der chromatischen Linie verlassen (auch das Cello übernimmt die chromatische Bewegung für kurze Zeit). In durch Generalpausen (meist Sechzehntelpausen) voneinander getrennten Abschnitten erfolgt schrittweise eine Modulation. Die ersten beiden Teile bleiben harmonisch bewegungslos, sie unterscheiden sich lediglich durch die Veränderung der chromatischen Linie (1. Vl) durch Hinzunahme eines Tonsprungs und durch einen veränderten Basston (erst fis, dann dis). Im dritten Abschnitt bewegt sich die Harmonik über As-Dur nach f-moll, der letzte Teil setzt dann mit d-moll ein und endet mit einem Quartklang (von unten: e-a-g-e-d-a-e), der in Verbindung mit dem nachfolgenden D-Dur wie ein Dominantseptakkord A7 wirkt, wobei der Quartvorhalt (der Ton d) nicht aufgelöst wird. In Takt 26 wird nochmals die Komplexität Korngolds Harmonik sichtbar: Die Töne g und d (Vc) verbinden sich mit dem f der Bratsche und dem h der 2. Violine zu einem klaren G-Septakkord, in der 1. Violine klingen jedoch nacheinander die Töne gis und cis dazu, so dass bei einer enharmonischen Umdeutung des f zu eis unter Einbeziehung des Tons h auch ein Cis-Septakkord entsteht. Zu dem davor gehörten d-moll besteht dann sowohl ein chromatischer als auch ein Quintbezug. Das nachfolgende F-Dur hält die Spannung noch kurz durch die hinzugefügte kleine Sexte des, die dann aber zum c aufgelöst wird. Der offene Klang des schon erwähnten Quartakkords wird durch den großen Ambitus vom C bis zum e(((( (Flageolet) noch unterstützt.
Der Einsatz des B-Teils steht der Überleitung wiederum kontrastierend gegenüber, was durch den expressiven Chrarakter (der Abschnitt ist mit sehr ruhig und ausdrucksvoll überschrieben) und die extrem tiefe Lage bedingt ist. Die metrische Struktur wird durch zahlreiche Synkopierungen und Taktwechsel sehr verschleiert, schon der Einsatz der Triolen findet erst auf der zweiten Triolenachtel statt. Auf der letzten Achtel von Takt 29 beginnt dann ein Thema in D-Dur (1. Vl), welches in Takt 31 eine Oktave tiefer vom Cello aufgegriffen wird. Auch die Wiederholung des Themas in den Takten 39-40 (Vc) und 40-41 (1. Vl) weist D-Dur als tonales Zentrum auf. Die verbindenden Takte (32-38) sind wiederum harmonisch freier gestaltet, durch chromatische Prozesse verschleiert lässt sich dennoch eine Dominantkette ausmachen, die von A7 (Ende T. 32: e-g-cis-a) über D7, C und einen verminderten Septakkord (es-ges-c-a), der trotz des hinzugefügten g (2. Vl.), also der großen None, im Zusammenhang als F7<9 (ohne Grundton) gesehen werden kann, zu B-Dur (T. 35) führt. Die plötzliche Rückung nach H-Dur durchbricht die Kette, welche dann aber mit Es-Dur (T. 37) noch fortgesetzt wird. Das folgende D-Dur bereitet dann, durch das übergebundene b (T. 38) erst noch verfärbt, den wiederholten Einsatz des Themas auf der Subdominante G-Dur vor (T. 40), welches mit einem Pizzicato Akkord (Vc) auf der Tonika D-Dur endet.
Im zweiten Abschnitt des B-Teils wird das Klangbild sowohl durch eine mixturartige Reihung von Akkorden als auch durch die Bildung von Quartvorhalten und deren Auflösung maßgeblich geprägt. Die Dynamik verläuft zwischen fortissimo und mezzoforte. Die Grundtöne aller vorkommenden Harmonien ergeben zusammen das Tonmaterial einer F-Dur-Tonleiter. Ein B-Dur Akkord (wie auch der Ton b selbst) kommt jedoch nur einmal in Takt 46 vor. Besonders häufig tritt hingegen die Akkordfolgen C4-3 – D4-3 – E4-3 (die ersten Töne der C-Dur Tonleiter) und Quartschritte zwischen den Akkorden F-Dur und C-Dur bzw. C-Dur und G-Dur auf (die Hauptharmonien einer Kadenz in C-Dur). Auf Taktanfängen überwiegt ebenfalls der C-Dur Akkord, er erscheint dort insgesamt sechs mal. F-Dur taucht nur vier mal an Taktanfängen auf, einmal davon mit der übermäßigen Quarte h (T. 54). Betrachtet man die Rahmentakte (43 und 57), so findet man auch dort C-Dur am Taktanfang. Die Zentrale Tonart ist damit zweifellos C-Dur. Auch in der 1. Violine, welche die melodische Ausformung dieser Passage übernimmt, sind ausnahmslos Töne der C-Dur-Tonleiter zu finden. Die Ordnung distanziert sich jedoch von funktionalen Zusammenhängen.
Der Übergang zum Zwischenteil ist mit einem plötzlichen Tonartwechsel verbunden. Durch die Tonfolge a-h-c (T. 57-58, 1. u. 2. Vl) und die Tatsache, dass die Akkordfolge C-Dur – D-Dur – E-Dur vorher immer C-Dur nach sich zog, erwartet man auch nach Takt 57 diese Wendung. Statt C-Dur erklingt hier aber die Mediante As-Dur. Nach einer veränderten harmonischen Ausführung erscheint wiederum ein Flageolet-Quartakkord, diesmal auf dem Grundton e. Der Zwischenteil endet hier jedoch nicht, er ist durch eine Variante der Takte 62 bis 64 erweitert und wird schließlich mit einem weiteren Flageolet-Akkord abgeschlossen, dessen Quartstruktur zu einem Dominant-Sept-Akkord über dem Ton g aufgelöst wird.
Ab Takt 68 erscheint dann nach einer Cäsur die Themenmelodie des A-Teils in der Violine, jedoch auf drei Takte reduziert. Die Begleitung von der Bratsche und vom Cello weisen, in sehr tiefer Lage gespielt, deutliche Dur-Harmonien auf, C-Dur und B-Dur in Takt 68, dann wieder C-Dur. Mit As-Dur wird die Melodie des Themas in Takt 70 verlassen, die fortgesponnene Melodie durchläuft C-Dur, F7, A-Dur und G-Dur. Bei Ziffer 31 steigt die Violine nochmals mit der Themenmelodie ein, diesmal in tieferer Lage (beginnend mit d(), aber auch hier wird sie nach zweieinhalb Takten verlassen und ähnlich den Takten 70-73 fortgesetzt. Erst in Takt 81 erscheint die Dreiklangszerlegung des Hauptthemas (vgl. T. 5), hier von fis-moll nach A-Dur hinleitend, und sogleich in a-moll wiederholt. In Takt 85 beginnt nochmals die Themenmelodie mit gesteigerter Dramatik („ab hier rascher, leidenschaftlich“, fortissimo, sehr hohe Lage, große Dichte, große Tonsprünge, Chromatik in der Begleitung), die aus dem Thema zitierten Abschnitte werden immer kürzer, bis in den Takten 96 und 97 nur noch der abwärts gerichtete Ganztonschritt vom Thema erhalten bleibt, welcher sich auch in der harmonischen Bewegung der Zweiunddreißigstel (Va, Vc) B-Dur – As-Dur – Ges-Dur (mit Tritonus c) – E-Dur (as =gis, auch hier ist der Tritonus enthalten) widerspiegelt. Hier ist ein dramatischer Höhepunkt erreicht, der ab Takt 100 durch längere Notenwerte und klarere harmonische Struktur rasch abfällt.
Der durch die Wendung G7 – C 4-3 (T. 104-105) eintretende ruhige Charakter wird noch einmal durch einen zweitaktigen Einschub, hier ist B-Dur und As-Dur zu hören, durchbrochen, die Wiederholung der Schlusswendung (T. 106-107) bestätigt dann das „Ruhezentrum“ C-Dur, das bis zum Schluss in Takt 115 erhalten bleibt. Auch beim Aufgreifen des Motivs aus dem Zwischenteil (T. 109-110, ohne Ausdruck) wird die Tonika C-Dur nicht verlassen.
Der zweite Satz ist trotz einiger Stellen sehr komplexer Harmonik insgesamt wie auch der erste Satz tonal gehalten, längere konsequent funktionstonal angelegte Passagen wie in der Fortspinnung und dem Seitenthema des ersten Satzes sind aber nicht vorhanden. Dem A-Teil liegt kein übergeordnetes tonales Zentrum zugrunde. Er ist vielmehr modulierend angelegt, was allein schon durch den Vergleich der Harmonik an Anfang und Ende der Teile bestätigt wird. Wie oben schon erwähnt, moduliert der A-Teil von F-Dur nach H-Dur, also im Rahmen eines Tritonus. Ob H-Dur tatsächlich als Zentrum angesehen werden kann bleibt fraglich, die Verbindung Dominante-Tonika (hier Fis-Dur – H-Dur) spricht für eine zentrale Stellung, auch die Stagnation der harmonischen Entwicklung deutet auf die spannungslösende Funktion einer Tonika hin. Dann wird aber die Modulation vom Zwischenteil noch weitergeführt, D-Dur wird schließlich Tonika und erstes tonales Zentrum des B-Teils. Beide Abschnitte des B-Teils weisen im Gegensatz zum A-Teil jeweils fixierte Zentren auf. Die Tonika des ersten Abschnitts wird durch die Rahmung des Abschnitts mit D-Dur-Akkorden angedeutet und durch eine klassisch-kadenzierende Wendungen am Schluss (T. 40-42) funktionstonal bestätigt, während im zweiten Abschnitt die Tonalität (hier ist C-Dur Zentrum) auf der Ordnung von Akkord-Grundtönen und des Tonvorrats der Melodie, sowie auf der dominierenden Stellung des C-Dur-Akkords beruht. Die stark variierte Wiederholung des A-Teils (A() ist hinsichtlich der Tonalität wiederum in drei Teile gegliedert. Am Anfang (T. 68-84) und Ende (T. 100-115) kann trotz Auftreten fernerer Tonarten wie As-Dur, A-Dur und fis-moll (hier fallen wieder die Terzbeziehungen zur Tonika auf) das Zentrum C-Dur sicher bestätigt werden. Von Takt 85 bis 99 ist ein solcher Bezug
Inhalt
Analyse des ersten Streichquartetts von Erich Wolfgang Korngold im Rahmen einer Facharbeit im Fach Musik. Untersucht wird vor allem Korngolds Umgang mit Tonalität.

Gliederung:
(Vorwort)
1) Biographische Skizze des E. W. Korngold
2) Erläuterung von Begriffen als Grundlage zur Analyse
2.1) Versuch einer Definition des Begriffs „Materialordnung“
2.2) Zum Begriff „Form“
2.3) Zum Begriff „Tonalität“
2.4) Zum Begriff „Chromatisierung“
3) Analysen
3.1) Anmerkungen zur Form
3.2) Der erste Satz
3.3) Der zweite Satz
3.4) Der dritte Satz
3.5) Der vierte Satz
3.6) Vergleichende Betrachtungen
4) Schlusswort
(Literatur) (9281 Wörter)
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